Zedler:Censor
Censor, Nachdem bey denen Römern unter Seruio Tullio die Census eingeführt wurden, und nach der Könige Absetzung die Bürgermeister und Dictatores wegen anderer Geschäffte, die dabey gewöhnliche Lustration unterlassen musten, welche doch das Volck so sehnlich verlangte, wurden von denen Burgermeistern dazu eigene Personen vorgeschlagen, und die Tribuni plebis liessen sich den Vorschlag gefallen weil sie sich nicht einbildeten, daß daraus eine so mächtige Würde erwachsen würde. Liuius IV. 8. Gundlingiana XVI. 1. §. 7. siehe Census. Dieses war der Anfag derer Censorum, welches Amt gantz geringe schiene, weil man meynte, es bestehe nur darinnen, vt censerent seu recenserent populi. Daher sie auch ihren Namen bekamen, obgleich Menagius Amoen. Jur. Ciu. solches Wort von der Censura morum herleiten will. Liuius l. c. Gundling. l. c. §. 8. Daß aber die Censura morum bald hernach damit verknüpfft worden, kam daher. Nichts machte die Bürger ärmer, als Wucher, Nachläßigkeit, Verschwendung und ein wollüstiges Leben, damit nun in jeder Bürger-Classe alles in guten Stand wäre, musten die Censores ein wachsames Auge haben, und anzeigen, daß ein Römer, der ein solches Leben führte, dergleichen Census nicht würdig wäre, und bey denen Lustrationibus denen Göttern nicht könnte anbefohlen werden, weil sie homines puros liebten, und andern das Lustrum nichts hälffe. daher sie sich gar bald anmaßten, auch dergleichen schlimmes Wiethen zu bestraffen, sie aus dem Censu zu stossen und von ihren Aemtern zu entsetzen Dionysius XI. Gundling. l. c. §. 14. Sie hatten ferner als Schatz-Meister das aerarium unter sich, und über des Volcks Aeuitates und Suboles, Templa, Vectigalia, Populi partes, pecunias und Ordines zu erkennen, solche einzutheilen, und in der zuerst intendirten Consistentz zu erhalten. Jeder Orden hatte seine gewissen Jahre. Die Kriegs-Leute, Obrigkeiten und Amt-Leute musten sich nach dem lege annali richten, die Tempel, statuae Deorum und Gänsse im Capitolio konnten ihrer Aufsicht nicht entgehen. Die öffentlichen Wege und Land-Strassen stunden unter ihrer Direction, sie besorgten die Zölle, verpachteten dieselbe, lasen die Soldaten aus, sonderten die Reichen von denen Armen, Rechtschaffenen und Fleißigen von denen Faulen und Nichtswürdigen, musterten die letztern aus, sorgten vor die Erhaltung und Peuplirung des Römischen Staats, kurtz: sie musten alles so veranstalten, daß alles nach [1817]denen alten guten Sitten und Gesetzen in seiner Harmonie, Ordnung, Ansehn und Consistentz bliebe, ja sie erlangten so gar die Gewalt das Volck zu vereiden. Gundling. l. c. §. 19. seqq. Die Circi, Portus, Forum, Basilicae, Cloacae, Ripae, Aquaeductus und andere öffentliche Wercke waren unter ihrer Aufsicht, bis endlich die Kayser solches denen Curatoribus operum publicorum aufgetragen. Philippus a Turre. Gundling. l. c. §. 24. seqq. Sie hatten auch die Macht Principem Senatus, wie auch Principem iunentutis zusetzen. Denn ob gleich die Ritter überhaupt solchen Titel führten, so ist doch nicht zu läugnen, daß die Censores solche auch ins besondere designirt Ezech. Spanhemius de vsu & praest. numism. p. II. Gundling. l. c. §. 37. Die Raths-Herren konnten sie aus dem Rathe stossen; einen Römischen Ritter sein Pferd nehmen, einen Plebeium in die Tabulas Caeritum setzen und zum Aerario machen, also daß er aus seiner Centurie ausgestrichen und nur in so weit vor einen Bürger gehalten wurde, daß er sein Kopff-Geld bezahlen muste. Asconius Pedianus diuinar. pro Caecil. Gundling. l. c. §. 28. seqq. Wegen dieser grossen Macht und Auctorität nahm man zu diesem Amte angesehne Leute, die bereits andere hohe Bedienungen verwaltet hatten, und da man sie erstlich nur aus denen Patriciis erwählet, hat man hernach auch aus dem Plebe welche genommen. Es waren derselben zwey. Wenn einer starb muste der andere auch abdancken, wie denn auch einer ordentlicher Weise nicht zweymahl zu diesem Amte gelangen konte. Ihr Amt währte 5. Jahr lang, so daß sie die ersten 3. Jahr 6. Monathe eben nicht viel zu thun hatten, aber hernach gieng der Census an, welcher nur alle 5. Jahr gehalten wurde, und darauf hielten sie das Lustrum. Dieser Magistrat währte bis auf die Zeiten derer Kayser, da der Census nicht alle 5. Jahr, sondern so offt es dem Kayser beliebte, gehalten wurde und es der Kayser entweder selbst, oder nebst einem Collegen den er annahm, verrichtete zu denen Zeiten des Kaysers Decii sind sie gantz und gar abgegangen. Gundling. l. c. §. 38. Lipsius de Magistrat. Roman. 18. Pomponius Latus de Magistrat. Rom. 21. Donati Diss. de Censor. Rom. Viteb. 1670 Perizonius Diss. de Censoribus. Man hat dergleichen Censur-Amt noch heut zu Tage in unterschiedenen, sonderlich Italiänischen Republiquen, vermöge dessen gewisse Personen, welche an etlichen Orten Policey-Räthe genennet werden, nach hohen Obrigkeitlichen Befehl vornehmlich dahin zu trachten haben, daß sich Niemand über seinen Stand und Vermögen erhebe, ein verschwenderisches Leben führe, oder sich und die Seinigen durch unordentliche oder andere üble Aufführung zum Schaden der Republic ins Unglück stürtze sondern vielmehr seine Lebens-Art nach Beschaffenheit seines Standes einrichten, und seinem Beruff treulich obliegen möge. Besoldus. Speidelius.