Zweihundert deutsche Männer in Bildnissen und Lebensbeschreibungen/Kurt Christoph, Graf von Schwerin
Ein deutscher Kriegsheld, dessen Name ruhmreich neben
dem seines Königs und eines Ziethen steht, und ebenso
volksthümlich geworden ist, wie die Namen dieser beiden
unsterblichen Helden. Graf von Schwerin wurde in
Schwedisch-Pommern geboren, und beabsichtigte als
Jüngling die wissenschaftliche Laufbahn zu verfolgen.
Er verbrachte seine Jugendzeit, nachdem er das älterliche
Haus verlassen hatte, als Studirender auf den
Hochschulen zu Leyden, Greifswalde und Rostock, war
auch poetisch begabt, und dichtete mehrere geistliche
Lieder, sowie er sich eifrig dem Studium der lateinischen
und der neuern Sprachen widmete. Dennoch entschied
sich Schwerin für den Kriegerstand und wurde im
Jahre 1700 Fähndrich im holländischen Dienst. Die
tüchtigste Schule nahm ihn auf; die lorbeergekrönten
Heldenprinzen Eugen und Malborough wurden ihm Lehrer,
und ihr Ruhm wurde das Ziel seines Strebens.
Der österreichische Erbfolgekrieg bot volle Gelegenheit,
sich hervorzuthun in Waffenthaten, und nach 5 Jahren
war der junge Fähndrich schon Hauptmann. Im darauf
folgenden Jahre trat Hauptmann Schwerin in mecklenburgische
Dienste, und rückte im Heere des Herzogs
schnell zum Obersten auf. Sein Kriegsherr sandte ihn
in geheimen Aufträgen an König Karl XII. von
Schweden nach Bender; er brächte auf dieser Sendung
ein Jahr zu, sah sich nach seiner Rückkehr zum Brigadegeneral
ernannt, und nicht lange darauf empfing
Schwerin den Rang eines Generalmajors.
Im Jahre 1719 ereigneten sich Streitigkeiten zwischen dem Herzog von Mecklenburg und den Ständen des Landes, welche auf die gefährlichste Spitze getrieben wurden, die endlich dahin gedieh, daß der Kaiser ein Executionsheer von hannoverschen Truppen in das Land sandte, um mit Gewalt der Waffen diese Zwiste beizulegen. Da stellte der Herzog Schwerin an die Spitze seines eigenen Heeres, und dieser schlug die Strafhannoveraner bei Walsmölen aufs Haupt, und legte die obwaltenden Streitigkeiten in kürzester Frist bei.
Mittlerweile erwarb König Friedrich Wilhelm I. von Preußen die Provinz Vorpommern und wurde dadurch Schwerins Landesherr. In dessen Dienste trat nun Schwerin, wurde zu wichtigen diplomatischen Sendungen [Ξ] gebraucht, und zwar an die Höfe von Polen und Sachsen. Der in allen Zweigen höherer staatsmännischer Geschäfte und im Dienst des Kriegs brauchbare Mann empfing von seinem Könige den schwarzen Adlerorden, und, was noch höhere Geltung hatte, der König schenkte ihm sein volles Vertrauen. Im Jahr 1739 wurde Schwerin General en Chef der ganzen preußischen Infanterie, im folgenden Jahre erhob ihn König Friedrich II., bald nachdem er die Regierung angetreten hatte, in den Grafenstand und ernannte ihn zum Generalfeldmarschall. So an die höchste Spitze des Heeres gestellt, vertraut mit allen Plänen und Entwürfen seines heldenherzigen Königs und vom Kriegsglück begünstigt, wurde es Schwerin nun nicht schwer, seinen Namen ruhmvoll auf die Tafeln der Geschichte zu schreiben. Der erste Schlesische Krieg hatte 1741 begonnen, und der Sieg der preußischen Waffen in der Schlacht bei Mollwitz war das Werk der Einsicht und Tapferkeit Schwerins, denn der König hatte bereits die Schlacht verloren gegeben und sich vom Schlachtfelde zurückgezogen. Aber Schwerin, obschon mit Wunden bedeckt, behauptete mit unerschütterlichem Muthe, trotz seiner vorgerückten Jahre, das Feld und den Sieg. Später nahm er noch Brieg und Breslau ein, und ging, nachdem dieser erste schlesische Krieg beendet war, nach den Heilquellen Aachens, um seine durch die Strapatzen des Feldzugs erschütterte Gesundheit wieder herzustellen. Der König ernannte seinen tapfersten Feldherrn zum Gouverneur von Neiße und Brieg, und war erfreut, daß derselbe noch Kraft und neue Rüstigkeit zeigte, auch im zweiten schlesischen Kriege wieder thätig zu sein. Während der König durch Sachsen und die Lausitz in Böhmen einrückte, führte Schwerin ein Heer aus Schlesien nach Böhmen, worauf sich bei Prag beide Heere vereinigten und Prag zur Uebergabe gezwungen wurde. Leider konnte Böhmens Hauptstadt nicht behauptet werden, ein Rückzug wurde zur Nothwendigkeit, und Schwerin führte diesen mit so viel Takt und Umsicht aus, daß derselbe fast einem errungenen Siege gleich zu achten war. Nachdem 1745 abermals der Friede geschlossen war, zog sich der bejahrte Feldherr auf seine Güter zurück, und suchte aufs neue seine Gesundheit zu kräftigen, allein der Ausbruch des siebenjährigen Kriegs rief ihn abermals zu den Waffen, zur Freude des ganzen preußischen Heeres, denn der »alte Schwerin«, war von den Soldaten wie ein Vater geliebt, weil er ihnen stets väterliche Gesinnung entgegentrug und Kraft und Muth des Kriegers mit Milde und Schonung eines Vaters vereinte. Wieder zog Schwerin aus Schlesien nach Böhmen, half den Sieg bei Lowositz erkämpfen, hinderte die Vereinigung Piccolomini’s mit Brown und that dem österreichischen Heere merklichen Schaden.
Im Jahr 1757 erfolgte von Seiten Schwerins, der sich nach Schlesien in die Winterquartiere zurückgezogen hatte, ein neuer und siegreicher Einmarsch in Böhmen und eine abermalige Vereinigung mit dem aus Sachsen anrückenden Heere seines Königs. Wieder wurde eine Schlacht bei Prag geschlagen, wieder war es Schwerin, der den Sieg gewann, aber mit dem Opfer seines theuern Lebens. Mitten im Kampfe nahm der tapfere Feldherr wahr, daß ein Theil seiner Streiter in Unordnung und Flucht zu gerathen drohte, ergriff selbst eine Fahne, und stürzte sich mit ihr, sie muthvoll schwingend, dem Kugelregen entgegen, indem sein Anruf die Schaaren ihm zu folgen begeisterte. Gleich darauf sank er, von 4 Kartätschenkugeln getroffen, entseelt vom Pferde; doch der Sieg ward erkämpft.
Lange und dauernd lebte und lebt noch immer Schwerins Andenken im Heere, wie im Volke. Mehrere Gedächtnißsäulen wurden ihm errichtet, eine bei Prag auf der Stelle, wo er fiel, eine ältere zu Berlin, und auf dem neuesten Denkmal seines großen Königs von Rauchs Meisterhand fehlt nicht Schwerin Heldengestalt in der Zahl seiner ebenbürtigen Mitkämpfer in den schlesischen und im siebenjährigen Kriege.