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Zedler:Zell am Hammerspach

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Grosses vollständiges Universal-Lexicon Aller Wissenschafften und Künste
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Zell am Hermerspach

Band: 61 (1749), Spalte: 1151–1156. (Scan)

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Zell am Hammerspach eigentlich, sonsten aber nach der gemeinen Aussprache Zell am Hermerspach im Kützinger Thal in der Land-Vogtey Mordenaw oder Ortenau in Schwaben und 5 Meilen von Stutgard gelegen, Lat. Cella genannt, ist eine uhralte freye Reichs-Stadt, die unter dem Schutz des Hauses Oesterreich stehet, und nicht sonderlich groß ist. Sie wird ad comitia beruffen, und hat ss wohl in Imperio als circulo Suevico, zu dessen Kreis sie gehöret, Sitz und Stimme. Man nennet sie Zell am Hammerspach, theils um sie von andern Städten und Orten dieses Nahmens zu unterscheiden, theils aber auch deswegen, weilen sie an dem Hammerspacher Bach lieget, von welchem Wasser das oberhalb Zell gelegene Thal auch den Nahmen hat, vermuthlich also wegen der vielen an diesem Bach vor Zeiten angelegt gewesten Hammerwercken. Diese Stadt ist ohngefehr im Jahr 1347 mit aller Dependentz [1152] und zugehörigen Orten nebst den beyden Reichs-Städten Offenburg und Gengenbach sammt der Land-Vogtey Ortenau, vor Zeiten Mordenau genannt, als in welcher diese 3 Städte liegen, ob imperii necessitatem erstmahls versetzet worden, und nach und nach in unterschiedliche Pfandtschafften gekommen. Im Jahr 1504 sind diese 3 Städte mit der gedachten Land-Vogtey wieder ausgelöset worden, das Zellische Thal Hammerspach, vulgo aber Harmerspach, ist in der Affter-Pfandschafft bis 1689 stecken geblieben. Währenden dieser Pfandschafften ist die Stadt Zelle wider die Pfandschaffts-Inhabere stattlich privilegiret worden, und hat insonderheit vermöge der Privilegien von Carl IV , Wenzeslaen, und Maximilian I so viel erhalten, daß diese Stadt ungeachtet vorgewesener Pfandschafften gleichwohlen als ein freye Reichs-Stadt in des Heil. Reichs Schutz und Schirm seyn, und verbleiben, Dero Würdigkeit, Freyheiten, Gemach und gute Gewonheiten geniessen, und nicht über die gewöhnliche Steuer als jährlichen 190 fl. Geld und 100 Viertel Habers von dem Pfandt-Herrn getrieben, und belästiget werden solle, bey dem es dann auch geblieben. Und gleichwie nun diese Stadt Zell seit vielen Jahrhunderten vor, in und nach der Pfandschafft, wie bisanhero cum omnimoda jurisdidione & superioritate territoriali und Zolls Gerechtsamen gleich andern Reichs-Städten stattlich befreyet und privilegiret ist, so hat gleichwohlen solche Stadt von Römischen Kaysern und Königen auch noch folgende Special-Privilegia erhalten und erworben, als von Maximilian I unterm Dato Offenburg den 16 Augusti 1504, daß nach beschehener Auflösung die Stadt Zell von dem Reich ohne Deroselben Wissen, Willen und Gehelle niemands mehr versetzet oder verschrieben werden solle; desgleichen von Carl V, unterm Dato Worms den 8 Julii 1545, hat diese mehr gedachte Stadt das Recht und die Freyheit in ihrem Gebieth, alle und iede Aechter und Ober-Aechter, so am Kayserlichen Hof-Gericht zu Rothweyl oder einem Land Gericht, oder anderen Gerichten in die Acht und Ober-Acht erkannt seyn, mit all den ihrigen zuenthalten, hausen , höffen, und zu beherbergen männiglichen ungehindert, auch der Stadt