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Zum Johannis-Tage

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Textdaten
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Autor: C. Th. Sch.
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Titel: Zum Johannis-Tage
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 25, S. 412
Herausgeber: Ernst Ziel
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1883
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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     Zum Johannis-Tage.

Auf den Alpen, fern im Süden,
0Flammen die Johannis-Feuer.
Alte Sitte, die geblieben
0Aus der Väter Zeit bis heuer.

Sonnenwende! – Morgengrauen! –
0Eines Friedhofs heil’ge Schauer
Seh’ ich fern. – Die Augen thauen
0Ueber mir in stiller Trauer.

Kränze tragen heut die Leute
0Auf die Gräber, ihnen theuer.
Neue Sitte, schöner heute
0Noch als die Johannis-Feuer.

Weil’ im Geiste an den Grüften
0Einer lieben, lieben Todten.
Schmetternd auf zu blauen Lüften
0Steigen Lerchen, Lenzesboten.

Lenz und Jugend! Tod und Leben! –
0Glück und Trauer, war’s vergebens?
Kann mir keiner Deutung geben
0Von dem Räthsel dieses Lebens? –

Bist du ganz mir denn entschwunden,
0Ganz und immer mir entschwebet?
Nein, in weihevollen Stunden
0Lebst du, wie du einst gelebet.

Noch die Hand mir sanft sich leget
0Auf die heiße Stirn; wie ehe
Deine Lippe sich beweget,
0Und den Mund umzuckt ein Wehe.

Was du liebtest, was du lebtest,
0In mir ist es unverloren;
Was du fühltest, was du strebtest,
0Wird in mir nun neu geboren:

Dein Beglücken, dein Verschönen,
0Deiner Anmuth sanftes Weben,
Und vermählt mit meinen Tönen
0Tracht’ ich andern es zu geben.

Nichts verschwindet in die Leere,
0Kein Gedanke, kein Empfinden,
Kein Atom im Wüstenmeere.
0Nur die Formen wechseln, schwinden.

Nein! – Es ist nur halb getroffen:
0„Lang die Kunst und kurz das Leben“.
„Lang die Kunst“, so wahr wir hoffen:
0„Ewig, ewig doch das Leben“!

Pillnitz im Juni.   C. Th. Sch.