Xenien
Triste supercilium, durique severa Catonis
Frons et aratoris Filia Fabricii
Et personati fastus et regula morum,
Quidquid et in tenebris non sumus, ite foras.
Halt Passagiere! Wer seyd ihr? Weß Standes und Characteres?
Niemand passieret hier durch, bis er den Paß mir gezeigt.
Distichen sind wir. Wir geben uns nicht für mehr noch für minder,
Sperre du immer, wir ziehn über den Schlagbaum hinweg.
Oeffnet die Coffers. Ihr habt doch nichts contrebandes geladen?
Gegen die Kirche? den Staat? Nichts von französischem Gut?
Coffers führen wir nicht. Wir führen nicht mehr als zwey Taschen
Tragen, und die, wie bekannt, sind bey Pöeten nicht schwer.
Messieurs! Es ist der Gebrauch, wer diese Straße bereiset,
Legt für die Dummen was, für die Gebrechlichen, ein.
Das verwünschte Gebettel! Es haben die vorderen Kutschen
Reichlich für uns mit bezahlt. Geben nichts. Kutscher fahr zu.
Hier ist Messe, geschwind, packt aus und schmücket die Bude,
Kommt Autoren und zieht, jeder versuche sein Glück.
Wenige Treffer sind gewöhnlich in solchen Boutiquen,
Doch die Hoffnung treibt frisch und die Neugier herbey.
Dichter und Liebende schenken sich selbst, doch Speise voll Ekel!
Dringt die gemeine Natur sich zum Genusse dir auf!
Hättest du Phantasie, und Witz und Empfindung und Urtheil,
Warlich, dir fehlte nicht viel, Wieland und Lessing zu seyn!
Ja der Mensch ist ein ärmlicher Wicht, ich weiß – doch das wollt ich
Eben vergessen, und kam, ach wie gereut mich’s, zu dir.
Wie verfährt die Natur, um hohes und niedres im Menschen
Zu verbinden? Sie stellt Eitelkeit zwischen hinein.
Töchtern edler Geburt ist dieses Werk zu empfehlen,
Um zu Töchtern der Lust schnell sich befördert zu sehn.
Wollt ihr zugleich den Kindern der Welt und den Frommen gefallen?
Mahlet die Wollust – nur mahlet den Teufel dazu.
Welche Verehrung verdient der Weltenschöpfer, der gnädig,
Als er den Korkbaum schuf, gleich auch die Stöpsel erfand!
Was ein christliches Auge nur sieht, erblick ich im Marmor:
Zevs und sein ganzes Geschlecht grämt sich und fürchtet den Tod.
Alte Vasen und Urnen! Das Zeug wohl könnt ich entbehren;
Doch ein Majolica-Topf machte mich glücklich und reich.
Irrthum wolltest du bringen und Wahrheit, o Bote, von Wandsbeck;
Wahrheit, sie war dir zu schwer; Irrthum, den brachtest du fort!
Auf das empfindsame Volk hab ich nie was gehalten, es werden,
Kommt die Gelegenheit nur schlechte Gesellen daraus.
Schade daß die Natur nur Einen Menschen aus dir schuf,
Denn zum würdigen Mann war und zum Schelmen der Stoff.
Alles mischt die Natur so einzig und innig, doch hat sie
Edel- und Schalksinn hier, ach! nur zu innig vermischt.
Deine Muse besingt, wie Gott sich der Menschen erbarmte,
Aber ist das Poesie, daß er erbärmlich sie fand?
König Belsatzer schmaußt in dem ersten Akte, der König
Schmaußt in dem zweyten, es schmaußt fort bis zu Ende der Fürst.
Ohne das mindeste nur dem Pedanten zu nehmen, erschufst du,
Künstler wie keiner mehr ist, einen vollendeten Geck.
Still doch von deinen Pastoren und ihrem Zofenfranzösisch,
Auch von den Zofen nichts mehr mit dem Pastorenlatein.
Jambe nennt man das Thier mit einem kurzen und langen
Fuß, und so nennst du mit Recht Jamben das hinkende Werk.
Ehmals hatte man Einen Geschmack. Nun giebt es Geschmäcke,
Aber sagt mir, wo sitzt dieser Geschmäcke Geschmack?
Kamtschadalisch lehrt man euch bald die Zimmer verzieren,
Und doch ist manches bey euch schon kamtschadalisch genug.
Stille kneteten wir Salpeter, Kohlen und Schwefel,
Bohrten Röhren, gefall’ nun auch das Feuerwerk euch.
Einige steigen als leuchtende Kugeln und andere zünden,
Manche auch werfen wir nur spielend das Aug zu erfreun.
Eine große Epoche hat das Jahrhundert gebohren,
Aber der große Moment findet ein kleines Geschlecht.
Ob die Menschen im Ganzen sich bessern? Ich glaub es, denn einzeln
Suche man, wie man auch will, sieht man doch gar nichts davon.
Hexen lassen sich wohl durch schlechte Sprüche citiren,
Aber die Grazie kommt nur auf der Grazie Ruf.
Ein asphaltischer Sumpf bezeichnet hier noch die Stätte,
Wo Jerusalem stand, das uns Torquato besang.
Auch zum Lieben bedarfst du der Kunst? Unglücklicher Manso,
Daß die Natur auch nichts, gar nichts für dich noch gethan!
In langweiligen Versen und abgeschmackten Gedanken
Lehrt ein Präceptor uns hier, wie man gefällt und verführt.
Was das entsetzlichste sey von allen entsetzlichen Dingen?
Ein Pedant, den es juckt, locker und lose zu seyn.
Armer Naso, hättest du doch wie Manso geschrieben,
Nimmer, du guter Gesell, hättest du Tomi gesehn.
Alles kann mislingen, wir könnens ertragen, vergeben;
Nur nicht, was sich bestrebt, reizend und lieblich zu seyn.
Wieland, wie reich ist dein Geist! Das kann man nun erst empfinden,
Sieht man, wie fad und wie leer dein Caput mortuum ist.
Hieltest du deinen Reichthum nur halb so zu Rathe, wie jener
Seine Armuth, du wärst unsrer Bewunderung werth.
Meynst du, er werde größer, wenn du die Schultern ihm leyhest?
Er bleibt klein wie zuvor, du hast den Höcker davon.
Fort ins Land der Philister, ihr Füchse mit brennenden Schwänzen,
Und verderbet der Herrn reife papierene Saat.
Unter allen, die von uns berichten, bist du mir der liebste,
Wer sich lieset in dir, ließt dich zum Glücke nicht mehr.
Jahre lang schöpfen wir schon in das Sieb und brüten den Stein aus,
Aber der Stein wird nicht warm, aber das Sieb wird nicht voll.
Invaliden Poeten ist dieser Spittel gestiftet,
Gicht und Wassersucht wird hier von der Schwindsucht gepflegt.
Dichter, ihr armen, was müßt ihr nicht alles hören, damit nur
Sein Exercitium schnell lese gedruckt der Student!
Treibet das Handwerk nur fort, wir könnens euch freilich nicht legen,
Aber ruhig, das glaubt, treibt ihr es künftig nicht mehr.
Lange neckt ihr uns schon, doch immer heimlich und tückisch,
Krieg verlangtet ihr ja, führt ihn nun offen, den Krieg.
Mögt ihr die schlechten Regenten mit strengen Worten verfolgen,
Aber schmeichelt doch auch schlechten Autoren nicht mehr.
Euch bedaur’ ich am meisten, ihr wähltet gerne das Gute,
Aber euch hat die Natur gänzlich das Urtheil versagt.
