Wilhelm Löhes Leben (Band 3)/Erstes Kapitel
« [[Wilhelm Löhes Leben (Band 3)/|]] | Johannes Deinzer Wilhelm Löhes Leben (Band 3) |
Zweites Kapitel » | |||
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
| |||||
Für eine seitenweise Ansicht und den Vergleich mit den zugrundegelegten Scans, klicke bitte auf die entsprechende Seitenzahl (in eckigen Klammern).
|
Der vorige Halbband hat Löhes kirchliche Kämpfe in der Heimat geschildert. Doch Löhe war keine polemische Natur, die nur in und von dem Kampf hätte leben mögen. Noch vor dem Schwert hatte er die Kelle zur friedlichen Arbeit an dem Bau der Mauern Zions in die Hand genommen. Bereits im Jahre 1841 begann seine Thätigkeit für die lutherische Kirche Nordamerikas, die etwa zwei Jahrzehnte seines kräftigsten Mannesalters hindurch sich fortsetzte und ohne Zweifel ein kirchengeschichtlich hochbedeutsames Stück seiner Lebensarbeit darstellt.
In ungesuchter Weise wurde Löhe zur Mitarbeiterschaft an dem Werk der inneren Mission in Nordamerika berufen. Wie alle seine Unternehmungen, so trug auch diese in ihrem bescheidenen, senfkornartigen, naturgemäß aus dem Bedürfnis erwachsenen Anfang das Siegel eines Gotteswerkes. Löhe war nicht der erste, der auf die Not der kirchlich verwahrlosten Glaubensgenossen in Amerika aufmerksam wurde und aufmerksam machte. Er empfing die Anregung hierzu von andern. Aber allerdings fiel der Funke am zündendsten in seine Seele und bald ward er für geraume Zeit der persönliche Mittelpunkt aller in Deutschland sich regenden Bestrebungen für die amerikanische Missionsthätigkeit.
| Im Jahre 1841 kam ihm nämlich bei einem Besuch in Erlangen der von einem Verein in Stade erlassene „Aufruf zur Unterstützung der deutsch-protestantischen Kirche in Nordamerika“ zu Gesicht, in welchem nach Mitteilungen Wyneckens die kirchliche Not der evangelischen Glaubensgenossen in Amerika beweglich geschildert und dringend um Hilfe gebeten war. Löhe benützte diesen Aufruf, um durch geeignete Mitteilungen aus demselben die Leser des damals von Wucherer herausgegebenen „Nördlinger Sonntagsblattes“ mit der Not der Glaubensgenossen in Nordamerika bekannt zu machen und zu teilnehmender Fürsorge für dieselben zu bewegen. Die Nr. 2 des Nördlinger Sonntagsblattes vom Jahre 1841 enthält Löhes „Ansprache an die Leser.“ Wir wollen wenigstens ein Bruchstück aus derselben hier mitteilen.„Vernehmet,Brüder, den Aufruf eines andern und beherziget ihn.
