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Zedler:Weingeister

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Grosses vollständiges Universal-Lexicon Aller Wissenschafften und Künste
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Weingeister, (zusammengesetzte sauere und)

Band: 54 (1747), Spalte: 777–779. (Scan)

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Weingeister, Spiritus Vinosi. Mit dem Nahmen Geist oder Spiritus, pflegen die Chymisten ein destillirtes Naß zu belegen, welches flüchtig subtil, durchdringend und würckend ist. Dergleichen Naß ist nun entweder weinhaft, oder alkalinisch oder urinös und sauer. Die Weingeister, von welchen wir hier reden, haben von dem in Fluß gekommenen Schweffel das Vermögen erlanget, daß sie sich leichtlich anzünden lassen. Die Sachen, welche dergleichen Weingeister geben, haben sehr viel Schwefel bey sich, und solche sind die Feldfrüchte, als Weitzen, Korn, Wacholderbeeren, süsse Kirschen, Pflaumen u.s.w. Wenn nun in diesen die ölichten schweflichten Theilgen in Fluß kommen, so steigen dergleichen sich leicht entzündende Weingeister in die Höhe, und diese sind gleichsam das Mittelding zwischen Wasser und Oel. Der Schlüssel aber, wodurch gedachte schweflichte Theilgen aufgeschlossen und zum Flüssen geschickt gemacht werden, ist die Gährung. Vermittelst dieser leidet der Schweffel unterschiedne Veränderungen, ehe er anfängt geistreich zu werden. Denn erstlich wird er dadurch kleine gemacht, dann aufgelöst, hernach ausgeblasen und wenn er anfängt zu erhitzen, so breitet er sich in dem Wasser aus. Demnach haben die Weingeister ihren Ursprung aus einem Schweffel, welcher weder alzu flüchtig, noch alzu standhafft, sondern unter diesen zweyen der mittelmäßige ist, und der vermöge der Gährung ausgebreitet, aus einander gesetzt, und mit dem flüchtigen Saltze verdünnet worden. Dahero erhalten wir nur die Weingeister durch die eigentlich so genannte Gährung, da kein Safft und kein Naß ohne vorhergegangener Gährung einen Weingeist giebt, Dieses erhellet aus dem Exempel des Mostes, welcher zwar, wenn er frisch destilliret oder abgekocht worden, einen gesottenen Wein, mit nichten aber einen Weingeist giebt. Ueberhaupt aber kan man aus allen Erdgewächsen Weingeister herausbringen. Hierbey aber haben diejenigen Theile der Erdgewächse den Vorzug, welche einen zum Fluß sehr geschickten Schweffel in sich halten. Dergleichen sind erstlich die flüßigen weinreichen Säffte, in welchen die schweflichten Theile recht reif und süsse geworden sind. Dahero je süsser der Most, ober ein andrer weinreicher Safft ist, desto mehr Geist bekommen wir daraus, wenn man den Safft hat gähren lassen. Zum andern haben alle zusammengeronnene weinreiche Säffte einen solchen Schweffel, wie z. E. der Zucker und das Honig, von welchen eben auch vermittelst der Gährung, wenn der Schweffel zum Fluß gebracht worden, Weingeister aufsteigen. Denn das Honig ist nichts anders als ein balsamischer Safft der Pflantzen, so von den Bienen gesammlet worden ist. Drittens geben auch vermittelst der Gährung die Saamen, die Beeren, Körner, u.s.w. einen Weingeist, wenn sie nur mit einem häufigen und subtilen Schwefel begabt sind. Denn was ein Oel bey sich hat, giebt auch einen Geist. Zum Exempel aus dem Wacholderbeeren bekommen wir so wohl einen Geist als ein Oel in ziemlicher Menge. Die Weingeister aber sind entweder einfach oder zusammengesetzt. Ein einfacher Weingeist heist derjenige, welcher durch die Gährung nur dahin gebracht wird, daß er sich leicht anzünden läst, und weinreich wird, sonst aber keine andre Eigenschafften dadurch bekömmt. Ein zusammengesetzter Weingeist aber wird derjenige genannt, welcher zugleich von andern mehr oder wenigern Dingen, die ihm beygesetzt und mit destilliret worden, Kräfte überkommen hat. Dergleichen sind der Schlagspiritus, der Hauptstärckende Mastixbranntewein. Man hat auch einen regenerirten Branntewein, z. E. den Weingeist mit Bley abgezogen. Der Branntewein überhaupt ist gleichsam ein allgemeines Naß, welches alle Cörper auflöst. Denn er nimmt so wohl die ölichten aromatischen, flüchtigen, saltzigten, als auch die sauren Theilgen mit über den Helm. Daß mit dem Branntewein die aromatischen Theile, so zugleich ein ölichtes flüchtiges Saltz haben, mit übergehen, kan man daraus sehen, weil dergleichen aromatische geistreiche Wasser, wenn sie mit schlechten Wasser vermischt werden, eine weißliche Farbe an sich nehmen, und sich so wohl durch den Geruch als Geschmack zu erkennen geben. Daß aber flüchtige saltzige Theile mit dem Branntewein übergehen, zeiget der Löffelkraut-Spiritus, und der Salmiackgeist mit Wein gemacht. Also nimmt auch der Branntewein die sauren Theile an sich, und wenn er sie versüsset hat, so führt er selbige mit sich über, wie wir solches aus dem versüßten Salpetergeiste und aus dem versüßten Saltzgeiste beweisen können. Es pflegen aber alle Weingeister in Striemen über den Helm zu gehen, welches von den aufgelösten ölichten Theilgen herkömmt. Und diese Striemen geben auch das gewisseste Kennzeichen im Destilliren ab. dadurch man die Weingeister von den schlechten Wassern unterscheiden kan. Es nimmt auch der Branntewein, wenn er mit einem Alkali geschärfft wird, die destillirten aromatischen flüchtigen Oele an sich, und alsdenn macht er mit sauren Sachen keine Aufwallung. Aus diesem vorher fest gesetzten Grunde kan man mit leichter Mühe das von Sylven so sehr angeprissene flüchtige ölichte Saltz verfertigen. Denn ein Weingeist nimmt kein Oel an sich, wenn nicht ein alcalinisches Saltz, welches entweder flüchtig oder fix seyn mag, vorher zum Weingeiste gesetzt worden. Denn dieses macht eben, daß das Oel in den Weingeist eindringen kan. Der Weingeist löset auch alle Hartze und subtile Schweffel auf. Dieses erhellet aus dem Jakappenhartz, und aus dem Scammonienhartz. In den Tincturen und Essenzien aber hält er den Schweffel daß er nicht verfliege.