Nach Calabrien reis’t er, das Arsenal zu besehen,
Wo man die Artillerie gießt zu dem jüngsten Gericht.
Wie doch ein einziger Reicher so viele Bettler in Nahrung
Setzt! Wenn die Könige baun, haben die Kärrner zu thun.
Steil wohl ist er, der Weg zur Wahrheit, und schlüpfrig zu steigen,
Aber wir legen ihn doch nicht gern auf Eseln zurück.
Blinde, weiß ich wohl, fühlen und Taube sehen viel schärfer,
Aber mit welchem Organ philosophiert denn das Volk?
Ist denn die Wahrheit ein Zwiebel, von dem man die Häute nur abschält?
Was ihr hinein nicht gelegt, ziehet ihr nimmer heraus.
Lange kann man mit Marken, mit Rechenpfennigen zahlen,
Endlich, es hilft nichts ihr Herrn, muß man den Beutel doch ziehn.
Wird der Poet nur gebohren? Der Philosoph wirds nicht minder,
Alle Wahrheit zuletzt wird nur gebildet, geschaut.
Etwas nützet ihr doch, die Vernunft vergißt des Verstandes
Schranken so gern, und die stellet ihr redlich uns dar.
Rein zuerst sey das Haus, in welchem die Königinn einzieht,
Frisch denn, die Stuben gefegt! dafür ihr Herrn, seyd ihr da.
Aber, erscheint sie selbst, hinaus vor die Thüre, Gesinde!
Auf den Sessel der Frau pflanze die Magd sich nicht hin.
Einem ist sie die hohe, die himmlische Göttinn, dem andern
Eine tüchtige Kuh, die ihn mit Butter versorgt.
Vornehm nennst du den Ton der neuen Propheten? Ganz richtig,
Vornehm philosophiert heißt wie Rotüre gedacht.
Eine spaßhafte Weisheit dociert hier ein lustiger Doctor
Bloß dem Nahmen nach Ernst, und in dem lustigsten Saal.
Schade daß ein Talent hier auf dem Katheder verhallet,
Das auf höherm Gerüst hätte zu glänzen verdient.
Einer, das höret man wohl, spricht nach dem andern, doch keiner
Mit dem andern; wer nennt zwey Monologen Gespräch?
Dichter und Kinder, man giebt sich mit beyden nur ab, um zu spielen,
Nun so erboset euch nicht, wird euch die Jugend zu laut.
Jetzo ihr Distichen nehmt euch zusammen, es thut sich der Thierkreis
Grauend euch auf; mir nach Kinder! wir müssen hindurch.
Auf den Widder stoßt ihr zunächst, den Führer der Schaafe,
Aus dem Dykischen Pferch springet er trotzig hervor.
Neben an gleich empfängt euch sein Nahmensbruder; mit stumpfen
Hörnern, weicht ihr nicht aus, stößt euch der Hallisch Ochs.
Alsobald knallet in G** des Reiches würdiger Schwager,
Zwar er nimmt euch nicht mit, aber er fährt doch vorbey.
Kommt ihr den Zwillingen nah, so sprecht nur: Gelobet sey J –
C – ! „In Ewigkeit“ giebt man zum Gruß euch zurück.
Nächst daran strecket der Bär zu K** die bleyernen Tatzen
Gegen euch aus, doch er fängt euch nur die Fliegen vom Kleid.
Geht mir dem Krebs in B*** aus dem Weg, manch lyrisches Blümchen
Schwellend in üppigem Wuchs kneipte die Scheere zu Tod.
Jetzo nehmt euch in Acht vor dem wackern Eutinischen Leuen,
Daß er mit griechischem Zahn euch nicht verwunde den Fuß.
Bücket euch, wie sichs geziemt, vor der zierlichen Jungfrau zu Weimar,
Schmollt sie auch oft – wer verzeyht Launen der Grazie nicht?
Vor dem Raben nur sehet euch vor, der hinter ihr krächzet,
Das Nekrologische Thier setzt auf Kadaver sich nur.
Sehet auch, wie ihr in S*** den groben Fäusten entschlüpfet,
Die Berenices Haar striegeln mit eisernem Kamm.
Jetzo wäre der Ort, daß ihr die Waage beträtet,
Aber dieß Zeichen ward längst schon am Himmel vermißt.
Aber nun kommt ein böses Insekt, aus G–b–n her,
Schmeichelnd naht es, ihr habt, flieht ihr nicht eilig, den Stich.
Drohend hält euch die Schlang’ jetzt Ophiuchus entgegen,
Fürchtet sie nicht, es ist nur der getrocknete Balg.
Seid ihr da glücklich vorbei, so naht euch dem zielenden Hofrath
Schütz nur getrost, er liebt und er versteht auch den Spaß.
Laßt sodann ruhig die Gans in L***g und G**a gagagen,
Die beißt keinen, es quält nur ihr Geschnatter das Ohr.
Im Vorbeygehn stutzt mir den alten Berlinischen Steinbock,
Das verdrüßt ihn, so giebts etwas zu lachen fürs Volk.
Aber seht ihr in B**** den Grad ad Parnassum, so bittet
Höflich ihm ab, daß ihr euch eigene Wege gewählt.
Uebrigens haltet euch ja von dem Dr***r Wassermann ferne,
Daß er nicht über euch her gieße den Elbestrom aus.
An des Eridanus Ufern umgeht mir die furchtbare Waschfrau,
Welche die Sprache des Teut säubert mit Lauge und Sand.
Seht ihr in Leipzig die Fischlein, die sich in Sulzers Cisterne
Regen, so fangt euch zur Lust einige Grundeln heraus.
Neckt euch in Breslau der fliegende Fisch, erwartets geduldig
In sein wäßrigtes Reich zieht ihn Neptun bald hinab.
Manche Gefahren umringen euch noch, ich hab sie verschwiegen,
Aber wir werden uns noch aller erinnern – nur zu!
Wem die Verse gehören? Ihr werdet es schwerlich errathen,
Sondert, wenn ihr nun könnt, o Chorizonten, auch hier!
Selten erhaben und groß und selten würdig der Liebe
Lebt er doch immer, der Mensch, und wird geehrt und geliebt.
Was das Lutherthum war ist jetzt das Franzthum in diesen
Letzten Tagen, es drängt ruhige Bildung zurück.
Wo Partheyen entstehn, hält jeder sich hüben und drüben,
Viele Jahre vergehn, eh sie die Mitte vereint.
Deutschland? aber wo liegt es? Ich weiß das Land nicht zu finden,
Wo das gelehrte beginnt, hört das politische auf.
Zur Nation euch zu bilden, ihr hoffet es, Deutsche, vergebens
Bildet, ihr könnt es, dafür freyer zu Menschen euch aus.
Treu wie dem Schweitzer gebührt, bewach ich Germaniens Grenze,
Aber der Gallier hüpft über den duldenden Strom.
Schon so lang umarm’ ich die lotharingische Jungfrau,
Aber noch hat kein Sohn unsre Umarmung erfreut!
Bacchus der lustige führt mich und Komus der fette durch reiche
Triften, aber verschämt bleibet die Charis zurück.
Mich umwohnet mit glänzendem Aug das Volk der Fajaken,
Immer ists Sonntag, es dreht immer am Heerd sich der Spieß.
Meine Burgen zerfallen zwar, doch getröstet erblick’ ich
Seit Jahrhunderten noch immer das alte Geschlecht.
Kurz ist mein Lauf und begrüßt der Fürsten, der Völker so viele,
Aber die Fürsten sind gut, aber die Völler sind frey.