„Tausende von Familien, eure Glaubensgenossen, vielleicht gar nach dem Fleische eure Brüder und Schwestern, hungert nach der kräftigen Speise des Evangeliums; sie flehen zu euch mit Jammergeschrei: O helfet uns, gebt uns Prediger, die uns mit dem Brot des Lebens stärken, die uns durch das Wort des Herrn erbauen, die unsere Kinder in der Heilslehre Jesu unterrichten! O helfet uns, oder wir sind verloren! Warum helfet ihr nicht? Ist das Liebe zu Jesu? Ist das sein Gebot halten? Bedenket die Worte: Was ihr einem der geringsten meiner Brüder thut, das thut ihr mir.“
„Es ist buchstäblich wahr, daß viele unserer deutschen Brüder im Westen Nordamerikas also klagen. Und vieler Orten erhebt sich für sie überdies eine drohende Gefahr. In keinem Lande der Welt giebt es so viele christliche Sekten, als in Nordamerika; einige derselben haben schon auf die Niederlassungen unserer deutschen Brüder und Glaubensgenossen ihr Augenmerk und ihre Thätigkeit gerichtet; fremde Arbeiter wollen die Ernte gewinnen, während der HErr die Seinigen ruft. Sollen ihre Brüder nicht mehr in dem von dem Odem des HErrn erfüllten Dome ihrer Väter gläubig und beseligt anbeten, sondern in den Krankenhäusern der Sekten ruhen? Soll die deutsche Frömmigkeit in der neuen Welt unter Menschensatzungen verkümmern? Ich bitte euch um Christi willen, legt Hand an, tretet schleunigst zusammen! Beratet nicht lange! Eilet, eilet! Es gilt unsterbliche Seelen zu retten.“
Dieser Aufruf blieb nicht ohne Erfolg. In einem 1847 erschienenen Rechenschaftsbericht schildert Löhe selbst die weitere Entwicklung der Angelegenheit folgendermaßen:
| „Auf jenen Aufruf hin wurden teils mir, teils der Redaktion des Sonntagsblattes so viele Gaben zugestellt, daß wir bald eine Summe von 600 fl. beisammen hatten. Bereits während diese Summe heranwuchs, hatte sich zwischen mir und meinem Freunde Wucherer die Frage nach der zweckmäßigsten Verwendung des Geldes erhoben. An den Stader Verein es einzusenden, trugen wir damals Bedenken. Dagegen fanden wir es ganz thunlich, durch unsre geringen Erfolge die Thätigkeit des eben entstandenen Dresdener Vereins für Nordamerika zu unterstützen, denn zu selbständigem Wirken hatten wir keine Lust. Man hatte uns auch immer gesagt, daß in einem Binnenlande, wie unsre Heimat ist, eine selbständige Missionsthätigkeit nicht gedeihen könne. Da wir nun eben drauf und dran waren, unser Geld nach Dresden zu schicken, schickte uns seinerseits der Dresdener Verein einen jungen Mann zu, der für Amerika vorbereitet werden sollte, – und dadurch bekam unsere Sache eine unerwartete Wendung. Ein wackerer Schüler meines Freundes Wucherer, der Schuhmachergeselle Adam Ernst aus Öttingen, arbeitete zu Asch in Böhmen und las da den Hilferuf für Nordamerika. Schon längst hätte er gern sein Leben dem Missionsberuf weihen mögen; nun wußte er erst recht, wohin, und sein Verlangen wendete sich zu den deutschen Lutheranern Nordamerikas. Seine Freunde in Asch bestärkten ihn in seinen Vorsätzen und er bat deshalb den Dresdener Verein für die lutherische Kirche Nordamerikas um Aufnahme unter die Dresdener Zöglinge. Wäre er aufgenommen worden, so würde eben dadurch unser Entschluß, unsere Gaben nach Dresden zu schicken, befestigt und zur Ausführung gebracht worden sein. Allein die Dresdener Freunde wiesen den Bittsteller ab und machten ihn aufmerksam, daß er in seinen heimatlichen, bayrischen Gegenden Gelegenheit genug finden könne, sich für eine heilbringende Thätigkeit in Nordamerika vorzubereiten. Ernst wandte sich nun an seinen ehemaligen Seelsorger, Herrn| Pfarrer Wucherer, in dessen Sprengel er sein Handwerk erlernt hatte, – und nun hatten wir doch einen unverkennbaren Wink empfangen, die Sache selbständig anzugreifen. Wir thaten also von außen gedrungen, was zu thun wir nicht begehrt hatten.