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Zweihundert deutsche Männer in Bildnissen und Lebensbeschreibungen/Martin Buzer

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Textdaten
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Autor: Ludwig Bechstein
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Titel: Martin Buzer
Untertitel:
aus: Zweihundert deutsche Männer in Bildnissen und Lebensbeschreibungen, S. 49–50
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Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1854
Verlag: Georg Wigand's Verlag
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Google und Commons
Kurzbeschreibung:
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Bearbeitungsstand
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[Ξ]


Martin Buzer.
Geb. 1491, gest. d. 27. Febr. 1551.


In der ersten Reihe der Reformatoren steht dieser Mann, gleich ausgezeichnet durch Gelehrsamkeit und redlichen Eifer, wie durch mannichfaltige, nicht alltägliche Schicksale.

Buzer (Kuhhorn) wurde zu Schleitstadt im Elsaß geboren und trat noch sehr jung, erst 15 Jahre alt, in ein dortiges Dominikanerkloster, besuchte aber als geistlicher Student die Hochschule zu Heidelberg und studirte Theologie in der unabweisbaren Verbindung mit den alten Sprachen. Die Werke des berühmten Erasmus, deren Erscheinen in Buzer’s Studienzeit fiel, regten ihn mächtig an und lenkten ihn auf den Pfad gründlicher Schrifterforschung; dabei bildete er sich, von guten Gaben unterstützt, zum Redner und Prediger aus, und erhielt vom Kurfürsten Ludwig von der Pfalz und dessen Bruder Friedrich, wie man annimmt auf besondere Empfehlung Franzens von Sickingen, eine Berufung als Hofprediger. In diesem Amte lebte er eine Reihe ruhiger Jahre, bis Luther im Jahre 1518 nach Heidelberg kam, bei den Augustinern daselbst seine Paradora vortrug und sie mit Glück vertheidigte. Das rhetorische Feuer und die große gediegene Kenntniß des Wittenberger Augustiners warfen zündende Flammen in viele seiner Zuhörer, unter denen Martin Buzer, Johann Brenz, Ehrhard Schnepf, Theobald Pellican u. a. sich befanden; die genannten wurden alsbald mächtig von den Wahrheiten ergriffen, welche Luther lehrte, dessen persönliche Bekanntschaft sie mit Freude machten, und Luther erblickte bald vornehmlich in Buzer eine Stütze des neuen Baues, den er zu begründen hoffte. Der letztere begleitete später seinen Gebieter nach den Niederlanden, und entwickelte nun schon in seinen Predigten die gewonnenen freieren, der alten Satzung entgegenstehenden Ansichten, so daß er bald genug Anstoß erregte und heftiger Verfolgung sich aussetzte. Zeitig gewarnt entging er dieser durch heimliche Flucht und fand sein Asyl bei Franz von Sickingen, der ihn sogleich zu seinem Prediger auf Burg Nanstall oder Landstuhl ernannte, von wo aus er 1521 nach Worms reiste und den von ihm hoch bewunderten kühnen Luther wiedersah. Nach der Rückkehr und der kurzen Ruhe von nicht ganz zwei Jahren, während welcher er [Ξ] durch eifriges Bibelstudium sich in der neugewonnenen Ueberzeugung bestärkte, trieb ihn die Sickingen’sche Fehde aus seinem sichern Zufluchtsort; er ging nach dem Städtchen Weißenburg zu einem befreundeten Prediger, den aber bald sammt seinem Gast der bischöfliche Vicar von Speier ob ihrer Neuerungen von dannen jagen ließ. Nun wandte sich Buzer nach Straßburg, wo er als Prediger und Lehrer auftrat und, mit wackern Freunden vereinigt, die neue Lehre in einer Druckschrift vertheidigte. So stand Buzer in Straßburg an der Spitze der Einführung der Reformation, und es ging diese in jener Stadt ohne Kampf und Streit und ohne Zwang von Stätten, da sich selbst das Domkapitel der Neuerung nicht abgeneigt zeigte. Auch hielt Straßburg mit seinen Reformatoren lange die gerechte Mitte zwischen den Meinungsverschiedenheiten der sächsischen und schweizerischen Theologen, und Buzer ließ es sich äußerst angelegen sein, zu vermitteln, zumal er ohnehin von mildem und sanftem Charakter war. Gleichwohl wurde er zuletzt doch in die Streitigkeiten verwickelt und theilte das spätere Loos Melanchthon’s, mit dessen Gemüths- und Denkart die seinige übereinstimmte, für redlich gemeinte Versuche zu einigen und zu versöhnen, Verkennung zu ärnten.