Meine Ufer sind arm, doch höret die leisere Welle,
Führt der Strom sie vorbey, manches unsterbliche Lied.
Flach ist mein Ufer und seicht mein Bächlein, es schöpften zu durstig
Meine Poeten mich, meine Prosaiker aus.
All ihr andern, ihr sprecht nur ein kauderwelsch. Unter den Flüssen
Deutschlands rede nur ich, und auch in Meissen nur, Deutsch.
Sprache gab mir einst Ramler und Stoff mein Cesar, da nahm ich
Meinen Mund etwas voll, aber ich schweige seitdem.
Leider von mir ist gar nichts zu sagen, auch zu dem kleinsten
Epigramme bedenkt! geb ich der Muse nicht Stoff.
Seltsames Land! Hier haben die Flüsse Geschmack und die Quellen,
Bey den Bewohnern allein hab ich noch keinen verspürt.
Ganz hypochondrisch bin ich vor langer Weile geworden,
Und ich fliesse nur fort, weil es so hergebracht ist.
Unser einer hats halter gut in **cher Herren
Ländern, ihr Joch ist sanft und ihre Lasten sind leicht.
Aus Juvaviens Bergen ström’ ich, das Erzstift zu salzen,
Lenke dann Bayern zu, wo es an Salze gebricht.
Fastenspeisen dem Tisch des frommen Bischoffs zu liefern,
Goß der Schöpfer mich aus durch das verhungerte Land.
Jetzt kein Wort mehr ihr Flüße. Man siehts, ihr wißt euch so wenig
Zu bescheiden, als einst Diderots Schätzchen gethan.
Lies uns nach Laune nach Lust, in trüben, in fröhlichen Stunden,
Wie uns der gute Geist, wie uns der böse gezeugt.
Viele Bücher genießt ihr, die ungesalznen, verzeyhet,
Daß dieß Büchelchen uns überzusalzen beliebt.
Zur Erbauung andächtiger Seelen hat F*** S***.
Graf und Poet und Christ diese Gespräche verdeutscht.
Als du die griechischen Götter geschmäht, da warf dich Apollo
Von dem Parnasse; dafür gehst du ins Himmelreich ein.
Christlicher Herkules, du ersticktest so gerne die Riesen,
Aber die heidnische Brut steht Herkuliscus! noch fest.
Ist dieß die Frau des Künstlers Vulkan? Sie spricht von dem Handwerk,
Wie es des Roturiers adlicher Hälfte geziemt.
Was nur einer vermag, das sollte nur einer uns schildern,
Voß nur den Pfarrer und nur Iffland den Förster allein.
Aber da meynen die Pfuscher, ein jeder Schwarzrock und Grünrock
Sey auch an und für sich, unsrer Beschauung schon werth.
In der Dichtkunst hat er mit Worten herzlos geklingelt,
In der Philosophie treibt er es pfäffisch so fort.
Nichts soll werden das Etwas, daß nichts sich zu Etwas gestalte,
Laß das Etwas nur seyn! nie wird zu Etwas das Nichts.
Deutschland fragt nach Gedichten nicht viel; ihr kleinen Gesellen,
Lermt, bis jeglicher sich wundernd ans Fenster begiebt.
Als Centauren gingen sie einst durch poetische Wälder,
Aber das wilde Geschlecht hat sich geschwinde bekehrt.
Höre den Tadler! Du kannst, was er noch vermißt, dir erwerben,
Jenes, was nie sich erwirbt, freue dich! gab dir Natur.
Richtet den herrschenden Stab auf leben und handeln und lasset
Amorn, dem lieblichen Gott, doch mit der Muse das Spiel!
Fürchterlich bist du im Kampf, nur brauchst du etwas viel Wasser,
Aber versuch es einmal, Fisch! in den Lüften mit uns.
Warlich, es füllt mit Wonne das Herz, dem Gesange zu horchen,
Ahmt ein Sänger, wie der, Töne des Alterthums nach.
Hängen auch alle Schmierer und Reimer sich an dich, sie ziehen
Dich nicht hinunter, doch du ziehst sie auch schwerlich hinauf.
Klopstock, der ist mein Mann, der in neue Phrasen gestoßen,
Was er im höllischen Pfuhl Hohes und Großes vernahm.
Eine Collection von Gedichten? Eine Collecte
Nenn es, der Armuth zu lieb und bey der Armuth gemacht.
Alles an diesem Gedicht ist vollkommen, Sprache, Gedanke,
Rhythmus, das einzige, nur fehlt noch, es ist kein Gedicht.
Unsre Gedichte nur trift dein Spott? o schätzet euch glücklich,
Daß das schlimmste an euch eure Erdichtungen sind.
Raum und Zeit hat man wirklich gemahlt, es steht zu erwarten,
Daß man mit ähnlichem Glück nächstens die Tugend uns tanzt.
Thoren hätten wir wohl, wir hätten Fratzen die Menge,
Leider helfen sie nur selbst zur Comödie nichts.
Mehr als zwanzig Personen sind in dem Mährchen geschäftig,
Nun, und was machen sie denn alle? Das Mährchen, mein Freund.
Das verlohnte sich auch den delphischen Gott zu bemühen,
Daß er dir sage, mein Freund, wer der Armenier war.
Nicht bloß Beyspielsammlung, nein, selber ein warnendes Beyspiel,
Wie man nimmermehr soll sammeln für guten Geschmack.
Nimms nicht übel, daß nun auch deiner gedacht wird! Verlangst du
Das Vergnügen umsonst, daß man den Nachbar vexirt?
Anatomieren magst du die Sprache, doch nur ihr Cadaver,
Geist und Leben entschlüpft flüchtig dem groben Scalpell.
Dieses Werk ist durchaus nicht in Gesellschaft zu lesen,
Da es, wie Recensent rühmet, die Blähungen treibt.
Von dem unsterblichen Friedrich, dem einzigen, handelt in diesen
Blättern der zehenmalzehn tausendste sterbliche Fritz.
Auch Nicolai schrieb an dem treflichen Werk? Ich wills glauben,
Mancher Gemeinplatz auch steht in dem treflichen Werk.
Dieß ist Musik fürs Denken! So lang man sie hört, bleibt man eiskalt,
Vier, fünf Stunden darauf macht sie erst rechten Effekt.
Frostig und herzlos ist der Gesang, doch Sänger und Spieler
Werden oben am Rand höflich zu fühlen ersucht.
Dichter bitte die Musen, vor ihm dein Lied zu bewahren,
Auch dein leichtestes zieht nieder der schwere Gesang.
Was der berühmte Verfasser des menschlichen Elends verdiene?
Sich in der Charité gratis verköstigt zu sehn.
„Bibliothek für das andre Geschlecht, nebst Fabeln für Kinder“
Also für Kinder nicht, nicht für das andre Geschlecht.
Immer für Weiber und Kinder! Ich dächte man schriebe für Männer,
Und überliesse dem Mann Sorge für Frau und für Kind!
O wie schätz ich euch hoch! Ihr bürstet sorglich die Kleider
Unsrer Autoren, und, wem fliegt nicht ein Federgen an?
Sinnreich bist du, die Sprache von fremden Wörtern zu säubern,
Nun so sage doch Freund, wie man Pedant uns verdeutscht.
Warum plagen wir, einer den andern? Das Leben zerrinnet,
Und es versammelt uns nur einmal wie heute die Zeit.