unpräjudicirlich, doch aber also, so iemands solche Aechter oder Ober-Aechter daselbsten zu Recht anficht, solle sie unverzogen Recht ergehen lassen, als es sich nach Gestalt einer ieden Sachen gebühret: Ferner ist diese Stadt Zell Krafft dieses angezogenen Privilegii weiters dahin privilegiret, daß selbe weder an dem Kayserlichen Hoff-Gericht zu Rothweyl, noch einigem Land-Gericht oder anderen Gerichten nicht fürgenommen, geheissen, geladen, noch daselbsten beklagt oder geurtheilt werden kan, und in folglichen von aller dieser Gerichten Jurisdiction eximirt: Weiter hat Zell auch das jus foederum, wie sie dann von einigen hundert Jahren hero mit den beyden Reichs-Städten Offenburg und Gengenbach Anschlag auch besondere Verein aufgerichtet hat, Krafft welcher die mutuelle Aßistentz mit Rath und That von diesen dreyen Reichs-Städten einander stipuliret und versprochen worden ist. [1153] Das Regiment dieser Stadt anlangend, ist solches mehrentheils ausser der Administrätion der Justiz so alleinig bey E. E. Rath residiret, Democratisch, weilen in Collectations- und wichtigrn Veränderungs-Sachen von den Gemeinen die vorgesetzte so genannte Vögte nebst einem Bürgerlichen Ausschuß vor gesambten Magistrat zu erforderen seynd, in welcher Gegenwart die Sache proponiret, deliberiret und mit allerseits Consens verhandlet und erörtert werden muß, nicht weniger ist bey dieser Regierung auch noch dieses insonderheit zu mercken, daß in dieser Stadt das Prätorat oder das sogenannte Reichs-Schultheissen-Amt noch bis jetzo eingeführet ist, welches im Nahmen des Kaysers und des Reichs mittelst eines Bischöfflichen Bambergischen Lehens von einem jeweiligen Herrn Prälaten des freyen Reichs-Stiffts und Gotteshausses Gengenbach, einem tüchtigen Subjecto, so entweder ein Edelmann oder Gelehrter seyn soll, mit Beobachtung aller zwischen diesem Gotteshauß und der Stadt Zell derentwegen errichteten Compactaten und Vergleichen conferiret wird, und obzwar dieser Schultheiß so dann in dem Regiment die vornehmste Person ist, so hat er gleichwohlen in Seßione und Pleno bey E. E. Rath kein Votum, sondern nur die Umfrage und auf das, so beschlossen worden, die Execution zu verfügen, es wäre dann Sache, daß die Urtheil gleich stünden, so gebühret ihm auch ein Votum, und die Majora zu machen: Item darff dieser Schultheiß einem durch E. E, Rath würcklich zum Tode verurtheilten Missethäter aus eigener Autorität das Leben schencken, dieses aber in seiner Regierung mehrers nicht dann einmahl thun. Ubrigens verdient hier noch beygefüget zu werden Kaysers Leopolds Protectorium und Absolutorium von der Bischöfflichen Straßburgischen Pfandschafft, so er der Stadt Zell und dem dahin gehörigen Thal am Hammerspach im Jahr 1689 ertheilet hat, weilen daraus ein und andere Umstände wahrzunehmen, die dieser Pfandschaffts-Sache eim mehrers Licht geben. Es lautet aber dasselbe, wie folget:

"Wir Leopold von Gottes Gnaden erwählter Römischer Kaysser, zu allen Zeiten Mehrer des Reichß, in Germanien, zu Hungarn, Böhemb, Dalmatien, Croatien und Sclavonien, König, Ertzhertzog zu Oesterreich, Hertzog zu Burgundt, Stayer, Kärnten, Crain und Württemberg, Graff zu Tyrol etc. Bekennen hiermit öffentlich mit diesem Brieff und thun kundt allermänniglich: Demnach unser und des Reichß liebe getreue Bürgermeister und Rath der Stadt Zell am Hammerspach uns durch Dero anhero Deputirten Johann Meyerhofen, Stättmeister daselbst auch