Zur Geschichte der Tabakspfeife
Zur Geschichte der Tabakspfeife.
Ein großer, wenn nicht der größere Teil des starken Geschlechtes nennt eine Freundin sein eigen, die ihm überaus wert und teuer, zuweilen sogar unentbehrlich, seine Zuflucht in trüben Stunden, sein Trost im Ungemach, die Quelle seiner stillen Freuden, kurz sein Alles ist. Freilich besteht diese Freundin, wie zur Beruhigung aller zur Eifersucht geneigten weiblichen Gemüter sofort bemerkt werden möge, keineswegs aus Fleisch und Blut, sondern ist entweder aus Thon, Gips, Holz, Porzellan, oder bei vornehmen Herren der Schöpfung aus jenem Stoffe, aus welchem dereinst Venus emporgestiegen ist, nämlich aus dem „Schaume des Meeres“ hergestellt. Allein dennoch atmet sie Glut und Leben und hält den Mann nicht selten so ganz und gar in ihrem Banne, daß er ohne sie nicht existieren zu können glaubt und ihr alles opfert.
Lessing z. B. war ihr so zugethan, daß er sich, wie seine Wirtschafterin einmal bezeugte, von morgens früh bis abends spät nicht von ihr trennte, und Nikolaus Lenau erklärte jedem, der es hören wollte: „Ich vermöchte keine Zeile zu schreiben ohne meine Tabakspfeife – denn sie ist die Freundin des Mannes, die wir meinen – im Munde zu haben.“ In demselben Sinne, nur mit anderen Worten, äußerte sich der vor zwei Jahren verstorbene englische Dichter Lord Alfred Tennyson. Tennyson und Tabakspfeife, das waren überhaupt zwei unzertrennliche Begriffe. Er liebte sie unendlich. Sie war alltäglich sein erster und letzter Gedanke und ihm besonders nach dem Essen unentbehrlich. Nur sie durfte ihn in sein Arbeitszimmer begleiten, und je mehr sie dampfte und glühte, desto beschwingter wurde sein Geist.
In die Geschichte eines so hervorragend wichtigen Gerätes einmal einen Blick zu werfen, verlohnt gewiß die Mühe, und wenn wir seinen Spuren auch bei den fremden Völkern nachgehen, so werden uns die merkwürdigsten Gebilde menschlicher Kunstfertigkeit und Erfindungsgabe vor Augen treten.
Als die Spanier unter Führung von Christoph Kolumbus zum erstenmal die Antillen besuchten, sahen sie dort zu ihrem größten Erstaunen Männer und Frauen Kräuter rauchen. „Es waren das,“ wie der Bericht des Entdeckers lautet, „trockene Kräuter, in ein gleichfalls trockenes breites Blatt eingewickelt; sie waren von der Art der kleinen Musketen, deren sich die spanischen Kinder an Pfingsten bedienen. Am einen Ende waren sie angezündet, am anderen Ende saugten die Leute und tranken gewissermaßen durch Einatmung den Rauch. Sie werden dadurch berauscht, sind aber offenbar vor Müdigkeit geschützt. Die Leute heißen diese Art kleiner Musketen tabacos.“
Neben anderen Dingen überreichten die Eingeborenen den Entdeckern diese getrockneten Blätter, die indessen den Spaniern höchst gleichgültig waren. Keiner von ihnen konnte ja ahnen, daß in vierhundert Jahren der Tabak ein Weltbeherrscher sein würde, daß eines Tages in den fünf Weltteilen alljährlich rund eine Milliarde Kilogramm dieser Blätter geerntet und deren Wert nach Hunderten von Millionen Mark geschätzt werden würde!
Kolumbus selbst, der ausgezogen war, um die königlichen Kassen Spaniens mit dem Gold Indiens zu füllen, dachte nicht im Traume daran, daß diese nichtigen Blätter, die er geringschätzig beiseite schob, dereinst von den ewig geldbedürftigen Staatsmännern in ungeahntem Maße ausgebeutet werden sollten, daß der Ertrag von Tabakzöllen, Tabakmonopolen und Tabaksteuern jahraus jahrein Millionen über Millionen einbringen würde!
Die „tabacos“ der Antillenbewohner oder die „Cigarren“, wie wir heute die zusammengerollten Blätter nennen, blieben in der That eine geraume Zeit ohne Bedeutung für die Völker Europas. Die spanischen Ansiedler und Abenteurer in der Neuen Welt gewöhnten sich wohl zum Teil das Rauchen an, aber die „barbarische Sitte“ machte keine bedeutenderen Fortschritte. Um die Mitte des 16. Jahrhunderts sah man auch Matrosen, die aus Amerika zurückkamen, in den europäischen Hafenstädten rauchen, aber man beeilte sich nicht, ihrem Beispiel zu folgen. Matthias de Lobel hat in einem im Jahre 1576 zu Antwerpen erschienenen Buche einen dieser ersten Cigarrenraucher in Europa verewigt. Ein Blick auf die getreue Wiedergabe jener Abbildung (S. 209 unten, Nr. 1) belehrt uns, daß es sich da um einen Riesenstummel handelte, eine trichterförmige Röhre, welche aus Palmenblättern oder Schilf verfertigt und mit zerschnittenen trockenen Tabakblättern gefüllt war. Wir wollen es dahingestellt sein lassen, ob dieser ehrwürdige Raucher vor dem alten Lobel dickthun wollte; so viel steht fest, daß man damals auch annehmbarere Cigarren kannte, die ungefähr Größe und Form einer Kerze hatten. Aber die Cigarre, die heute in der Welt eine so große Rolle spielt, war gar nicht dazu berufen, dem Tabak die Wege in der Alten Welt zu ebnen. Erst als die Tabakspfeife nach Europa gebracht wurde, trat mit einemmal das duftende Kraut seinen stürmischen Siegeslauf um das Erdenrund an.