Gerne plagt ich auch dich, doch es will mir mit dir nicht gelingen,
Du bist zum Ernst mir zu leicht, bist für den Scherz mir zu plump.
Nein! Du erbittest mich nicht. Du hörtest dich gerne verspottet,
Hörtest du dich nur genannt, darum verschon ich dich, Freund.
Hör ich über Geduld dich edler Leidender reden,
O wie wird mir das Volk frömmelnder Schwätzer verhaßt.
Ob dich der Genius ruft? Ob du dem rufenden folgest?
Ja, wenn du mich fragst – nein! Folge dem rufenden nicht.
Vor dem Aristokraten in Lumpen bewahrt mich, ihr Götter,
Und vor dem Sanscülott auch mit Epauletten und Stern.
„Unbedeutend sind doch auch manche von euren Gedichtgen“!
Freilich, zu jeglicher Schrift braucht man auch Comma und Punkt.
Alles ist nicht für alle, das wissen wir selber, doch nichts ist
Ohne Bestimmung, es nimmt jeder sich selbst sein Paket.
Arme basaltische Säulen! Ihr solltet dem Feuer gehören,
Und doch sah euch kein Mensch je aus dem Feuer entstehn.
Jedermann schürfte bey sich auch nach Basalten und Lava,
Denn es klinget nicht schlecht, hier ist Vulkanisch Gebürg!
Endlich zog man sie wieder ins alte Wasser herunter,
Und es löscht sich nun bald dieser entzündete Streit.
Welch erhabner Gedanke! Uns lehrt der unsterbliche Meister,
Künstlich zu theilen den Stral, den wir nur einfach gekannt.
Liegt der Irrthum nur erst, wie ein Grundstein, unten im Boden,
Immer baut man darauf, nimmermehr kömmt er an Tag.
Hundertmal werd ichs euch sagen und tausendmal: Irrthum ist Irrthum!
Ob ihn der größte Mann, ob ihn der kleinste beging.
Newton hat sich geirrt? ja doppelt und dreyfach! und wie denn?
Lange steht es gedruckt, aber es ließt es kein Mensch.
Drucken fördert euch nicht, es unterdrückt euch die Schule;
Aber nicht immer, und dann geben sie schweigend sich drein.
Allen habt ihr die Ehre genommen, die gegen euch zeugten;
Aber dem Märtyrer kehrt späte sie doppelt zurück.
Schon Ein Irrlicht sah ich verschwinden, dich Phlogiston! Balde,
O, Newtonisch Gespenst! folgst du dem Brüderchen nach.
Auch mich bratet ihr noch als Huß vielleicht, aber wahrhaftig!
Lange bleibet der Schwan, der es vollendet, nicht aus.
Leidlich hat Newton gesehen, und falsch geschlossen, am Ende
Blieb er, ein Britte, verstockt, schloß er, bewieß er so fort.
Seine Schüler hörten nun auf, zu sehn und zu schließen,
Referirten getrost, was er auch sah und bewieß.
Aristokratisch gesinnt ist mancher Gelehrte, denn gleich ists,
Ob man auf Helm und Schild oder auf Meinungen ruht.
Gelbroth und grün macht das Gelbe, grün und violblau das Blaue!
So wird aus Gurkensalat wirklich der Essig erzeugt!
Warum sagst du uns das in Versen? Die Verse sind wirksam,
Spricht man in Prosa zu euch, stopft ihr die Ohren euch zu.
„Bessern, bessern soll uns der Dichter“! So darf denn auf eurem
Rücken des Büttels Stock nicht einen Augenblick ruhn?
Lebend noch exenterieren sie euch und seid ihr gestorben,
Passet im Nekrolog noch ein Prosector euch auf.
Schneidet, schneidet ihr Herrn, durch Schneiden lernet der Schüler,
Aber wehe dem Frosch, der euch den Schenkel muß leyhn!
So erhaben, so groß ist, so weit entlegen der Himmel!
Aber der Kleinigkeitsgeist fand auch bis dahin den Weg.
Feindschaft sey zwischen euch, noch kommt das Bündniß zu frühe,
Wenn ihr im Suchen euch trennt, wird erst die Wahrheit erkannt.
Jeder wandle für sich, und wisse nichts von dem andern,
Wandeln nur beyde gerad, finden sich beyde gewiß.
Reiner Bach, du entstellst nicht den Kiesel, du bringst ihn dem Auge
Näher, so seh ich die Welt *** wenn du sie beschreibst.
Nicolai reiset noch immer, noch lang wird er reisen,
Aber ins Land der Vernunft findet er nimmer den Weg.
Seine Meinung sagt er von seinem Jahrhundert, er sagt sie,
Nochmals sagt er sie laut, hat sie gesagt und geht ab.
Meine Reis’ ist ein Faden, an dem ich drey Lustra die Deutschen
Nützlich führe, so wie formlos die Form mirs gebeut.
Allen Formen macht er den Krieg, er weiß wohl, zeitlebens
Hat er mit Müh und Noth Stoff nur zusammengeschleppt.
Willst du alles vertilgen, was deiner Natur nicht gemäß ist,
Nicolai, zuerst schwöre dem Schönen den Tod!
Querkopf! schreiet ergrimmt in unsere Wälder Herr Nickel,
Leerkopf! schallt es darauf lustig zum Walde heraus.
Armer empirischer Teufel! du kennst nicht einmal das dumme
In dir selber, es ist ach! a priori so dumm.
Nicolai entdeckt die Quellen der Donau! Welch Wunder!
Sieht er gewöhnlich doch sich nach der Quelle nicht um.
Nichts kann er leiden was groß ist und mächtig, drum herrliche Donau
Spürt dir der Häscher so lang nach, bis er seicht dich ertappt.
A propos Tübingen! Dort sind Mädchen, die tragen die Zöpfe
Lang geflochten, auch dort giebt man die Horen heraus.
Sehen möcht ich dich Nickel, wenn du ein Späßchen erhaschest,
Und, von dem Fund entzückt, drauf dich im Spiegel besiehst
Rührt sonst einen der Schlag, so stockt die Zunge gewöhnlich,
Dieser, so lange gelähmt, schwatzt nur geläufiger fort.
Nenne Lessing nur nicht, der Gute hat vieles gelitten
Und in des Märtyrers Kranz warst du ein schrecklicher Dorn.
Unsere Reyhen störtest du gern, doch werden wir wandeln,
Und du tappe denn auch, plumper Geselle! so fort.
Freilich tauchet der Mann kühn in die Tiefe des Meeres,
Wenn du, auf leichtem Kahn, schwankest und Heringe fängst.
Dunkel sind sie zuweilen, vielleicht mit Unrecht, o Nickel!
Aber die Deutlichkeit ist warlich nicht Tugend an dir.
Lächerlichster, du nennst das Mode, wenn immer von neuem
Sich der menschliche Geist ernstlich nach Bildung bestrebt.
Was du mit Händen nicht greifst, das scheint dir Blinden ein Unding,
Und betastest du was, gleich ist das Ding auch beschmutzt.
Weil du vieles geschleppt und schleppst und schleppen wirst, meynst du
Was sich selber bewegt, könne vor dir nicht bestehn.
Reget sich was, gleich schießt der Jäger, ihm scheinet die Schöpfung
Wie lebendig sie ist, nur für den Schnappsack gemacht.
Könnte Menschenverstand doch ohne Vernunft nur bestehen,
Nickel hätte fürwahr menschlichsten Menschenverstand.
Was uns ärgert, du giebst mit langen entsetzlichen Noten
Uns auch wieder heraus unter der Reiserubrik.