lieben Getrewen in Unterthänigkeit für und anbringen lassen, wie daß unsere und des heiligen Reichs Stätte Offenburg, Gengenbach und Zell sambt Hammerspach und aller Zugehördten vor einigen hundert Jahren zu dem halben Theil an Chur-Pfaltz, und andern halben Theil dem Bischoff und hohen Stiefft Straßburg von Reichß wegen versetzet gewesen, un [1154] daß unter solcher Versatzung das Thal Hammerspach zu Zell gehörig, so jedesmahl den Drittel der Zellischen Versatungs-Gefäll zu tragen gehabt, an Johann Bockhen, weyland Cuentz Bockhen Sohn Anno 1401 umb drey tausend ein hundert Gülden guter gänger Geldt-Währung Affter-Pfandweise verkaufft, doch mit austruckentlicher Condition und Reservation, daß wann obgedachte drey Stätte Offenburg, Gengenbach und Zell von einem Römischen Kaysser oder König gelösset werden, auch das Thal Hammerspach als zu Zell gehörig mit obigen 3100 Fl. gegen die Bockhen und also mit den Stätten gelösset werden solle. Als aber Anno 1504 und hernach vielermelte drey Stätte sowohl von der Chur-Pfaltz halben, als dem Bißthumb Straßburg in benannter Summa von Reichß wegen gar völlig gelösset worden, so sey damahlen den von Bockhen ihr Affter-Pfandschilling 3100 Fl. wie billich seyn sollen, von dem damahls regierenden Bischoff nicht erleget worden, also, daß die Bockhen ernantes Thal Harmerspach bis Anno 1663 vor ihr Unterpfandt behaubtet, damahls aber habe Bischoff Egon von Fürstenberg zwahr den Bockhen den Affter-Pfandt-Kauffschilling der 3100 Fl. wieder erlegt, und damit geschehen, was gleich bey Außlösung erwehnter drey Stätten geschehen sollen, und also damit alles seine völlige Richtigkeit Innhalts der Obligation bekommen. Es hatte aber überall solche Richtigkeit vorgemelter Bischoff Egon das mehrgehörte Zellische Thal Harmerspach wiederumb, so viel die Versatzungs Gefäll betroffen, mit allerhandt Betrohungs-Mitteln von der Bockhischen Ablösung wieder an sich gezogen, und wie dessen succurrirender Bruder, der jetzige Bischoff Wilhelm die jährliche Gefäll, auch wider die Gebühr und Auslösung einziehen lassen. Da hingegen Bürgermeister und Rath zu Zelle sambt dem Thal Harmerspach von weyland unsern Vorfahren am Reich Römischen Kayßern und Königen löbl. Gedächtniß, um vieler getrewen Meriten Willen, wider der Pfandtherren Geträng unterschiedlich und stattlich privilegiret, auch respective von selbigen sowohl als von Unß die allergnädigste Confirmation dahin erhalten, daß mehrernante von Zell Harmerspach und gantze Gemeind von obbenanten Pfandherrn nicht wider Recht und die Gebühr dessen, so sie in Zeit der Versatzung zu rächen schuldig gewesen, getrieben werden sollen. Dahero muß, weilen das Thal Harmerspach über die völlige Außlößung und allerseiths Pfandts-Richtigkeit, zu Abstattung der vorigen in Pfandtschafft gestandenen Gefäll wider Recht ferners angehalten und obligiret worden, umb Manutenentz und respective Absolutorium solcher Außlössung und derentwegen erhaltene Special Declaration allerunterthänigst gebeten. Wann nun allergnädigst wir geneiget, unsern getrewen Reichs-Stätten bey ihren Rechten sie zu erhalten, und dann gedachte Statt Zell, sambt dem Thal Harmerspach mit beeden unsern und des Reichs Stätten Offenburg und Gengenbach vollkommentlich Innhalts der uns von ernanten [1155] beeden Stäten unter ihrem Nahmen und Insigel glaubwürdig beygebrachter Attestation wieder zu dem Reich gelösset worden. Als lassen wir es bey sothaner