Zedler:Thüringen
Thüringen, Turingia, sonsten auch Toringia, genannt, eine Landschafft in Ober-Sächsischen Creis, welche gegen Osten an Meissen, gegen Norden an das Fürstenthum Anhalt, gegen Westen an Hessen und das Braunschweigische, gegen Süden aber an Francken grentzet. Sie hat vielerley Herrschafften, jedoch besitzen die Herzoge zu Sachsen von der Ernestinischen Linie das meiste, ingleichen hat der Chursürst zu Mayntz das Eisfeld und die Stadt Erfurt darinne. Es war Thüringen anfangs ein sehr grosses Land zwischen den Francken und Sachsen, welches vor Alters, wenn wir aus die
Eintheilung des Landes
sehen, wie viele andere Länder, nach den 4 Haupt-Winden eingetheilet worden in Ost-Thüringen, West-Thüringen, Süd-Thüringen und Nord-Thüringen, wovon das letzte das berühmteste ist, und sich durch viele Jahrhunderte durch bey seinem alten Nahmen Nord-Thüringowe erhalten hat, auch zu der Zeit, da es nicht mehr zu Thüringen, sondern zu Sachsen gerechnet wurde. Sagittarius verstehet durch Ost-Thüringen (THURINGIAM ORIENTALEM) Osterland und Meissen, durch West-Thüringen (THURINGIAM OCCIDENTALEM) Hessenland, durch Süd-Thüringen das jetzige Thüringer-Land samt einem guten Theile Francken-Landes, durch Nord-Thüringen was von der lincken Seite der Unstrut nach der Elbe bis an den Hartz-Wald sich erstrecket. Aber die Alten machen diese Grösse noch ansehnlicher, denn der ungenannte Erd-Beschreiber von Ravenna rechnet zu dem südlichen Theile auch die Flüsse Nab und Regen, welche in die Donau fallen, und Siffrid Presbyter erweitert den Nordlichen Theil über Hartz bis an die Nord-See, Diesen ist gewiß, daß die ersten Thüringer hinter den Alemannern und Francken in einem sehr grossen Landenstrich gewohnet haben. Wenn man genau wissen will, was sich mit Thüringen in Ansehung der Grentzen zugetragen habe, so muß man vor allen Dingen, die älteste Zeit von der mittlern, und die mittlere von der neuen unterscheiden. Will man also auf die älteste Zeit zurück gehen, so wird sich wohl schwerlich etwas Gründliches ausfündig machen lassen. Denn was die meisten vorgeben, beruhet auf blossen Muthmassungen, Und man kan, was diesen Zeitstrich anbetrifft, nichts gewisses vorbringen, als daß sich damahls Thüringen bis an die Donau gegen Mittag erstrecket; gegen Mitternacht aber, nach der unglücklichen Schlacht, die im Jahr 524 zwischen dem Fränckisch- und Thüringischen Könige vorfiel, durch die Unstrut von dem ehemahligen Nördlichen Thüringen, welches nach dieser Zeit eine Sächsische Provintz wurde, abgesondert worden. Jene Grentzen sind nachgehends in den mittlern Zeiten und den folgenden immer enger, und zwar bis an den Thüringer-Wald eingeschlossen worden; diese aber sind bis jetzo geblieben. Was aber dir Thürringer Grentzen gegen Osten und Westen anbetrifft, davon wird kein Schrifftsteller etwas zuverlaßiges in den ältesten Zeiten bestimmen können, man müste denn die Lage der Hermundurer, aus welchen Volcke die Tbüringer entprossen, abmessen. Ein gleiches muß man auch von der Landes-Eintheilung in den allerältesten Zeiten sagen, doch glauben einige nicht ohne Grund, daß Thüringen zur Zeit des Königs Odoacer und Theodoricus, Könige von Italien, in drey grosse Pagos, nehmlich in Anglegewe, Thuringewe, und Werningewe einthheilet worden, dahero auch das alte Gesetz kömmt, welches den Titel führet: Lex Anglicorum, & Werinorum, h. e. Thuringorum. Der Pagus Anglegewew lincker Hand, an der Unstrut, gegen die Witter zu gelegen, wo einige Dörffer in dasiger Gegend, als Kirchengel, Feldengel, Holtzengel, Westengel das Andencken hievon noch erhalten, Die Einwohner sind deswegen Angli qenennet worden, weil sie zwischen der Unstrut, Wipper und dem Hartz-Gebürge, gleichsam als in angulo in einem Winckel wohneten, daher sie nicht mit den Anglis zu vermischen, welche mit den Sachsen in Britannien übergegangen sind. Die Werini sind nicht die in Wragien und allda herum wohnendn Värini oder Warni gewesen, sondern sie führen diesen Nahmen von dem Flusse Wera, Weren, welcher aud einer Wiese, die des Spietals zu Schweinfurth Lehen ist, entspringt. Von diesem Flusse Weren hat der Thüringische Pagus den Nahmen bekommen, und ist Weringewe genennet worden, Thüringewe an sich selbst ward in das Mitternächtliche Thüringen, dessen in den Traditionibus verschiedene Meldung gethan wird, und in das Mittägliche eingetheilt. Die gewöhnliche Eintheilung der meisten Geschicht-Schreiber ist in dem alten und noch un ertheilten Thüringen, wie wir oben überhaupt schon angememerckt haben, nach den vier Haupt-Welttheilen eingerichtet. Was Nord-Thüringen damahls in seinem Umfange anbetraf, so schreibt Juncker davon in der Einleitung zur Geographie der mittlern Zeiten, also: So viel ist zur Gnüge erwiesen, daß Norb-Thüringen, seine Grentzen gehabt habe an dem Flusse Unstrut von dessen Ufer, es lincker Hand sich Nord ober Mitternachtswerts fortgezogen bis an die und über den Hartz-Wald, ferner rechter Hand an die Flüsse Saale, Elbe, wo das Magdeburgische ist, und Havel, lincker Hand aber an die Flüsse Bode, Aller, und Ocker im Hertzogthum Braunschweig. Weil aber dieser Theil nach der im Jahr 524 zwischen den Sachsen und dem Thüringischen König Hermannfried erfolgten fatalen Schlacht, von Thüringen abgesondert, und nach der Zeit nicht wieder darzu gekommen, so haben wir nicht nöthig allhier eine weitläufftigere Beschreibung davon zu geben. Ost-Thüringen Lat. Osterlandio, Ostlandia, Libonothria, wird von D. Adam Rechenbergen in seiner Dissertation de veteri Osterlandia also beschrieben, daß selbigen sich bey dem Ursprung der Elster anfange, nachgehends sich herabwärts, an der Saale und Mulde fortziehe und bis an die Städte Merseburg und Halle lincker Hand, rechter Hand aber bin an die Städte Rochlitz, Colditz und Leißig gehe, Dahero hat das alte Osterland die heutige Burg-Graf- und Herrschafften Plauen, Weida, Gera, Zwickau, Graitz, Weißensels, Eisenherg, Groitzsch, das Pleisner-Land, Altenburg, Wettin, Brene, Landsberg, Eulenbura, Wintzen, Rochhlitz, Colditz, Leißnitz und Penig in sich begriffen. Die Pagi, worein dieser Theil von Thüringen zur mittlern Zeit vertheilt, gewesen, sind folgende: 1) Redelice, 2) Tuchuruno, 3) Geraha, welches in der Gegend, wo das jetzige Gera liegt, gestanden haben soll. 4) Bebu, hat nach des Ditmarus von Merseburg Zeugnisse zu dem Stifft Merseburg gehöret. 5) Plisni, und 6) Orla, worunter alles dasjenige verstanden wird, was an dem Flusse gleiches Nahmens gegen seinen Eingang in die Saale gelegen. Süd-Thüringen, Lat Thuringia Australis wird vor das heutige Thüringen gehalten, welches seinen Anfang von der Werra nehmen, und sich bis an den Mayn erstrecken soll. Sagittarias in Antiquit. regni Thringici p. 292. Wenn dieses von den ältesten Zeiten zu verstehen ist, da die, unter dem Nahmen der Hermundurer verborgen gelegene Thüringer noch nicht die von den Haruden und Sedusiern verlassene Wohnsitze und Länder eingenommen, so möchte dieses noch in den damahligen Zeiten angegangen seyn. Da aber bekannt ist, wie nach der unglücklichen Niederlage des Königs Ariovistus unter dessen Armee sich auch die, zwischen der Donau und dem Mayn wohnenden Haruden und Sedusier befanden, welche nebst dem Marcomannen ihre besessene Wohn-Plätze aus Furcht vor der Römer ankommenden Macht verliessen, hingegen die Hecrmundurer ihr Land bis an die Donau erweiterten, so breitete sich der Hermundurer, nachgehends der Thüringer Land, als sich jener Nahme verlohr, bis an die Donau aus, in welcher Beschaffenheit es auch bis in das achte Jahrhundert, auch wohl noch langer verblieb. Die hierzu gehörigen Pagi sind folgende gewesen: 1) Ilmin, es soll bei, der Stadt Ilm gelegen haben. 2) Langenwize, wo jetzo Langenwiese liegt, 3) Albogau, 4) Hoerselgau, und 5) Vatergowe. Zwischen den Städten Mühlhausen und Tennstädt. 6) Vinne, 7) Westergau, zwischen der Stadt Mühlhausen, und dem Schlosse Gleichenstein, 8) Aligebe. Von West-Thüringen findet man bey den alten Geschicht-Schreibern nichts ausführliches. Sagitrarius Pfefferkorn, Juncker, Weiße, und vielleicht noch andere mehr führen diesen Nahmen an, und behaupten, das Land Hessen werde dadurch verstanden, worinne sie nicht unrecht haben. Nur kommt es auf die Frage an, ob gantz Hessen West-Thüringen ausmache, oder nur ein Theil davon? Brower rechnet Buchonia, oder die heutige gefürstete Abtey Fulda darzu in Antiquit. Fuldens. p. 6. und beziehet sich ans den Marianus Scotus, und Siaebertus Gemblacensis, welche ihm in seiner Meynung, die er behauptet voran gegangen sind. Ob aber nicht noch ein grösserer Theil von dem heutigen Lande Hessen zu West-Thüringen zu zählen seyn möchte, solches ist gar wohl zu vermuthen. Dieser Westliche Theil von Thüringen wurde ehedem in folgende Pagos eingetheilt, als 1) Grabfeld, welches in das gegen Morgen und gegen Abend getheilet wird, 2) Tulliseld, 3) Baringe, 4) Salagewe, 5) Sinnagewe, 6) Asefeld, und 7) Weringewe. In dieser Verfassung und in einem solchen Umfange befand sich Thüringen in denen ältesten und mittlern Zeiten. Nachdem aber die Sachsen Nord-Thüringen, die Sorben Ost-Thüringen, die Francken und Bayern Süd-Thüringen, bis an den Thüringer-Wald nach und nach an sich gezogen; und West-Thüringen auch davon auf mancherley Art ist abgerissen worden; so hat dieses Land heutiges Tages gantz andere Grentzen, immassen dasselbe gegen Morgen die Saale, gegen Mittag den Thüringer-Wald, gegen Abend die Werra und gegen Norden die Unstrut zu Grentzen hat. Wir wissen zwar wohl, daß einige die Gräntzen von Thüringen bis an den Hartz ausdehnen, weil aber nach der 524 geschehenen Niederlage der König Thedoricus, einwilllgen muste, daß die Unstrut zu einem Grentzflusse zwischen dem Südlichen Thüringen und Sachsen gemache würde, so kan man nicht sehen, wie andere behaupen wollen, Thüringen erstrecke sich heutiges Tages gegen Mitternacht über die Unstrut. Eckhardt Corporis historici medii aevi T. I. p. 885.
