Zedler:Perlenfischerey in Bäyern
Perlenfischerey in Bäyern. Auf was für Weise die Perlen in Indien aus dem Meere gefischet werden, solches ist aus dem Artickel Perle umständlich zuersehen; Wie aber selbige in Bäyern gefangen werden, das hat Johann Wilhelm Weinmann, ein erfahrner Apothecker zu Regenspurg den Breßlauer Natur-Geschichten im Jahre 1725. Mens. Jul. Class. IV. Artic. 8. p. 70. in folgendem berichtet. "Wenige Meilen von Regenspurg werden die Perlenmuscheln auf Obrigkeitliche Conto gefischet; und weil sie gewisse Leute heimlich fischen: so sind gewisse Aufseher darüber bestellet, und Galgen gebauet, die Perlen-Diebe [489] daran zu hängen. Nichts desto weniger sind durch die Juden dergleichen ehemahls um funftzig Thaler das Stück verkaufft worden. Denn sie sind offt von solcher Schönheit, daß sie den Orientalischen nichts nachgeben. Die Perlenmuscheln sind länglicht, groß und klein, auswendig schwartz, inwendig weißgläntzend, als wie die andere Perlenmutter, davon die größten einen halben Werckschuh lang und drey Zoll breit sind. Das Wasser, darinnen sie sich befinden, ist bey Passau und Wiesent, drey Meilen von Regenspurg, in seibigem sind sie schrägweise, feste, wie ein Steinpflaster an einander stehend, und öffnen sich bey hellem Wetter, besonders am Morgenthaue, durch welches man kan gewahr werden, daß die Schnecke, oder besser zu sagen, das Muschelthiergen, die Perle vor dem Maule hat, und damit spielet. Die rechten Kennzeichen aber der zeitigen Muschel sind, wenn die Muschel Gruben bekömmt, als wären solche mit Fingern krumm eingedrücket. Bey diesen sich findenden Zeichen wird die Sammlung alle drey Jahre, vorgenommen. Dieses geschiehet auf folgende Art: Es gehen diejenigen Sammler mit langen Wasserstiefeln in den Bach ein, und zühen die Muscheln, eine nach der andern, in die Höhe, machen diejenigen, welche gedachte Zeichen haben, mit einem Messer behende auf, daß dem Thiergen nicht wehe geschicht, und nehmen ihm die Perle vor dem Maule weg, und werffen die Muschel wieder ins Wasser. Diese, wenn man ihr eine Weile nachschauet, stellet sich wieder in der Ordnung, und gräbt sich neben die andern ein. Begiebt es sich aber, daß dem Thiergen zu wehe geschicht; so läßt man die Muschel heraus. Wenn nun das Thiergen besehen wird, findet man seitwärts hinunter viele kleine Perlen in einer Ader, die aber fast alle grünlichte, braune oder gelblichte, also unzeitige Farben haben, und deswegen auch nicht geachtet werden. Begiebt es sich, daß bey schweren Gewittern der Blitz in die Muscheln fället: so zerrinnet die Perle, wie Wachs, an der Muschel, und siehet hernach, als wenn ein brauner Pechtropffen mit grünlichtem Glantze überzogen wäre. Die Zeugung der Muscheln ist Zweiffels ohne aus ihren eigenen Eyern, deswegen nicht zu glauben, daß die kleinen Perlen ein Saame sey, wie doch von einigen will vorgegeben werden. Daß nun unter den vielen unzeitigen Perlen auch schöne grosse und runde sich finden, bezeuget dieses, daß ein Stück zu funfzig bis sechzig Gulden ist verkaufft worden."