„Bald fand sich ein zweiter Schüler, Georg Burger aus Nördlingen, dazu. Wir hatten nun zwei Schüler und mußten uns besinnen, wie wir es anfangen wollten, um zu unserm Ziele zu gelangen. Wir müssen gestehen, daß es uns ging, wie allen, die ein neues Werk ohne alle Unterweisung anfangen: wir wußten nicht Bescheid. Nur so viel sahen wir, daß wir aus unsern zwei Schülern nichts Großes machen könnten. Zwei Schullehrer, die etwa nebenher aus ihrem Handwerk arbeiten und sich ihren Unterhalt selbst verdienen könnten – das war’s, was wir aus ihnen machen wollten.“
Demgemäß war denn auch der Unterricht, den beide bei Löhe genossen, ein sehr einfacher. Sie machten den Kurs der verschiedenen Elementargegenstände durch, als wären sie selbst Schüler. Sie übten sich alle Tage im schriftlichen Ausdruck der Gedanken und machten sich bei Erlernung des Englischen mit dem Grammatikalischen ihrer Muttersprache durch Vergleichen bekannt. Sie übten sich im Schönschreiben, lernten die Erdoberfläche genau kennen, trieben Welt- und Kirchengeschichte und lasen selbst viel kirchenhistorische Schriften. Auch hatten sie Gelegenheit, nicht bloß katechisieren und lehren zu hören, sondern sie teilten sich auch in den Unterricht eines fähigen, aber blinden Knaben. Biblische Geschichte und Glaubenslehre trieben sie mit Eifer, lernten auch die Gegensätze, namentlich der nordamerikanischen Parteien möglichst genau kennen. In der Gemeinde Neuendettelsau hatte ihr bescheidener und stiller Wandel ihnen Liebe erworben, auch waren sie für manches Gemeindeglied gute Engel gewesen und hatten an manchem Kranken- und Sterbebett zu Löhes großer Zufriedenheit die Friedensbotschaft| ausgerichtet, so daß Thränen und Dank von gar manchem Gemeindeglied ihnen nachfolgte, als sie – nach etwa einjähriger Vorbereitungszeit – am 11. Juli 1842 nach Amerika ausgesandt wurden.Das war der Anfang der amerikanischen Mission, die seitdem eine so unerwartete Ausdehnung gewonnen und einen so gesegneten Erfolg gehabt hat. Es waren bei der Ankunft der Sendlinge Löhes gerade 100 Jahre verflossen, seitdem „der Patriarch der lutherischen Kirche in Nordamerika“, Heinrich Melchior Mühlenberg, seinen Fuß auf amerikanischen Boden gesetzt hatte. Er war von dem jüngeren Francke in Halle zu den seit 1710 in Pennsylvanien eingewanderten deutschen Lutheranern gesendet worden, um sie mit Wort und Sakrament zu bedienen und zu Gemeinden zu sammeln. So war Halle wie die Wiege der lutherischen Heidenmission, auch der Ausgangspunkt der inneren Mission der lutherischen Kirche geworden, und Löhe war mit seiner auf kirchliche Versorgung der ausgewanderten Glaubensgenossen gerichteten Liebesthätigkeit in die Fußstapfen und gewissermaßen auch in die Arbeit jenes edlen Säemanns getreten, dessen Andenken von der lutherischen Kirche Nordamerikas heute noch dankbar verehrt wird. Eine so weit in die Vergangenheit zurückreichende und so ehrwürdige Vorgeschichte hatte das von Löhe in der unscheinbarsten Weise und mit den bescheidensten Absichten begonnene Missionswerk.
Wie bescheiden in der That die Ziele waren, die Löhe seiner Thätigkeit oder vielmehr derjenigen seiner Sendlinge steckte, ist am besten aus der schönen Instruktion zu ersehen, die er den beiden ersten „Nothelfern“ erteilte, und in welcher er ihnen, ohne es zu wissen, den besten Empfehlungsbrief, der ihnen allenthalben die Herzen gewann, auf die Reise mitgab. Wir glauben den Lesern wenigstens einige Bruchstücke aus dieser Instruktion mitteilen zu sollen.