Wo der
Einwohner Nahme
herkomme, und daß sie Thüringer, Lat. Thuringi oder Toringi genennet worden seyn, darüber ist man zur Zeit noch nicht einig. Es fehlt zwar nicht an Muthmassungen; sie sind aber so gezwungen und unwahrscheinüch, daß man sie lieber mit Stillschweigen übergehet. Sagittarus, der die Thüringer ein Gothisches Volck zu seyn erachtet, leitet ihren Nahmen von den Mitternächtischen Abgott Thor her, und soll derselbe so viel bedeuten als Kinder GOttes, oder Kinder und Nachkommen des Thors, doch getrauet er nicht zu beweisen, daß die Thüringer jemahls diesen Abgott verehret. Was den
Ursprung des Volcks
betrifft, so ist derselbe eben so dunckel als sein Nahme, und fast noch mehr Schwierigkeiten unterworffen. Cluverius hält die Thüringer für ein altes Deutsches Volck, und zwar für eben diejenigen, so Tacitus Reudingos nennet deren Nahme, nach seinem Urtheil, durch die Abschreiber verfälschet worden. Allein daß die Reudinger ein wahrhafftes, und keinesweges durch Versetzung der Buchstaben entstandenes Volck gewesen, solches ist aus dem, was oben bey dem Artickel Reudigni', im XXXI Bande, p. 878 angemercket worden, zu ersehen. Barth hält die Thüringer für ein Gothisches Volck, und zwar für dieselben Gothen, so von dem Marcellinus, Eurropius und andern Thervingi genennet worden. Und diese Meynung würde sich wegen Gleichheit der Nahmen vor allen andern recommendiren, wenn die Wanderung dieses Volcks damit überein käme. Nun aber findet sich, daß die Thervinqer zwar aus Sarmatien in Mösien, und von dannen in Italien, Gallien und Spanien, aber nicht nach Deutschland gezogen seyn. Sagirtarius, holet sie nicht aus Sarmatien, wie Barth, sondern unmittelbar aus den mitternächtigen Ländern, und sagt, daß sie aus Scandinavien nach dem Cimbrischen Chersones gekommen, und nachdem sie eine Zeitlang daselbst gewohnet, durch die Sachsen über die Elbe vertrieben worden. Hierauf sollen sie eine Zeitlang in dem Lande Hadeln, Lat. Hadeloa gewöhnet haben, nachmahls aber wiederum durch die Sachsen bis an den Hartz, und endlich zum dritten mahl durch die Sachsen über den Hartz zu weichen, und sich in die Oberländer zwischen der Saale u. Werra zu begeben, gezwungen worden seyn, allwo sie heut zu Tage gefunden werden. Seine vornehmste Autores sind Witicbind und Adam Bremenssis von den ältern, und Rolevinck und Brotuff von den jüngern. Ob nun gleich diese Erzehlunq nicht übel zusammen hänget, so werden doch so viele Zweiffel von ihm selbst dagegen erwecket, daß es scheinet, der gelehrte Verfasser sey seiner Meynung selbst nicht gewiß gewesen, bevorab weil er die Zeit, wenn solches geschehen, nicht anzeiqen kan. Hertius hat von der Ankunfft der Thüringer eine andere Meynung, die mit der Grosse dieses Volcks und ihres Landes besser überein kömmt, als die vorhergehende. Er hält sie für viele unter einem Bund und Bunds-Nahmen zusammen vereinigte Deutsche Völcker, nach dem Beyspiel der Alemannen, Francken und Sachsen. Es wäre zu wünschen, daß dieser Grund-Satz on ihm oder jemand anderen wäre ausgeführet worden, damit man klärlich sehen könnte, daß die Thüringer auf dem deutschen Boden kein ausländisches noch neulich angekommenes, sondern altes ingebornes Volck seysm, zu denen sich viel andere alte Völcker geschlagen, welche, ob sie wohl uhren Nahmen und Könige hatten, dennoch um des gemeinen Bundes willen für Thüringer gehalten wurden- Es is sehr wahrscheinlich, daß die Angler und Bariner von dieser Gattung gewesen seyn. Denn die oben schon angeführte Ueberschrifft ihres Gesetzes giebt solches zu erkennen, welche also lautet: Lex Angliorum & Werinorum, doc est Thuringorum, d. i. das Gesetz der Angler und Weriner, das ist der Thüringer. Woraus erhellet, daß die Angler und Weriner zu den Thüringern in einem weitläuffigen Verstande gerechnet worden. Daß aber auch die Thüringer, bey denen der Thüringische Bund und Nahme aufgekommen, dasselbe Gestz gehabt haben, ergiebt sich aus dem Anfange desselbebm da die Worte stehen: Incipt lex Angliorum, & Werinorum, & Thuringorum. Hier fängt sich an das Gesetz der Angler, und Weriner, und Thüringer. Da nun diese Völcker ein Gestz nmit einander gemein hatten, so ist kein Zweifel, daß selbige auch Feld-Nachbarn und Bundsverwandten unter einander gewesen seyn. Zu diesem Bunde können auch gerecht werden die Heruler, ein Gothisches Volck, welche deswegen von dem Caßiodorus Heruli Gothorum genennet werden. Man erkennet solches aus einem Briefe des Ost-Gothischen Königs Theodoricus, den er wegen der zunehmenden Macht des Chlodoväus an die Könige der Heruler, Weriner und Thüringer zugleich geschrieben, welches sich sin Nachbarn und Bundesgenossen am besten schicket. In dem Artickel Heruh, im I. Bande, p. 851 u. ff. ist angezeiget, daß sie hinter den Alemannen gewohnet, und es scheinet, deß sie mit der Zeit sich bis an Gotha erstreckt, und selbiger Stadt den Nahmen gegeben haben. Es ist auch kein Zweiffel, daß andere Völcker mehr, ungeachtet sie nicht können nahmhafft gemacht werden, in dem Thüringischen Bunde begriffen gewesen. Saoirtarius selbst ist nicht ungeneigt, die Chatten gäntzlich, und die Cheruscer zum Theil, für Thüringer zu erkennen. Der Thüringische Nahme aber ist in dem fünften Jahrhundert in der Historie zuerst bekannt worden, theils durch die Thüringische Pferde, theils durch die Waffen Chlodions, theils auch durch den Feldzug des Attila, des Hunnen Königes. Denn vor dem 5ten Jahrhundundert findet sich keine beständige Nachricht von diesem Nahmen, ungeachtet derselbe wohl eine Zeitlang vorher mag aufgekommen seyn, ehe er in Schriften verfasset worden. Vegetius erwehnet zuerst der Thüringer, oder vielmehr ihrer Pferde. in einer Malomedicma, da er den Thüringischen und Burgundischen Pferden wegen der Dauerhaftigkeit vor vielen andern den Preiß giebt. Eben dieses findet man auch bey andern, doch etwas jünqern Scribenten, insonderheit bey den Caßlot orus in einem Briefe, welchen er im Nahmen seines Herrn und Königs Theodoricus in Italien, an dem König der Thüringer Herminfrid abgehen lassen, als worinn er von den Pferden, so dieser König an jenen geschickt, eine sehr schone Beschribung macht. Was die Thüringer selbst betrifft, so wird ihrer am ersten gedacht in der Fränckischen Gschicht in dem Leben Chlodion. Man siehe aus einer Stelle des Gregorius von Tours, wenn selbe mit des Aimonius Worten verglichen wird, daß Chlodio einen Einfall in Thüringen gethan, die Festung Dysarg in in termino Thoringorum eingenommen, und seinen Königl. Sitz dahin gelegt habe. Man findet auch bey Tribemen die Ursachen dieses Krieges, in dem die Thüringer, so bisher in den Fränckischen Bund gestanden, (welches vornehmlich von den Hessen zu verstehen ist), von den Franken abesetzt. Wo aber die Dispargische Burg sey gelegen gewesen, darüber sind die Gelehrten nicht einig. Es scheinet, daß es im Paterbornischen auf dem alten und zerfallenen Berg-Schlosse Desenberg müsse gesucht werden. Denn daß einige dasselbe nach Brabant auf die Grentzen von Tongern setzen wollen, ist eine vergebliche Bemühungen, weil alle Scribenten darinnen überein kommen, daß Chlodio von Duspag aus, seine Kundschaffter über den Rhein geschickt, und auch selbst von dannen nach erlangter Kundschafft über den Rhein gezogen sey. Endlich muß auch unter die ersten Bewegungen der Thüringer gezählet werden, diejenige, so bey der Hunnen Einbruch in [1867] Gallien vom Sidonius Apollinaris acstrichet. Was die Thüringer bewogen habe mit dem Hunnischen Heer über den Rhein zu ziehen, ob es aus Begierde zur Beute, oder aus Haß gegen die Francken, oder aus Zwang geschehen sey, lässet man dahin gestellet seyn. Daß Attila mit seiner Armee die Thüringer berühren können, daran ist wohl kein Zweiffel, wenn man die alten Grentzen ansiehet. Daß er aber zu Eisenach einen Hof- und Land-Tag, auch Beylager und Ritter-Spiele gehalten; und daß man für seiner einbrechenden Macht die Stadt Erfurt mit Mauren umzogen, und was dergleichen mehr, so von den Chronicken-Schreibern mit allerhand Umständen ausgeschmücket wird solches wird von dem 'Sagittatus billig in Zweiffel gezogen, weil die alte Geschichts-Bücher nichts davon erwehnen.
Politische Beschaffenheit des Thüringer-Landes.
Die Landschafft Thüringen war vom Anfange ein Königreich. erstreckte sich aber nicht so weit als der Thüringische Nahme. Denn durch den Thüringischen Bund bekam Thüringen zwar eine weitläufftigere Bedeutung, so ferne alle mit ihm vereinigte Völker und Königreiche für Thüringer gerechnet wurden, aber keine breitere Gräntzen; sondern gleichwie ein jeder König sein eigenes und abgetheiltes Land und Königreich hatte und behielt; also hatte auch der König der Thüringer sein gemessenes Land: jedoch ist kein Zweiffel, daß er der gröste und mächtigste unter ihnen gewesen sey, weil die übrige seinen Bund und Nahmen angenommen haben. Was es aber zu den ersten Zeiten mit diesem Königreiche für eine Bewandniß gehabt, wenn und wie es aufgenommen, wie weit sich dessen Grenzen erstreckt, ob es ein Erb- oder Wahl-Königreich gewesen, und was dergleichen mehr, davon hat man keine Gewißheit. Jedoch ist die Sache an sich selbst aus den Geschichten der Fränckischen Könige, aus den Briefen des Cassiodorus, und aus der Zerstörung und Zergliederung des Thüringischen Konigreichs, so klar und so gewiß, das man daran zu zweifeln nicht die geringste Ursache hat. Es haben sich zwar einige gefunden, welche alles, was andere Geschicht-Schreiber von den Thüringischen Königen und Königreiche melden, in Zweiffel gezogen haben: ihre Einwürffe und Zweiffel sind aber lange nicht so starck, daß sie jemanden überzeugen solten, es wäre kein Königreich in Thüringen jemahls gewesen. Christian Juncker setzt in seiner Anleitung zur Geographie der mittlern Zeiten, pag. 3:2. das Thüringische Königreich und alle Könige, die darinne regieret haben sollen, unter die Fabeln, wenigstens unter die ganz ungewissen Dinge. Die Ursachen, welche ihn bewogen, einen solchen Ausspruch zu thun, sind folgende: Erstlich, spricht er, wird dieses Königreich bereits im 4ten und 5ten Jahrhundert vor aufgerichtet gehalten, aber die Nachrichten und die Zeugnisse, dadurch man dieses bestätigen will, werden aus, lauter neuern Schrifftstellern, die im 10ten und 11ten Jahrhundert gelebt, hergenommen. Vors
