Zum Inhalt springen

Zwei deutsche Feldherren

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
<<< >>>
Autor: Fr. Hfm
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Zwei deutsche Feldherren
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 28, S. 461–462
Herausgeber: Ernst Ziel
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1885
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
korrigiert
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite
[461]

Zwei deutsche Feldherren.

Der Abruf zur großen Armee ist an das deutsche Heer so mächtig ergangen, daß von den Führern in den drei letzten Feldzügen von 1864, 1866 und 1870 bis 1871 nur noch wenige auf ihrem Posten stehen. Von den neun Generalfeldmarschällen, welche in Folge des deutsch-französischen Kriegs ernannt worden waren, sind heute nur noch zwei: der Kronprinz und Moltke, übrig. Heimgegangen sind: Steinmetz (1877), Roon (1879), der Großherzog von Mecklenburg (1883), Herwarth von Bittenfeld (1884), Prinz August von Württemberg und nun auch Prinz Friedrich Karl und Manteuffel, die letzteren so hart hinter einander, daß jener in die Gruft gesenkt wurde, während man diesen auf die Bahre legte.

Es waren bange Augenblicke auf dem Potsdamer Bahnhofe in Berlin, als am Morgen des 15. Juni die Depeschen von und nach Klein-Glienicke, dem Jagdschlosse des Prinzen Friedrich Karl, liefen; Niemand glaubte daran, daß ein solcher Mann schon sterben könne, so ehern stand sein Reiterbild vor Aller Augen. Erst als um Mittag der Kronprinz selber, vom Sterbehaus kommend, in den Bahnhof einfuhr und, in sichtlich tiefer Erregung, bestätigte, daß Friedrich Karl todt sei, glaubte man an die schmerzliche Kunde.

Wahrhaft erhebend ist die Wahrnehmung, daß jetzt, nach dem so plötzlichen Hinscheiden des hochstehenden Mannes zu den Verherrlichungen, welche der kriegerischen Laufbahn des fürstlichen Reitergenerals gelten, viele bisher wohl nur in engsten Kreisen bekannte Züge aus dem Privatleben des Prinzen laut werden, die uns das Bild seines Lebens von der Kindheit an vormalen und die uns in die Arbeitsstube und in die landwirthschaftlichen Freuden einführen, Züge, durch welche uns der Mann, den wir uns bisher nur hoch zu Roß im Kriegsgetümmel denken konnten, nun auch menschlich näher gebracht wird.

  Prinz Friedrich Karl.   Karl Rochus Edwin Freiherr von Manteuffel.

Wie sehr uns diese neue Seite, die wir an dem Prinzen erst jetzt näher kennen lernten, erfreuen mag, immer bleibt unser höchster Stolz doch der Heerführer, der Held; und wenn wir mit Befriedigung darauf zurückblicken, daß die gesammte deutsche Presse in der Anerkennung dieses einen Mannes ausnahmslos übereinstimmt, ihn als den populärsten General unserer letzten drei Kriege preist, ihn neben Seydlitz und Zieten, Blücher und York stellt, so thut es uns doch besonders wohl, wenn auch Stimmen des Auslandes ein so begeistertes Urtheil über des Prinzen militärische Bedeutung aussprechen, wie dies Archibald Forbes gethan, der ausgezeichnete englische Kriegsberichterstatter über den Kampf der Deutschen in Frankreich. Dieser englische Autor sagt in den „Daily News“: „Wäre ich aufgefordert, den Prinzen Friedrich Karl in zwei Worten zu schildern, so würde ich ihn einen disciplinirten Donnerkeil nennen.“

Dieses kühne Bild erklärt Forbes ganz vortrefflich, indem er des Prinzen Antheil an den Schlachten von Mars la Tour und Gravelotte schildert. Am Morgen des 18. August hält derselbe einen Kriegsrath zu Pferd und im Freien ab: „Der Rothe Prinz ließ seine Hand auf den Schenkel niederfallen mit einem hörbaren Schlage; denn er hatte eine schwere Hand in jedem Sinne, dieser stämmige Mann mit den massiven bärtigen Kinnbacken, dem kräftigen großen Munde, grausam in seiner festen Entschlossenheit, wenn die Züge in Ruhe waren, mit den durchbohrenden Augen unter der gewölbten, mächtig breiten Stirn. Ein Mann das, in dem knappen rothen Waffenrock, sicherlich von der Natur in die Form gegossen, die für einen großen Heerführer bestimmt ist.“ So giebt uns Forbes des Prinzen Bild. Der Titel „Rother Prinz“ – in der Armee wie im Volksmunde seit Jahren gebräuchlich – bezieht sich auf die rothe Uniform der Zietenhusaren, welche der Prinz als Inhaber dieses Regimentes (Brandenburgisches Husaren-Regiment Nr. 3) mit Vorliebe trug.

