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Zedler:Veltliner Wein

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VELTOLINI

Band: 46 (1745), Spalte: 1101–1102. (Scan)

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Veltliner Wein, Lat. Vinum Rhaeticum, wächst in dem Veltliner-Lande und wird so hoch, als vinum Falernum gehalten. Der Weinwachs daselbst erhebt sich weit ins Land hinauf, beynahe am Wormser Gebiethe, und ziehet sich zu beyden Seiten der Adda das gantze Thal hernieder biß an desselben Gräntze. Doch ist die rechte Seite der Adden, als die mehr Sonne hat, viel vortreflicher und reicher am Wein als die lincke. Die Weinstöcke kommen da auch in den Felsichsten Gegenden fort. Doch braucht man dabey diese Vorsicht: Man trägt Erden zwischen die Steine so viel, daß die Wein-Reben, so man darinnen setzen will, wohl wurtzeln mögen; welche darauf so artig über die Steine und Klippen gezogen werden, daß es ein ungemeines Ansehen giebt, und den Ort sehr lustig machet. Es giebt eine Gattung Trauben daselbst, die in Heumonat reiff werden und derowegen Vga Lugadiga d. i. Heumonats-Trauben genennet werden; die man mehrentheils getrocknet zu essen pflegt. Es wächst allda rother und weisser Wein: doch des weissen sehr wenig. Es sind überhaupt die Gattungen und Geschlechte der Weine, so allhier gefunden werden, viel und mannichfältig nach Art der Reben, und Orten, da er wächst, und auch nach Form und Unterscheid des Einmachens und Versorgens; an dem gewiß nicht ein geringes gelegen ist. Es wird ein Wein von auserlesenen besten Treubel-Beeren gemacht, die vorher in kleinen Gefäßen an der Lufft getrocknet worden; welcher denn einen jeden Malvasier an Stärcke und Tugend übertrifft. Man macht auch einen guten süssen Wein, den man den Stroh-Wein um deßwegen nennt, weil man die Trauben, nachdem sie eingelesen sind, noch eine gute Zeit auf Stroh mit guter Ordnung leget, ehe man sie ausgepresset. Es werden auch noch andere besondere Gattungen des Weines allhier gefunden, die wir aber der Kürtze wegen übergehen müssen. Ueberhaupt ist anzumercken, daß der Wein dieses Landes an Geschmack sehr lieblich, an der Würckung treflich und starck, und dem Menschen zu Austrocknung der Flüsse sehr gesund und zuträglich ist. Dahero auch denselben alte und neue Scribenten gantz besonders loben. Der vortrefliche Port Virglius, da er die besten Weinwachse nennet, sagt unter andern:

& quo te carmine dicam Rhaetica?

Wie denn unter allen Weinen dem Röm. Kayser Octavio Augusto keiner so angenehm gewesen als eben dieser. Und hat der Kayser Rudolph II. diesen Veltliner-Wein gerne getruncken, und sich denselben nach Prag zuführen lassen. Es wird dieser Wein fürnehmlich seiner Beständigkeit wegen gelobet, da man ihn so lange als es einem gefällt, aufbehalten kan. Je älter er wird, je kräfftiger und wohlgeschmackter ist er auch, also daß er über die Ehre, so er bey Tische erlangt, auch noch grosses Lob in der Artzeney bekömmt. Der rothe verändert mit den Jahren die Farbe; denn je älter er wird; je mehr er an der Farbe abnimmt, biß er endlich die Weisse gar erlanget. Es ist eine Probe gemacht und unterschiedliche Fasse Veltliner rother Wein im Jahr 1540. als ein sehr heisser Sommer war, eingelegt; davon ein Faß bis auf 1616. aufbehalten worden; dieser Wein ist so weiß, lauter, und klar als ein Crystall und so starck wie ein Brantewein geworden; und man kan dessen Hülffe und Würckung, welche Krancke davon empfunden, nicht genung erheben. Es wird dieses Veltelinischen Weins überaus viel aus diesem Thal in die übrigen Schweitzerische Lande, nach Tyrol, Schwaben, Bayern, Oesterreich und anderwerts hin geführet. Wie denn jährlich, wenn man nur die gemeine Jahre nimmt, alle Tage des gantzen Jahres, eines ins andere gerechnet, durch alle und jede Strassen in die 100. Saum, mehr ein Saum-Roß, nach ihrer Art zu reden, in zweyen Seiten und einer Ubelägeln nicht zu tragen vermag, hinweggeführet werden. Von diesem Saum hält einer reichlich 10. Stär, und 6. Stär machen ein Bränter, wie sie es daselbst heissen, oder Zober. Nun aber gilt die Bränten etwan zwey, drey, ja wenn der Wein gut ist, auch 4 Cronen; da kan man nun leicht den Ueberschlag machen, wie viel Vortheil und Gewinnst jährlich die Leute aus dem einigen Wein-Bau ziehen müßen. Ueberdieses hat der Velteliner-Wein diese Eigenschafft, daß was er gutes oder böses an ihn hat, sich solches, wenn er über Land geführet wird, bey ihm mehret. Denn ist er gut; so wird er, wenn er ungefälscht bleibt, je länger je besser; hat er etwas tadelhafftiges, als daß er Uebelkeiten verursachet, sauer schmecket, in Halse kratzet, und man hat diese Mängel vorher nur in einem geringen Grade wahrgenommen, so wird er in schütteln und führen, je schlechter und stinckender. Darum man denn gleich Anfangs wohl darauf acht haben muß, daß man nicht betrogen werde. Gulers von Weineck Rhaetia p. 164.