[1868] andere sey schlechterdings kein einiges Exempel von selbigen Zeiten, bey einer Nation in Deutschland zu finden, die einen König gehabt hätte, dahero es ein Wunder wäre, daß die Thüringer hierinne allein einen Vorzug vor andern teutschen Völckern haben solt n. Drittens würde alles dasjenige, was vom Sagittarius weitläufftig ängeführt werde, von ihm selbst, als ungewiß, vielfältig widerlegt, oder in Zweiffel gezogen. Viertens, schreibt er, würden gleichsam drey Zeitstriche der Thüringischen Könige gemacht, nehmlich der gar Alten, aus den Inngesessenen, derer, die von dem Fränkischen Könige Chlodius im fünften Jahrhundert abgestammet, und bis in die Mitte des sechsten als Könige in Thüringen regieret hätten, und endlich derjenigen, die zu den Zeiten der alten Austrasischen Könige von der Mitte des Sechsten, bis in die Mitte des siebenden Jahrhunderts, als Könige in Thüringen geherrschet hätten; hernach aber nur Herzoge genennet worden wären, von denen Rudolph der erste gewesen, der von diesen Fränckischen Königen abgefallen. Alle diese Traditiones könnten ohnmöglich auf eine zuverläßige Art bewiesen werden. Allein, was den ersten Einwurff anbelangt , als ob vor dein 1oten und 11 Jahrhundert kein Geschicht-Schreiber der Thüringischen Könige und des Königreichs einige Erwebnung thue , so ist dieses ein ungegründetes Vorgeben. Gregor, ein Erz-Bischoff zu Tours, insgemein Turonensis genannt; lebte im sechsten Jahrhundert. Da er nun in seiner Historia Francorum Lib. III C. 4. der Dänen Einfall und Niederlage erwehnt, so setzet er bald darauf: daß damahls bey den Thüringern drey Brüder das Königreich gehabt hätten : Badericus , Herminefredus, und Bertharius , Lib. 11. Cap, 12. Ferner berichtet er: das Theodoricus mit dem Herminefred , Könige in Thüringen, wider seinen Bruder Baderteus Krieg geführet hätte. Im dritten Buche aber beschreibt er die Verheerung des Thüringischen Königreichs. Es gedenkt auch Jornandes in seinem Tractat de rebus Gothicis des Thüringischen Königs Zermenfrieds. Der zweyte Einwurff, da Juneker vorgiebt, es wäre kein einziges Exempel vorhanden von einer deutschen Nation, die damahls ihren König gehabt hätte, ist ebenfalls von keiner Erheblichkeit. Tacitus redet überhaupt von der deutschen Nation, wenn er schreibt: Reges ex nobilitate, Duces ex virrute sumunt, und ist denn nicht ein Celtischer König Ambigat bekannt , unter welcher Nation die Deutsche mit begrifen war? Falckensteins Antiquitat. sundgav. Brewnus war ein König der Senonen oder Semonen, einer Teutschen Nation, und Ates, Galatus , zwey Könige der Bojer, Ariovistus, Mia: roboduus und Vocio waren lauter Teutsche Könige, deren man noch gar viel ansühren kön- te, wenn es ndthig wäre. Der dritte Einwurf ist ganz ohne Grund. Denn erstlich verhält es sich nicht also, das Sagittarius dasjenige solits geschrieben haben, was Juncker vorgiebt; und
[1869]
so fern dieses wahr wäre, so kann des Sagittarius TODO wieder das Zeugniß so alter und TODO er Geschicht-Schreiber nichts ausrichten. Von dem vierdten Enwurff werden wir hin und wieder in der Abhandlung selbst Gelegenheit nehmen zu reden. Allein da dieser in der Sache zu wenig gethan hat, so vergehen sich einige auf der andern Seite und thun der Sache zu viel. Lazius schreibt in seinem Tractät de migratione gentium, daß als Troja zerstöhret worden, und die Asiatisch und Europäischen Völcker, die mit bey dieser Belagerung gewesen, hin und wieder zerstreuet worden waren, so wären auch unter diesen die Thiringer über der See in Cimbrien zuerst angelandet, und alsdenn in Teutschland gekommen. Johann Roth meldet im XL. Capitel seiner Teutschen Eisenachischen Chronick, daß nach geendigten Trojanischen Kriege, zur Zeit des Israeliischen Kanigs Sauls der Senno, Untenors Sohn, aus Begierde fremde Länder zu besehen, zu Schiffe an das Balthasische gekommen, wo sich nachmahls die Sachsen niedergelassen, damahls aber die Thüringer gewohnt hätten, von denen dieser Senno zum Könige erwehlet worden wäre. Diesem sey Marcomerus in der Königlichen Regierung gefolget, der so wohl über die Thüringer als Sachsen, von den äussersten Grenzen Westphalens bis an Böhmen geherrschet, daß sich auch sein Königlicher Stamm bis auf den Julius Cäsar erstreckt habe. Johann Birmharde führet in seiner Neuen vollkommenen Thüringischen Chronik p. 5. an: Das Anno 40. nach Christi Geburt König Weibel in diesem Lande geherrschet habe, welcher sich durch weise Policey- und Kriegs-Verordnungen bey den Thüringern einen grossen Nahmen gemacht und sich in Ansehen geseht hätte. Im Jahr 319 soll, nach Binnbaides Vorgeben, ein König Zogerle über Thüringen regieret haben, 447. König Merwig, 518. hätten die Thüringer drey Brüder den Baldericus, Zermanfried, und Berthanus zu Königen gehabt, 564 soll Sigebet, 617. Lotharius, und 632, Dagobert regieret haben, welcher letztere König das Peters-Kloster in Erfurt gestifftet haben soll. Wir wollen uns aber bey dieser und vieler andern Geschicht-Schreiber Meynungen nicht aufhalten, sondern nur diejenigen Könige in Thüringen beyfügen, welche der berühmte Johann Hübner im V Theil seiner Historischen Fragen anführet: Diese sind folgende:
- Titius, der gleich zur Zeit der Geburt unsers Heylandes regieret haben soll.
- Hermanfried, 101. ohngefehr.
- Friedericus, 200.
- Heroldus, um das Jahr 306.
- Widelphus, 430.
- Meroveus, 445.
- Basinus, 455.
- Herrmanfried, der lezte Kdnig in Thüringen, biß 524.
[1870] Was Luca im Fürsten-Saale p. 593, der Ungenandte der Historiae de Landgraviis Thuringiae im 1 Cap. Johann Bange in seiner Thüringischen Chronick, der ungenandte Verfasser von den merkwürdigen und auserlesenen Geschichten von der Landgraffschaff: Thüringen , Martin Christoph Laurentius in seinen Orzimibus Voringieis p. 2. und Caspar Abel in der Sammlung etlicher alten Chronicken, in dem ersten Thronico von den Geschichten der Heydnischen Sachsen und Thüringer p. 33. u. ff. anführen, wollen wir nicht weitläufftig hersehen, weil den wenigsten wohl damit gedient seyn dürffte, was andere vor Thüringische Könige erdichtet haben. Wir wollen uns vielmehr bemühen, in diesem Stücke zu einer Gewißheit zu kommen, und die wahren Könige der Thüringer zu untersuchen. Sagirearius scheinet wohl in seinen Antiquiratibus Regni Thuringici Lib, II. Cap.II. der Wahrheit am nächsten gekommen zu seyn, welcher folgende Könige angiebt:
1) Chlodio, welcher zur Zeit des Römischen Kaysers Honorius um das Jahr Christi 428. bekannt worden.
2) Meroveus. 3) Basinue,
4) Badericus, Berhatius, und Germanfried drey Brüder, welche Thüringen unter sich getheilet.
„Daß der erstere unter diesen Chlodio ein König der Francken gewesen ist an sich eine richtige Sache, daß er aber ein Thüringischer König zu nennen sey, solches kommt uns vornehmlich zu beweisen zu. Er wird insgemein vor einen Sohn des gleichfals Fränckischen Königs Phäramundus gehalten, und sein Nahme wird verschiedentlich bey den Geschicht-Schreibern angegeben. Der Anfang seiner Regierung trifft in das Jahr 428, wie solches Baronius, Valesius und Pagius erweisen, und seine Königliche Residenz ist Dispargum in Thüringen gewesen. Dieses bezeuget Gregor von Tours Lib. 11. C, 9. und Aimoinus Lib. 1. Historie Francorum schreibt mit ausdrücklichen Worten, das ein Thüringisches Schloß verwüstet worden wäre, auf welchen der König Chlodio seinen Sitz gehabt hätte. Der erstere von diesen bezeuget zwar nur, das Dispargum an den Thüringischen Grenzen gelegen habe; es har aber der Herr von Eckhardt Tomo I. Rerum Francic, p. 26. erwiesen, daß das Wort Termmus, welches Gregor braucht, nicht durch Grenzen zu übersehen sey, sondern durch Regio, eine Landschaft oder Provinz, wovon der Artickel Terminus im XLII Bande, p. 1034. nachzuschlagen ist. Aber dieses ist noch nicht zulänglich, man fragt noch weiter wo denn dieses Dispargum gelegen habe.
Die Meynungen sind hier, wie gewöhnlich, verschieden und in grösserer Menge zugegen, so das es einige jenseins, andere disseits des Rheins setzen. Diejenigen welche vor Thüringen Tongern annehmen, behaupten, Dispargum sey das heutige
[1871]
Diestheim in Brabant; Chifletius hält es vor
Dysborg in Brabant.
Diejenigen, die Dispargum vor einem Thüringischen disseits des Rheins gelegenen Ort halten, glauben, es sey das heutige Dietesburg in Buchonien, im Fuldischen; andere geben Densenburg, ein festes Schloß in Westphalen, an; Sellins versteht dadurch Heinsberg im Zülichischen: Die meisten aber, darunter auch Sagittarius mit begriffen ist, sagen es sey Duisburg oder Duißborg am Rhein; Caspar Abel hingegen behauptet, man müsse Isenburg, das uralte Stamm-Hauß auf dem Wester-Walde, darunter verstehen, und Steuve schreibt, Diparqum sey Dilsberg, das an dem Neckar oberhalb Heydelberg gelegene Berg Schlos, gewesen. Von allen diesen unterscheidet sich der Herr von Eckharr, welcher dieses Dispargum in die gefürstete Grafschafft Henneberg setzet, die ehedem auch mit zu Thüringen gerechnet worden, woselbst ein hoher Berg, welchen die Amwohner die Dießburg nennen. Oben aufdessen Gipffel soll eine grosse Ebene seyn, worauf wenig Bäume stehen, die Seiten aber herum sollen mit einer starken Waldung umgeben syn. Dieser Berg ist zwar noch in keiner Charte verzeichnet worden, wer aber die Dörfer Helmershausen, Wolmuthausen Eberhauen, Aschenhausen, und Oberkazo, welche zwischen Meinungen, und Kalten-Nordheim gelegen in der Charte suchet, der hat die Gegend, wo Diesburg gestanden. Wir tragen kein Bedencken dieser Meynung des Herrn Eckharts bei zutreten, weil gar nicht zu vermuthen it, sonst auch in keinem bewährten Schriftsteller zu finden, daß [1872] Thüringen damahls zu den Zeiten des Königes Chlodio dahinunter an den Rheinstrom, wo das jetzige Duisburg liegt, sich gezogen habe. Was übrigens des Chlodions Thaten und was er Zeit seiner Königlichen Regierung gethan und vollbracht, solches gehöret hicher nicht, sondern muß unter dem besondern Artickel nachgesucht werden, im VI Bande, p.443 u.ff. Nach dem Tode des Chlodio, ward Merovens König in Francken, und wie aus gewissen Umständen zu schliessen, auch König in Thüringen. Weil er entweder ein Stiefsohn oder naher Anverwandter des Königs Chlodions war, so fuhrte er anfänglich die Vormundschafft über die nachgelassene unmündige Prinzen des Königs. Es fielen aber solche schlimme Zeiten ein, da die Prinzen ihren eigenen Länder noch nicht vorstehen konnten, dahero erwehlte ihn das Fränckische Volek zu ihren Könige. Was die Geschicht-Schreiber in Thüringischen Sachen von ihm melden, ist, daß, er zu Erfurth auf dem Berge, wo jetzo das Peter-Klöster stehet, ein Schloß, ingleichen ehnweit Erfurth ein anders mit Nahmen Merwigsburt soll erbauet haben. Wenn aber der König Meroveus gestorben, solches erwehnet kein Schriftsteller mit deulichen Worten; so viel sich aber muthmassen lässet, meg dessen Tod auf 456. eintreffen. Von seiner Gemahlin ist nichts bekannt, ausser nur, daß er einen sohn Nahmens Childerteus nachgelassen, welcher ihm in dem Fränkischen Königreiche nachgefolget. Uebrigens hat der Herr von Eckhart Tom. I. Rer. Francic. p. 5 10. folgende Geneologische Tabelle entworfen:
- Priamus, A. 385.
Genobald Marcomeres Senno
358. 389. 392. 400. 389.
- Pharamund, Konig
- 418.
-
- Clenus. Chlodio, Konig
- Chlodebald
- Clenus. Chlodio, Konig
TODO (Tabelle)
[1871] In dem Leben Childerichs gedenckt Gregor
von Tours des Thüringischen Königes Bisinus
oder Basinus, bey welchen Chiderich, nachdem
er von den Francken, seines lasterhafften Lebens
halber vertreben worden, eine Zeitlang versteckt
gelegen. Was den Basinus bewogen, diesen
flüchtigen König in Schutz zunehmen, ob sie einander
mit Bluts-Freundschafft oder Schwägerschafft
zugethan gewesen, wird von den Geschichtschreibern
nicht gemeldet, aber wohl die Untreue, so
dieser Chitderich an dem Basious begangen, beschrieben.
Siehe Basino, im III Bande, p. 617.
Sonsten scheinet es, daß die Thüringer, seit dem
Chlodio über den Rhein gezogen, aufs neue von
den Francken abgesetzt haben, und daß solches die [1872] Ursache gewesen, warum Chlodovens 491, die
Thüringer mit Krieg überzogen, weil er einen so
mächtigen Feind, der ihm an seinen Kriegs-Verichtungen
in Gallien hinderlich seyn konnte, nicht
auf dem Rücken haben wolte. Von diesem Kriege
berichten Gregorius Turonersis, und andere,
doch nur mit wenig Worten, das Chlodoveus
sich die Thüringer unterwürffig gemacht habe:
welches Sagittarius nicht von dem völligen Regimente,
sondern nur von der in der Zinsreichung
bestehenden Dienstbarkeit ausleget. Wer zu
der Zeit König in Thüringen gewesen, ist unbekannt.