Im Laufe der Zeit lernten die Europäer in Amerika verschiedene Arten des Tabakrauchens kennen. In Mexiko bedienten sich die Azteken eigenartiger Rauchrohre, über deren Herstellung der Franziskanermönch Bernardino de Sahagun Folgendes berichtet: [209] „Diejenigen Indianer, welche Rohre zum Einsaugen des Tabakrauches verkaufen, schneiden Schilfrohre und reinigen sie von den Blättern. Dann werden sie mit fein zerriebener, nasser Kohle überstrichen und mit Blumen und Tieren, Adlern, Fischen u. dgl. bemalt. Man hat auch solche, deren Malereien erst sichtbar werden, wenn das Rohr gebraucht und vom Feuer verzehrt wird. Manche sind schön vergoldet. Die Rohre werden mit dem trockenen Kraute des Tabaks und verschiedenen aromatischen Kräutern, Rosenblättern, wohlriechenden Gummiarten, gefüllt und angezündet.“ Diese Rauchrohre, deren Abkömmlinge man vielleicht in den noch heute üblichen, mit weißen Zeichnungen, Messingknöpfen, Spiegeln. u. dgl. verzierten Rauchgeräten der Pampasindianer erblicken darf (S. 208), fanden aber in Europa ebensowenig Anklang wie die ersten Cigarren.
Im Jahre 1512 besuchte der Portugiese Juan Ponce de Leon zum erstenmal das Land Florida. Die Eingeborenen waren dem Tabakrauchen sehr ergeben, aber die Art und Weise, wie sie diesem Genusse frönten, war wieder eine andere. Sie benutzten hohle Gefäße aus gebranntem Thon, in die sie ein Rohr aus Schilf einsetzten. Die Gefäße wurden mit den trockenen Tabakblättern gefüllt, angezündet und der Rauch durch das Rohr eingesogen. Hier lernte man also wirkliche Tabakspfeifen kennen; aber auch sie blieben zunächst unbeachtet.
Sechs Jahrzehnte später rüstete der englische Ritter Sir Walter Raleigh eine Expedition aus, um neue Länder in Amerika zu entdecken. Er landete an der Ostküste Nordamerikas, benannte den von ihm in Besitz genommenen Landstrich Viginien, der jungfräulichen Königin Elisabeth zu Ehren, und gründete dort eine Niederlassung. Die englischen Kolonisten traten in nähere Beziehungen zu den Eingeborenen, die ebenso wie die Rothäute in Florida aus thönernen Pfeifen die getrockneten Blätter des Krautes Yppowoc rauchten, nahmen diese Sitte der Wilden an, und ein ehemaliger Lehrer Raleighs, der Mathematiker Thomas Hariot, schrieb aus Virginien die ersten Lobreden auf das Tabakrauchen: der Rauch reinige das Haupt von überflüssigen Feuchtigkeiten, eröffne die Schweißlöcher und andere Gänge des Leibes. Raleighs Kolonie nahm freilich ein frühes Ende, und als im Jahre 1586 der Admiral Francis Drake, von einem Raubzuge in den westindischen Gewässern heimkehrend, sie besuchte, baten ihn die Ansiedler, er möchte sie doch wieder nach England mitnehmen. Am 27. Juli 1586 landeten diese Leute in Plymouth, ein Gegenstand eifrigen Staunens für das Volk, da sie zum erstenmal in England das seltsame Schauspiel des Tabakrauchens aus Pfeifen darboten. An jenem Tage wurde der Bacillus des Tabakrauchens in Europa ausgestreut. Die indianischen Thonpfeifen gefielen; das Beispiel der zurückgekehrten Ansiedler wirkte ansteckend, bald sah man überall in England Leute mit Pfeifen und im Jahre 1598 rauchte man in London bereits in Theatern. Das Kraut selbst wurde aus Amerika bezogen, aber die englischen Töpfer brannten sofort thönerne Pfeifenköpfe im Lande und es entstand alsbald ein Gewerbe der Pfeifenmacher, dem bereits im Jahre 1619 in London Körperschaftsrechte erteilt wurden. Hauptsitz der ersten europäischen Thonpfeifenindustrie wurde die Ortschaft Broseley in Staffordfhire, wo man einen geeigneten Thon fand.
