Zedler:Straffe (willkührliche)
Straffe (willkührliche) ungewisse, ausserordentliche, oder in denen Gesetzen nicht ausgedruckte Straffe, Poena arbitraria, Poena incerta, Poena extraordinaria, Poena Legibus non determinata, vel non praescripta, heißt in denen Rechten überhaupt eine solche Straffe die eben nicht vor dieses oder ienes Verbrechen insbesondere bestimmet ist, sondern nur nach Beschaffenheit der Umstände practiciret wird, und deren Dictirung oder Auferlegung lediglich dem willkührlichen Ermessen und Gutachten des Richters anheim gestellet ist, als woher auch dieselbe eben ihre Benennung hat.
Wie denn allerdings in peinlichen Sachen die Umstände gar öffters ein und anders Verbrechen dergestalt zu verändern pflegen, daß man nothwendiger Weise von der sonst darauf gesetzten ordentlichen Straffe schreiten und ablassen, gleichwohl aber mit vernünfftiger Willkühr eine ausserordentliche Straffe erwehlen muß. Diese ausserordentliche oder willkührliche Straffen also sind überhaupt zweyerley Art, als nehmlich eine, welche hauptsächlich mit leiblichen Schmertzen zu überdauern, die andere aber, so ausser Leibes-Schmertzen übertragen werden mögen.
Die erstern anbelangend; so sind nach dem Unterschied der Völcker und Landschafften verschiedene Leibes-Straffen im Gebrauch, in Deutschland aber mehrestens nachfolgende: 1) Das Ruthen-Aushauen, oder der Staupenschlag, wodurch dem Delinquenten nicht allein, eine ewige Schmach und Infamia angethan, sondern auch dessen Leib mit empfindlichen Schmertzen zerfetzet wird. Diese Straffe wird gemeiniglich vorgenommen, daferne ein oder andere mildernde Umstände vorhanden, krafft deren die Todes-Straffe nachzusehen ist. P. H. G. O. art. 196.
Doch ist derselben, so fern selbige öffentlich vorgenommen wird, iederzeit die ewige Lands-Verweisung anhangig, also, daß die Formalien des Urtheils dergestalt lauten: Daß der N. an Pranger gestellt, mit Ruthen ausgestrichen, und ihm darzu, aus dem Lande zu ewigen Zeiten zu weichen, aufgelegt werden solle. Tyrolische Lands-Ordnung art. 44. Aus Ursachen, weil bey dergleichen Ehrlosen Leuten keine Hofnung der Verbesserung, auch das Land von selbigen zu reinigen ist. Carpzov p. 3. q. 129. n. 21. Daferne aber die Ruthen-Straffe, aus erheblichen Ursachen, in der Gefängniß sonderlich bey Minderjährigen, allwo eine Verbesserung zu hoffen vorgenommen wird; so kan die Verweisung unterwegs bleiben, oder doch gemindert werden. Carpzov d. I. n. 27.
In Dictirung dieser Straffen ist wohl zu mercken, daß nach Bewandniß der Person des Delinquenten, ingleichen der That die Streiche vermehrt oder gemindert werden mögen, sonderlich bey etwas alten, wie auch Weibs-Personen, so Kinder säugen; da so denn die Formalien hinzu gesetzt werden; aber gleichwohl diese Leibes-Straffe an ihr dermassen vollstrecket werden solle, damit ihrem Kinde, wofern sie es selbsten säuget, an seiner Nahrung kein Abbruch geschehe. Und zu diesem Ende pflegt man einen gantzen, oder halben, oder ein drittel eines gantzen Schillings, der in Tyrol 48. in Nieder-Oesterreich aber nur 30 Streiche in sich hält, ausdrücklich [602] im Urtheil zu benahmen. Besiehe Nieder-Oesterreich-Lands-Ordnung art. 49.
Jedoch soll diese Straffe durch Vergifftung der Ruthen, oder anderer Gestalt, nicht geschärfft werden, wordurch das Leben des Delinquenten gefährt würde. Nieder-Oesterreich-Lands-Ordnung art. 49. Peinl. Hals-Gerichts-Ordnung Caroli V. art. 196. Wann die That gar abscheulich, der Delinquent aber noch jung, oder sonsten in etwas zu excusiren wären; so pflegt man ihm auch wohl, neben dem Ruthen aushauen, auf dem Rücken einen Galgen; oder anderes Zeichen zu brennen, damit, wenn er noch einmahl einkommt, durch die vorige Straffe die andere vermehrt, und der Delinquent, als ein bereits gemerckter Bösewicht, um so viel eher erkannt werden möge. Nieder-Oesterreich-Lands-Ordnung d. art. 49.
