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Zweihundert deutsche Männer in Bildnissen und Lebensbeschreibungen/Adam Friedrich Oeser

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Textdaten
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Autor: Ludwig Bechstein
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Titel: Adam Friedrich Oeser
Untertitel:
aus: Zweihundert deutsche Männer in Bildnissen und Lebensbeschreibungen, S. 285–286
Herausgeber:
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1854
Verlag: Georg Wigand's Verlag
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Google und Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: [1]
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Bearbeitungsstand
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Adam Friedrich Oeser.
Geb. d. 18. Febr. 1717, gest. d. 18. März 1799.


Dieser bedeutende deutsche Maler wurde zu Preßburg in Ungarn geboren, in welcher Stadt sein Vater, von Geburt ein Sachse, sich niedergelassen hatte. Er zeigte frühzeitig Neigung und Anlagen für die zeichnende und bildende Kunst und bezog die k. k. Kunstakademie zu Wien, um sich in den genannten Künsten zu vervollkommnen. Eifer und Glück ließen ihn dort schon mit dem 18. Lebensjahre einen Preis gewinnen und bald sah er im Umgang mit Künstlern und Kunstgönnern sein Leben verschönt und geistig gehoben. Der Bildhauer Rafael Donner unterrichtete den jungen Kunstacademiker im bossiren; der gelehrige Schüler übte sich auf das fleißigste in diesem Vorstudium der Bildnerei, ohne dem Malerpinsel untreu zu werden; vielmehr blieb die Neigung zur Malerei in ihm vorwaltend und wurde so mächtig, daß er bald dieser Kunst ausschließlich sich widmete. Nach Verlauf von zwei gut verwandten Studienjahren, in welchen Oeser malen, radiren und modelliren gelernt hatte, begab er sich von Wien 1739 nach Dresden und arbeitete unter dem Maler und Radirer Dietrich, wie unter Rafael Mengs weiter. Bei Ludwig Sylvester lernte Oeser auch al fresco malen und lenkte, durch ein enges Freundschaftbündniß mit Winckelmann verbunden, diesen zum noch ernsteren Studium der Antiken und der Costüme hin, sodaß er auch dadurch sich ein großes Verdienst erwarb. Hoch rühmte Winckelmann Oeser’s treue und ausdauernde Freundschaft. Man ernannte Oeser zum kurfürstlich sächsischen Hofmaler, wie zum Professor an der Dresdner Academie, jedoch ohne Gehalt, und der nun ausbrechende siebenjährige Krieg war nicht geeignet, Gehalte für die Priester der schönen Künste aussetzen zu lassen. Zum Glück fand Oeser einen Gönner am Grafen Bünau zu Dahlen, bei dem er die größte Zeit der Dauer jenes Krieges verweilte, dann aber wählte er Leipzig zum Wohnort, da der Kurfürst Christian ihm die Wahl zwischen beiden Städten, dort in Dresden in der Eigenschaft eines Akademie-Direktors oder des Direktorder neuen Kunstschule zu Leipzig ließ, und ihn dann zugleich mit dem Titel eines Professors der Dresdener Akademie beehrte.

In der neuen Lebensstellung war Oeser nun unablässig [Ξ] bemüht, durch eigene Werke, wie durch Beispiel und Lehre, auf die Läuterung des gesunkenen Geschmackes hinzuwirken, und gewann sich zugleich durch die rastlose Thätigkeit seiner Hand, seines Pinsels, seiner Nadel und seines Meisels einen nahe an Überschätzung grenzenden, weit verbreiteten Ruf. Er strebte nach höchster Correctheit im Styl und in der Zeichnung, und suchte zu dieser seine Schüler hinzulenken, zu welchen Schülern, wenn auch nur eine kurze Zeit, selbst Goethe gehörte. Damals hatte Oeser seine Direktorialwohnung in der alten Pleißenburg, und Goethe schildert jenen in seiner angenehmen plastisch anschaulich machenden Weise in: »Aus meinem Leben, Wahrheit und Dichtung« so treu und klar und so fern von aller Überschätzung und Uebertreibung, daß der Leser wohl herausfühlt, es sei in allem, was der große Dichter über den bedeutenden Künstler sagt, nur Wahrheit und keine Dichtung enthalten, aber viel gerechte Anerkennung und Würdigung. Oeser wies seine Schüler an das eigene Nachdenken, wie zum Studium der Kunstgeschichte hin und hob ihnen gern die Verdienste abgeschiedener oder nicht anwesender Männer hervor, welche sich um Kunst oder Kunststudien verdient gemacht, wie unter andern Christ, Winckelmann, der damals schon in Italien lebte, Lippert u. a.; auch leitete er sie durch reiche, ihm gern zu Gebote gestellte Sammlungen zur bildenden Anschau des gediegenen in Handzeichnung, Holzschnitt und Kupferstich an, wodurch in Goethe jene lebenslänglich dauernde Neigung an solchen Werken, die ohnehin in ihm schlummerte, stark hervorgerufen und genährt wurde.

Oeser, wenn er auch in der praktischen Ausübung seiner Künste nicht ganz frei von Mängeln war (namentlich stand er als Bildhauer ungleich tiefer wie als Maler) drang stets auf edle Auffassung und Behandlung künstlerischer Vorwürfe, und ging darin seinen Schülern mit gutem Beispiel voran. Viel bewunderte größere Arbeiten Oeser’s waren theils, theils sind sie es noch die Fresken des Gewandhaussaales ein Leipzig, die Gemälde in der St. Nicolaikirche, und ein allegorischer Theatervorhang, ebenfalls dort, in welchen Gemälden sich die Vorzüge lebhafter Farbengebung, Naturwahrheit im Ausdruck und glückliche Phantasie in der Erfindung vereinten. Viele seiner Zeichnungen radirte Oeser selbst, andere stach der gefeierte Baust, andere sein Schwiegersohn E. G. Geyser. Eine Menge anderer Handzeichnungen blieb ungestochen und verstreute sich in Sammlungen.

Theils eigenhändig von ihm gearbeitet, theils nach seinen Zeichnungen und Modellen wurden in Leipzig die Denkmäler des Kurfürsten von Sachsen auf der Esplanade vor dem Petersthore, Gellert’s in einem Privatgarten, eins in der alten katholischen Kirche, und auswärts das Monument der Königin Mathilde von Dänemark zu Celle, errichtet.

Außer einigen Töchtern hatte Oeser zwei Söhne, beide Jünger seiner Kunst, aber beide ihm noch vor seinem eigenen abscheiden entrissen, was sein sonst ruhiges und heiteres Greisenleben schmerzlich trübte. Der älteste Sohn, welcher zuletzt starb, Johann Friedrich Ludwig, brachte es bis zum Professor der Geschichts- und Landschaftsmalerei und wurde 1780 Mitglied der Dresdener Academie. Oeser’s, des Vaters, letzte Arbeit war ein Christuskopf, an der ihn der Tod überraschte.