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Zukunftslied

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
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Autor: Georg Herwegh
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Titel: Zukunftslied
Untertitel:
aus: Vorwärts
Herausgeber: Rudolf Lavant
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1886
Verlag: Verlag der Volksbuchhandlung in Hottingen
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Erscheinungsort: Zürich
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans auf Commons,
S. 81
Kurzbeschreibung:
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[81] Uebermüth’ge Triumphirer,
Weh’ euch, wenn ihr’s noch nicht fühlt,
Wie der treffliche Minirer
Schon den Boden unterwühlt,

5
Daß ihr in der Geisterstunde

Kläffend unser Ohr zerreißt! –
Doch wir wissen, ihr seid Hunde,
Und ihr glaubt an keinen Geist.

Aber kommen wird ein Pfingsten

10
Donnernd über euer Haupt

Und ein Festtag der Geringsten,
Der des Hochmuths Stamm entlaubt.
Der sich lange selbst vergessen,
Ist am Ziel der Unglücksbahn,

15
Und der Mensch, der sie durchmessen,

Kommt beim Menschen endlich an.

Fort mit eurer Ahnenbilder
Uebernächtigem Gesicht!
Geht und pflanzt in eure Schilder,

20
Ritter, ein Vergißmeinnicht!

Nur ein Ritter ohne Tadel,
Nur ein Priester soll noch sein:
Für die ganze Welt den Adel!
Für die Menschheit Brot und Wein!

25
Keine Steuern, keine Zölle,

Des Gedankens Freiverkehr!
Keinen Teufel in der Hölle,
Keinen Gott im Himmel mehr!
Nieder mit dem Blutpokale,

30
Drin der Kirche Wahnwitz kreist!

Ein Kolumb zerbricht die Schaale,
Wenn er eine Welt beweist.

[82] Einmal noch uns aufzuraffen
Zu des Lebens Maienlust,

35
Reißen wir das Schwert der Pfaffen

Aus der Menschheit wunder Brust!
Zwischen Jägern und Gehetzten
Sei entbrannt die wilde Schlacht,
Bis man Frieden auf dem letzten

40
Eingestürzten Tempel macht.


Zittert, zittert’ blöde Toren,
Vor der Zukunft eh’rnem Tritt –
Ja, die Zeit ist neu geboren,
Ja, und ohne Kaiserschnitt;

45
Und erobert wird das Leben,

Und wir jubeln gloria:
Alle Schulden sind vergeben,
Denn kein Gläubiger ist da.

Durch die Wolken seh ich’s tagen,

50
Und die Nebel, sie verwehn;

Mit dem Pegasus am Wagen
Muß es endlich vorwärts gehn.
Eine Phalanx laßt uns schlingen,
Die kein Henker brechen kann,

55
Und wie jener Römer singen,

Nur: die Waffen und den Mann!

Ungestüm in tausend Gliedern,
Tausend Adern glüht der Streit,
Und ein Arsenal von Liedern

60
Liegt in Deutschland kampfbereit.

Denn wir wissen, die Erhörung
Wird kein Flehender empfahn:
Drum die Fahne der Empörung
Trag die Poesie voran!