2) Die andere Leibes-Straffe ist die Abhauung der Hand, welche ebenfalls die ewige Lands-Verweisung nach sich ziehet, bey welcher Straffs Zuerkennung aber zu wissen, daß, wenn dem Delinquenten, nach Ausweiß eines Landes-Gesetzes, die Hand abgehauen werden solte, selbiger aber nur eine hätte, man ihm, an statt der Hand-Abhauung, die Ruthen oder den Staupenschlag zuerkennen soll, weil die Hand-Abhauung iederzeit von der dem Delinquenten ehender zu entbehren möglichen Hand zu verstehen ist; also, daß, wenn einer eine dürre unbrauchbare Hand hätte, solche, und nicht die gesunde, hinweggeschlagen werden solte. Clarus q. 69. §. ult. n. 4. Nächst dem lehret Carpzov p. 3. q. 129. n. 38. Daß iedweder seines Erachtens lieber das Hand-Abhauen, als den Staupenschlag, erdulten würde; dannenhero werde auf einkommende Umstände, da der Delinquent von Adel oder ein Soldat wäre, die Ruthen-Straffe in das Abhauen der Hand geändert, und dem Delinquenten die freye Wahl vorgestellet.
3) Die Abhauung der Finger, so auf die Meineydige gesetzt, als, da iemand einen leiblichen falschen Eyd, ihm zu Nutzen, geschworen, oder nach Tyrol. Land-Ordnung art. 20. zu schwören sich erboten. Ingleichen, welcher eine geschworne Urphed wissentlich, fürsetzlich, und freventlich nicht gehalten, und sonder erlangter Lands-Huldigung oder vor ausgeflossener Zeit, sich wieder in das Land gemacht hat. Worbey zu mercken, daß unter denen zweyen Fingern, wormit einer geschworen, nur die vordersten Glieder gemeynt werden. Und wird das Urtheil dergestalt verfaßt: Daß N. zum Pranger geführt, ihm alldorten durch den Freyman̄ die vordern Glieder an den Fingern, mit welchen er den falschen Eyd geschworen, abgehauen, solche an den Pranger genagelt, letzlich des Landes ewig verwiesen werden solle.
4) Die Herausreissung der Zungen durch den Nacken, so aber ohne Lebens-Gefahr nicht practicirlich, und allein in schweren Lastern, als eine Erhöhung der Straffe von ietziger Gewohnheit dictirt wird, mit den Formalien: Daß ihm die Zungen anfangs aus dem Rachen durch das Genick gerissen etc. Die blosse Abschneid- oder Abhauung der Zungen aber geschiehet vor dem Munde, und ohne Lebens-Gefahr.
5) Da man den jungen Dieben die Ohren abschneidet.
6) Die Schickung auf die Galeeren, [603] so absonderlich in Tyrol auf die mit einer die Todes-Straffe lindernden Umständen versehene Delinquenten, sonderlich in Diebereyen, meistens ausgefällt, und entweder auf ewig, oder nur auf gewisse Jahre ausgestreckt wird. Jul. Clar. q. 70. n. 5. Welche Straffe iedoch, wenn sie auf ewig gesetzt ist, der Capital- und Todes-Straffe gleich geschätztet wird. Denn die auf die Galeeren geschickte sterben nicht ein- sonder viel tausend mahl, wegen allerhand erleidender Mühseeligkeit und Strappazen. Jodoc. Damhouder in Pract. c. 151. n. 45. Dannenhero ermahnet auch Gravetta Consil 18. n. 18. nicht unbillig, daß, dafern eine andere Straffe vorgenommen werden mag, man nicht leichtlich zur ewigen Galeeren-Straffe votiren solle. Clar. d. I.
Dahin gehören auch die Straffen in den Stadt-Gräben, Schantzen, und andere öffentliche Arbeit, in Gräntz-Häusern mit Fuß-Schellen zu verrichten. Und diß seynd gemeiniglich die die leibliche Straffen, als wordurch der Leib zwar von dem Tode befreyet, iedoch hauptsächlich beängstigt wird.
