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Zwei Seelen (Ambrosius)

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
Autor: Johanna Ambrosius
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Titel: Zwei Seelen
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 38, S. 475
Herausgeber: Adolf Kröner
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1896
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
Neue Gedichte von Johanna Ambrosius
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Bearbeitungsstand
fertig
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[475]

 Zwei Seelen.

Zwei Seelen wanderten durchs Erdenland
Den Berg hinauf in trübem Schwermutssinn,
Getrennt durch eine hohe Felsenwand
Schritt eine rechts, die andre links dahin.

5
Sie hatten nie im Leben sich geseh’n,

Nie an die Brust sich liebevoll gedrückt,
Doch hat ein Engel mild mit sanftem Weh’n,
Mit heißer Lieb’ die Herzen beid’ beglückt.

Die Wege waren dornig, schmal und rauh,

10
Nur selten bot ein Plätzchen süße Ruh’,

Doch fand die eine gar ein Blümlein blau,
Warf sie’s der andern über’n Felsen zu.

So gingen sie der Tage, Jahre viel
Mit gleicher Last und gleich in Weh und Not,

15
Bis endlich kam des Gipfels höchstes Ziel,

Und heiter lächelnd grüßte Morgenrot.

Verschwunden war die Mauer, die getrennt,
Ein Blumenteppich breitete sich aus,
Und Jubelklänge grüßten ohne End’,

20
Denn beide Seelen fanden nun ein Haus.


Aus ihren Augen strahlt es sonnenhell,
Sie drücken an die Brust sich fort und fort,
Von ihren Lippen bricht sich, wie ein Quell,
Die Bahn das lang zurückgedämmte Wort:

25
Nun bist du mein in alle Ewigkeit,

Was Andrer Glück, war für uns bitt’re Not.
Nun kosten wir auch Himmelsseligkeit,
Was and're scheidet, einte uns – der Tod.