Die Verbreitung der Thonpfeife über Albions Grenzen hinaus war zunächst das Werk englischer Studenten, welche die Universität Leiden besuchten. Hier sah man sie bereits um das Jahr 1590 ihre Pfeifen schmauchen, und ihr Beispiel steckte die Holländer an. Schon im Jahre 1610 war der Tabak ein wichtiger Handelsartikel in Holland, und bei Gouda entstand ein neuer Mittelpunkt der Tabakspfeifenindustrie. In der Glanzzeit waren hier an 300 Thonpfeifenfabriken thätig, welche Millionen der einst sehr beliebten holländischen Thonpfeifen (vergl. die nebenstehende Abbildung Nr. 4) alljährlich in die Welt versandten.
Die Thatsache, daß durch das Tabakrauchen Durst und Hunger vorübergehend betäubt werden, machte die Pfeife bald in den Heeren der damaligen Zeit beliebt, und so wurden englische und holländische Truppen zu weiteren Vorkämpfern der Tabakspfeife; sie waren es, welche während des Dreißigjährigen Krieges die Sitte nach Deutschland trugen. In den Jahren 1620 und 1622 sah man englische und holländische Truppen zum erstenmal in Sachsen und in Süddeutschland rauchen, und bald darauf rauchte man auch in den Lagern von Tilly und Wallenstein.
Im Laufe des 17. Jahrhunderts „trank“ oder „schmauchte“ man in Deutschland den Tabak nur aus Pfeifen, und zwar aus thönernen nach virginisch-indianischem Muster. In einem gereimten „Lob des Tabaks“ aus jener Zeit wird das Gerät des Rauchers ausführlich geschildert. Es heißt darin:
[210]„Brauchet ihr Töpffer die reinesten Erden,
Machet die Pfeiffen, als wär’ es Crystall,
Daß sie glatt, eben und kreideweiß werden,
Von Gläser wie das gegossene Metall.
Welchen ihr wollet zum Meister erhöhen,
Laß an den Pfeiffen sein Meisterstück sehen.
Auch so ihr Künstler in Silber und Eisen,
Bringet Erfindung von Stopffern herfür,
Welche von allerhand arthigen Weisen,
Feuerschlag, Zangen, Zahnstöcker, Pitschier,
Pfeiffen und Kratzer und mehrerlei Sachen
Müßt ihr bei dieser auffs künstlichste machen.“
Tabaksbrüder jener Zeit lehrten in ihren „Tabacologien“, d. h. Abhandlungen über den Tabak, von denen eine große Zahl erhalten ist, die Pfeife solle nicht zu kurz oder unter vier Zoll sein; die leichte Zerbrechlichkeit der Thonpfeifen preßte ihnen manchen Stoßseufzer ab, und so riefen sie:
„Machet ihr Meister von Messing und Bleche
Dienliche Futter, die zierlich und schön,
Daß man die Pfeiffen nicht leichtlich zerbreche,
Die aus zerbrechlichem Thone bestehn.
Oder die es noch bequemer verlangen,
Pflegen mit silbernen Pfeiffen zu prangen.“
So suchte man, nachdem das Rauchen einmal festen Fuß gefaßt hatte, die Rauchutensilien zu vervollkommnen, und den Thonpfeifen, die in Deutschland vorzüglich zu Köln und zu Almerode in Hessen verfertigt wurden, entstanden bald allerhand Nebenbuhlerinnen.
Bevor wir aber auf diese Neuerungen näher eingehen, möchten wir noch ein wenig der Vergangenheit der Pfeife in ihrer Urheimat, in Nordamerika, nachspüren.
Hier war das Tabakrauchen nicht bloß ein sehr beliebtes privates Genußmittel, es bildete auch einen Teil gottesdienstlicher und amtlicher Handlungen. Der Sonne, welche der Indianer verehrte, wurde der Tabak als Opfer dargebracht und der Rauch aus der Pfeife gegen das leuchtende Tagesgestirn geblasen. Die Indianer besaßen Kriegspfeifen, aus welchen die Männer vor Eröffnung eines Feldzuges gemeinschaftlich zu rauchen pflegten und die der Häuptling auf dem „Kriegspfade“ bei sich führte; sie besaßen aber auch Friedenspfeifen, die unter dem Namen Calumet bekannt sind (vergl. die Abbildung, S. 209 unten, Nr. 2). Das vier bis fünf Fuß lange, aus leichtem Holz verfertigte Calumetrohr wurde mit Schwanzfedern einer Adlerart, mit Bändern, Flechten von Frauenhaar, verschieden gefärbten Kielen von Stachelschweinen, bunten Federn, auch wohl mit weißen Korallenschnüren und Vogelschnäbeln verziert. Jeder Stamm schmückte die Pfeife auf seine Weise, so daß die Indianer beim ersten Blick bestimmen konnten, welcher Nation ein Calumet angehörte. Der Kopf des Calumet war jedoch nicht aus Thon gebrannt, sondern zumeist aus einem eigenartigen Stein, dem „ Catlinit“ oder roten Pfeifenstein, geschnitten, dessen Brüche sich im Westen Dacotas vorfinden. Noch heute gilt jene Gegend den Resten der Indianer als ein geheiligter Grund und Boden. Wir können uns versagen, länger bei diesem Gegenstand zu verweilen, da dieser berühmte Steinbruch Tchanopa-o-kä, das Heiligtum der Roten Rasse, im Jahrgang 1883 der „Gartenlaube“, S. 83, von Rudolf Cronau in Wort und Bild geschildert wurde.