So viel hiernächst die andern ausserordentlichen und willkührlichen Straffen betrifft, welche ausser Empfindung einiger Leibes-Schmertzen überstanden werden mögen; so sind solche vornehmlich folgende: 1) Die Geld-Straffe, welche iedoch anders nicht, als nach Proportion des Delinquenten habenden Vermögens auszufällen ist: sintemahlen ein Armer mit einem Thaler härter gestrafft wird, als ein Reicher mit 20 Thalern. Carpzov p. 3. q. 130. n. 5. Da aber wegen Armuth des Delinquenten die Geld-Straffe nicht erhoben werden mag; so wird selbige in eine Gefängniß- oder zeitliche Verweisungs-Straffe, nach Proportion der Umstände, verändert.
2) Die Gefängniß: Denn ob zwar das Gefängniß eigentlich nur zu Aufbehaltung des Delinquenten, und nicht zur Straffe angesehen; so kan doch solches auch zur Straffe zuerkennt werden. Jedoch soll ein Gefängniß kein so abscheulicher Winckel seyn, allwo die Kräffte verschmachten, und das Leben in Gefahr stehet. Sonst aber ist die Gefängniß-Straffe entweder auf ewig, oder auf eine gewisse Zeit. Die ewige wird der Servitut, ja einer Todes-Straffe gleich geachtet, und kan weder aus blossen, obgleich hächstdringenden Muthmassungen nicht dictirt, Klock Vol. 3. Cons. 196. n. 22. u. 33. Bartolus in I 2. n 9 ff. de Publ. Jud. noch von einer nachgesetzen Obrigkeit eigenwillig zuerkannt werden. Menoch de Arbitr. q. 89. n. 4. Jedoch kan durch ein Statut und Landes-Gesetz diese Straffe eingesetzt werden; wie es denn auch in geistlichen Rechten statt hat. C. novimus, de Sent. excomm. c. antiqua. de Haeret.
3) Die ewige, oder zeitliche Landes-Verweisung. Die letzte wird längst auf zehen Jahr, und nicht darüber, gesetzt; die erstere aber auf Leibes-Lebenslang. Carpzov p. 3. q. 130. n. 15. Worbey zu mercken, dafern in einem Statut die Lands-Verweisung schlechthin statuirt wird, daß selbige auf die ewige iederzeit verstanden werden soll. Hartm. P[...]t observ. [...] 89. I. Servus. C. de. Poen. die Meldung der ewigen, oder zeitlichen Lands-Verweisung geschehen.
Wie nicht weniger soll [604] zwischen der Lands-Verweisung, und der Verbietung einer Stadt oder Gerichts, ein Unterschied gehalten werden, als mit welcher letztern nur die ihren Gerichts-Herren ungehorsame Unterthanen, mit Auferlegung, ihre Güter zu verkauffen, und anderwärts hinzuziehen, gestrafft werden.
Die Lands-Verweisung, so nur schlechthin gesetzt ist, erstreckt sich auf all- und iede Theile, so zum Lande gehörig. Dannenhero werden auch insbesondere vön der Ober-Oesterreichischen Regierung zu Insprug die Formalien: Der gantzen Lande-Tyrol, und incorporirten drey Herrschfften, Rattenberg, Kueffstein und Kitzbichel, nicht zugelassen, sondern es ist genug, daß man nur setzet: die Lands-Fürstliche Graffschafft Tyrol.
Es gedencket aber Frölich von Frölichsburg in Comment. ad Ord. Car. V. Crimin. P. II. Lib. IV. tit. 6. §. 3. er erinnere sich, daß ein Verwiesener und vor der Zeit zurück gekommener Delinquent, bey seinen Verhör vor einem geweissen Gerichte excipirt, er habe nicht vermeynt, daß unter der Verweisung des Lands Tyrol auch die drey Herrschafften gemeynt worden, und giebt dannenhero zugleich an den bemeldeten Orte den Rath, an selbigen Orten, allwo incorporirte Fürstenthümer und Herrschafften seynd, dem Relegirten oder Verwiesenen die mündliche Erklärung zu geben, daß unter der Lands-Verweisung diese und jene Gebieter und Ländereyen auch verstanden seyn: Uebrigens sind ausser diesen bemeldeten, auch noch andere willkührliche Straffen gebräuchlich, als das Prangerstellen, in Stock schlagen in der Geigen führen; ingleichen etwas mit dem man eigentlich gesündiget, an den Hals zu hencken, als da seynd falsche Gewichter, Maaß, und dergleichen; ferner vor die Kirchen-Thüre mit brennenden Kertzen und Ruthen zustellen, so theils Orten wider die Meineydige Zeugen, wie auch die im dritten und vierten Grad befindliche Blutschänder, practicirt wird.
