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Winans’ neuer Dampfer

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Textdaten
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Titel: Winan’s neuer Dampfer
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 48, S. 692–694
Herausgeber: Ferdinand Stolle
Auflage:
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Erscheinungsdatum: 1858
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[692]

Winans’ Dampfschiff in See.

[693]

Winans’ neuer Dampfer.

Die Nordamerikaner gelten jetzt für die besten Schiffbauer; namentlich in der Herstellung von Segelschiffen haben sie eine unbestrittene Meisterschaft erlangt; ihre schnellsegelnden Kutter wetteifern beinahe mit den Dampfschiffen und noch immer ist man bemüht, die Schnelligkeit der Fahrt zu steigern. Immer und überall handelt ja dies merkwürdige Volk nach dem alten Spruche:

„Zeit ist Geld!“. Je mehr sie Zeit ersparen und gewinnen, um so mehr glauben sie, und mit Recht, Geld und Geldeswerth zu gewinnen. Daher ihre Hast und ihre Eile in Allem, daher auch ihr Streben, die Zeit so weit als möglich abzukürzen, welche ihre Schiffe zur Fahrt auf den Flüssen und über die Meere brauchen.

Hintere Ansicht von Winans’ Dampfschiff.
(Nach einer Photographie.)

Aus diesem Streben ist neuerdings der Plan zu einem Dampfschiffe hervorgegangen, das die Herren Winans[WS 1] jetzt in Baltimore bauen und beinahe vollendet haben. Ist dieser Plan ein richtiger, erreichen jene unternehmenden Schiffbauer ihren Zweck, so läßt sich erwarten, daß eine vollständige Aenderung im Schiffbau überhaupt eintritt. Ihr Dampfer unterscheidet sich vollständig von allem und jedem bisher bekannten Fahrzeuge; denn er hat keinen Kiel, keine Masten, kein Takelwerk, kein Deck, kein stumpfes Bug, keinen runden oder vierseitigen Stern. Er gleicht so ziemlich dem Körper eines riesigen Fisches, etwa eines Wallfisches, und noch mehr einer gigantischen Cigarre. Rund um die Mitte dieses cigarrenhaften Dampfers läuft ein Ring mit Schaufeln, die in richtigem Winkel angesetzt sind, um so auf das Wasser zu treffen, daß sie das Fahrzeug vorwärts treiben müssen. Dieser mächtige Ring wird sehr rasch und mit großer Gewalt um das Schiff herumgetrieben durch vier Dampfmaschinen, die in der Mitte stehen. Das Deck oder vielmehr der Raum, welchen man so nennen kann, ist nur ein kleines Segment des oberen rundlichen Theiles, mit einer Gallerie rund herum und Bänken, auf denen die Passagiere Platz nehmen können. An beiden Enden des Fahrzeuges unten befinden sich große spatenförmige Steuerruder. Wir setzen nur hinzu, daß dieser neue Dampfer 180 Fuß lang ist und daß die Erbauer die feste Ueberzeugung haben, mit demselben
binnen vier Tagen
von Amerika nach Europa zu fahren.

Eigenthümlicher Bau von Winans’ Dampfschiff.

In ihrem Programme, das sie in Bezug auf ihren neuen Dampfer erlassen haben, heißt es unter Anderem:

„Wir bauen denselben, um größere Sicherheit und Schnelligkeit, sowie dadurch wohlfeileren Transport zu ermöglichen. Da er ganz von Eisen gebaut ist, so steht nie eine Gefahr durch Feuer zu befürchten und wegen der von einander getrennten wässerdichten Gemächer kann auch nicht wohl ein Sinken in Folge von einem Zusammenstoße etc. erfolgen, denn es kann eins der Gemächer, ja es können mehrere sich mit Wasser füllen, ohne die Sicherheit des Ganzen ernstlich zu gefährden. [694] Die Gestalt des Schiffes ferner macht dasselbe stärker, als die übrigen, und gewährt dem Winde und den Wogen weit weniger Fläche, so daß die Gefahr durch schwere Wogen und durch Sturm ebenfalls verringert wird. Von je weniger Schwere das Schiff selbst ist, um so mehr Fracht kann es führen und um so weniger nimmt die Last des Schiffes allein von der bewegenden Kraft in Anspruch. Mit 200 Tonnen Kohlen an Bord wird dieser Dampfer 200 Passagiere, die Briefbeutel und werthvolle Fracht, wie Geld etc. befördern können und wir glauben, daß er die Fahrt nach England binnen vier Tagen zurücklegt.

„In Folge dieser raschen Fahrt können die Fahr- und Frachtpreise sehr bedeutend herabgesetzt werden und da eine Verminderung der Kostspieligkeit der Seereisen und des Seetransports, bei Erhöhung der Sicherheit, ein Gewinn für die Nationen ist, so dürfen wir wohl auf besondere Beachtung unseres Unternehmens rechnen.“



Anmerkungen (Wikisource)

  1. Ross Winans (1796–1877) und sein Sohn Thomas DeKay Winans (1820–1878)