Chlodovens hatte inzwischen die Thüringer
so gedemüthiger, daß er nichts widriges
von ihnen zu befahren hatte; und nachdem auch
[1873] die Alemannen überwunden, und die Burgunder unter sich gebracht, wandte er 507 seine Waffen wider den Gothischen König Alarich zu Touloust. Theodoricus, König der Gothen in Italien, welcher beyden Königen mit Schwägerschafft verwandt war, wolte anfänglich einen Schiedsmann abgeben; nachdem man aber auf des Chlodoveus Seiten seine Rathschläge verachtet, und denselben kein Gehör geben wollen, so schrieb er an die vereinigte Könige der Thüringer, und stelte ihnen mit beweglichen Gründen vor, wie viel ihnen daran gelegen wäre, das die Über- hand nehmenve Macht des Fränckischen Königs Ludewins gehemmet und gebrochen würde. Der Bries findet sich bey dem Casiodorus mit dieser Aufschrifft :Herulorum Regi, Guamorum Regi, Thoringorum Regi, Theod, Rex. In dem Briefe selbst werden sie Ihro Excellenz genennet, welches eine zur selben Zeitunter Königen gebräuchliche Titulatur war. Wie der König der Thüringer damahls geheissen habe, ist aus der Ueberschrifft nicht zu erkennen, aber wohl, das die Könige der Thüringer wahrhafftige Könige gewesen, und von andern Königen dafür erkannt worden. Nach dem Tode Chlodoveus, welcher 511 sich zugetragen, bekam sein ältester Sohn Theodoricus in der Erbeheilung Austrasien. Zu der Zeit regierten 3 Königl. Brüder in Thüringen, Balderich, Betrar und Germanfrid. Dieser letzte war vermählt mit des obgedachten Gothischen Königs Theodoticus in Welschland Schwester Tochter Amelbergen. Man finder von dieser Vermählung noch eine Urkunde unter den Briesen dieses Königs bey dem Caßiodorus, welchen sagittarius ins Teutsche überseht, und seiner Thüringischen Historie als ein sonderlich Monument einverleibet. Wie es denn wohl werth ist, daß es von denen, so daß Thüringische Königreich in Zweiffel ziehen, mit Bedacht gelesen werde, Gregorius von Tours erzehlet von dieser TODOAmelerga, welche er als ein hochmüthiges und regiersichtiges Weib beschreibet, das sie ihrem Herrn stets in den Ohren gelegen, das er seine Brüder verstos:' sen, und ihr Erbtheil an sich bringen solte; auch das Zermanfrid sich verleiten lassen, seinen Bruder Bertar umzubringen, und den andern mit Krieg zu überziehen. Diese Zwietracht zwischen den Königl. Brüdern hat nun zulest das ganze Königreich Thüringen umgekehret. Denn weil Germanfried für sich allein nicht stark genug war, seinen Bruder Balderich zu überwältigen, so nahm er den Austrasischen König Theodoricus zu Hülffe, mit Versprechen, seines Bruders Erbtheil mit ihm zu theilen. Balde. rich, der so vielen Feinden nicht gewachsen war, verlohr darüber sein Land und Leben, und Germanfrid blieb allein König in Thüringen. Es schien , als ob diese schändliche That sein Königreich befestigen würde; aber sie warf es plötzlich über den Hauffen. Denn weil er seinem Versprechen nicht nachkommen, noch die Helffte des brüderlichen Erbrheils dem Fränckishen Könige einräumen wolte, so ward er selbst von dem Theodoricus mit Krieg überzogen, und durch den Verstand des sächsischen Fürsten Zadugasts
[1874]
„aller seiner Länder beraubet; welche die Ueberwinder also unter sich theilten, daß die Unstrut das Fränckische und Sächsische Thüringen von einander scheidete, und die Franken den Südlichen, die Sachsen aber den Nordlichen Theil zu ewigen Zeiten behielten. Solchergestalt ist das Königreich Thüringen um das Jahr Christi 531 (nach des Valesius Rechnung) gänzlich aufgehoben, und von seinen Feinden zergliedert worden. siehe Germannfried im XII Bande, p. 1709 u. f. Die Chronick-Schreiber melden, daß von dieser Landes-Theilung auf Sächsischer Seiten der Ort Scheidingen und Sachsenburg die Nahmen bekommen haben. Gregorius von Teurs und andere Fränkische Scribenten, beschreiben diesen Krieg mit Vorbeygehung des Sächsischen Nahmens; jedoch kan dieses Stillschweigen die Sache selbst nicht zweiselhafftig machen, sonderlich da Adam Bremensis dasjenige aus dem Eginbard ersetzt, was jene aus Nachläßigkeit jeder Partheylichkeit ausgelassen haben. Ausser dem finden sich noch viele Anzeigen in der Historie, daß die Sachsen schon seit dem 6 Jahrhundert Meister von Nord - Thüringen gewesen. Nach dem Untergange des Königreichs Thüringen ist der Thüringische Nahme, der vor diesem so grossen Umfang hatte, zwischen der Saala und Werra eingeschränkt geblieben, und das Fränkische Theil zu Austrasien, das Nordliche aber zu Sachsen gerechnet worden. Will man nun die mittlere Thüringische Historie von dieser Zeit an bis auf Heinrichen den Erlaubten Marggrafen zu Meissen recht deutlich und ordentlich wissen, so muß man diese weitläuftige Geschichte in drey Hauptabsätze theilen, und in Betrachtung ziehen, was 1) unter den Merovingischen Königen 2) unter den Carolingischen Königen 3) unter den Teutschen Kaysern, vorgefallen sey. Dieses macht eine Zeit von ungefehr 724 Jahr aus, und es würde viel zu weitläufig seyn, umständlich von allen zu handeln, zumahl da man ganze Bücher davon hat.
Als Thüringen nun also unter den Fränckischen Königen gestanden, unter welchen Theodoricus, König in Austrasien dem Thüringischen König reiche ein Ende gemacht, und dieses Land seinem Scepter unterworfen: so sind Duces ausgekommen, welche die Könige bey ihrer Abwesenheit, und unter sie die Comites gesezet, die vornehmlich zu der Carolinger Zeiten bekannt gewesen. Man findet bey glaubwürdigen Scribenten derer aber nur 8 aufgeschrieben, als:
1. Radulphen ams Jahr 648. 2. Theobalden. 3. Hedenen. 4. Tradulfen 849. 5. Ratulfen 874. 6. Popo 891. 7. Conraden. 8. Burcharden, starb 909.
[1875]
Es wurden aber diese Duces nicht nur Duces Thuringiae, sondern auch Duces limitis sorabiei und ihr Ducatus die sorbische Marck genennet, deswegen, weil sie die Sorben-Wenden, so in Thüringen eingefallen, abhalten solten; welches die Gelegenheit war, das die folgende Regenten in Thüringen Marchiones tituliret worden. Denn obgleich Heinrich I, als er nur blosser Herzog zu Sachsen war, mochte in den Händeln mit dem Könige Conraden Thüringen weggenommen haben, so bekamen doch, als Heinrich selbst König wurde, und unter seinen Nachkommen, die Thüringer ihre besondere Regenten. Nun wollen zwar einige vorgeben, Kayser Otto I habe Thüringen seinem sohne Wilhelmen, Erzbischoffe zu Mayns, geschencket; solches ist aber noch niemahls erwiesen worden. Vielmehr finden wir die Marggrafen zu Thüringen folgendergestalt:
1. Gontharins, starb 988. 2. Eccard, Marggraf zu Meissen und Thüringen, starb 1002. 3. Wilhelm I, starb 1034. 4. Wilhelm II, starb 1062. 5. Otto, starb 1067. 6. Egbert I, starb 1068. 7. Egbert II, starb 1070.
Otto, der fünffte Marggraf, hat dem Erzbischoff zu Maynz wegen des Zehenden, so er in Thüringen verlanget, zuviel nachgegeben, woraus hernach unter Kayser Heinrichen IV viel Unglück entstanden. Eckbrecht war der lezte Marggraf in Thüringen, er harte viele Händel mit Kayser Heinrichen IV, und machte sich gar Gedanken uf das Kayserthum; er wurde aber von des Kaysers Heirichs Parthey in einer Mühle, Eisenbüttel genannt, bey Braunschweig erschlagen. Nach ihm findet man keine Marggrafen in Thüringen mehr, wozu auch noch dieses mag Ursache gegeben haben, weil vor den Wenden nun keine Gefahr mehr obhanden, da die beyden Marggrafen in Lausiz und Meissen ihnen gnugsam gewachsen waren. Hingegen trifft man nun die Comites patriae oder Provineiales Thuringiae , und denn die Comites Palatinos Saxoniae an, und sind solches keine andern als die Landgrafen, welche noch jezo darinnen vorhanden, und wie folget, einander gefolget haben:
1. Hermann I, Graf Wintzenburg. 2. Hermann II, abges. 1130, Graf Winzerburg,
starb 1152.
3. Ludewig I, starb 1140. 4. Ludewig II, der Eiserne, starb 1172. 5. Ludewig III, starb 1191. 6. Hermann III, starb 1215. Com. Pal. sax. 7. Ludewig IV, starb 1327. ' 8. Zermann IV, starb 1241. 9. Heinrich Raspo, starb ohne Kinder 1247. 10. Heinrich , Marggraf zu Meissen. Die beyden ersten Hermanne waren aus dem
[1876]
Gräflichen Geschlechte derer von Winzenburg, so im Bisthum Hildesheim liegt. Der erst: Hermann war schon 1100 bey dieser Würde. Der andere, so sein Sohn war, brachte Burckharden von Luckem, einen Kapserl. Bedienen, um, wurde aber deswegen in die Acht gethan, und seiner Würde in Thüringen entseht, solche auch von dem Kayser Lotharius 1130 an Graf Ludewigen gegeben. Zermann ist hernach 1152 mit seiner Gemahlin zu Winzenburg im Bette erstochen worden, von einem seiner Ritter, dessen Weib er mit Gewalt geschändet hatte. Der neue Landgraf Ludewig war ein Enckel Ludewigs des Bärtigten, den Kayser Conrad II, mit dem er verschwägert, 1039 mit vielen Gütern in Thüringen begabt. Sein Soha Ludewig wurde der Springer beygenahmet, wegen eines Sprunges, den er von Gibichenstein dey Halle in die Saale soll gethan haben, welcher aber als eine Fabel, die in glaubwürdigen Scribencen nicht gegründet, billig verworfen wird. Er starb 1123, nachdem er Ludewigen III gezeuget, der von seinem Schwieger-Vater, Kayser Lotharius, die Landgrafschafft Thüringen erblich bekam. Daß ihm aber eben zwölf Grafen untergeben worden, wird von etlicen neuen Geschichtschreibern zwar angeführet, aber nicht bewiesen. Ihm folgte sein Sohn Ludewig, der Eiserne denahmet , weil er gemeiniglich einen Panker angehabt. Denn ob er wohl ansänglich gar gelinde, und gegen seinen Adel und Bediente weich war, so machten sie es ihm doch so grob, daß er andere Saiten ausziehen muste; wie er denn einmahl etliche Gefangene von Adel in den Pflug gespannet, und einen ganzen Acker bey Naumburg über Freyburg umgepflüget haben soll. Dieses Bruder Friedrich stiftete die Ziegenheimische TODO, die nur Grafen hiessen, und 1450 mit Johann dem Starcken ausgestorben sind, die Grafschafft aber ist an Hessen gekommen. Der andere Bruder Hermann, von dem an seinem Orte ein Artickel stehet, bekam von dem Kayser Friedrich 1182 die Pfalz-Sachsen, und folgte hernach seinem ältesten Bruder in der Landgrafschafft, als derselbe ohne Erben in Syrien starb. Nach ihm kam sein Sohn Ludewig, der Heilige zugenahmt, der sich 1221 mit des Königs Indreas in Ungarn Tochter Elisabeth vermählte, aber nicht lange darnach 1227 zu Hydrunt auf der Orientalischen Reise starb. Endlich kam Heinrich Raspo, der lehte Land- und Pfaltzgraf aus dieser Familie. Er war in solchen Ansehen bey Kayser Friedrichen II und dem Reiche, daß ihn jener bey seinem Abwesen zu einem Statthalter und Verweser des Reichs in Deutschland erklärte. Als Jnnocenez 17 Kayser Friedri- ehen 11 in Bann that, und des Reichs un- würdig erklären wolte, auch der Landgraf den Kayser bezüchtigte, „als wenn er zu Franck- furt auf dem Reichs - Tage die gotteslästerli- He Rede von den tribus impoltoribus gethan hätte; schlug ihn der Pabst zum Kayser vor, ex wurde auch 1246 zu Würzburg von verschiedenen geistlichen Fürsten, deswegen man ihn spottweise den Pfaffen - Rönig genannt, erwehlet. Es geben etliche von den neuern Scribenten