Gröblich haben wir dich behandelt, das brauche zum Vortheil
Und im zwölften Band schilt uns, da giebt es ein Blatt.
Den Philister verdrieße, den Schwärmer necke, den Heuchler
Quäle der fröhliche Vers, der nur das Gute verehrt.
Frankreich faßt er mit einer, das arme Deutschland gewaltig
Mit der andern, doch sind beyde papieren und leicht!
Wahrheit sag ich euch, Wahrheit und immer Wahrheit, versteht sich:
Meine Wahrheit; denn sonst ist mir auch keine bekannt.
Meine Wahrheit bestehet im Bellen, besonders wenn irgend
Wohlgekleidet ein Mann sich auf der Straße mir zeigt.
Aristokratische Hunde, sie knurren auf Bettler, ein ächter
Demokratischer Spitz klafft nach dem seidenen Strumpf.
Aristokraten mögen noch gehn, ihr Stolz ist doch höflich,
Aber du löbliches Volk bist so voll Hochmuth und grob.
Immer bellt man auf euch! bleibt sitzen! es wünschen die Beller
Jene Plätze, wo man ruhig das Bellen vernimmt.
Heilige Freiheit! Erhabener Trieb der Menschen zum Bessern!
Warlich, du konntest dich nicht schlechter mit Priestern versehn!
Schreckensmänner wären sie gerne, doch lacht man in Deutschland
Ihres Grimmes, der nur mäßige Schrifften zerfleischt.
Erst habt ihr die Großen beschmaußt, nun wollt ihr sie stürzen;
Hat man Schmarotzer doch nie dankbar dem Wirthe gesehn.
Lange werden wir euch noch ärgern und werden euch sagen:
Rothe Kappen, euch fehlt nur noch das Glöckchen zum Putz.
Hast du auch wenig genug verdient um die Bildung der Deutschen
Fritz Nicolai, sehr viel hast du dabey doch verdient.
Nein das ist doch zu arg! Da läuft auch selbst noch der Cantor
Von der Orgel, und ach! pfuscht auf den Klaven des Staats.
Fliegen möchte der Strauß, allein er rudert vergeblich,
Ungeschickt rühret der Fuß immer den leidigen Sand.
Vieles hast du geschrieben, der Deutsche wollt es nicht lesen;
Gehn die Journale nicht ab, dann ist auch alles vorbey.
Schreib die Journale nur anonym, so kannst du mit vollen
Backen deine Musik loben, es merkt es kein Mensch.
Oefters nahmst du das Maul schon so voll und konntest nicht wirken,
Auch jetzt wirkest du nichts, nimm nur das Maul nicht so voll.
Setze nur immer Mottos auf deine Journale, sie zeigen
Alle die Tugenden an, die man an dir nicht bemerkt.
Auszuziehen versteh ich, und zu beschmutzen die Schriften,
Dadurch mach ich sie mein, und ihr bezahlet sie mir.
Wie sie die Glieder verrenken, die Armen! Aber nach dieser
Pfeife zu tanzen, es ist auch beim Apollo! kein Spaß.
Deine Collegen verschreyst und plünderst du! Dich zu verschreyen
Ist nicht nöthig, und nichts ist auch zu plündern an dir.
Gern erlassen wir dir die moralische Delikatesse,
Wenn du die zehen Gebot’ nur so nothdürftig befolgst.
Heuchler ferne von mir! Besonders du widriger Heuchler,
Der du mit Grobheit glaubst Falschheit zu decken und List.
Ja das fehlte nun noch zu der Entwicklung der Sache,
Daß als Krämer sich nun Kr**er nach Frankreich begiebt!
Manchen Lakay schon verkauftet ihr uns als Mann von Bedeutung,
Gut! Wir spedieren euch hier Kr**** als Mann von Verdienst.
Daß Verfassung sich überal bilde! Wie sehr ists zu wünschen,
Aber ihr Schwätzer verhelft uns zu Verfassungen nicht!
Sagt, wo steht in Deutschland der Sanscülott? In der Mitte,
Unten und oben besitzt jeglicher was ihm behagt.
Jedem Besitzer das seine! und jedem Regierer den Rechtsinn,
Das ist zu wünschen, doch ihr, beydes verschafft ihr uns nicht.
Anacharsis dem ersten nahmt ihr den Kopf weg, der zweyte
Wandert nun ohne Kopf klüglich, Pariser, zu euch.
Augen leyht dir der Blinde zu dem, was in Frankreich geschiehet,
Ohren der Taube, du bist, Deutschland, vortreflich bedient.
Lieblichen Honig geb’ er dem Freund, doch nahet sich täppisch
Der Philister, ums Ohr saus’ ihm der stechende Schwarm!
Ominos ist dein Nahme, er spricht dein ganzes Verdienst aus,
Gerne verschafftest du, gieng es, dem Pöbel den Sieg.
Warum tadelst du manchen nicht öffentlich? Weil er ein Freund ist,
Wie mein eigenes Herz tadl’ ich im stillen den Freund.
Warum schiltst du die einen so hundertfach? Weil das Geschmeiße,
Rührt sich der Wedel nicht stets, immer dich leckt und dich sticht.
Glaubst du denn nicht, man könnte die schwache Seite dir zeigen?
Thu es mit Laune, mit Geist, Freund, und wir lachen zuerst.
Unsrer liegen noch tausend im Hinterhalt, daß ihr nicht etwa
Rückt ihr zu hitzig heran, Schultern und Rücken entblößt.
Freut euch des Schmetterlings nicht, der Bösewicht zeugt euch die Raupe,
Die euch den herrlichen Kohl, fast aus der Schüssel, verzehrt.
Keinem Gärtner verdenk ichs, daß er die Sperlinge scheuchet,
Doch nur Gärtner ist er, jene gebahr die Natur.
Wie sie knallen die Peitschen! Hilf Himmel! Journale! Calender!
Wagen an Wagen! Wieviel Staub und wie wenig Gepäck!
Musen und Grazien! oft habt ihr euch schrecklich verirret,
Doch dem Pfarrer noch nie selbst die Perücke gebracht.
Viele Läden und Häuser sind offen in südlichen Ländern,
Und man sieht das Gewerb, aber die Armut zugleich.
Immer zu, du redlicher Voß! Beym neuen Kalender
Nenne der Deutsche dich doch, der dich im Jahre vergißt.
Du erhebest uns erst zu Idealen und stürzest
Gleich zur Natur uns zurück, glaubst du, wir danken dir das?
Mit der Eule gesiegelt? Da kann Minerva nicht weit seyn!
Ich erbreche, da fällt von und für Deutschland heraus.
Alles beginnt der Deutsche mit Feierlichkeit und so zieht auch
Diesem deutschen Journal blasend ein Spielmann voran.
Edles Organ, durch welches das deutsche Reich mit sich selbst spricht,
Geistreich, wie es hinein schallet, so schallt es heraus.
Woche für Woche zieht der Bettelkarren durch Deutschland,
Den auf schmutzigem Bock, Jakob, der Kutscher, regiert.
Zehnmal gelesne Gedanken auf zehnmal bedrucktem Papiere,
Auf zerriebenem Bley stumpfer und bleyerner Witz.
Auf dem Umschlag sieht man die Charitinnen, doch leider
Kehrt uns Aglaia den Theil, den ich nicht nennen darf, zu.
Deutsch in Künsten gewöhnlich heißt mittelmäßig! und bist du
Deutscher Monat, vielleicht auch so ein deutsches Produkt.
Dich, o Dämon! erwart ich und deine herschenden Launen,
Aber im härenen Sack schleppt sich ein Kobold dahin.