Den Lesern der „Gartenlaube“ sind die glänzendsten Thaten des Heimgegangenen schon früher in Bild und Wort dargestellt worden, und kein Geringerer als der jüngst verstorbene Schlachtenmaler W. von Camphausen hat ein treffliches Reiterbild des Prinzen geliefert.[1] Für den französischen Krieg war Georg Horn Berichterstatter der „Gartenlaube“ im Hauptquartier des Prinzen Friedrich Karl; seine Berichte, 1870 und 1871 in 13 Briefen mitgetheilt, bildeten die Grundlage zu dem Werke „Bei Friedrich Karl. Bilder und Skizzen aus dem Feldzuge der zweiten Armee, von Georg Horn. 2 Bände. Leipzig, E. Keil“. (Ladenpreis 6 Mk.) Bei der großen Theilnahme, welche sich dem unvergeßlichen Feldherrn heute wieder zuwendet, ist es Pflicht, auf dieses inhaltreiche Buch, das den Helden und seine Thaten aus nächster Nähe darstellt, aufmerksam zu machen.

Wie Prinz Friedrich Karl seit dem 19. Juni in der Gruft seiner Eltern zu Nikolskoe, so ruht Generalfeldmarschall Karl Rochus Edwin Freiherr von Manteuffel seit dem 21. Juni an der Seite seiner Gemahlin, von uralten Eichen bewacht, im Friedhofe von Topper.

Manteuffel gehört zu denjenigen Männern der Gegenwart, über welche ein endgültiges Urtheil noch nicht abzuschließen ist. Sein äußeres Leben liegt allerdings recht offen vor uns da. Wir wissen: er ist am 24. Februar 1809 in Dresden geboren; seit 1827 Soldat, wurde er dienstlich zugleich zum Diplomaten erzogen und hat nach beiden Richtungen Anerkanntes geleistet, und zwar zuerst in Schleswig-Holstein 1864; 1865 übernahm er die Verwaltung von Schleswig und wußte 1866 Holstein ohne Blutvergießen von den österreichischen Bundestruppen zu befreien. Im Bürgerkriege führte er die Mainarmee zum Sieg und eilte dann als Diplomat nach Petersburg, um Rußland, das über Oesterreichs Niederlage schwerlich sehr böse war, für Preußens weitere Schritte in Deutschland freundlich zu erhalten. Dies war sogar für das Jahr 1870 [462] mit gelungen. Beim Ausbruch des deutsch-französischen Krieges finden wir Manteuffel zunächst als den Befehlshaber des ersten norddeutschen Armeekorps, und was er hier in den Kämpfen um Metz, dann im Norden Frankreichs und endlich vor Belfort geleistet, lebt noch frisch in unserer Erinnerung.

Nach dem Friedensschluß erhielt Manteuffel den Oberbefehl über die Okkupationsarmee, wiederum eine halb militärische, halb politische Stellung, deren Ausfüllung einen ganz besonders begabten Mann erforderte. Im Jahre 1876 sehen wir ihn abermals in diplomatischer Mission nach Rußland reisen. Zu der schwierigen und verantwortungsvollen Stellung des Statthalters der Reichslande wurde er vom Kaiser am 23. Juli 1879 berufen. In Karlsbad, wo er Heilung seiner Leiden suchte, ereilte ihn am 17. Juni unerwartet der Tod.

Selbst in so engem Rahmen bleibt die gedrängteste Skizze eines solchen Lebens noch großartig und ruft zum Weiterblättern in dem Buche eines solchen Schicksals auf, damit uns auch diejenigen Seiten desselben erhellt werden, welche bis jetzt noch dunkle Stellen zeigen. Wer den Artikel „Manteuffel und Falckenstein“ in den „Briefen eines Wissenden“ („Gartenlaube“ 1871, S. 467 [647]) mit den Zeitungsberichten vergleicht, welche der überraschende Tod des Mannes hervorrief, wird finden, daß wir manche Aufklärung dringend wünschen müssen, auf daß auch dieses Heldenbild unserer größten Zeit klar und deutlich vor uns stehe. Fr. Hfm.     


  1. Vergl. „Gartenlaube“ Jahrg. 1870, S. 600 und 601 und Jahrg. 1872, S. 728.