[1877]
zwar vor, daß er in der letzteren Belagerung vor Ulm durch einen Pfeil vertvundet, und daran gestorben sey; aber bey gläubmwärdigern Geschichtschreibern findet man, daß er zurück nach Thüringen gegangen, und zu Wartburg durch den Darchlauf 1247 aufgerieben worden. Er hat verschiedene Gemahlinnen gehabt, deren die letztere Beatrix geheissen, so Herzog Heinrichs in Lothringen Tochter gewesen; und nachmahls Graf Wilhelmen von Flandern geheyrathet hat. Weil nun mit ihm der alte stamm ausgegangen, funden sich 9 Competenten zur Landgrafschafft, Heinrich der Erlauchte, Marggraf zu Meissen, der nicht allein des letztern Landgrafen Schwester-Sohn; sondern auch von dem Kayser Friedrichen II 1942 mit der Anwartschafft auf Thüringen und die Pfalz Sachsen begabet war. Nichts destoweniger kam Sophia, Heinrichs von Brabant Gemahlin und Ludewigs des heiligen Tochter, und machte Anspruch auf Thüringen vor ihren Sohn Heinrich, der zum Unterscheid des andern, in der Historie das Rind von Brabant genennet wird. Nun war zwar die Sophie in gleichem Grad mit Heinrichen dem Erlauchteten, aber damit kam es wieder auf der Sophien ihrer vorigen Streit mit Heinrich Raspo an, vor dem sie verlangte, ein näher Recht an Thüringen zu haben, er hingegen sie unter dem Vorwand, daß auch in feucsis proiscuis das männliche Geschlechte dem weiblichen, wenn es auch im nähern Grad wäre, vorzuziehen sey, sie würcklich ausschloß, auch vor einen Landgrafen von dem Kayser Friedrich II und ändern im Reich gehalten und erkannt wurde, wie sonderlich aus der Wahl zum Römischen Könige zu ersehen. Dieses war eigentlich die streitige Sache, und nicht wie einige neuere Scribenten wollen, dis die Frage, ob des Heinrichs Raspo Bruders Tochter oder dessen Schwester Sohn nach dem jure representations folgen solten; denn solches Recht nicht anders statt hat, als wo Brüder mit den Brüders-Kindern concurriren; welches hier nicht geschahe. Dieser Erbfolgs-Streit gerieth zum blutigen Kriege, der bis 1253 gewähret. Herzog Albrecht von Braunschweig war auf der Brabantischen Seite, weil Heinrich das Kind seine Tochter 1258 heyrathete, er wurde aber 1263 gefangen, kam auch nicht wieder los, bis ihm sein Sohn Otto, (der hernach des Marggrafen Tochter Elisabeth heyrathete) init 8000 Marck Silbers und 8 Schlössern an der Werra gelegen, bfreuete; und hiermit bekam der Krieg ein Loch, und die Partheyen vertrugen sich, sonder Zweiffel auch deswegen, weil die Erbfolgsrechte selbiger Zeiten nicht so klar waren, als sie heut zu Tage sind. Heinrich von Brabant überkam Hessen mit 8 Schlössern Eschwege, Beilstein, Allendorff, Fürstenstein, Wizenhaujenn, Ziegenberg, Wanfried und Sontra, nebst 7000 Marck Silbers, und konnen von ihm alle Landgrafen von Hessen her. Dagegen behielt Heinrich, Marggraf von Meissen, Thüringen und die Pfalz Sachsen. Ob aber die Erb - Vereinigung zwischen beyden Häusern Meissen und Hessen damahls (wie einige wollen) errichtet worden, kann
[1878]
vielleicht, hingegen aus denen Archiven getvis behauptet werden, daß fast mehr als 100 Zahr heunach 1373 die erste Erb-Verbrüderung zwischen ihnen allererst aufgerichtet worden ist. Seit dem nun und bis auf unsere Zeiten haben die Marggrafen von Meissen, und hernach aus Chur- und Fürsten zu Sachsen die Landgrafschafft Thüringen besessen. Sie besitzen auch darinnen nicht allein das meiste an Ländern und Leurtn, so ihnen völlig unterworffen, wie die Chur-Sächsisch-Weimarsche, Eisenach-Gotha-Salfeld und Weissenfelsische Landes-Antheile sind, deswegen sie auch 3 Stimmen auf dem Reichstage führen, und wovon sie alles geniessen sondern sie haben und begehten auch im übrigen viele Rechte, als die Landesfürstliche Hoheit bey den Grafen, Herren, Edelleuten TODO. Die Schutzgerechtigkeit über das Stifft Quedlinburg, die Reichsstädte Mühlhausen und Nordhausen, viel Lehn uhd Vasailen TODO siehe hierbey den Artickel: Sächsische Vasallen, im XXXIII Bände, p. 425 1, ff. Das übrige besitzet thei's Chur-Maynt, nehmlich die Stadt und Zugehor von Erfurt, und theils det König in Preussen, als Fürst zu Halberstadt nehmlich die Herrschaffien Lora und Klettenberg: theils die Fürsten von Schwarzkburg zu Sondershausen und Rudolstadt; die Grafen von Mannsfeld, Grafen von Stollberg, Grafen von Höhenlohe, nehmlich wegen Ordruf, Grasen von Haßfeld ; wegen Blanckenhayn, Gleichen und Nieder-Crannichfeld der Burggraf von Kirchberg zu Farnrode - die Grafen von Werther Todo. Der Deutsche Orden, wegen der Baley Thüringen und Briefstädt, die Reichstädte Mühlhausen und Nordhausen TODO. von welchen alten unter ihren Titeln weiters nachzusehen. Nachdem wir also den Ursprung, den Nahmen die Regierung in Thüringen abgehandelt haben, so wollen wir zu einigen andern Alterthümern und Untersuchungen schreiten welche wir mit Bedacht bis hieher versparet haben, damit wir den Zusammenhang der Geschichte nicht trennen möchten, Die erste Abhandlung; die des Alterthums und der Thüringische Historie wegen nöthigist, wird von dem Wappendes Bönigreichs Thüringen handeln. Sigmund von Bireken stellet in seinem sächsischen Heldensaal gleich voran in Kupfer sechs Lilien im blauen Felde vor, worüber: Königreich Thüringen, stehet. Pet. Bertius schreibt Lib. III. Comment. Ret. German. p. 113 über dem Thor des Klosters st. Petri und Pauli auf dem Petersberge zu Erfurt wären sechs Lilien zu schen, welche das alte Wappen seyn sollen; er sagt aber nicht wessen, ob es des Klosters, oder das Königliche Fränckische, oder Thüringische bedeuten soll. Es ist aber dieses billig in Zweiffel zu ziehen, da weder die Thüringischen noch Frän- ekischen Könige im sechsten Jahrhundert und vorhero, die Lilien zum Wappen gehabt, ja nach der Frandösischen Geschichtschreiber eigenem Geständnisse, nehmlich des Lillet Recueil des Royes de France , und des Chiffler Anast. Childer. cap. 9. p. 140 sind die Lilien vor dem zwölften
[1879]
Jahrhundert nicht zum Wappen des der Könige
von Frankreich angenommen, sondern von dem
Könige Philipp August, der von 1180 bis 1223
den Franßösischen Scepter geführet, zuerst angewendet
worden. Dahero wo Lilien vor dieser
Zeit angesühret, oder sonst eingehauen, oder gemahlet
vor der Könige von Franckreich ausgegeben
werden; so ist das Vorgeben grund falsch.
Friederich Lucä schreibt in seinem Fürstensaale:
„Anfänglich führete Thüringen im Wappen
„ein silberweisses Rad, in einem Purpurrothen
„Felde oder Schilde, und in des Rades Mittelpuncte
„einen purpurfärbigen Pall mit sechs
„Spüchen ohne Schienen mit so vielen Pfauenfedern
„ausgezieret.“ Unsere Meynung gehet
kurz dahin: Das das alte Wappen von Thüringen,
ehe in diesem Lande ein Landgraf regieret,
sey ein silbernes Rad im rothen Felde gewesen,
welches der Erzbischoff zu Maynz, Wilhelm,
als er von seinem Vater Thüringen bekommen,
zum Zeichen seiner Herrschafft über dieses Land,
zum Wappen angenommen, und von seinen
Nachfolgern bis auf den heutigen Tag fortgeführet,
auch die Stadt Erfurt, als ein Gnaden-
Wappen, damit begnadiget worden. Nach der
Zeit aber hat die Landgrafschafft Thüringen einen
silbernen mit vier rothen Querstreifen bezogenen
Löwen im blauen Felde vom Kayser Lotharius
dem II, bekommen. Der silberne Löwe hat vermuthlich
eine Absicht auf den alten Zustand
Thüringens gehabt, indem Thüringen vormahls
ein so grosses und mächtiges Königreich gewesen.
Bey diesem Wappen aber ist zu mercken, daß
Metall auf Metall gesetßt worden , und daß der
Löwe wider die Regeln der Wappen-Kunst, daß
dem linken Oberwinekel zu siehet. Es irret aber
Albin in seiner Meißnischen Land - Chronicke
p. 387. Wenn er dem alten Königreiche Thüringen
sechs gelbe Lilien zuschreibet, und über den
Löwen vier weise und eben soviel rothe Streifen
ziehet, denselben bund machet, und ihm eine güldene Crone aussetzet, welches in andern Wappen-Büchern
nicht gefunden wird. Zschackwinens
Wappen-Kunst, p. 216. Wir gehen nunmehro
zu der
Thüringer Religion und vornehmlich zu ve ihrem Heydenthum
fort, wobey viel nöthige Dinge zu bemercken vorkommen, die aus dem Alterthum herzunehmen sind. Wenn Sagittarius von der Thüringer Abgöttern handelt, so setzet er den Wodan voran, und giebt vor, dadurch würde der Römer Mercur verstanden. Er bezieht sich unter andern auf das Zeugnis Warnefrids de gestis Longobardorum Lib. L cap, X. wenn man aber die Eigenschaften des Mercurs ansiehet, so ist gar sehr zu zweiffeln, ob die Thüringer den Gott Wodan in diesen Absichten und Eigenschafften angebetet haben. Wann wir aber dieses Wort in seiner Etymologie oder Abstammung anschen, so giebt uns solches Gelegenheit zu muthmassen: Wodan oder auch Woden habe von von dem Teutschen Worte Gut und nach alter Mundart God einen Ursprung genommen. Es würde daher
[1880] eben nicht ungeräumt seyn, wenn man sagte, durch Woden werde die Sonne, als der alten Heypdnischen Teutschen Haupt und vornehmster Gott verstanden. Die Sonne wücket durch ihren Glanz, Schein und Wärme nichts als lauter Gutes, deswegen nenneten die alten Heydnischen Teurschen die Sonne God. Nun ist bekannt daß die Buchstaben die eine Verwandschafft mit einander haben, vielfältig verwechselt werden. Denn man schreibt Guilielmus, Gilelmus, Gunscones , Vascones, Guerra , Werra, Galli Walli: Dahero kan man ja auch ebenfals vor God, Gote, Gnode, auch Wode; Wodan, Woden, Voden, Vodan annehmen. Daß aber dieser Wodan oder Woden der Thüringer, Sachsen, und anderer Teurschen Völeker sehr geehrter und einer der vornehmsten Abgötter: mag gewesen seyn; solches ist unter andern auch daraus zu erkennen, weil diejenigen, welche von Heydenthum sich zu den Christen wenden wolten, vornehmlich den Wodan abschwören musten. Diese Abschwörungs-Formel ist sehr merckwürdig, und wir wollen sie mittheilen, sie war diese:
Forsachistu Diabolae?
Entsagestu dem Teufel? Antwort:
Ec Forsacho Diabolae?
Ich entsage dem Teuffel. End allum Diabol-Gelde?
Und aller Teuffelischen Geselschafft ? Antwort:
End ec forsacho allem Diabol-Gelde.
Und ich sage ab aller Teuffelischen Gesellchafft.
End allum Diabole Vuercum?
Und allen Wercken des Teusfels?
Antwort:
End ec forfacho allom Diaboles Uvercum end voordum, Thwaner ende Wogen, end saxn Ote, ende allem them Unholdam, the hira genotas fint.