Wie uralt der Gebrauch der Tabakspfeife in Nordamerika ist, darüber geben die vielen in unseren Museen befindlichen nordamerikanischen Pfeifen Aufschluß, deren Ursprung gewiß in vorgeschichtliche Zeiten zurückreicht. In den Thälern des oberen Mississippi, des Missouri und Ohio, sowie an deren Zuflüssen, in Wyoming, Pennsylvanien und den Ländern bis zum St. Lorenzstrome giebt es zahlreiche Grab- und Opferhügel, die man mit dem Namen „Mounds“ bezeichnet und die vermutlich von einem Volksstamme herrühren, der noch vor den Indianern jene Gebiete bewohnte. In diesen „Mounds“ fand man nun neben vielen anderen Geräten sehr häufig Pfeifenköpfe, die bald aus Thon gebrannt, bald aus verschiedenen Gesteinsarten geschnitzt sind, entweder die Form einfacher Schlote haben, oder Tiere, Vögel und Menschenköpfe darstellen (vergl. Abbildung S. 209 unten, Nr. 3, 4 u. 6). Diese Pfeifenköpfe sind den unserigen aus Thon oft zum Verwechseln ähnlich, Jahrtausende hindurch hat sich dieser Typus erhalten, die Moundsleute vermachten sie den nordamerikanischen Indianern und diese wieder den Europäern. Eigenartig sind aber Pfeifen, welche Menschenköpfe oder welche Tiere darstellen, die auf einer gewölbten Platte befestigt sind. Sie bilden zweifellos die ältesten Formen kurzer Pfeifen. Man vergleiche z. B. den Frosch unten auf unserer Abbildung S. 209. In die Höhlung am Rücken stopfte man Tabak, das vordere Ende der Platte, wo eine mit jener Höhlung in Verbindung stehende Röhre mündete, nahm man an die Lippen, das andere aber diente als Griff.
In Mexiko waren zur Zeit der Entdeckung des Landes durch die Spanier die bereits geschilderten Rauchrohre üblich; in ferner zurückliegendes Zeiten war aber auch dort die Tabakspfeife bekannt; denn es wurden an verschiedenen Orten Thonpfeifen ausgegraben, die an virginische erinnern und bald Menschen, bald Tiere darstellen. Dorther stammt das sonderbare Gebilde S. 209 unten, Nr. 5. Am allerbizarrsten nimmt sich eine Pfeife von weichem Thonschiefer aus, die auf der Königin Charlotte-Insel an der Westküste von Nordamerika heimisch ist. Die unten stehende Abbildung giebt sie getreu nach dem im naturhistorischen Hofmuseum zu Wien befindlichen Originale wieder.
Die Zeit der ausschließlichen Herrschaft der Thonpfeife sollte aber in Europa und überhaupt in der Alten Welt nicht lange dauern. Schon im 17. Jahrhundert sann man auf Verbesserung des Rauchgeräts, und zwar nach zwei Richtungen hin; einerseits wollte man den zerbrechlichen Thon durch bessere Stoffe ersetzen, anderseits die Pfeifen zum Rauchen geeigneter machen, durch besondere Vorrichtungen die unangenehmen beißenden Wirkungen des Rauches beseitigen.
Für Deutschland ist besonders beachtenswert die Erfindung der Tabakspfeife mit Mundstück und Abguß oder Schwammdose, die der österreichische Arzt Vilarius im Jahre 1689 gemacht haben soll. Diese Art erfreute sich bald einer überaus großen Verbreitung. Am wichtigsten aber für die neuerstandene Industrie war die Wahl neuer Rohstoffe zur Herstellung unseres Rauchgeräts.
Fast gleichzeitig mit den Thonpfeifen erschienen metallene, namentlich silberne Köpfe auf der Bildfläche, fanden aber keinen Anklang. Eine gefährlichere Nebenbuhlerin wurde dagegen die Pfeife aus Holz, deren Herstellung in Süddeutschland, vor allem in Ulm, aber auch im Norden, in Göttingen zu hoher Blüte gelangte (vgl. Abbildung S. 209 oben, Nr. 2 und 5). Man begnügte sich nicht mit einheimischen Holzarten, sondern bezog passende Hölzer aus den verschiedensten Ländern, die Stein- oder Winterheide aus den Pyrenäen, Palysander-, Veilchen- und Campecheholz aus Amerika und Westafrika, wohlriechende türkische Weichsel aus Persien und Cedernholz aus Asien. Die Drechsler hatten viel zu thun und begannen neben Horn auch den Bernstein zu Pfeifenspitzen zu verwenden. Später, gegen Ende des vorigen und namentlich zu Anfang dieses Jahrhunderts, kamen die Porzellanköpfe in Aufnahme und im Thüringer Walde bildete sich ein neuer Sitz dieser Industrie.