würcklichen Auslössung allergnädigst bewenden, Thuen auch Vogt, Gericht und gantze Gemein mehr ernanten Thals Harmerspach hiemit diesser unser Kayserl. Declaration umb aller Bischöfflicher Straßburgische obgehabter Pfandts-Pflicht und Beschwerung aus Kayserl. Majestät Vollkommenheit gnädiglich absolviren, und wollen, daß vielernante unsere und des Heil. Reichs Statt Zell sambt Harmerspach und gantze Zugehör bey solcher Außlössung und allerseits beschehene Zahlungs-Richtigkeit gäntzlich verbleiben, und weder von dem ietzig- als kommenden Bischoffen oder hohen Stiffts Straßburg noch sonsten diesser obgehabter Pfandtschafft halben von niemand deßwegen weiters unter was Prätext es sey, könte oder wolte, angefochten werden sollen, sondern daß hinfür an ernanntes Thal Harmerspach an unsern und des Heil. Reichs gewöhnlichen jährlichen Steuer nach dem uhralten Herkommen die drey und sechzig Gülden, zwantzzig Kreutzer, und vor dem Schirm die drey und dreyßig Fiertel und zwey Sester Haaber der Statt Zell entrichten: Alß welche den unß und dem Reiche jährlich auf Martini in die Ortten und zusammen und in Summa zulieffern hat, ein hundert neuntzig Gülden Geld, Haaber ein hundert Fiertel, wie das vor alters Herkommen ist: wobey wir sie auch aus Kayserl. Macht gnädiglich handhaben, schützen und schirmen sollen und wollen. Mit Urkundt besiglet mit unserm Kayserl. anhangenden Insiegel, der geben ist in unser und des Heil. Reichs Statt Augspurg den 9ten Tag Monaths Decembris nach Christi Geburth im ein tausend sechs hunderten neun und achtzigsten, unserer Reiche des Römischen in zwey und dreyßigsten, des Hungarischen im fünff, des Böheimbischen im vier und dreyßigsten Jahre."

Leopold.
Vt. Leopold Wilhelmb, Graf von Königs Eckh.
Ad Mandatum Sac. Caes. Majest. proprium
Caspar Florentz Conspruch.

Was ihre Religion anlanget, so ist sie Römisch-Catholisch. Ihr Reichs-Anschlag ist monatlich zehen zu Fuß oder vierzig Gülden und zu Unterhaltung des Cammer-Gerichts giebt sie jährlich ordinair acht Gülden, zwey und dreyßig Kreutzer und fünf Heller. In ihren Wappen führet sie einen schwartzen Adler mit einem rothen Schnabel und Füssen im silbernen Felde. Im Jahr 1632 ward sie von den Schweden eingenommen. Merian. Topogr. Suev. Knipschild de Juribus & Privil. civitat. imper. L. III, c. ult. von Franckenberg Europ. Herold Theil I, p. 762. Denckwürdiger und nützlicher Rheinischer Antiquarius p. 188. Hübners vollständige Geographie Theil III, p. 334. Uhsens Geographisch Historisches Lexicon. Vollständiges [1156] Lexicon der Alten, Mittlern und Neuern Geographie. Baudrands Lexic. Geogr. T. II, p. 480. Zeilers Beschreibung der zehen Kreise des Heil. Röm. Reichs p. 619 und 724. Lünigs Deutsches Reichs-Archiv Part. special. Contin. IV Reichs-Städt II Theil p. 709 u. ff. Melissantes Geographie Theil I p. 915. Mosers Staats-Recht der Heil. Röm. Reichs-Stadt Zell am Hammergsbach. Vollständige Einleitung zur Geographischen Wissenschafft p. 111. Martini Staats-Geoaraphie p. 328. Cellarii neue Geographie p. 457. Arnolds Historische und Politische Geographie p. 996. Der reisende Deutsche im Jahr 1744 p. 325. Die heutigen Souverainen von Europa p. 1056 Staats-Beschreibung des Durchl. Welt-Kreises Theil III, p. 303. Müllers kleiner Atlas Theil I, p. 354. Schamelii Kloster-Lexicon p. 35. Allgemeines Historisches Lexicon. Hübners Zeitungs-Lexicon. Triers Wappenkunst p. 726. der Feustelischen Ausgabe.