Und ich sage ab allen Wercken und Worter des Teuffels, dem Thor, und Wodan, under Sachsen Odin, und allen bösen Geistern, die mit ihnen vergesellschaftet sind. Falekensteins Norda. Alterth. und Merckw. I Th. VII. cap. p. 300. Nächst diesen Thüringischen Abgott setzet Sagittarius die Frea oder Frigga, welches die Römische Venus seyn soll. Es ist aber ebenfals sehr zweiffelhafft, das die Thüringer der Römer Venus in den Eigenschaften und Absichten angebetet haben solten, wie bey jenen geschehen: Sondern es ist viel glaublicher, das gleichwie das Heydenthum durch die Frea oder Frigga des Wodarts Weib verstanden, also hierdurch nichts anders als der Mond, der andere Haupt-Gott der Teutschen zu verstehen sey. Nach des Sagittarius Berichte soll Thor der dritte Haupt-Gott der Thüringer gewesen, und vor den Römischen Jupiter zu halten seyn. Dieser Jupiter ward vor einen Gott
[1881]
über Donner und Blitz gehalten, und man kan mit vieler Wahrscheinlichkeit sagen, daß die alten Heypdnischen Deutschen , und mit ihnen die Thüringer durch diesen Thor, oder wie es in der Alt- Fränkishen Sprache heißt, Thunär anders nichts, als das Feuer oder das Firmament, an welchen Donner und Blitz sich ereignen, vorgestellet haben. Er wurde mit einer Crone auf dem Haupte gebildet, und die Sonne stellet ebenfalls am Firmamente in seinem Mittel-Puncte die Crone vor. Ihn umgaben ferner zwölff hellglänzende Sterne, und vielleicht hat man damahls darunter auf die zwölff himmlische Zeichen durch welche die Sonne jährlich gehet, gesehen. Daß aber die Thüringer von diesem Thor den Nahmen haben solten, solches ist schwerlich zu glauben, da man keine einzige Nation findet, welche von demjenigen Gott, welchen sie insonderheit verehret, ihren Nahmen haben solte. Und warum wurden die Sachsen nicht auch Thüringer genennet, da sie den Thor so wohl verehreten als diese? Den Abgott Crodo, welcher auf der Harzburg in Form eines alten Mannes auf einen Fisch gestanden, und in der rechten Hand einen Hand-Korb mit Blumen, in der lincken aber ein Rad gehalten, wollen einige zum Abgott der Sachsen und Thüringer machen, welches man wohl eben nicht in Zweiffel ziehen kan; daß man aber dadurch den Römischen Saturn verstanden habe, solches ist nicht wohl zu glauben. Von der Kleidung und des Nahmens Abstammung haben wir schon im VI Bande; p. 1681 gehandelt. Jetzo wollen wir ihn nur in soferne betrachten, als er der Thüringer Abgott ist. Einige stehen noch im Zweiffel ob dieser Crodo ein Thüringischer Abgott gewesen, daß ihn aber die Sachsen als einen Gott Verehrer haben, solches giebt man durchgängig zu. Sagittatius zweifelt noch, ob er ihn vor eine Thürin- gische Gottheit halten soll. Von dem alten Heyden- und Christenthume der Thüringer schreibt er Cap. 1. p. 3. folgender massen: „Weil der „Sachsen Götzen etwas bekannter, so möchte „man von denselben, so viel die Thüringer betrifft, „etwas beständigers vorbringen können. „Jedoch muß ich gerne gestehen, daß ich noch zur „Zeit ein mehrers nicht bemercket - als was sich „aus dem in Thüringen und sonderlich auch zu „Erfurt mit vielen Zusätzen bekannten Scheltworte »Rröte auf den sächsischen Abgott Credo „schliessen lässet„. Kurz darauf schreibt er daß es mit vorgedachten drey Götzen Thor, Wodan uid Fria, wie auch den Crodo, was sonderlich die Thüringer beträffe, auf solchen Gründen beruhete, darwieder mant noch wohl etwas zu erinnern hätte. Sagitrarius trägt also Bedencken den Crodo denen Abgöttern der alten Thüringer beyzusetzen, wir aber nicht. Denn erstlich war die Harzburg, auf dessen Berge dieses Bildnis stund, in Nord-Thüringen. Dann wurde der Crodo noch von andern Völckern, als in der alten Marck- Brandenburg, angebetet. Drittens findet man noch Herrn von Falckensteins Berichte, in einer alten geschriebenen Thüringischen Chronicke folgendes: „Als
[1882] „Carolus M. in Olhausen kommen und zwar zu „Solstedt fragte: wer ihr Gott wäre? gaben „sie zur Antwort: Crode sey ihr Gott. Hier- „auf hat Carl geantwortet: Ist Crode euer „Gott? es mag der Crode ein Teuffel seyn.„ Nach der Zeit ist der Thüringische Fluch oder das Erfurtische Scheltwort entstanden du Crode, du Teuffels Crode. Stuffo war auch ein Abgott der alten Heydnischen Thüringer, welcher auf einem zwischen Heiligenstadt und Eschwege auf dem Eichsfeld gelegenen Berge, der von ihm den Nahmen hatte, verehre wurde. In diesem Bilde wohnte ein böser Geist, welcher den Fragenden Antwort ertheilete. Wo derselbe hin gekommen und was weiter von ihm zu merken, siehe unter Stuffo im XL Bande, p. 1263.
Fortuna war eine Thüringische Göttin, die bey Hardegsen, ohnweit Göttingen verehret wurde. Wir haben diese Nachricht aus dem Serarius, der sie aus dem Othlonus beybringt. Es ist aber die Frage, wer und was durch diese Abgöttin zu verstehen sey, und ob etwa die Römische fortuna darunter vorgestellt werde. Man siehet nicht, wie die Thüringer zu einer Verehrung, wie dieselbe bey den letzteren geschehen, folgten gekommen seyn. Viele von den Alten, schreibt Montfaucon Tom. 1 Part. Ip. 311. dans P AntiquitE expliquee , haben geglaubt, und gänzlich davor gehalten, die Isis sey eben das was die Fortuma insgemein, doch mit diesem Unterscheid, wie Apulejus sagt, daß die Isis die sehende, die andere aber die blinde Fortuna zu nennen sey. Doch ist es wahrscheinlicher durch diese Fortuna werde Sonn und Mond verstanden, weil der Einfluß und Würckung von denselben denen Thüringern das größte Glück zu geben schien. Biel, ein Thüringischer Götze, ward in der Gegend um das Schloss Katelenburg und das Kloster Ilefeld auf einem Berge, welcher die Biels Höhle genennet wurde, angebetet. Es ist nicht bekannt, was die Alten dadurch haben anzeigen wollen. Christ, Heinrich Weise stehet in den Gedancken, Belenus oder Tibelinus sey die Sonne, und wir wollen ihm so lange beypflichten, bis es uns jemand besser sagen wird. Unterhalb Nordhausen liegt ein Dorff, welches Bila und auf dem Harze ein Schloß, welches Bielstein genennet ward, die vermuthlich ihre Nahmen von diesem Biel bekommen haben, siehe Bielstein, im III Bande, p. 1783. Lahra und Jecha waren auch dergleichen heydnische Thüringische Abgötter welche der heilige Bonifacius zerstöret haben soll, wovon Jecha im XV Bande, p 350, und Labra, im XVI Bände, p. 244 nachzuschlagen. Was übrigens unter diesen Gottheiten zuverstehen, hat niemand init Grund angezeigt. Reto, Astarodd oder Astarte, ingleichen der beruffene Pusterich oder Puster waren ebenfalls Thüringische Gottheiten; wer aber hiervon genauere Nachricht haben will, der mus entweder Falkensteins Nordgauische Alterthüm. und Merckwürdigkeiten, I Th. zu Rathe ziehen, oder die besondern Artickel davon aufsuchen. Die Diana ward, gleichwie von vielen Völckern, an
[1883]
vielen Orten Deutschlandes: Also auch von den heydnischen Thüringen Göttlich verehret. Eckhardes Rerum Francie. Tom. I. p 276. In dem Leben des heiligen Rilians finder man, wie der Thüringische König Goßbert die Diana in besondern Ehren gehalten, und viel Achtung vor sie gehabt habe. Von dieser Diana, die unter andern auch als eine Jagdgöttin verehret worden; mag das sogenannte" würende Heer , welches sie commandiren soll, und die Frau Holla ihren Ursprung haben. Hiervon wissen die Bauern in Thüringen abendrheuerliche Dinge zu erzehlen, und der Herr von Eckhart schreibt in Comment. Rer. Francic Tom. I. p 276. „Der gemeine Pöbel „glaube, das die Frau Holla vor dem Weynachtsfeste „hausiren gehe, & ancillis, quae pensa „sua ante Festum non absolverine, ludibria male „olentia facere" In Franckenlande wird dieser Schreckgeist Hullenpöpel genennet, und damit pflegt man den Kindern ein Schrecken einzujagen, welches mit guten Recht unterwegens bleiben könnte; es ist aber dieses nichts anders als ein Abbildung der Hulda oder Diana. An dem Mayn, in der Gegend, wo nach der Zeit Schweinfurt erbauet worden, wurde zur Zeit des Heydenthums ein Götze verehret, der Lollus, Lullus, oder Locllus hieß. Weil sich nun Thüringen in den damahligen Zeiten auch bis dahin erstreckete, so muß dessen allhier auch Erwehnung geschehen. Um seine Gestalt wollen wir uns hier nicht bekümmern, weil wir davon schon im XVIII Bande, p. 397 u. f. unter Lollus gehandelt haben. Dieses müssen wir nur hier noch anmercken, daß gleichwie die meisten Gortheiten der Deutschen und anderer Nationen in ihren Bildnissen und Figuren etwas besonders, also auch öffters eine Sittenlehre vorstelleten; so ist es auch mit dem Loellus geschehen. Die alten Thüringer und andere Völcker, welche diesen Abgott anbeteten, wolten dadurch die Ruhe die Sicherheit, und mit einem Worte, die seldsteigene Zufriedenheit anzeigen. Denn die Mohnhäupter sind Zeichen der Ruhe und Zufriedenheit, weil sie den Schlaf befördern, und dadurch die Sorgen vertreiben. Dieselve wird auch durch zulängliche Nahrungsmittel besordert, welches die Trauben und Kornähren zu erkennen geben. Und da im menschlichen Umgang alles dieses Durch ein behutsames Stillschweigen vermehret wird, so zeigt dieses das Götzenbild dadurch an, wenn es mit dem Daum und Zeigefinger die Zunge hält, zu erkennen zu geben, daß durch eine unbehutsame Zunge viel Unheil und Ungelegenheit gestifftet werden könne. Da nun diese Völker eine grosse Glückseligkeit darauf sezten, so ist kein Zweifel es haben die alten Francken, und mit ihnen die Einwohner dieser Gegend, das Götzenbild deswegen verehrt, da mit es ihnen diese Gurthat zuwege bringen möchte. Nach der Zeit, als das Christenhum in diesem Lande ist eingeführt worden, haben die Thüringer einen tummen und närrischen Kerl einen grossen Löll genennet. Weil sich die Thüringer obgemeldeter massen auch gegen Mittag b is an die Donau erstrecket haben, so könnten a Uhier noch diejenigen Abgötter, die in dasiger
[1884] Landes-Gegend verehret worden, als zum Exempel der Gohzenhayn, zu Emenzheim die Druiden-Priester und dergleichen mehr in Betrachtung gezogen werden: Allein wir haben ohnedem noch genug vorzutragen, das wir uns damit nicht weiter einlassen können. Inzwischen wäre zu wünschen, daß der Tractat von der Thüringer Abgöttern, welcher den Titel führet: De omnibus gentilium in Thuringia Deastris opus, addita cu jusvis imagine, wovon Johann Vonderus, ein Mönch des Klosters Reinhardtsbrunn, Verfasser seyn soll, zum Vorschein käme. Sonst ist kein Zweiffel, daß nicht die alten heydnischen Thüringer mehr Abgötter, als die angeführten gehabt haben mögen, welche uns aber unbekannt sind, wie man denn auch nicht zweiffeln darf, daß sie wie andere deutsche Völeker den Teuffel angebetet, welches Othlonus in dem Leben des heiligen Wunibalds bezeuget. Daher auch Carl der Grosse ein besonderes Gesetz, um diesen Teuffelsdienst auszurotten, gab, welches in dessen Capitularibus Num. VII. mit folgenden Worten enthalten ist: „Wenn jemand einen Menschen „schlachtet, und ihm dem Teuffel zum Opfer „darbringt; der soll des Todes sterben." Hieher ist auch dieses noch zu ziehen; daß die alten heydnischen Thüringer und andere Nationen mehr, Bäume, Zayne, Wälder, Brunnen und dergleichen mehr Göttlich verehret haben. Zum Beweise dessen kan uns die bekannte also genannte Donnereiche in Hessen dienen, welche bey Geismar gestanden, und voin heiligen Bonifatius zerstöret worden. Serarius Tom. I. Scriptor. Rer, Moguntiac. p. 294 ex Othloni vita S. Bonifacii Lib. I. C. 27. Was wir bisher von den Göttern der Thüringer gemeldet haben, hält Martin Christoph Laurentius vor lauter Fabelwerck in Originibus Voringicis p. 70. hingegen will er behaupten, die Isis und Ciza wären der Thüringer rechte Götter gewesen. Er richtet sich nach seinen angenommenen Hauptsaß, das nehmlich die Thüringer Oberringer, das ist solche Leute wären, die anfänglich am Ober-Rhein gewohnet, nachgehends aber in diese Länder gekommen; mithin hält er sie vor Schwaben Da nun bekannt ist, das die Schwaben besagte Isis und Ciza als Land - Göttinnen verehrt, so muß er freylich auch sagen, der Thüringer Abgötter wären auch dergleichen gewesen. Da aber Laurentius sein Vorgeben nicht einmal mit einem wahrscheinlihen Grunde beweiset, sondern nur persvasum habeo setzet, so haben des Othlonus Zeugnisse, dem wir gefolgt, allerdings mehr Nachdruck und Stärcke.