Den begehrtesten und schönsten Rohstoff zur Herstellung von Pfeifenköpfen fand man aber zu Anfang des vorigen Jahrhunderts [211] in dem Meerschaum.
Im Jahre 1724 lebte in Pest ein Schuhmacher Karl Kovács, der durch seine Geschicklichkeit im Pfeifenschnitzen sich einigen Ruf verschafft und u. a. auch die Gunst eines Grafen Andrassy erworben hatte. Als der Graf im genannten Jahre von einer seiner türkischen Reisen zurückkehrte, brachte er ein großes Stück weißen Materials mit, das man ihm in der Türkei als etwas um seines außerordentlich geringen specifischen Gewichtes willen Seltenes geschenkt hatte. Dem Schuhmacher schien dieser Stoff für Pfeifen verwendbar und er fertigte daraus zwei Pfeifen, die eine für den Grafen, die andere für sich selbst. Wegen seines eigentlichen Handwerks konnte er seine Hände nicht immer rein halten, und so kam es, daß beim Rauchen aus seiner Pfeife mehrere Pechstückchen zurückblieben. Als Kovács diese entfernte, sah er zu seiner Verwunderung, daß der Stoff an den betreffenden Stellen glänzend braun geworden war und keine schmutzigen Flecken zurückgeblieben waren. Um nun der Pfeife eine gleiche Farbe zu verleihen, schmierte er sie ganz mit Pech ein und mit Freude bemerkte er später, nachdem er sie wieder gereinigt hatte, was für eine schöne Farbe die ursprünglich weiße Pfeife bekommen hatte. So wurde Kovács zum Erfinder der Meerschaumpfeifen und zugleich der Kunst des Anrauchens.
Die Pfeifen gefielen und mehrere reiche Adlige ließen, als sie von den wunderbaren Eigenschaften dieser merkwürdigen Masse erfuhren, große Mengen derselben zum Zwecke der Pfeifenfabrikation kommen.
Wir können nicht mehr feststellen, ob diese Erzählung, die verschieden wiedergegeben wird, auf geschichtlicher Wahrheit beruht, soviel aber geht aus sorgfältigen, namentlich von Alexander Ziegler angestellten Nachforschungen hervor, daß in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts Meerschaumköpfe aus der Türkei über Oesterreich und Ungarn eingeführt wurden und daß sich um jene Zeit ein Handel mit rohem Meerschaum entwickelte. In Lemgo und Nürnberg begann man – in welchem Jahre, das ist nicht mehr genau festzustellen – aus diesem Stoffe Pfeifenköpfe zu schnitzen, und von jenen Städten aus pflanzte sich die neue Art der Industrie auch nach dem Thüringer Flecken Ruhla fort. Dort aber wurde um das Jahr 1750 eine Erfindung gemacht, welche sehr viel dazu beitrug, „die Ruhl“ zu einem Mittelpunkt der Tabakspfeifenindustrie zu erheben.
Ursprünglich blühte an diesem Orte der Eisenbergbau und die Waffenschmiedekunst; hier hat auch nach jener schönen Sage der „Schmied von Ruhla“ den Landgrafen Ludwig den Eisernen „hart“ gemacht. Als im Laufe der Zeit die eisernen Harnische und klirrenden Panzer abkamen, wurden die Ruhlaer geschickte Messerschmiede und machten anfangs gute Geschäfte, bis gegen Ende des 17. Jahrhunderts auch dieser Handel mehr und mehr in Verfall geriet. Da half ein neuer Industriezweig aus der Not: ein gewisser Simon Schenk verpflanzte hierher im Jahre 1739 die Herstellung von Beschlägen für Pfeifenköpfe, was naturgemäß zur Fabrikation der Tabakspfeifen selbst und auch der Meerschaumköpfe führte. Diese letzteren freilich waren ein sehr teurer Artikel, den sich nur reiche Leute kaufen konnten. Da gelang es um 1750 Ruhlaer Meistern, aus Meerschaumabfällen den sogenannten künstlichen Meerschaum und aus diesem die unechten Meerschaumköpfe anzufertigen, und nun konnten die schönen Pfeifen auch weiteren Kreisen zugänglich gemacht werden. Im Kirchenbuche von Ruhla hat der Pfarrer Lechler im Jahre 1790 beim Tode eines Joh. Christoph Dreiß eingetragen, daß dieser der Erfinder der in Ruhla fabrizierten unechten Meerschaumköpfe sei, an welchen andere Geld verdient hätten, während es ihm nicht habe gelingen wollen, aus seiner Erfindung den gehörigen Nutzen zu ziehen.