So gehören auch hieher die unter denen Römisch-Catholischen eingeführte heimliche oder öffentliche Geisselung, Busse, Kirchfahrten etc. zu Heyl des abgeleibten Seele, im Fall einer culposen Entleibung etc. und wie dergleichen noch mehr seynd, und erdacht werden mögen.
In Zuerkennung dieser willkührlichen Straffen aber soll eine Obrigkeit sich ihres besten Verstandes gebrauchen, die Beschaffenheit des Delinquenten Person, so wohl, als die That selbsten, reifflich überlegen, und eine dergestalt willkührliche Straffe verfassen, damit die gebührende Abstraffung der Uebelthäter nicht zu schwer, noch zu gering oder aber wohl gar nur andere damit mehr anzufrischen, als abzuschrecken, angesehen werden, weil disfalls so wohl die übermäßige Güte, als paßionirte Härte und Strenge schwer zu verantworten stehet, Besiehe P. H. G. O. art. 150.
Ist dannenhero in den willkührlichen Abstraffungen der Uebelthaten, denen keine ordentliche ausdrückliche Straffe in gemeinen Gesetzen oder Statuten vorgesetzt ist, eine vernünfftige Ermäßigung der Straffe vorzunehmen. Worbey unter denen Criminalisten die weitere Frage entstehet, ob in willkührlichen Uebelthaten ein Richter die Straffe auch wohl bis auf eine würckliche Lebens-Straffe extendiren möge? Und ist disfalls die bessere und [605] gültigere Meynung der Criminalisten, welche solches verneinen. Jacob Menoch de atbitr. I. 1. q. 86. n. 1. Jul. Clar. §. ult. q. 53. n. 11. Denn in Straff-Sachen ist jederzeit die gütigere Interpretation zu erwehlen, (in poenis. de Reg. Jur. in 6. to auch die That allezeit mehr dahin zu erklären, wie weniger Schaden dem Delinquenten hieraus zuwachse. Mynsing. Cent. 2. Obs. 45. Es wäre denn die Straffe des Lasters dergestalt im Gesetze oder Statut ausdrücklich gesetzt, daß selbiges, nach Beschaffenheit der Umstände, an Gut, Ehr, Leib oder Leben, gestrafft werden solle, wie in der Peinlichen Hals-Gerichts-Ordn. Carls V. art. 112. von dem Crimine falsi gesagt wird.
Dergleichen Statuten sind nicht weniger auch in der Tyrolischen Lands-Ordnung art. 32. n. 33. 36. zu finden, allwo die willkührliche Straffe mit denen Formalien an Leib und Leben, Ehr und Gut, vorgesehen ist. Besiehe auch Carpzov p. 3. q. 133. n. 24. u. 29. allwo er etliche hieher gehörige Fälle erzehlet, als wenn nun in Pestilentz-Zeit die Verbote nicht geachtet, die Krancken nicht angesagt, die Pest mißfällig in eine andere Behausung gebracht, unzeitige, öffentliche, ärgerliche Geberden, beflissene Vertuschung und Verschweigung geschehener Entleibung, Dieberey Ungehorsam, und Verachtung des Obrigkeitlichen Verbots, etc. Herabschneid- und Verstümmelung des erhenckten Cörpers; ferner darzu gegebenen Willen oder Beyhülff, buhlerische Schreiben trunckene Polterey und Ungelegenheit, simulirte Polter-Geister zum Schaden des Haus-Herrn, oder zum Erschrecken der Leute, etc. welche alle entweder mit zeitlichen Verweisungen, oder Staupen-Schlägen, Gefängniß und Geld-Straffen abgebüßt worden.
Wiewohl in den Läufften der Pestilentz die publicirten Mandate für ein Gesetz zu halten, und selbigem nach die Straffe zu dictiren ware. Wie denn auch so gar viel Rechts-Lehrer der Meynung sind, daß eine willkührliche Straffe von Rechts wegen nach Erheischung der Umstände vor sich selbst auf eine Todes-Straffe extedirt werden möge.