Die Art und Weise wie die heydnischen Thüringer ihre Abgötter verehret haben,
wird vermuthlich mit der andern Teutschen Völcker
ihrer überein gekommen seyn, und in Anraffung
und Opffern bestanden haben. Sie sind a 8 Henden
so weit gegangen, daß sie auch Menschen geopfert,
wie man aus des Othlons obangeführten Buche
Lib. III. c. 32. ersiehet, ja einige von ihnen haben
[1885]
als Christen den Heyden ihre Leibeigene zu dem grausamen Menschen-Opffer verkaufst. Ueberdieses haben sie sonst noch viel Heydnische Gebräuche und Aberglauben an sich gehabt, auf Vogelgeschrey Achtung gegeben, das Satanische Wahrsagen geliebet, mit Zauberdingen umgegangen, und folglich viel Zauberer und Hexenmeister, unter sich gehabt. Dieses ist es also was wir der Thüringer Heydenthum haben bepbringen wollen. Wir gehen also fort zu der, unter den Carolingischen Königen und Kaysern erfolgten
Bekehrung der Thüringer
und wollen die Zeit genau untersuchen, wenn dieselbe ihren Anfang eigentlich genommen habe. Sagittarius und Pfefferkorn stehen in den Gedancken, als ob nicht nur vor der Ankunfft des Heil. Bonifacius in Thüringen ein Kern eines guten Christenthums in diesern Lande gewesen, sondern meynen auch, derselbe habe den Saamen der Christlichen Lehre ausgerottet und lauter Unkraut an dessen statt hinein geworffen. Der erstere von dieses behauptet in Antiquit. Gentilismi & Thuringici, das die Christliche Lehre schon im sechsten Jahrhudert, als der Thüringische, obwohl damahls noch Heydnische König Hermenfried das Gothische Fräulein Amalfried geheyrathet habe, ihren Anfang genommen, Den Beweis davon setzet er auf lauter Muthmassungen, desgleichen dieses wenn er spricht, Bonifacius habe allzusehr dem Päbstlichem Stuhle angehangen. Pfefferkorn führt in seinen auserlesenen Geschichten von der berühmten Landgrafschafft Thüringen p. 61 u. ff. einie Christliche Priester in Thüringen an, von welchen er vorgiebt, sie hätten vor und nach des Königs Clodoväus, und also noch vor den Zeiten des Heil. Bonifacius in Thüringen, in Ermangelung der Kirchen im Felde bey Brunnen oder Bäumen einfältiglich geprediget. Diese habe Bonifacits nach seiner Rückkehr von Rom verfolgt, sie vor Ehebrecher und Ketzer gehalten, die die Heydnischen Gebräuche wieder einführen wolten, und er habe nichts als von Ober-Herrschafft des Pabsts öffentlich gelehret. Ueberdieses habe er den ehelosen Stand mit aller Macht und Eyfer in Thüringen vertheidiget und einzuführen gesucht, er selbst aber habe die Weiber Tecklam, Rundrunden, Walpurgen, Künhilden und ihre Töchter Brigitten, und Ostwythen ganz lieb gehabt, und wenn er zu Fulde gewesen wäre, hätte niemand als das Weib Lioba zu ihm in seine Kammer gehen dürffen. Wenn man aber den Zeugnissen bewährter Geschicht-Schreiber nachgehet, so wird, man finden, daß die Christliche Religion zur Zeit des Bonifacus sich noch in gar schlechtent Zustande befanden habe. Denn erstlich waren die Christen noch gar rar um diese Zeit in Thüringen, und die noch etwa also hiessen, waren es nurdem« Nahmen, aber nicht der That nach. Der Verfasser Vitae S. Bilbildis in Martyrolgiv membranaceo Ecelesia S. Petri Fridezlariensis beschreibet uns den Zustand der Christlichen Religion in Thüringen im siebenden Jahrhundert ebenfals noch sehr gering und beklagt, das das Heydenthum
[1886]
daselbst noch so sehr blühete, und man durch Anbetung der schändlichsten Götzenbilder das höchste Wesen verunehrete, und man von seinem Schöpffer auf solche Weise abfiele. So sahe es zur Zeit der Fränckischen Könige des Clodoräus II, und Sigebert des III, kurz vor des Bonifacius Ankunft in Thüringen aus. Der im 7 Jahrhunderts lebende Thüringische Herzog Gozberg war ebenfals noch ein Heyde. Diesen haben nicht die vorgegebenen Prediger des Pfefferkorns zur Christlichen Religion bekehret, sondern Rilian, ein Gefährde und Vorgänger des Bonifacius, welcher ihn durch seine Predigten zur Ablegung des Heydenthums bewogen und getauft hat: Rolervinck in foseiculo cemporum ad an, 604. Serarius in vita S. Kiliani. Damahls war noch keine Christliche Kirche in Thüringen, sondern dieses Herzogs Sohn Setanus hat in dem südlichen Theile, der nachgehends Ostfrancken genennet worden, die erstere und zwar auf dem Berge bey Würkburg erbaut. Eckarth Tom. 1. Rer. Francic, p. 816. Doch hatte damahls das Heydenthum die Oberhand, und die Thüringer verehreren unter andern Abgötter insonderheit die Diana, wovon wir oben weitläufftig gehandelt haben. In der Lebens-Beschreibung des heil. Rilians, die in Ludervigs Würzburgischen Geschicht-Schreibern p 983. befindlich ist, wird gemeldet, daß, als dieser Christliche Lehrer das Evangelium Christi in Südthüringen, zu Würzburg und in dasigen Gegenden geprediget härte, so hätte sich das Volk über die neue Lehre verwundert. Dieses geschah im 7 Jahrhunderte. Es ist zwar nicht zu läugnen, das nicht vor des Bonifacits Zeiten dürssten Christen in Thüringen gewesen seyn; ihr . Zustand aber war nicht viel besser als der Heyden, zudem nahmen sie sämmtlich ein Ende, und starben aus, so das nach des Herkogs Hedenus und dessen Sohns Thuringo Tode, welche beyde im Jahr 716 in einem Treffen das Leben einbüsseten, fast gar nichts mehr von ihnen zu hören war. Ferner fielen die damahls noch Heydnischen Sachsen in dieses Land, und rotteten die Christliche Religion so aus, das keine spuren davon mehr übrig blieben. Aus diesen, was wir zeither angeführt haben, wird man klar und deutlich erkennen, das der Heil. Bonifacius derjenige Christliche Lchrer und Apostel gewesen welcher die Christliche Religion in Thüringen verfündiget, und durc Lehren und Predigten ausgearbeitet habe. Solten aber wider Vermuthen einige so ungläubig seyn, und es bey den angeführten Zeugnissen nicht bewenden lassen, so verweisen wir sie auf den Othlonus in vita S. Bonifaci Lib. I. c. 28. Serarius in der Sammlung der Send-Schreiben des Bonifacius von Falckensteins ausgesuchte Antiqutaet. Nordgau. im Hochstifft Eichstett. Weil aber noch vor dem Bonifacius einige Nachrich en von zwey Christlichen Lehrern vorhanden sind, als dem Heiligen Rilian, und Willibrord, deren Andencken annoch in dem Südlichen Theile, auch jetzigen Thüringen beybehalten wird, so wollen wir dasjenige, was einen Einflus in der Thüringer Religion gehabt, kurz berühren.
[1887]
Rilian verdient unter den Christlichen Lehrern,
von welchen wir etwas gewisses wissen , oben angesetzt
zu werden , da er mit seinen Predigten zuerst
die Thüringer Christo zuzuführen gesucht.
Er ist zwar, so viel man Nachricht hat, in unser
heutiges Thüringen nicht gekommen, hat aber
doch in dessen damahligen Südlichen Theile, der
nachgehends Ost-Francken genennet worden, die
Lehre von JEsu ausgebreitet, den Thüringischen
Herkog zu Christo bekehrt, und ihn getaufft.
Rilian ist demnach der erstere Christliche
Lehrer in dem südlichen Thüringen , von wel-
hen man eine zuverläßige Nachricht hat, doch
wollen wir gern uns belehren lassen, wenn uns
jemand mit Grund einen andern und ältern wird
zeigen können. Von seinem Leben wollen wir
hier nichts berühren, als was zur Bekehrung
der Heydnischen Thüringer gerechnet werden
muß, und davon wir im XV Bande, p. 692
u. ff. unter dem Artickel Rilian keine Nachricht
gegeben haben. Der Anfang zu seinem Entschluß,
die Heyden zu bekehren war folgender:
Er überlegte einstmahls bey sich die Worte Christi:
Wer mir folgen will verläugne sich selbst,
nehme sein Creus auf sich, und folge mir nach.
Hierauf nahm er einige Gefährden zu sich, nehmlich
den Colonarus, Galle, Arnwald, drey
Priester, Totnanus, einen Diaconus, und
noch sieben andere. Diese ermahnete er, und
sprach ihnen zu, sie möchten mit ihm ihr Vaterland
verlassen, und blos, nackend, und arm,
Christo nachfolgen. Da sich es nun diese gefallen
liessen, begaben sie sich zusammen auf ein
Schiff, fuhren über das Meer, kamen nach
Deutschland , und zwar in den südlichen Theil
von Thüringen zu Würzburg an. Damahls
regierte zu Würhburg der Thüringische Herhog
Gozbert, ein sohn Herans, des Aeltern.
Derselbe lies den Rilian zu sich kommen, und
unterredete sich mit ihm yon der Lehre Christi,
und als er durch seine Beweißgründe überzeugt
und gerührt ward, lies er sich 687 als ein
Christ taufen. Wie er ums Leben gekommen
kan man im angeführten Bande nachsehen.
Den Willibrord kan man auf gewisse masse
ebenfalls unter die Vorläuffer des Heiligen Bonifacius
in Ansehung der Bekehrung der alten
Heydnischen Thüringer ansehen. Rilian ist in
Süd-Thüringen, nachgehends Ost-Francken,
Willibrord in dem heutigen noch also genannten
Thüringen, doch nicht so sehr als jener bekannt
gewesen. Der Thüringische Herzog Hetanns
hat seiner Kirche einige Güter in Thüringen, als
Arnstadt, Mühlberg und Machore übergeben,
und zuvor hatte er in Frießland die Heyden zur
Christlichen Religion bekehret. Sein Leben findet
man unter andern in des Johannes de Becka
Historia Episcoporam Trajectepsium p. 211.
Desgleichen in den Actis sanctorium Mobillouii.
Endlich ist auch im sechzehenden Jahrhunderte
die reine und unverfälschte Lehre des Evangelii
nach D. Luthers vorgenommenen Reformation
in Thüringen in ihrem Glanhe erschienen. Die
meiste Veränderung ist daselbst 1528 und zwar
soweit es damahls dem Churfürsten zu Sachsen
unterwürfig war, durch die geschehene General-
[1888]
Visitation, vorgegangen, wiewohl schon zuvor
im Jahr 1517 Myconius in Weymar zum
Predigt-Amte beruffen ward, und in Thüringen
zuerst gelehret hatte. Nach Herzog Georgens
Tode stellete Herzog Heinrich auch in seinem
Theile 1539 eine Visitation durch Justus Menius
an, worauf 1540 noch eine erfolgte. Insonderheit
ist zu Erfurt schon um das Zahr 1522
durch einige gelehrte Leute viel geändert worden,
zumahl da auch D. Luther auf der Reise nach
Worms daselbst geprediget hat. Zu Gotha fieng
Myconius im Jahr 1524 öffentlich an, die gereinigte
Lehre vorzutragen und fuhr darinne, wie
auch zugleich mit der Aussicht über die umliegen-
den Kirchen in die zwey und zwanzig Jahr, fort.
Zu Weymar ward im Zahr 1523 eine Disputation
wieder die Messe gehalten, und zu Eisenach
fieng eben damahls D. Jacob Sttraus an zu
predigen, nachdem vorhero im Jahr 1523 zwey
Mönche angefangen hatten, wieder das Pabstthum
öffentlich zu lehren , wie denn auch in eben
diesem Jahre D. Caspar Guttel von Eisleben
auf dem Marckte zu Arnstadt einige Predigten gehalten
hatte. Es blühet auch bis jetzo diese Protestantische
Religion im ganzen Thüringen, ausser
dem Eißfelde, wie auch der Stadt Erfurt, da
Protestanten und Catholicken untermengt seyn.
von Seckendorffs historia Lutheran. Lib. I p.