Die Ruhlaer Meerschaumköpfe wurden auf die Leipziger Messe gebracht und von hier aus weltbekannt. Das Ansehen des kleinen Ortes stieg und er wurde zur berühmtesten Pfeifenstadt der Welt, obwohl alle Rohmaterialien aus weitester Ferne hergebracht werden müssen: Meerschaum aus Kleinasien, Bernstein von der Ostsee, Weichselröhren aus Baden bei Wien, Harze aus den ostindischen Wäldern, Cedernholz vom Libanon, Heidewurzel aus den Pyrenäen, Birken- und Buchsbaumholz aus Schweden etc.
Die Ruhl, romantisch an dem „Erbstrom“ gelegen (s. das Bild S. 208), gehört halb zu Sachsen-Weimar und halb zu Gotha und zählt gegen 5000 Einwohner, aber nach Millionen zählen die Pfeifen. die von hier in alle Weltteile wandern, und die Ausfuhr Ruhlas an Pfeifenwaren bewertet sich nach vielen Millionen von Mark. Ruhla erzeugt durchschnittlich im Jahre eine halbe Million echter und fünfeinhalb Millionen unechter Meerschaumköpfe. Ein einziger echter Meerschaumkopf kostet 20 bis 150 Mark, während man für dasselbe Geld ein ganzes Dutzend unechter erhalten kann. Feingeschnittene Kunstwerke, wie z. B. der auf unserer Abbildung S. 209 oben, Nr. 1, sind natürlich teurer und wurden schon mit 300 bis 400 Mark von Liebhabern bezahlt. Außer den Meerschaumköpfen erzeugt Ruhla vor allem Pfeifenbeschläge, mit welchen es Millionen von Pfeifenköpfen aus Holz und Porzellan versieht. In den großen Geschäften sind Hunderttausende von Pfeifen und Cigarrenspitzen an 10 000 verschiedenen Nummern aufgestapelt! Auch die hölzerne „Schwertpfeife“ (vgl. Abbildung S. 209 oben, Nr. 3) stammt aus Ruhla, und zwar aus dem Ende des vorigen Jahrhunderts.
Auf ihrem Siegeszug durch die Welt hat die Tabakspfeife auch in anderen Ländern vielfache Wandlungen erfahren. Der Türke schwärmt für den Tschibuk mit dem roten Thonkopf, dem Rohr aus Weichselholz oder Jasmin, dem Mundstück aus Bernstein; [212] er schmückt ihn mit kostbaren Edelsteinen.
Im entlegeneren Orient, in Arabien, Persien und Indien steht die Wasserpfeife besonders hoch in Gunst. Sie besteht (vgl. die Abbildung S. 211) aus einem Gefäß von Glas, Porzellan oder Metall, welches über die Hälfte mit Wasser gefüllt wird. In dasselbe wird der aus Metall oder gebranntem Thon gefertigte Pfeifenkopf eingesetzt, von dem eine Röhre ausgeht, die bis ins Wasser reicht. Ein langer mit Mundstück versehener Schlauch, bestehend aus Drahtspiralen, die mit Leder überzogen sind, führt in den freien Raum der Flasche oberhalb des Wassers; oft sind auch zwei solcher Schläuche an einem Gefäße angebracht. Infolge dieser Anordnung gelangt der Rauch beim Ansaugen zuerst ins Wasser, wird hier abgekühlt und verliert sein brenzliges Oel.
Andere Volker, andere Sitten! Bei den Japanern, die, wie ein Kenner von Land und Leuten einmal schrieb, „mehr Rauch als Reis“ verschlingen, rauchen selbst die jungen Mädchen aus reizenden, oft nur fingerhutgroßen Metall- oder Porzellanpfeifchen, die an kurzen bräunlichen Bambusröhrchen mit Metallspitze stecken und in hübschen Etuis aus Holz oder Elfenbein verwahrt werden. Auch die größeren für Männer bestimmten Tabakpfeifen sind aus Metall und haben nicht selten prächtige, in Metall eingelegte Rohre. (S. die Abbildungenn S. 211.) Der Kirgise bohrt in einen Hammelknochen seitwärts ein Loch, füllt die Markröhre mit Tabak und schmaucht aus diesem Apparat; äußerst einfach ist auch die aus einem ausgehöhlten Wurzelstock hergestellte sibirische Pfeife (S. 211, Nr. 2). Neben ihr nimmt sich die andere in Sibirien gebräuchliche, ebenfalls hölzerne Pfeife mit Zinnbeschlag und rohen Schnitzereien (Nr. 1) wie ein Kunstwerk aus, Dies hat auch etwas, was allen anderen Pfeifen fehlt, nämlich einen hölzernen Vorstecker zum Schutze und zur Reinhaltung des beinernen Mundstücks (Nr. 3). Der Jakute, der nicht immer Tabak kaufen kann, füllt seine Pfeife mit Holzspänen, die er mit einigen Tabakblättern würzt. Bei vielen asiatischen Völkerschaften, z. B. bei den Birmanen, beteiligen sich auch Weiber und Kinder eifrig an dem Rauchgeschäft, wie wir dies ja auch von unsern Zigeunern wissen. Von den Tausenden von Frauen, welche den Harem des Königs von Siam bilden sollen, ist angeblich keine der Pfeife abhold, weshalb denn auch Seine siamesische Majestät die Kleinigkeit von 20000 Pfeifen ihr eigen nennt und eigene Beamte zu ihrer Pflege besoldet. Ferner sind die Koreaner, männlich und weiblich, dem Beispiel ihrer Königin folgend, der „Huhka“ genannten Tabakspfeife (vgl. die Abbildung S. 214, Nr. 4) mit Leib und Seel ergeben.
