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Zur Geschichte der öffentlichen Vorträge

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Textdaten
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Autor: Unbekannt
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Titel: Zur Geschichte der öffentlichen Vorträge
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 3, S. 51
Herausgeber: Adolf Kröner
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1888
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[51] Zur Geschichte der öffentlichen Vorträge. Wir sind so daran gewöhnt, in den Blättern von volksthümlichen wissenschaftlichen Vorträgen zu lesen, die überall, sei es in Vereinen, sei es vor einem geladenen und zahlenden Publikum, gehalten werden, daß wir geneigt sind, diese Sitte für eine althergebrachte zu halten. Und doch besteht sie nicht seit allzu langer Zeit: Paul Moebius erwähnt in einem Vortrage „Ueber die Geschichte und Aufgabe der öffentlichen Vorträge“, daß sich allerdings schon im Anfange dieses Jahrhunderts Spuren derselben gefunden, wie Gotthelf Heinrich von Schubert erzählt; in Dresden sei zu jener Zeit das Bedürfniß gefühlt und auch befriedigt worden, den gewöhnlichen Unterhaltungen der gebildeten Welt in Theater und Koncerten auch noch eine andere, die der wissenschaftlichen Belehrung, beizugeben. Männer von Fach und von Einsehen, wie der berühmte Altertumskenner Böttcher, haben Vorträge gehalten, wodurch in allen für solche geistigen Anregungen empfänglichen Zuhörern der Sinn geweckt und geschärft werden konnte für jene augenfälligen Lichtpunkte im Gebiete der Kunst und Wissenschaft, welche der Beachtung am meisten werth und von eigenthümlichen Reize sind. An dem Genuß und der Belehrung, welche diese Vorträge gewährten, nahmen Männer und Frauen aus den verschiedensten gebildeten Ständen lebhaften Antheil.

Die Nachahmungen eines derartigen Beispiels blieben aber noch ziemlich vereinzelt, bis der berühmte Alexander von Humboldt seine öffentlichen Vorlesungen hielt und fortan in vielen deutschen Haupt- und Universitätsstädten eine sich von Jahr zu Jahr steigernde Zahl von Nachfolgern fand.

Als nämlich Humboldt nach seiner Reise in die Tropenländer Amerikas fast ohne Unterbrechung 20 Jahre in Paris zugebracht hatte, kehrte er endlich im Jahre 1827 nach Berlin zurück und eröffnete in einem Hörsaale der Universität seine Vorträge: „Ueber das Weltgebäude als planvolles und ästhetisches Ganze oder den Kosmos“. Dieselben erregten in der preußischen Hauptstadt, ja in ganz Deutschland so großes Aufsehen, daß oft aus weiter Ferne Gelehrte und Freunde der Naturwissenschaften die Reise nach Berlin nicht scheuten, um wenigstens einer dieser Vorlesungen beizuwohnen und Humboldt’s Persönlichkeit kennen zu lernen. Der König, das königliche Haus und Gebildete aus allen Ständen wohnten diesen Vorlesungen bei. Der Andrang war so groß, daß gleichzeitig mit dem ersten Cyklus eine Wiederholung veranstaltet werden mußte, die vor einer noch größeren Versammlung stattfand.

Diese Humboldt’schen Vorträge bilden in ihrer wissenschaftlichen Gemeinverständlichkeit den Ausgangspunkt für eine volksthümliche Behandlung der Naturwissenschaften, die jetzt zur Modesache geworden: der Kreis derartiger öffentlicher Vorträge umfaßt jetzt alle Fächer; ja es hat sich auch auf diesem Gebiete zum Theil ein reisendes Virtuosenthum ausgebildet. Von höchster Wichtigkeit aber sind die Vorträge geworden, welche sich an unsere arbeitende Bevölkerung wenden und in volksthümlicher Weise wissenschaftliche Fragen erläutern; dies geschieht jetzt in zahlreichen Vereinen und trägt bei geschickter Auswahl der Stoffe und bei einer knappen, schlaghaften Behandlung, welche verständlich ist, ohne ins Seichte zu verfallen, jedenfalls die schönsten Früchte.