Deinen heiligen Nahmen kann nichts entehren, und wenn ihn
Auf sein Sudelgefäß Ewald, der frömmelnde, schreibt.
Wieland zeigt sich nur selten, doch sucht man gern die Gesellschaft,
Wo sich Wieland auch nur selten, der Seltene, zeigt.
Einige wandeln zu ernst, die andern schreiten verwegen,
Wenige gehen den Schritt, wie ihn das Publicum hält.
Trocken bist du und ernst, doch immer die würdige Göttinn,
Und so leyhest du auch gerne den Nahmen dem Heft.
Du bestrafest die Mode, bestrafest den Luxus, und beyde
Weißt du zu fördern, du bist ewig des Beyfalls gewiß.
Nun erwartet denn auch, für seine herzlichen Gaben,
Liebe Collegen, von euch unser Calender den Dank.
Sieben Städte zankten sich drum, ihn gebohren zu haben,
Nun da der Wolf ihn zerriß, nehme sich jede ihr Stück.
Weil du doch alles beschriebst, so beschreib uns zu gutem Beschlusse
Auch die Maschine noch, Freund, die dich so fertig bedient.
Deinen Nahmen les’ ich auf zwanzig Schriften, und dennoch
Ist es dein Nahme nur, Freund, den man in allen vermißt.
Deutschlands größte Männer und kleinste sind hier versammelt,
Jene gaben den Stoff, diese die Worte des Buchs.
Sieben Jahre nur währte der Krieg von welchem du singest?
Sieben Jahrhunderte, Freund, währt mir dein Heldengedicht.
Accipe facundi Culicem, studiose, Maronis,
Ne, nugis positis, arma virumque canas.
Vor Jahrhunderten hätte ein Dichter dieses gesungen?
Wie ist das möglich? Der Stoff ist ja von gestern und heut.
Menschenhaß? Nein davon verspürt’ ich beim heutigen Stücke
Keine Regung, jedoch Reue, die hab ich gefühlt.
Faust hat sich leider schon oft in Deutschland dem Teufel ergeben,
Doch so prosaisch noch nie schloß er den schrecklichen Bund.
Jetzt noch bist du Sibylle, bald wirst du Parce, doch fürcht ich,
Hört ihr alle zuletzt gräßlich als Furien auf.
Warum verzeyht mir Amanda den Scherz und Almansaris tobet?
Jene ist tugendhaft, Freund, diese beweiset, sie seys.
Wäre Natur und Genie von allen Menschen verehret,
Sag, was bliebe, Phantast, denn für ein Publikum dir?
Daß ihr seht, wie genau wir den Titel des Buches erfüllen,
Wird zur Erholung hiemit euch die Vernichtung gereicht.
Preise dem Kinde die Puppen, wofür es begierig die Groschen
Hinwirft, so bist du fürwahr Krämern und Kindern ein Gott.
Ein vor allemal willst du ein ewiges Leben mir schaffen?
Mach im zeitlichen doch mir nicht die Weile so lang.
Schade fürs schöne Talent des herrlichen Künstlers! O hätt er
Aus dem Marmorblock doch ein Crucifix uns gemacht!
Möge dein Lebensfaden sich spinnen, wie in der Prosa
Dein Periode, bey dem leider die Lachesis schläft.
Viele rühmen, sie habe Verstand; ich glaubs, für den einen
Den sie jedesmal liebt, hat sie auch wirklich Verstand.
Nichts als dein erstes fehlt dir, so wäre dein zweytes genießbar.
Aber dein Ganzes, mein Freund, ist ohne Salz und Geschmack.
Zu was Ende die welschen Nahmen für deutsche Personen?
Raubt es nicht allen Genuß an dem vortreflichen Werk?
Ist nur erst, Wieland heraus, so kommts an euch übrigen alle,
Und nach der Location! Habt nur einstweilen Geduld!
Eine Maschine besitz ich, die selber denkt, was sie drucket,
Obengenanntes Werk zeig ich zur Probe hier vor.
Einem Käsehandel verglich er eure Geschäfte?
Warlich der Kaiser, man siehts, war auf dem Leipziger Markt.
Wie auf dem Ü. fortan der theure Schnörkel zu sparen?
Auf die Antwort sind dreißig Dukaten gesetzt.
Jeder, siehst du ihn einzeln, ist leidlich klug und verständig,
Sind sie in Corpore, gleich wird dir ein Dummkopf daraus.
Prinzen und Grafen sind hier von den übrigen Hörern gesondert,
Wohl! Denn trennte der Stand nirgends, er trennte doch hier!
Eine hohe Noblesse bedien ich heut mit der Flöte,
Die, wie ganz Wien mir bezeugt, völlig wie Geige sich hört.
Einen Bedienten wünscht man zu haben, der leserlich schreibet
Und orthographisch, jedoch nichts in Bell-Letters gethan.
Wir versichern auf Ehre, daß wir einst witzig gewesen,
Sind wir auch hier, wir gestehns, herzlich geschmacklos und fad.
Nichts ist der Menschheit so wichtig, als ihre Bestimmung zu kennen;
Um zwölf Groschen courant wird sie bey mir jetzt verkauft.
Da die Metaphysik vor kurzem unbeerbt abgieng,
Werden die Dinge an sich morgen sub hasta verkauft.
Oefnet die Schranken! Bringet zwey Särge! Trompeter geblasen!
Almanachsritter heraus gegen den Ritter vom Sporn!
Zwanzig Begriffe wurden mir neulich diebisch entwendet,
Leicht sind sie kenntlich, es steht sauber mein I. K. darauf.
Wenn nicht alles mich trügt, so hab ich besagte Begriffe
In Herrn Jakobs zu Hall Schriften vor kurzem gesehn.
Furiose Geliebten sind meine Forcen im Schauspiel,
Und in der Comédie glänz ich als Brandteweinfrau.
Breiter wird immer die Welt und immer mehr neues geschiehet,
Ach! die Geschichte wird stets länger und kürzer das Brod!
Sehet wie artig der Frosch nicht hüpft! Doch find ich die hintern
Füsse um vieles zu lang, so wie die vordern zu kurz.
Jeder treibe sein Handwerk, doch immer steh es geschrieben:
Dieß ist das Handwerk, und der treibet das Handwerk geschickt.
Nicht viel fehlt dir, ein Meister nach meinen Begriffen zu heissen,
Nehm ich das einzige aus, daß du verrückt phantasierst.
Lieblich und zart sind deine Gefühle, gebildet dein Ausdruck,
Eins nur tadl’ ich, du bist frostig von Herzen und matt.
Du nur bist mir der würdige Dichter! es kommt dir auf eine
Platitüde nicht an, nur um natürlich zu seyn.
Vorn herein ließt sich das Lied nicht zum besten, ich les’ es von hinten,
Strophe für Strophe, und so nimmt es ganz artig sich aus.
Meine zarte Natur schockiert das grelle Gemählde,
Aber, von Langbein gemahlt, mag ich den Teufel recht gern.
Unsre Poeten sind seicht, doch das Unglück ließ sich vertuschen,
Hätten die Critiker nicht ach! so entsetzlich viel Geist.
Etwas wünscht’ ich zu sehn, ich wünschte einmal von den Freunden
Die das Schwache so schnell finden, das Gute zu sehn!
Alles in Deutschland hat sich in Prosa und Versen verschlimmert,
Ach und hinter uns liegt weit schon die goldene Zeit.