241 und Lib, 111. pag. 229. 457. Seultetus
Annal Part. 1. p, 19 und 82. Uhse in der Kirchen-Historie des 16 und 17 Zahrhunderts, p.
124 u.f. Weil wir bisher von den vornehmsten
Sachen, die aus den alten Geschichten her zuholen
waren , und die Benennung so wohl des Landes
Thüringen, als auch dessen Ursprung, Regiment
und Religion betraffen , weitläuffig gehandelt
haben, so müssen wir nun ferner die
Natürliche Beschaffenheit des Landes
vor uns nehmen, wobey wir uns nicht so lang aufzuhalten
haben werden. Das Land Thüringen
an sich selbst war in denen ältesten Zeiten voller
Wälder und Moräste, wieinsgemein gan Teutschland.
Nachdem es aber nach und nach von den
Einwohnern angebauet worden, so ist es heutiges
Tages ein Kornreiches und sehr fruchtbares Land,
so daß es von einigen die Schmalzgrube von
Deutschland genennt wird. Diesen Nahmen mag
Thüringen wohl wegen der acht W. besonders verdienen,
wegen der Wälder, Wasser, Wein, Wayzen,
Weyd, Weiden, Wiesen, Wolle, daran es
einen Ueberflus hat. Petrus Franck, Silufiarus,
hat von Thüringen und Gotha folgendes Epigramma
verfertiget:
Conciliare solent tria W. nomenque decusque
Waid, Woll, & Weizen, Terra Thuringa tibi
Sic itidem tria W. protollunt nomen ad aste
Weiz, Wilck, & Walther, Gotha beat tuum.
Die leztern Verse gehen auf drey berühmte Männer welche zu einer Zeit zu Gotha in Kirchen und Schulen gelehrt, und grossen Nuzen gestiftet haben. Zeilers Itinerarium Germ, p. 617: u. f.
[1889]
Der Ruhm des Maids ist zwar nunmehro ziemlich gefallen, nachdem die Engelländer aus Thüringen Saamen bekommen, und der Zndig in dieses Land gebracht worden ist. Denn da vormahls ein Schock Ballen vor einen halben Tha- ler bezahlet worden, so will es den Thüringern nicht mehr anständig seyn, dasselbe jetzo vor zwansig, ja bisweilen nur vor vierzehn Pfennige wegzugeben. Jedoch was an diesem Gewächse abgehet, wird hier und da, absonderlich bey Erffurt mit Aniß, und andern Dingen wieder ersetzet. Ferner trägt Thüringen viel Saffran oder Saflor, und an etlichen Orten hat es grosse Wälder. Von dieses Landes Fruchrbarkeit und Güte fälleten die Räthe des Meißnischen Marggrafens Heinrichs des Erlauchten ein artiges Urtheil. Denn als Sophia, Herkogin in Brabant , Landgrafens Ludovicus VI, in Thüringen Tochter, wegen ihres sohns Heinrich Anspruch, bey dem erst gemeldeten seinrich auf Eheringen machte, und er seine Räthe deswegen um Rath fragte, wie er sich bey dieser Forderung verhalten möchte, so gaben sie ihm zur Antwort: „Das Land „Thüringen, Gnädigster Herr, ist edel und reich; „Dahero gebt es weder weg, noch zertheilet es. „Es ist so qut, das wenn Ew. Fürstliche Gnaden „einen Fuß im Himmel, und den andern auf der „Erden, in Thüringen hätten, so solten sie den „aus den Himmel zum andern zurück ziehen, und „Thüringen behalten „ Historia de Landgraviis Thuringiae Cap, LVI, u. ff. Thüringen ist dem- nach fast durchgehends fruchtbar, ob gleich hier und da bergigtes Land mit ist. Rocken, Weizen, Gerste, Haber, und allerley Hülsenfrüchte wachsen daselbst reichlich, und werden theils von Nordhausen, über den Harz, von Mühlhausen auf Wannfried, Minden, und Bremen, theils aber von Arnstadt und Ordruff über den Thürin- ger-Wald ausgeführet. Die Pferde in Thürin- gen sind von den ältesten Zeiten her schon schr be- Fannt gewesen, und Vegerius, welcher die erste undälteste Nachricht hiervon giebt, und der Thü- ringer überhaupt zuersterwehner, rühmt besonders an den Thüringischen Pferden , daß sie zur Arbeit sehr tüchtig wären. Der König Hermenfried aus Thüringen überschickte auch dem König Theodoricus, als er seine Enckelin heyrathen wolte, dergleichen Thüringische Pferde , daraus man auch ihren grossen Werth schliessen kan. Als Theodoricus jenem in einem Briefe antwortet, so hält er diesen Pferden eine lange Lob-Rede. Falckentieins Thüring. Chron. 1 Th. p. 121, Sonst ist Thüringen nicht allein seiner vielen Residentzen und anderer Oerter, besonders der beyden Unwvrsitäten zu Jena und Erffurt, sondern auch der Menge der Einwohner wegen ein sehr schönes und nahrhafftes Land. Pfefferkorn schreibt in seinen auserlesenen Thüringischen Geschichten, daß in demselben , Über hundert Flecken und Städte, die Grenßstädte mit eingerechnet befindlich wären. Wenn man die alten Merckmahle und wüsten Thürme mit nehme, so dürffte sich die Anzahl der Sclösser wohl aufhundert belaufen; der Dörffer aber nebst Einrechnung der Höfe, und Vorwercke wären auf zwey tausend. Unter den Bergen sind die berühmtesten der Kiffhäuser, an der
[1890]
Finda, welche Finda ein gebürgigter Ort Landes ist, um Frankenhausen, Sondershausen bis gen Lohr, daran die alten zerbrochenen Schlösser, Sachsenburg, Kiffhausen, Rotenburg liegen; fast in der Mitten ist der Heydelberg, auf welchen man den ganzen Strich bis an die Hainleuten übersehen kan. Zwischen dem Kiffhäuser-Berge, und dem Harzgebürge ist die güldene Aue, ein besonders fruchtbares Getreydeland, welches von Nordhau- sen, bis an Sangerhausen gehet. Der andere berühmte Berg ist, der Hörselberg, der bis an Eise- nach reicht, von welchem man viele Fabeln sich erzehlen lassen kan. Bey sangerhausen und um Saalfeld giebt es auch Bergwerke, die Kupffer und auch Silber halten. Zu Franckenhausen, Salzungen, und Sulza wird Salz gemacht, und vielleicht auch bey Attern. Und ob schon Thüringen ziemlich bergigt, und diese Höhen auch nicht, wie andere Gebürge, viel frische Quellen haben ; so sind doch in den Gründen hin und wieder viel feine fliessende Wasser, welche den Einwohnern sehr wohl zu statten kommen. Der Flüsse, welche alle Fischreich sind, werden folgende gezählet: Die Unstrut, Hiera, Saale, Ilm, Leine, Schwarza, Wipper, Helbe, Werra, Nessam Rahna, Helme, Lossa, Giessel; ferner der grosse und kleine Weissensee, Schwansee, u. d m. Von den R
Sitten der alten Thüringer
schreibet Melchias Nebel von Wirstahl in seiner Chronographia decennali p 294. daß sie sehr ungezogen und grob wären, und sich sehr hart und unhöflich gegen die Fremden bezeugten. Ueber dem hätten sie eine grosse Begierde nach der Freyheit, wären aber sonst arbeitsam, und der Hoffart und Wollust fast gar nicht ergeben. Wegen des erstern, nehmlich der Unhöfflichkeit, will die olten Thüringer niemand vertheiigen, unter geringen und gemeinem Volcke mag sie auch noch ziemlich starck seyn; die Städte aber, und Leute, auch nur von Mittelstande, haben sich schon von dieser Beschuldigung los gemacht, indem sie andern Ländern an Höflichkeit nichts nachgeben, wie denn auch die Thüringer, gelehrte Leute aufzuweisen haben, die mit sehr vielen auswärtigen Gelehrten nicht nur in Vergleichung gestellet werden, sondern auchihnen den Vorzug streitig machen können. Endlich wollen wir noch untersuchen woher es komme, daß man die Thüringer Heringsnasen genennet habe, welcher Zunahme bis auf diesen Tag noch nicht von ihnen genommen ist. Man hat so gar den bekannten Vers auf ihre Eßbegierde nach Heringen, gemacht : Halec assatum Thuringis est bene gratum De solo capite faciunt tibi fercula quinque.
Allein der Zunahme kommt nicht von dem grossen Appetit, den Grosse und Kleine nach den Heringen haben, her, wie Zeiler in Itinerario German, behaupten will; sondern erberuhet auf eine alte Ge- schichte. Denn wie kämen die ehrlichen Thüringer zu der Ehre, daß sie allein von den Heringen einen Nahmen bekommen solten, da doch andere Nationen, absonderlich die Leute in und um die Seestädte, die Heringe eben so gerne, als die Thüringer essen, deren weit mehr bey ihnen verzehret werden, als in dem Thüringischem Lande. Wenn nun der
[1891]
Zunahme von dem Appetit nach Heringen herrühren solte, so müsten gar viele Nationen Heringsnasen heissen. Ferner so werden in Thüringen keine Heringe gefangen, so dasman gar nicht den Ursprung dieses Nahmens errathen kan. Der Herr von Falkenstein hat in seiner Thür. Chron. hiervon folgende Meynung. Der letztere Thüringische König Hermanfried soll einen vertrauten Minister, welcher Heringus oder Gering hies, gehabt haben. Da nun scheidingen an der Unstrutt im Jahr 524. von den mit den Franken in ein Bündnis gegen die Thüringen stehenden Sachsen zur Nachtzeit überstiegen, und eingenommen worden ist, worinne besagter Thüringischer König Hermanfried; jener aber, nehmlich Hering, bey dem gegen die Thüringer streitenden Fränckischen König Theodericus sich befand, hingegen Hermanfried glücklich aus der überstiegenen Festung, mithin seinen Feinden aus den Händen entronnen; so ward dieser Gering seinem Herrn und Könige untreu, und liesfich von dem Fräncfischen Kdnige da- Hin bereden, dem flüchtigen Hermanfried nachzureisen, und ihn dahin zu bewegen, das er mit ihm zu dem Könige Theodericus sich begeben, und seine Gnade suchen möchte, wie er denn ihm allen Schutz und Sicherheit versprach. Wie sich nun Hermanfried von Heringen ins Netz locken, und eine Nase andrehen lies, auch sich mit ihm zu dem Theodericus begab, und fußfälliq um Gnade bath so war Hering, der bey dem Theodericus als ein Waffenträer mit entblöstem Schwerdt stunde, so leichtfertig, daß er seinem Herrn dem König den Kopf abschlug. Dieses erzehlet Wittichind, der zwar einige Dinge mit einmischet, denen von dem Gregor von Tours wiedersprochen worden: so viel aber ist doch gewiß, daß die Thüringer von Heringen hinters Licht geführet, und ihnen eine Nase gedrehet worden, daher sie von den Sachsen Heringsnasen genennet worden sind. von Eckhart in Annotationibusad leges salices p. 63, von Falckensteins Thüringische Chronicka 1 Th. p. 101. u. FF. Zeilers Itinerarii Germaniae nov. antiquae Compendium p. 626,1, ff. Abels Teutsche Alter- thümer. I Th. p. 425. u. ff. Caßiodor var. 1. 3. ep. 3.1.4 ep. 1. u. 2. 2. Gregor, Tur, 1. 2, c.9. 12. 27. 1. 3. c. 4. 7. Geographus Ravennat. 1.4.5, 25. Siffrid Press. edit. 1. 5. Ad Bremens. hist, eccl. 1. c. 4. Veget. Renat. de arte vererinaria 1. 4. c. 6. Aimon, de gest. Franc. 1,9. 6.9. Crithem, Annal, Franc, Sidon, Apollin. carm, 7. Cluver, Germ. ant. 1. 3. c. 27. Barth, animadv. L.II. c. 29. Hort. comment , P.3.c.4. Todo, I. u. 4. it. not. Germ. med. c.3. Todo. 2.c.4. Todo 10. anal Al 2. Werlhofnot, imp, Germ, wed.c. 3. todo 32.c.4. todo. 10 Wittchind anal. Albini specim, hist, novae Thuringor, p. 367, Paullini Annal, Isenac. p. 6 u ff. Reinhard. antiquit marchionat, & origin, Landgraviat, Thur. Wecks Beschreib. Dreßden p. 152. u.ff. Ludwigs Germ. Princ. Dom. sax. p. 139, Lünigs Reichs-Archiv- ,spec. p. 410.