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Zedler:Quaas

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Grosses vollständiges Universal-Lexicon Aller Wissenschafften und Künste
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Quaasausgabe

Band: 30 (1741), Spalte: 5–7. (Scan)

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Quaas. Dieses Wortes Gebrauch und Verstand ist leichter, als dessen Ursprung zu errathen: Denn ist es Deutsch, so ist es vermuthlich für das Stammwort zu halten, weil es einsylbig; allein es ist sogar in Rußland gebräuchlich, alwo es ein dünnes Bier oder Zerpe heist, so allein in Klöstern getruncken wird, wo sonst weder Wein noch Meth, oder Branntewein, noch starckes Bier zu haben. Also schreibet Olearius in seiner Persianischen Reisebeschreibung Lib. III. c. 6. fol. 197. und c. 28. fol. 307. "Der gemeinen Leute Geträncke ist Quaas, welcher sich unserm dünne Biere oder Kofente vergleichet." fol. 205. "Wird in der Fasten zum ordentlichen Geträncke gebraucht." c. 29. fol. 809. "Auch wenn sie sich zur Beichte shicken." c. 30. f. 310. "Timoska, der falsche Zusky, begehrete bey seiner Tortur zu trincken: Und als ihm eine höltzerne Schale mit Quaas gebracht worden, hat er weder das dünne Bier, noch aus der höltzernen Schale trincken wollen." f. 244. Allein bey uns in Deutschland bedeutet es nicht etwan nur ein dünnes Geträncke, sondern vielmehr eine gantze Ausrichtung und fröliches Gelag, zumal bey den Handwercken, welche zweyerley Zusammenkünfte halten, die eine wegen gemeiner Angelegenheiten, so sie Morgensprache heissen, und vor offener Lade geschehen, die andere zu Erhaltung guter Vertraulichkeit und Frölichkeit, welche sie Quaase heissen, und fast an die alten ἀγάπας hinlangen: Worzu sie auch ihre Weiber zühen, welche sich unter einander Schwestern, wie die Mannspersonen Brüder [6] nennen. In welchen Frölichkeiten freylich bey manchem der Muth sich so weit erhebet, daß er ungeziemende Worte und Geberden auslässet; Allein da muß der Obermeister, als Kürmesvater bald Anfangs Einhalt thun, gestalt in der Schneider zu Zeitz Innungsartickel XXV. folgendes verordnet: "Wenn das Handwerck zum Quaas versammlet ist, soll, wie es vor Alters und bisher gehalten worden, der Vormeister jeden für Schaden warnen." Und pfleget eine Strafe darauf gesetzt zu seyn, als aus der Schlösser selbiges Ortes Statuten Artic. XV. zu vernehmen: "Welche Strafe, des Scheltens nemlich und Fluchens, soll auch statt haben, wenn die Handwercke, nemlich die vier allhier einverleibten, in Frölichkeit und Quaasen bey einander seyn." Wie auch bey den Hufschmieden Artic. XXVI. "Welches denn auch (de modestia) von den Fällen also zu verstehen seyn soll, wenn das Handwerck sonsten in Quaasen beysamme seyn würde." Doch ist solche Gewohnheit nicht nur bey einem und dem andern Handwercke, sondern durchgehends gewöhnlich gewesen. Wie es auch in der Beckerinnung daselbst vom Jahre 1660. Artic. 7. mit diesen Worten: "In Morgensprachen, Quaasen und andern Zusammenkünften." Wie auch der Böttger Artic. 20. zu finden: "Es soll keiner im versammleten Handwercke, er sey von der Lade, oder in Collationen, oder Quaasen, unlustige Worte, Flüche etc." Ja es ist dieses Wort auch zu den Kramern ausgetreten, in deren eilften Innungsartickel stehet: "Ob sich unter den Brüdern und Schwestern, wenn sie in des Vormeisters Behausung, oder Innungsgesellschaft, so man Quaas nennet, beysammen seyn etc." Nun ist es eben keine unziemliche Uppigkeit ihre ehelichen Weibspersonen dieser Lust mit theilhaftig zu machen, andere verdächtige Personen aber mit herben zu zühen, als wohl in Persien gebräuchlich seyn mag, daß der Pater Curae, so die Wirthschaft ausrichtet, den Gästen alles Vergnügen zu verschaffen, so gar auch unzüchtiges Frauenvolck bestellet, deren bey sonst genommenem Abtritte sich bedienen zu können, ist gantz unanständig und gehäßig: So gar, daß wenn einer eine unehrlich gebohrne Weibsperson sich ehelich antrauen lassen, sie zum Quaas nicht mitführen darf, nach der Tuchmacher gedachten Ortes Innungsartickel 32. "Berüchtigte, oder unehrlich gebohrne Weiber, sollen zu der Handwercker Quaasen, gemeinen Bieren und Frölichkeiten, die sie unter einander haben, nicht gehen." Deutlicher nach der Böttger 21. Artickel: "So so soll dieselbe berüchtigte Person, womit sich ein Meister verehlichet, zum Handwercke oder Quaase, auch sonst nicht gefordert werden." Ja der Mann selbst hat sich zu besorgen, man werde sich seiner entzühen, und ihn, als einen Befleckten, nicht mit einladen lassen, damit er andere reine nicht besudele: Welches Almaham Polster wohl muthmassete und in seiner Klage an den Rath zu Zeitz den 30 Junii 1687. anführete: "Weil mich aber das Handwerck nicht zum Quaas hat forderen lassen, stehe ich in den Gedancken, sie müssen was sonderliches auf mich wissen." Nun hat das Quaashalten also weit um sich gerissen, daß es auf die Dörfer unter die ledigen Bauerkerl gerathen, wie aus einem des Herrn Otto Christian [7] von Merqualbach auf Dittersdorf, Requisitionschreiben vom 27 Januar 1707 zu ersehen: Es hätten die jungen Pursche seiner Gerichte, theils Söhne, theils Dienstknechte, durch den Schultzen bitten lassen, daß ihnen, ausser der Schencke, in eines Nachbaren Hause vergönnet seyn möchte, daß sie lustig seyn, tantzen und nach alter Gewohnheit Quaas halten möchten. Demnach ist die Sache allzu gemein, und das Wort also verachtet worden, daß man auch den Schlemmer Lucä am 16. anders nicht zu beschreiben vermag, als daß er in Quaas und Fraß, in Saus und Schmauß, in Demmen und Schlemmen gelebet, und daher auch die Quaaser der Handwercker abzukommen beginnen.