Philosophen verderben die Sprache, Poeten die Logik,
Und mit dem Menschenverstand kommt man durchs Leben nicht mehr.
Aus der Aesthetik, wohin sie gehört, verjagt man die Tugend,
Jagt sie, den lästigen Gast, in die Politik hinein.
Wohin wenden wir uns? Sind wir natürlich, so sind wir
Platt, und genieren wir uns, nennt man es abgeschmackt gar.
Schöne Naivetät der Stubenmädchen zu Leipzig,
Komm doch wieder, o komm, witzige Einfalt zurück!
Komm Comödie wieder, du ehrbare Wochenvisite,
Siegmund du süßer Amant, Maskarill spaßhafter Knecht.
Trauerspiele voll Salz, voll epigrammatischer Nadeln,
Und du Menuettschritt unsers geborgten Cothurns.
Philosophscher Roman, du Gliedermann, der so geduldig
Still hält, wenn die Natur gegen den Schneider sich wehrt.
Alte Prosa komm wieder, die alles so ehrlich heraussagt,
Was sie denkt und gedacht, auch was der Leser sich denkt.
Alles in Deutschland hat sich in Prosa und Versen verschlimmert,
Ach! und hinter uns liegt weit schon die goldene Zeit!
Wie die Nummern des Lotto, so zieht man hier die Autoren,
Wie sie kommen, nur daß niemand dabey was gewinnt.
Kaum hat das kalte Fieber der Gallomanie uns verlassen,
Bricht in der Gräcomanie gar noch ein hitziges aus.
Griechheit was war sie? Verstand und Maaß und Klarheit! drum dächt’ ich,
Etwas Geduld noch ihr Herrn, eh ihr von Griechheit uns sprecht.
Eine würdige Sache verfechtet ihr, nur mit Verstande
Bitt’ ich! daß sie zum Spott und zum Gelächter nicht wird!
Daß der Deutsche doch alles zu einem Aeussersten treibet,
Für Natur und Vernunft selbst, für die nüchterne schwärmt!
Völlig charakterlos ist die Poesie der Modernen,
Denn sie verstehen bloß charakteristisch zu seyn.
Unsre Tragödie spricht zum Verstand, drum zerreißt sie das Herz so,
Jene setzt in Affekt, darum beruhigt sie so!
Wir modernen, wir gehn erschüttert, gerührt aus dem Schauspiel,
Mit erleichterter Brust hüpfte der Grieche heraus.
Oedipus reißt die Augen sich aus, Jokasta erhenkt sich,
Beide schuldlos; das Stück hat sich harmonisch gelößt.
Endlich ist es heraus, warum uns Hamlet so anzieht,
Weil er, merket das wohl, ganz zur Verzweiflung uns bringt.
Freunde, bedenket euch wohl, die tiefere kühnere Wahrheit
Laut zu sagen, sogleich stellt man sie euch auf den Kopf.
Was sie gestern gelernt, das wollen sie heute schon lehren,
Ach! was haben die Herrn doch für ein kurzes Gedärm!
Jahre lang bildet der Meister und kann sich nimmer genug thun,
Dem genialen Geschlecht wird es im Traume bescheert!
Muse, wo führst du uns hin? Was, gar zu den Manen hinunter?
Hast du vergessen, daß wir nur Monodistichen sind?
Desto besser! Geflügelt wie ihr, dünnleibig und luftig,
Seele mehr als Gebein, wischt ihr als Schatten hindurch.
Hölle, jetzt nimm dich in Acht, es kommt ein Reisebeschreiber,
Und die Publicität deckt auch den Acheron auf.
Hekate! Keusche! dir schlacht ich die Kunst zu lieben von Manso,
Jungfer noch ist sie, sie hat nie was von Liebe gewußt.
Muß ich dich hier schon treffen Elpänor? Du bist mir gewaltig
Vorgelaufen! und wie? Gar mit gebrochnem Genick?
Ach, wie sie Freyheit schrien und Gleichheit, geschwind wollt ich folgen,
Und weil die Trepp’ mir zu lang däuchte, so sprang ich vom Dach.
Vormals im Leben ehrten wir dich, wie einen der Götter,
Nun du todt bist, so herrscht über die Geister dein Geist.
Laß dich den Tod nicht reuen Achill. Es lebet dein Nahme
In der Bibliothek schöner Scientien hoch.
Lieber möcht’ ich fürwahr dem Aermsten als Ackerknecht dienen,
Als des Gänsegeschlechts Führer seyn, wie du erzählst.
Du verkündige mir von meinen jungen Nepoten,
Ob in der Litteratur beyde noch walten und wie?
Freylich walten sie noch und bedrängen hart die Trojaner,
Schießen manchmal auch wohl blind in das Blaue hinein.
Melde mir auch, ob du Kunde vom alten Peleus vernahmest,
Ob er noch weit geehrt in den Kalendern sich ließt?
Ach! ihm mangelt leider die spannende Kraft und die Schnelle,
Die einst des G*** herrliche Saiten belebt.
Ajax, Telamons Sohn! So mußtest du selbst nach dem Tode
Noch forttragen den Groll wegen der Recension?
Jahre lang steh ich so hier, zur Hippokrene gebücket,
Lechzend vor Durst, doch der Quell, will ich ihn kosten, zerrinnt.
O ich Thor! Ich rasender Thor! Und rasend ein jeder
Der, auf des Weibes Rath horchend, den Freyheitsbaum pflanzt!
Wer ist der Wüthende da, der durch die Hölle so brüllet,
Und mit grimmiger Faust sich die Kokarde zerzaußt?
Bürger Odysseus! Wohl dir! Bescheiden ist deine Gemahlin,
Strickt dir die Strümpfe, und steckt keine drey Farben dir an!
Köpfe schaffet euch an, ihr Liebden! Thut es bey Zeiten!
Wer nicht hat, er verliert, auch was er hat, noch dazu!
Auch noch hier nicht zur Ruh, du unglückselger! Noch immer
Rollst du Bergauf wie einst, da du regiertest, den Stein!
Hüben über den Urnen! Wie anders ists als wir dachten!
Mein aufrichtiges Herz hat mir Vergebung erlangt.
Ach! Wie schrumpfen allhier die dicken Bände zusammen,
Einige werden belohnt, aber die meisten verziehn.
Ja! Du siehst mich unsterblich! „Das hast du uns ja in dem Phädon
Längst bewiesen“. – Mein Freund, freue dich, daß du es siehst!
„Worauf lauerst du hier?“ – Ich erwarte den dummen Gesellen,
Der sich so abgeschmackt über mein Leiden gefreut.
„Edler Schatten, du zürnst?“ – Ja über den lieblosen Bruder,
Der mein modernd Gebein lässet im Frieden nicht ruhn.
Einen wenigstens hofft’ ich von euch hier unten zu finden,
Aber beyde seyd ihr sterblich, drum lebt ihr zugleich.
Sage Freund, wie find ich denn dich in des Todes Behausung,
Ließ ich doch frisch und gesund dich in Berlin noch zurück?
Ach, das ist nur mein Leib, der in Almanachen noch umgeht,
Aber es schiffte schon längst über den Lethe der Geist.
Siehest du Wieland, so sag ihm: ich lasse mich schönstens bedanken.
Aber er that mir zuviel Ehr’ an, ich war doch ein Lump.
„Nun Freund, bist du versöhnt mit den Philosophen? Du hast sie
Oben im Leben, das weiß Jupiter! tüchtig geneckt“.
Rede leiser mein Freund. Zwar hab ich die Narren gezüchtigt,
Aber mit vielem Geschwätz oft auch die Klugen geplagt.