Buzer wohnte den wichtigsten öffentlichen Verhandlungen der streitenden Religionsparteien im Namen der Straßburgischen Kirche bei, und hatte sich allmälig den Schweizern zugeneigt, auf deren Seite er denn auch beim Religionsgespräch zu Marburg 1529 stand, wozu ohne Zweifel die wenig schonende Heftigkeit Luther’s und seiner nächsten Anhänger in der streitigen Hauptfrage über den Leib Christi im Abendmahl ihn hingedrängt hatte. Im folgenden Jahre befand er sich auf dem Reichstag zu Augsburg und reiste eigens von Augsburg nach Coburg, um mit dem auf der alten Veste dort verweilenden Luther persönliche Rücksprache zu nehmen, der ihn auch liebevoll aufnahm und freundlich entließ. Dennoch hatte Buzer Bedenken, die Augsburgische Confession so, wie sie abgefaßt war, mit zu unterschreiben; er übergab vielmehr das Bekenntniß der vier Städte (Confessio tetrapolitana) Straßburg, Konstanz, Memmingen und Minden, das er selbst im Auftrag der Städte ausgearbeitet hatte und das eben wieder ein vermittelnder Ausweg sein und die Parteien zur Vereinigung lenken sollte. Im Jahre 1531 reformirte Buzer in Gemeinschaft mit seinem Freund Oekolampadius in Ulm und im darauf folgenden wirkte er in Schweinfurt eifrig dahin, daß auch die genannten vier Städte noch nachträglich die Augsburgische Confession unterschrieben, zumal dieselben bereits dem Schmalkaldischen Bunde beigetreten waren. Dieß und anderes mehr, was Buzer that, Einigkeit anzubahnen und zu befestigen, hinderte nicht, daß die Wittenberger Partei ihm dennoch mißtraute, weil er mit ihrer oder vielmehr mit Luther’s Auslegung der Bedeutung der Worte: »das ist mein Leib«, nicht auf das unbedingteste nach dem stricten Wortlaut übereinzustimmen vermochte. So war Buzer im Jahre 1536 an der Spitze eines süddeutschen Prediger-Abgeordneten-Vereins in Wittenberg, um nochmals sein mit der evangelischen Lehre übereinstimmendes Bekenntniß abzugeben, und dadurch stimmte er wieder einen großen Theil der Schweizer Theologen gegen sich. Dem Religionsgespräch zu Worms 1540, wie dem Regensburger Reichstag wohnte Buzer ebenfalls bei und wirkte fortwährend, so auch als er vom Kurfürsten von Cöln 1541 nach Bonn berufen worden war, mit treuem Eifer für die evangelische Sache, immer aber nicht allen Freunden derselben ganz zu Dank. Mit fester Beharrlichkeit und großer Gelehrsamkeit stand Buzer gegen alle Gegner seinen Mann, mochten sie aus dem feindlichen oder befreundeten Heerlager gegen ihn auftreten, und bekämpfte standhaft und unerschütterlich das verderbliche Interim, welches unter andern Städten des Reichs auch Straßburg aufgedrungen wurde. Buzer konnte sich daher in dieser Stadt nicht halten und fand ein neues lohnendes Ziel für seine reformatorische Thätigkeit in einer Berufung des Erzbischofs Cramner, des Hauptbeförderers der Reformation in England, wohin er sich mit dem ihm eng befreundeten Facius 1549 begab.

Buzer lehrte neben dem Freunde auf der Hochschule zu Cambridge doch leider nicht lange. Von Kämpfen müde, vielleicht auch vom Klima gedrückt und der ungewohnten Lebensweise erliegend, ward er durch eine Krankheit, der Facius zuerst und noch vor ihm erlag, dahingerafft. Die Königin Maria that in ihrem fanatischen Religionseifer, mit der sie die Bekenner der evangelischen Lehre verfolgte, Buzer’s modernden Gebeinen 1556 die hohe Ehre an, sie ausgraben und zu Asche verbrennen zu lassen. Die Königin Elisabeth hingegen ehrte sein Andenken auf das höchste und vernichtete das gegen ihn noch nach dem Tode gefällte Urtheil. Buzer verdiente dieß, denn er nahm als Reformator seine Stelle ganz nahe bei Luther und Melanchthon ein, war gelehrt wie diese und treueifrig wie diese. Seine theologischen Schriften und Werke füllen zehn Foliobände.

Buzer hatte sich mit einer Wittwe dreier Männer, von denen zwei berühmt waren, verheirathet, deren erster Mann M. Ludwig Cellarius (Keller), der zweite Dr. Wolfgang Capito, der dritte Martin Bucer, beide letztere die Freunde ihres vierten Mannes, dem sie 1549 nach Cambridge folgte. Nach ihres vierten Mannes Tode kehrte sie in die Heimath zurück, und starb 1564 zu Basel.