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Zweihundert deutsche Männer in Bildnissen und Lebensbeschreibungen/Johann Arnd

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Textdaten
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Autor: Ludwig Bechstein
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Titel: Johann Arnd
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aus: Zweihundert deutsche Männer in Bildnissen und Lebensbeschreibungen, S. 9–10
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1854
Verlag: Georg Wigand's Verlag
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Google und Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: [1]
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Bearbeitungsstand
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Johann Arnd.
Geb. d. 27. Dez. 1555, gest. d. 11. Mai. 1621.


Ein protestantischer Theolog mit dem asketischen Geist eines Tauler und Thomas a Kempis, dessen Ruhm und Name einst Deutschland mehr erfüllte, als irgend ein Name der gefeiertsten Theologen der Neuzeit. Geboren zu Ballenstädt, der heiter gelegenen Stadt am nördlichen Fuße des Harzgebirges, wirkte das Beispiel eines frommen Vaters einflußreich auf des Knaben Geistesrichtung; dieser Vater, Jacob Arnd, war Hofprediger bei dem Fürsten Wolfgang zu Anhalt; der Knabe hatte sich durch eine leidenvolle Jugend hindurchzukämpfen, und widmete sich anfangs, um andern Leidenden ein Helfer zu werden, dem Studium der Arzneikunde. Ein höherer Wille aber lenkte ihn vom Stand eines leiblichen Arztes zu dem eines Seelenarztes hinüber. Johann Arnd besuchte die Hochschulen zu Helmstädt, Wittenberg, Straßburg und Basel; es lag noch in der Sitte der Zeit, möglichst lange zu studieren und möglichst viele Universitäten zu besuchen, und ging von der Medicin zur Gottesgelahrtheit über. Der wackere und einsichtsvolle Regent Joachim Ernst, Fürst zu Anhalt, berief den jungen Theologen als Prediger in seine Residenz Ballenstädt; dort und in dem ganz nahen Dorfe Badeborn wirkte Arnd sieben Jahre lang in seinem Pfarr- und zugleich in einem Schulamte als Lehrer, und ahnete nicht, daß sein Geschick ihn aus diesem stillen und segensreichen Berufskreise schleudern werde. Allein Spaltungen zwischen Lutheranern und Reformirten bewogen Arnd, der Heimath Valet zu sagen. Sein unerschütterlicher Glaube war der streng lutherische; nicht des Calvinismus wegen wurde Arnd aus seiner Heimath vertrieben, wie da und dort zu lesen ist, sein Festhalten am Lutherthum gebot ihm zu gehen. Weit ging er nicht, schon das Ballenstädt nahe genug gelegene Quedlinburg nahm den Mann vom besten Ruf und ausgezeichneten Wandel mit offenen Armen auf, und er wurde dort als Prediger angestellt.

Dies geschah im Jahre 1590, und Arnd wirkte aufs neue neun Jahre in Quedlinburg-Neustadt mit Segen. Im Jahr 1599 traf ihn ein ehrenvoller Ruf nach Braunschweig, wo er Prediger an der St. Martinskirche wurde. Wieder neun Jahre eines ruhmvoll [Ξ] thätigen, frommgläubigen, gottgetrosten Wirkens verlebte dort Arnd, da kam ein Ruf aus der Lutherstadt, ein hochwillkommener, und Arnd zog als Pastor und Beisitzer des Consistoriums nach Eisleben.

Groß war schon Arnd’s Ruf und Ruhm; unter seinen zahlreichen Schriften fanden seine asketischen Werke: Paradiesgärtlein und Wahres Christenthum eine Verbreitung, wie kein anderes Buch ihrer Zeit, ja, wie vielleicht kein späteres. Zahllose Auflagen wurden diesen Schriften zu Theil; sie drangen in das Blut und Leben der damals noch frommen Bevölkerung, sie drangen zum Herzen des Volkes, wie sie einem Herzen entströmt waren, dem das Christenthum zur beseligendsten, lebendigsten Wahrheit geworden. Das Volk verehrte diese Bücher als Heiligthümer, sie standen ihm gleich neben der Bibel, hundertfach wurden Exemplare gezeigt, die bei Bränden unversehrt aus den Flammen gegangen, unter Schutt und glühender Asche hervorgezogen worden waren. Dies war wahr, und hatte natürliche Gründe, dem Volke aber galt es als Wunder und als sichtbarwerden der Gotteshand im retten des göttlichen Wortes.

Nicht lange blieb Arnd in Eisleben, er erhielt die Stelle eines General-Superintendenten zu Zelle 1611 und lebte und lehrte daselbst noch zehn Jahre, bis zu dem letzten Tage, wo er noch über den schönen Schrifttext predigte: Die mit Thränen säen, werden mit Freuden ärnten, und der Herr der Aernte ihn abrief.

Herrlich war Johann Arnd’s Charakter, voll ungeheuchelter Frömmigkeit, voll Milde, voll Wohlthätigkeit. Ganz fern war ihm der Geiz, der nirgend verächtlicher erscheint, als am Geistlichen; seine Beichtschillinge warf er, wie er sie empfing, in den Almosenkasten, und hatte stets Hülfsquellen und Mittel für die bedrängten; auch dies deutete des Volkes Glaube als übernatürlich – er besitze den Stein der Weisen, könne Gold machen, ward geglaubt. Christus war sein bewährter Stein, Liebe sein Wundergold, darum reifte dem treubewährten nach einem gottseligen Leben die Thränensaat seiner leidenvollen Jugend zur heiligen Freudenärnte.