Zedler:Termin, (Beweiß-) oder Probations-Termin
Termin, (Beweiß-) oder Probations-Termin, Lat. Terminus probandi, oder Terminus probatorius, ist diejenige Zeit, oder Frist, welche zu Vollführung des Beweises angesetzet und verordnet ist. Nach dem gemeinen Rechte ist der Beweiß-Termin willkührlich, und kan von dem Richter nach der Sachen Wichtigkeit, oder wenn die Zeugen weit entfernet wohnen, eine längere oder kürzere Zeit zum Beweise bestimmet werden; gestalt denn auch bey denen Römern die Beweiß-Frist auf 3. 6. oder 9. Monathe gesezet wurde, wenn die Zeugen entweder in der Provintz selber, darinnen der Proceß und der Beweiß geführet ward, oder aber in denen nahe gelegenen und angräntzenden, oder auch in denen über dem Meere gelegenen Provintzen sich aufhielten, Ummius ad Proc. disp. 15. th. 4. Brunnemann in Proc. civil. c. 18. n. 6. Bey dem Kayserlichen Reichs-Hof-Rath, und bey dem Cammer-Gerichte zu Wetzlar, wird ven dem Kläger der Beweiß bey der Replic, und des Beklagtens Beweiß bey der Duplic annectiret und geführet. Und eben dieses ist auch nach Vorschrifft des Reichs-Abschiedes von 1654. §. 50. in Schwaben, in Böhmen, am Rheine, in den Pfälzischen, Chur-Mayntzischen, Trierischen, Cöllnischen, in Westphalen, in Frankfurth am Mayn, und in denen meisten Reichs-Städten gebräuchlich. Ibid. §. 35. 39. & 54. von Ludolf Jus Camer. p. 355. der Reichs-Stadt Franckfurth am Mayn Verb. Proceß-Ordn. von 1676. §. 3. In dem Bremischen, Hildesheimischen und Heßischen, muß, wenn auf den Beweiß erkannt ist, in dem nächsten Gerichts-Tage der Beweiß angetreten werden. Heßische Hof-Gerichts-Ordn. tit. 14. §. 4. In der Chur-Marck Brandendurg, in dem Hannöverischen, Cellischen, Lauenburgischen, und in Nordhausen, geschiehet solches binnen 6. Wochen. Chur-Märckische Cammer-Gerichts-Ordn. tit. 32. §. 6. Cellische Cantzeley-Ordn. artic. 22. Calenbergische Cantzley-Ordn. tit. 19. §. 7. In Chur-Sachsen, in der Laußnitz, in Thüringen, in dem Schwartzburgischen, in dem Fürstenthum Halberstadt, in dem Anhaltischen, und in Schlesien, binnen einer Sächsischen-Frist, oder 6. Wochen und 3. Tagen, und wenn jemand die Brau- oder Schenck-Gerechtigkeit erweisen soll, innerhalb zwey Monathen. Chur-Sächsisch. verb. Proceß-Ordn. ad tit. 20. §. 1. Schwartzburgische Proceß-Ordn. tit. 12. §. 1. [981] Halberstädtische Cantzeley-Ordn. c. 5. p. 50. Die zu dem Beweise gesetzte Frist fängt ordentlicher Weise erst von dem Tage an, da die Sententz, worinnen der Beweiß zuerkannt ist, rechtskräfftig geworden, weil, ehe und bevor die Sententz rechtskräfftig ist, selbige keinen Effect hat, mithin auch der Innhalt der Sententz nicht eher zur Würcklichkeit kommen kan, bis daß das Decendium oder die gewöhnliche Rechts-Frist der zehn Tage vorbey gestrichen ist. Coler. Part. 1. dec. 121. n. 3. Jedoch fängt in der Marck Brandendurg, bey der Cantzeley zu Celle, und in Schlesien der Beweiß-Termin sogleich von dem Tage der publicirten Sententz an. Chur-Märckische Cammer-Gerichts-Ordn. tit. 32. §. 7. Seydel de Proc. Silesiae, L. 1. c. 11. §. 21. Und obwohl in der Königl. Preußischen allgemeinen Justitz-Ordn. von 1713. §. 40. disponiret ist: "Daß der Kläger binnen 4. Wochen von der Zeit der publicirten Sententz seine Beweiß-Artikel einbringen soll;" So ist doch dieses Gesetze, wie in einigen andern, also auch in diesem Puncte, in denen meisten Königlichen Preussischen Provintzen nicht zur Observantz gekommen, sondern es nimmt der Beweiß-Termin von dem Tage, da die ausgesprochene Sententz in die Krafft Rechtens ergangen, seinen Anfang. Weil nun angeführter massen der Beweiß-Termin an den meisten Orten von den Tage des rechtskräfftig gewordenen Urtheils seinen Anfang nimmt, so folget daraus, daß, wenn wieder die Sententz, worinnen auf den Beweiß erkannt ist, ein suspensivisches Rechts-Mittel eingewendet worden, alsdenn der Beweiß-Termin