Man behauptet allerdings vielfach. daß nicht alle Tabakspfeifen der asiatischen und afrikanischen Völker aus dem nordamerikanischen Muster hervorgegangen seien, daß vielmehr das Rauchen bei einigen dieser Völker schon vor der Entdeckung Amerikas bekannt war. Es liegen zwar keine sicheren Nachrichten darüber vor, allein verschiedene Umstände berechtigen zu dem Schlusse, daß die Schwarzen viel früher geraucht haben als die Weißen. Allerdings nicht Tabak, denn dieser ist überhaupt erst nach der Entdeckung Amerikas als ein dort einheimisches Gewächs bekannt geworden, sondern gewöhnlichen, bekanntlich berauschenden Hanf und „Dacha“, eine spezifisch afrikanische Hanfart. Aber auch allerlei andere getrocknete Pflanzen mögen schon vor Zeiten dem ungezügelten Schmauchbedürfnisse der Schwarzen gedient haben.
Wie urwüchsig übrigens ihre Art zu rauchen ehedem gewesen sein mag, das kann man noch heute im Betschuana-Lande erfahren. Ein Betschuane konstruiert sich nämlich seine Pfeife in der Weise, daß er einen kleinen Sandhügel mit oben kraterähnlicher Höhlung formt, dieselbe mit Hanf, Dacha, Tabak oder sonst etwas Brennbaren anfüllt, eine Kohle darauf legt und nachdem er ein Rohr durch den Sand bis an den Rauchstoff geführt hat, auf dem Bauche liegend zu schmauchen beginnt. Andere südafrikanische Stämme sind, wie die Exemplare am Rande des untenstehenden Betschuanenbildes beweisen, in Sachen der Pfeife allerdings weiter vorgeschritten; ihre grotesken Pfeifen aus Büffel-, Antilopen- und sonstigen Hörnern sind vorzugsweise zum Hanf- oder Dacharauchen bestimmt, besitzen keine Spitze, sondern werden mit der breiten Oeffnung des Hornes an den Mund gesetzt. worauf die eine bedeutende Lungenkraft erfordernde Aufsaugung des Rauches aus den in die Rohre eingesteckten Köpfen beginnt.
Was nun die sonstigen Tabakspfeifen Afrikas anbelangt, so sind zunächst die etwa 30 bis 40 cm langen hölzernen Pfeifen der Niam-Niam deshalb merkwürdig. weil an dem eine menschliche Gestalt darstellenden Rohre zwei Köpfe sitzen (Abbildung oben auf dieser Seite Nr.. 13). Derartige doppelköpfige Pfeifen kommen in verkleinertem Maßstabe auch sonst vor. Werden nun von den afrikanischen Holzschnitzern in der Regel menschliche und tierische Figuren zum Vorbilde oft recht schöner und niedlicher Tabakspfeifen
[213]gewählt, so geben ihnen diejenigen, die sich mit der Erzeugung von Pfeifen aus schwarzem oder rotem Thon befassen, die Form aller erdenklichen Gefäße, um die sich bei den Bakungo gewöhnlich eine Schlange ringelt (Abbildung S. 212, Nr. 6). Die zierlichsten Pfeifenköpfe oder vielmehr -köpfchen dieser Art finden sich in Timbuktu (ebenda Nr. 1). Charakteristisch für alle afrikanischen Thonpfeifen, ob schwarz, rot oder gelb, ist der Umstand, daß die vertieften Verzierungen mit einer weißen Masse eingerieben werden, wodurch sie wie bemalt erscheinen. Ein weiteres Kennzeichen der afrikanischen Thonpfeifen ist das Rohr, das sich an Kürze mit dem Rohre europäischer Cigarrenspitzen messen kann. Doch wie überall, so berühren sich auch im Lande der glühenden Sonne die Gegensätze; so haben z. B. die Wanjoro kleine Pfeifenköpfe an sehr dünnen, bis zwei Meter langen Rohren, den längsten (Vgl. S. 212 unten bei a.) Erwähnenswert ist ferner die aus einer Kokosnuß hergestellte Tabakspfeife vom unteren Kongogebiet (Abbildung S. 212, Nr. 8) sowie die Pfeife der Kassai (ebenda Nr. 12 u. 14), welche in der Weise konstruiert wird, daß ein langes aus Holz verfertigtes Horn einen becherartigen Pfeifenkopf als Aufsatz erhält. Ebenso fabrizieren die Marundscha (Nr. 17) ihre Pfeifen, nur daß der obere Teil der Rohre aus Holz, der mittlere aus Eisen und der untere aus Messingblech besteht.
