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Zedler:Neu-Jahrs-Geschencke

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Grosses vollständiges Universal-Lexicon Aller Wissenschafften und Künste
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Neu-Jahrs-Horn

Band: 24 (1740), Spalte: 212–213. (Scan)

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Neu-Jahrs-Geschecke, Strena, heißt überhaupt alles dasjenige, was an theils Orten einem von dem andern zu Eintritt des Neuen-Jahres verehret wird. Es ist eine uralte Gewohnheit. Bey denen Römern ist von Anfang aufgekommen, daß die von der gemeinen Bürgerschafft denen Vornehmen, von welchen sie Schutz und Gutes genossen, zu dem Neuen Jahre Glück gewünschet, und sie mit Honigkuchen, süssen Früchten, und andern angenehmen artigen und seltenen Dingen, und endlich mit einem gemüntzten Pfennige beschencket. Unter denen Kaysern ist es damit so weit gekommen, daß sie es als eine Schuldigkeit gefordert, und Caligula am Neuen Jahrs-Tage in der Thüre seines Pallastes gestanden, das Neue Jahr einzunehmen. Nachdem aber die Bürgermeisterliche Regierung aufgekommen; so sind auch die Obrigkeiten am Neuen Jahrs-Tage verändert worden. Die Weise nun, das Neue Jahr mit Glückwünschungen und Geschencken zu begehen, ist biß auf den heutigen Tag verblieben. Jedoch mit einigem Unterschiede, allermassen in Italien die höhern denen Geringern, in Engelland die Geringern denen Höhern, in Deutschland und anderswo aber beyderseits ohne Unterschied, nach der Achtung, so sie gegen einander haben, einer den andern beschencken. Bey denen Persern ist gebräuchlich, daß der König von allen seinen Hofleuten, ja fast von seinem gantzen Reiche Geschencke bekommt; und es pflegen auch sonst alle Freunde einander zu beschencken. Die Haus-Väter theilen in ihren Familien Geschencke aus, und es gehet in einem jedweden Hause fast eben so zu, als wenn bey uns der so genannte Heilige Christ zu bescheren pfleget. Dapper. So bekommt auch der grosse Mogol am Neuen Jahre grosse Geschencke, massen jedermann verbunden ist, ihm etwas zu verehren. Dapper. Von dem Ursprunge derer Neu-Jahrs-Geschencke bemercket Harsdörffer, daß Geschencke bringen sey ein Zeichen der Ehrerbietigkeit, der Freundschafft und der Liebe; daß es vor eine gute Bedeutung angenommen werde, wenn am ersten Tage der Wochen einem etwas angenehmes begegnet, vielmehr aber, wenn es im Anfange des Jahres geschiehet: daß die Druiden bey denen alten Deutschen schon dergleichen beobachtet, und an dem Neuen Jahrs-Tage die Rinden von ihren geheiligten Eichen abgeschälet und dem Volke ausgetheilet; daß wenn an einigen Orten der Gebrauch [213] ist, daß die Armen drey Wiepen oder Hagebutten zu schencken pflegen, solches die Bedeutung habe, daß, weil zu derselben Jahres-Zeit keine andere Frucht im Felde zu finden, diese dienen sollen, wenigstens den guten Willen zu erkennen zu geben. Zu Rom sind bey Gelegenheit eines grünen Zweiges aus dem Hayne der Göttin Strenia, so dem Könige Tarius am Neuen Jahrs-Tage gebracht und von ihm als ein gutes Zeichen aufgenommen worden, die Neu-Jahrs-Geschencke aufgekommen, und feyerlich beybehalten, auch nach eingeführtem Christenthume allein von dem heydnischen Aberglauben gesaubert worden. Wiewohl solche gleichwohl auf einer zu Auxette in Franckreich 578 gehaltenen Kirchen-Versammlung gantz und gar verboten wurden. Dem ungeachtet aber blieb es dennoch nach wie vor bey der ehemahls eingerissenen Gewohnheit. Oder es schlich sich dieselbe dennoch unvermerckt wieder ein. Und wurden also die Neu-Jahrs-Geschencke nach der Zeit fast allerwegen, und vornemlich in Sachsen so überhäufft gemacht, indem solche die Kinder so gar von ihren Tauff-Pathen mit solchem Ungestüme gefordert, daß Churfürst Johann George I deswegen ein Verbot gethan, und denen Eltern, so das Kind schicken würden, 5 Thaler, dem Tauff-Pathen aber, wenn er etwas geben würde, 10 Thaler Straffe auferlegt, so Johann George II im Jahre 1661 wiederholet, und auch von dem Gesinde ausdrücklich darinnen die Verfügung gethan, daß, welcher Knecht oder Magd von seiner Herrschafft ein Neu-Jahrs-Geschencke fordern würde, den halben Lohn verlohren haben, die Herrschafft hingegen, so sich darzu verstehen würde, in eine Straffe von 2 Thalern verfallen seyn solte. Doch ward es mit denen Geschencken, so man der Geistlichkeit gab, anders gehalten, als welches insonderheit nach dem Ausspruche des Consistorii zu Jena vom 20 Jenner 1688, gar als ein Theil ihrer Besoldung (Pars Salarii) galt; so daß, als sich dewegen zwischen einem Pfarrer und seinem Substituten Irrungen hervor gethan, und es zur Klage kam, solches der Pfarrer mit dem Substituten auf die Helffte theilen müssen. Sonst soll auch noch in der Frantzösischen Provintz Guienne gebräuchlich seyn, daß auf den Neuen-Jahrs-Tag die Buben in denen Städten und Dörffern herum lauffen, eine Neu-Jahrs-Gabe begehren, und dabey ruffen: Au Guy l' an neuf, Gebt etwas zum Mistel, das Neue Jahr ist da. Falckensteins Nordg. Alterth. I Th. c. 6. p. 172.