Kommst du aus Deutschland? Sieh mich doch an, ob ich wirklich ein solcher
Hasenfuß bin, als bey euch man in Gemählden mich zeigt?
Xenien nennet ihr euch? Ihr gebt euch für Küchenpräsente?
Ist man denn, mit Vergunst, spanischen Pfeffer bey euch?
Nicht doch! Aber es schwächten die vielen wäßrigten Speisen
So den Magen, daß jetzt Pfeffer und Wermuth nur hilft.
Wer von euch ist der Sänger der Ilias? Weils ihm so gut schmeckt,
Ist hier von Heynen ein Pack Göttinger Würste für ihn.
Mir her, ich sang der Könige Zwist! Ich die Schlacht bey den Schiffen!
Mir die Würste! ich sang, was auf dem Ida geschah!
Friede! Zerreißt mich nur nicht! die Würste werden nicht reichen,
Der sie schickte, er hat sich nur auf Einen versehn.
„Warlich, nichts lustigers weiß ich, als wenn die Tische recht voll sind,
Von Gebacknem und Fleisch, und wenn der Schenke nicht säumt –
Theilt euch wie Brüder! Es sind der Würste gerade zwey Dutzend,
Und wer Astyanax sang, nehme noch diese von mir.
Gut, daß ich euch, ihr Herren, in pleno beysammen hier finde,
Denn das Eine, was noth, treibt mich herunter zu euch.
Gleich zur Sache, mein Freund, Wir halten die Jenaer Zeitung
Hier in der Hölle und sind längst schon von allem belehrt.
Desto besser! So gebt mir, ich geh euch nicht eher vom Leibe,
Einen allgültigen Satz, und der auch allgemein gilt.
Cogito ergo sum. Ich denke und mithin, so bin ich,
Ist das Eine nur wahr, ist es das andre gewiß.
Denk ich, so bin ich! Wohl! Doch wer wird immer auch denken?
Oft schon war ich, und hab wirklich an gar nichts gedacht!
Weil es Dinge doch giebt, so giebt es ein Ding aller Dinge,
In dem Ding aller Ding schwimmen wir, wie wir so sind.
Just das Gegentheil sprech ich. Es giebt kein Ding als mich selber!
Alles andre, in mir steigt es als Blase nur auf.
Zweyerley Dinge laß ich passieren, die Welt und die Seele,
Keins weiß vom andern und doch deuten sie beyde auf Eins.
Von dem Ding weiß ich nichts, und weiß auch nichts von der Seele,
Beyde erscheinen mir nur, aber sie sind doch kein Schein.
Ich bin ich, und setze mich selbst, und setz ich mich selber
Als nicht gesetzt, nun gut! setz ich ein Nicht Ich dazu.
Vorstellung wenigstens ist; ein Vorgestelltes ist also,
Ein Vorstellendes auch, macht, mit der Vorstellung, drey!
Damit lock ich, ihr Herrn, noch keinen Hund aus dem Ofen,
Einen erkleklichen Satz will ich, und der auch was setzt.
Auf theoretischem Feld ist weiter nichts mehr zu finden,
Aber der praktische Satz gilt doch: Du kannst, denn du sollst!
Dacht’ ichs doch! Wissen sie nichts vernünftiges mehr zu erwiedern,
Schieben sies einem geschwind in das Gewissen hinein.
Rede nicht mit dem Volk, der Kant hat sie alle verwirret,
Mich frag, ich bin mir selbst auch in der Hölle noch gleich.
Jahre lang schon bedien ich mich meiner Nase zum Riechen,
Hab ich denn wirklich an sie auch ein erweisliches Recht?
Ein bedenklicher Fall! doch die Erste Possession scheint
Für dich zu sprechen, und so brauche sie immerhin fort.
Gerne dien ich den Freunden, doch thu ich es leider mit Neigung,
Und so wurmt es mir oft, daß ich nicht tugendhaft bin.
Da ist kein anderer Rath, du mußt suchen, sie zu verachten,
Und mit Abscheu alsdann thun, wie die Pflicht dir gebeut.
Endlich erblickt’ ich auch den gewaltigen Herkules! Seine
Uebersetzung! Er selbst leider war nicht mehr zu sehn.
Rings um schrie, wie Vögelgeschrey, das Geschrey der Tragöden
Und das Hundegebell der Dramaturgen um ihn.
Schauerlich staud das Ungethüm da. Gespannt war der Bogen,
Und der Pfeil auf der Senn’ traf noch beständig das Herz.
Welche noch kühnere That, Unglücklicher, wagest du jetzo,
Zu den Verstorbenen selbst niederzusteigen, ins Grab!
Wegen Tiresias mußt ich herab, den Seher zu fragen,
Wo ich den guten Geschmack fände, der nicht mehr zu sehn.
Glauben sie nicht der Natur und den alten Griechen, so hohlst du
Eine Dramaturgie ihnen vergeblich herauf.
O die Natur, die zeigt auf unsern Bühnen sich wieder,
Splitternackend, daß man jegliche Rippe ihr zählt.
Wie? So ist wirklich bey euch der alte Kothurnus zu sehen,
Den zu hohlen ich selbst stieg in des Tartarus Nacht?
Nichts mehr von diesem tragischen Spuk. Kaum einmal im Jahre
Geht dein geharnischter Geist über die Bretter hinweg.
Auch gut! Philosophie hat eure Gefühle geläutert,
Und vor dem heitern Humor fliehet der schwarze Affekt.
Ja, ein derber und trockener Spaß, nichts geht uns darüber,
Aber der Jammer auch, wenn er nur naß ist, gefällt.
Also sieht man bey euch den leichten Tanz der Thalia
Neben dem ernsten Gang, welchen Melpomene geht?
Keines von beyden! Uns kann nur das christlichmoralische rühren,
Und was recht populär, häuslich und bürgerlich ist.
Was? Es dürfte kein Cesar auf euren Bühnen sich zeigen,
Kein Anton, kein Orest, keine Andromacha mehr?
Nichts! Man siehet bey uns nur Pfarrer, Kommerzienräthe,
Fähndriche, Sekretairs oder Husarenmajors.
Aber ich bitte dich Freund, was kann denn dieser Misère
Großes begegnen, was kann großes denn durch sie geschehn?
Was? Sie machen Kabale, sie leyhen auf Pfänder, sie stecken
Silberne Löffel ein, wagen den Pranger und mehr.
Woher nehmt ihr denn aber das große gigantische Schicksal,
Welches den Menschen erhebt, wenn es den Menschen zermalmt?
Das sind Grillen! Uns selbst und unsre guten Bekannten,
Unsern Jammer und Noth suchen und finden wir hier.
Aber das habt ihr ja alles bequemer und besser zu Hause,
Warum entfliehet ihr euch, wenn ihr euch selber nur sucht?
Nimms nicht übel mein Heros. Das ist ein verschiedener Casus,
Das Geschick, das ist blind, und der Poet ist gerecht.
Also eure Natur, die erbärmliche, trift man auf euren
Bühnen, die große nur nicht, nicht die unendliche an?
Der Poet ist der Wirth und der letzte Actus, die Zeche,
Wenn sich das Laster erbricht, setzt sich die Tugend zu Tisch.
Aber jetzt rath ich euch, geht, sonst kommt noch gar der Gorgona
Fratze oder ein Band Oden von Haschka hervor.
Alles war nur ein Spiel! Ihr Freyer lebt ja noch alle,
Hier ist der Bogen und hier ist zu den Ringen der Platz.