Eine eigentümliche, etwa 30 cm hohe Trompetenpfeife, deren oberer Teil mit Eisendraht umwunden wird, ist bei den Bakunje am Niassasee gebräuchlich (Nr. 5); von anderen Pfeifen könnte man sagen, daß sie in Afrika. „wild“ wachsen. Sie heißen gewöhnlich „Kiko“ und bestehen aus einem bauchigen ausgehöhlten Flaschenkürbisse, dem ein Pfeifenkopf aufgesetzt wird (Nr. 9). Den Kürbis füllt man mit Wasser, den Kopf mit Tabak und saugt nun entweder an dem engen Halse des Kürbisses, oder an dem in denselben eingeführten Holzrohre. Noch eine Reihe weiterer seltsamer afrikanischer Pfeifengebilde ist auf unserer Abbildung S. 212 oben, zusammengestellt.
Die unheimlichste Erscheinung in der internationalen Pfeifengesellschaft ist zweifellos die Opiumpfeife, deren Heimat unstreitig China ist. Die, man kann ohne weiteres sagen, schreckliche Pfeife beherrscht in den mannigfachsten, auf unseren Bildern S. 213 und 214 veranschaulichten, zumal in Chinesisch-Turkestan recht seltsamen Gestalten einen großen Teil Asiens und der dazu gehörigen Inseln, besonders Java und Sumatra. Unser Bild S. 213 läßt uns einen Blick in eine chinesische Opiumhöhle thun; auf Pritschen und Bänken kauern oder liegen die bezopften Söhne des Reiches der Mitte und schmauchen das betäubende Gift von schlitzäugigen Kellnerinnen mit Thee bedient. Den unteren Rand der Zeichnung nehmen allerhand Opiumpfeifen und -behälter ein.
Wenden wir nun unsere Blicke nach dem fünften Weltteil hinüber, so finden wir, daß dessen Urbewohner der Tabakspfeife am wenigsten hold sind. Wie die Indier kauen sie Betel und rauchen Cigaretten. Die Wasserpfeife kennen sie gar nicht und der emsigste Forscher wird in Australien und den dazu gehörigen Inseln wenig mehr als die hölzerne Löffelpfeife mit Vogelknochenrohr der Eingeborenen Neu-Seelands und den gleichfalls hölzernen Nasenwärmer der Papuas von der Roon-Insel, sowie das Rauchgerät der Bewohner Neu-Guineas bemerkenswert finden (S. 212).
Das letztere heißt um Port Moresby herum „Baubau“, ist ein mehr als meterlanges Bambusrohr mit eingebrannten Verzierungen, an einem Ende offen und gleich einer Flöte mit einem Seitenloche versehen. In dieses wird eine Cigarette gesteckt und durch Saugen am offenen Ende das Rohr mit Rauch gefüllt, der sodann nach Entfernung der Cigarette aus dem Seitenloche eingesogen wird ein Umständliches, ja das umständlichste Rauchverfahren der Welt.
Als bemerkenswerte Thatsache sei hier noch angeführt, daß der Schah von Persien sich rühmen kann, die teuerste Tabakspfeife der Welt zu besitzen – eine Pfeife, die, mit den herrlichsten Edelsteinen geziert, auf nicht weniger als 1 500 000 Mark geschätzt wird. In Brüssel lebt jedoch ein Mann, der seine Sammlung von Pfeifen selbst für dieses Prachtstück nicht hergeben würde, nämlich der bekannte Sammler Kapitän Crabbe. Derselbe hat nicht weniger als 5000 Pfeifen aus allen Zeiten, Ländern und jedem nur denkbaren Material.
Schließen wir hier unsere geschichtliche und ethnologische Rundschau. Eine sorgfältige Forschung wird noch manche Aufklärung bringen können; soviel steht aber fest, daß das Tabakrauchen als Genußmittel vor der Entdeckung Amerikas in der Alten Welt nicht bekannt war, daß es erst im 16. und 17. Jahrhundert sich ausbreitete. Auf diesem Eroberungszuge begleitete überall die Pfeife die dürren Tabakblätter. In der Neuzeit ist das anders geworden; die Tabakspfeife scheint den Höhepunkt ihrer Bedeutung überschritten zu haben und an ihre Stelle ist vielfach als ein neues Rauchgerät die Cigarrenspitze getreten. Aber diese Vorliebe für Cigarren ist vorläufig nur bei der europäisch-amerikanischen civilisierten Menschheit bemerklich, obwohl auch unter ihr – man denke nur an unsere Studenten und ihre mitunter riesigen Pfeifen – sich noch zahllose Pfeifenliebhaber befinden. Die Millionen der gelben, roten, braunen und schwarzen Menschen jenseit der Berge und Oceane rauchen nach wie vor aus Thon oder Eisen, huldigen der Weltbeherrscherin Tabakspfeife. F.-M.