nicht eher zu lauffen anfangen kan, bis eine rechtskräfftige Sententz, oder ein rechtskräfftiger Rejections-Bescheid vorhanden ist. Carpzov Lib. III. Resp. 68. n. 5. Z. E. wenn wieder die Sententz Leuterung interponiret worden, und es wird darüber erkannt: "Daß es der eingewendeten Leuterung ohngeachtet bey voriger Sententz verbleibet;" und der Leuterant lässet dieses Urtheil binnen 10. Tagen, von Zeit der geschehenen Publication, rechtskräfftig werden; so fänget von dem 10. Tage die der ersten Sententz bestimmte Beweiß-Frist zu lauffen an. Ist aber eine dergleichen Verordnung und Gewohnheit nicht vorhanden, so kommet es auf des Richters Gutbefinden an, was er vor einen Termin setzen will, nur daß er nicht gar zu kurtz sey, und ehe der Richter solchen gesetzet, kan sich der Zeugen-Führer niemahls an seinem Beweise versäumen. Lässet nun der Zeugen-Führer den gewöhnlichen, oder ihm von den Richter gesezten Beweiß-Termin, vorbey streichen, so wird erkannt: "Daß Kläger an den ihm aufgelegten Beweise sich versäumet." Welches auch statt findet, wenn der Kläger z. E. die Artickel zwar übergiebt, die ergangenen Citationen aber hernach entweder gar nicht ablöset, oder doch etliche Wochen liegen läßt, und nichts darbey thut. Es ist auch als etwas sonderliches anzumercken, daß der Beweiß vor desert geachtet wird, wenn gleich keine Ungehorsams-Beschuldigung an Seiten des Gegentheis vorher gegangen. Daher haben die Rechtsgelehrten das Axioma, [982] quod Terminus probatorius ipso Jure labatur, das heißt, daß der Beweiß-Termin schon selbst dem Rechte nach ablauffe. Wenn nun der Advocat in denen Acten findet, daß der Beweiß versäumet ist, so muß er sich bemühen, etwas hervor zu suchen, welches den Beweiß annoch zuläßig machet. Z. E. wenn man 1) ein rechtmäßiges Hinderniß, oder eine so genannte Ehehafft darthun kan, daß man durch Krieg, Pest, Uberschwemmung des Wassers, oder durch eine schwere Kranckheit an Ubergebung des Beweises gehindert worden, Carpzov P. I. C. 20. d. 4. so wird erkannt: "Daß Kläger noch zur Zeit an seinem Beweise sich nicht versäumet." 2) Wenn die Parthey die Rechts-Wohlthat der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, in denen Rechten zu geniessen hat, z. E. Minderjährige, Milde, Stifftungen, Gemeinden, u.s.w. Denn alsdenn wird wieder den versäumten Beweiß die Setzung in den vorigen Stand verstattet, und lautet die Sententz folgender gestalt: "Daß die klagende Gemeinde wegen des versäumten Beweises in integrum zu restituiren, diesemnach dieselbe mit Ubergebung derer Beweiß-Artickel binnen Ordnungs-Frist annoch zuzulassen, iedoch dem Beklagten die verursachten Kosten zu erstatten schuldig." 3) Wenn auch ein Volljähriger eine wahrscheinliche Ursache vor sich hat, warum ihm die Sezung in den vorigen Stand angedeyhen kan, z. E. wenn man wegen Mangel derer Acten die Beweiß-Artickel nicht hat verfertigen können, Leyser in medit. ad π specim. 259. in corollariis. 4) Wenn der Gegentheil ausdrücklich oder stillschweigend darein williget, daß nach bereits verstrichenem Termine der Beweiß annoch übergeben wird, z. E. wenn er in Ansehung des desert gewordenen Beweises, Gegentheils hierunter begangenen Ungehorsam nicht rüget, sondern die Fortsetzung des Beweises geschehen lässet. Berlich Part. 1. concl. 40. 5) Wenn man schon angeführter massen in denen Acten noch etwas antreffen kan, so dem Gegentheile zu leisten durch die vorher gegangene Sententz aufgeleget worden, und bis dato noch nicht bewerckstelliget ist. 6) Wenn die Sache sehr wichtig ist, und bloß der Advocat an dem Versäumniß des Beweises Schuld hat. Besiehe Wernher Part. I. Obs 3. & 11. Lyncker Decis. 172. Berger in Elect. Discept. For. Part. I. supplem. in additam. tit. 4. pag. 1709. Wildvogel Resp. 149. n. 13. Seyfarts Teutscher Reichs-Proceß p. 165. Wie auch den Artickel Probatio, im XXIX. Bande, p. 620. u. ff.