Weiter formirt Carpzov p. 3. q. 33. n. 51. die Frage: Wenn in den Statuten die Geld Gefängniß- oder Lands-Verweisungs- und also mehr Straffen auf eine Uebelthat gesetzt wären, ob nicht hieraus der Delinquent, die ihm am besten gefällige Straffe erkiesen könne, weil er als ein Schuldner der Straffe zu cosideriren wäre, dem in denen Alternativ-Schulden allemahl die Erwehlung bevorstehet? L illud 25 ff. de const. pecun.
Jedoch ist hierinnen wohl am sichersten, das Gegentheil zu statuiren. Dann diese Alternativa ist nur dem Richterlichen Verstande als dem die Ermäßigung der Umstände anheim gesetzt wird überlassen, weil auch zuweilen neben der Gefängniß-Straffe, noch eine besondere Geld-Straffe dictirt werden mag; sonderlich, da etwa ein Verschwender das Geld so viel nicht achtet.
Wiewohl dis Orts Guatz Def. 33. n. 12. einen andern Unterschied lehret, nehmlich, daß, wenn das Statut die Worte gegen den Richter dirigirt und stellet, zum Exempel: daß in dergleichen Fall die Obrigkeit den Delinquenten mit Lands-Verweisung, oder 100 rthlr Geld, straffen solle, die Wahl dem Richter angehöre; [606] da aber das Statut sagte, daß in dergleichen Fall der Delinquent entweder 100 rthlr bezahlen, oder der Straffe N. sich würdig machen würde, daß alsdenn die Wahl dem Delinquenten zuständig sey, welche Lehre auch wohl practicirt werden kan. Jul Clar q. 85. n. 6. v. 2 Menoch q 48 n. [...].
Endlich ist auch ein Zweifel, wann eine Obrigkeit jemand unter 10 Thaler Straffe etwas zu unterlassen oder zu thun auferlegt, nachgehends bey Erzeigung des Ungehorsams unter 20 und letztens unter 30 Thalern die Straffe vermehrt; ob bey erscheinender Halsstarrigkeit alle drey Straffen, als welche ein solcher Ungehorsamer verwürckt hat, oder nur die letzte eingezogen werden solle? Solchenfalls lehret Carpzov d. I n. 57. Daß die letzte und mehreste Straffen, als wodurch von denen erstern stillschweigend abgewichen worden, einzuziehen sey.
Desgleichen ist auch acht zu geben, ob die Straffen würcklich alternativisch, oder nicht vielmehr nur einander subordinirt sind. Denn wenn eine der andern subordinirt ist; so ist die andere Straffe nur alsdenn vorzukehren, wenn die erste nicht erfüllt werden kan, als da man einem die rechte Hand abschlagen solle, der nur eine Hand hätte, und das Statut vermöchte, daß dergleichen Delinquenten die Hand abgehauen, oder in dessen Unterbleibung 200 Thaler eingefordert werden solten. Guatz d. I n. 2.
Ferner kan auch die Erwehlung einer Todes-Straffe dem Delinquenten nicht anheim gestellt werden, zum Exempel: Ob er lieber hencken, als ewig auf die Galeeren verwiesen seyn wolle. Denn keiner hat Macht, sich selbsten dem Tode aufzuopffern Menoch q. 84 n. 2. Nicht weniger ist zu wissen, da ein Statut vermöchte, daß ein Delinquent in gewissen Fällen auf 100 Thaler; oder noch einer mehrern Straffe, nach Beschaffenheit der Umstände, gestrafft werden solle, daß ein Richter nur eine höhere Geld Straffe, und keine andere willkührliche, ergreiffen möge.
Dann die Criminalisten lehren, es sey in denen Straffen der Positivus, Comparativus und Superlativus zu finden, als die hohe, höhere und höchste Straffe in seinem Geschlecht, da der Positivus, oder die erste Straffe gesetzt worden, verbleiben. Guatz Def 33 n. 13. Die höchste Geld-Straffe aber kan auch auf die Confiscation und Benehmung des völligen Vermögens erstreckt werden. Guatz I. c. n. 2.
Und wenn endlich ein Statut vermag, daß einer mit gewisser, oder einer andern Straffe, gestrafft werden solle; so ist das Wörtlein (andere) nur auf die gleichmäßige Straffen zu verstehen. Modest. Roman q. 17 n 51. Siehe übrigens auch dem General-Artickel: Straffe.