1. Geliebte Brüder, Adam Ernst und Georg Burger! Ihr geht freiwillig nach Nordamerika, es hat Euch niemand überredet. Es ist Euch Euer Wagnis oft und nachdrücklich genug vorgestellt worden. Ihr habet die Schwierigkeiten selber eingesehen, seid aber dennoch bei Eurem Entschluß, zu gehen, geblieben. So lassen wir Euch ziehen. Der HErr nehme Euer Reisen zu Herzen! Er gebe Euch Weisheit, Stärke und Geduld, und setze Euch zum Segen! Es müsse von Euch geschrieben stehen: „Nach Deinem Siege wird Dir Dein Volk williglich dienen im heiligen Schmuck!“
2. Ihr reiset mit dem Wanderbuche als Handwerker. Das seid Ihr, das sollt Ihr bleiben. So Ihr Euch des schämen würdet, würdet Ihr eine Gnade entbehren, die Ihr so sehr bedürfet, die Demut. Gedenket an Apostelg. 18, 1–4; 20, 34. 1 Kor. 4, 12. Gedenket an den hl. Paulus 1 Kor. 9, 13 ff. und achtet es nicht für Verlust oder Schaden, wenn Ihr vom Evangelio, zu dessen Dienste Ihr Euch begebet, Euch weniger, als von Eurer Hände Arbeit nähret. Das „Wohl Dir“, welches Ihr Ps. 128, 2 leset, sei Eure Freude.
3. Ihr reiset in des HErrn Namen zu Seinem Werke. Lasset Euer Reisen durch Gottes Wort und Gebet geweiht werden! Wir machen es Euch im Namen Jesu zur Pflicht, keinen Morgen noch Abend Eurer Reise ohne Gebet, keinen Tag ohne Lesen der hl. Schrift hingehen zu lassen. Was allen Menschen allezeit geboten ist, ist Euch bei Eurem Reisen vornehmlich geboten, auf daß Ihr geheiligt werdet zu dem Werke, das Ihr begehret.
4. Gleichwie der HErr die Seinigen sandte je zween und zween, so bringen auch wir Euer zween dem HErrn zum Opfer dar. Seid aber Eins in brüderlicher Liebe! Zanket nicht unterwegs! Eure Rede sei allezeit lieblich und mit Salz gewürzet! Habt Salz bei Euch und Frieden untereinander! (Kol. 4, 6. Mark. 9, 50.) Trennet Euch nicht ohne Not! Seid Ihr aber beisammen, so verlange keiner von dem andern, was er nicht geben oder leisten kann! Seid zufrieden mit dem, was da ist, mit dem HErrn, dem Wort, dem Glauben, der Euch gemein ist! Einer trage des andern Last, so werdet Ihr das Gesetz Christi erfüllen.
5. Vergesset uns nicht, Eure Lehrer, die Euch das Wort Gottes gesagt haben, und Eure Freunde und Brüder im Vaterlande! Betet für uns, gleich wie wir für Euch, auf daß die Einigkeit des Geistes und die Gemeinschaft der Heiligen zwischen uns bestehe und grüne, und wir allezeit Glieder an Einem Leibe bleiben. Wir aber wünschen Euch Glück um Jerusalems und um Euretwillen.
| 6. Wenn Euch der HErr gnädiglich ans jenseitige Ufer gebracht hat, so wende sich ein jeglicher ungesäumt seinem Geschäfte zu und arbeite, bis der HErr ihm eine Thür aufthut. Lernet alsbald die dortige Weise Eures Geschäfts, auf daß Ihr Brot habet und dem HErrn an Seinem Evangelio nicht um Brot dienen müsset unter den Kindern der Welt. Sollte der eine oder der andere in seinem Geschäfte keine Arbeit finden, so schäme er sich keiner andern Arbeit. Der HErr wird Euch vielleicht wunderlich führen, aber Er wird Euch nicht verlassen, noch versäumen. Lasset Euch Seine Wege gefallen, wenn sie im Dunkeln gehen; so wird Euch das Licht immer wieder aufgehen, und Ihr werdet am Ende Ihn preisen, daß Er freundlich ist denen, die auf Ihn hoffen.7. Wenn Ihr angekommen seid, so erbietet Euch, sei’s durch eine gelesene Zeitschrift, sei’s auf anderm Wege, Euren Brüdern im Westen zu Elementar- und Religionslehrern....
8. Könnet Ihr Euch mit Eurer Arbeit an rechtgläubige und treue Prediger der Kirche anschließen, so versäumet es ja nicht, sondern seid freiwillig und mit Freuden denen unterthan, welche das Ältestenamt des HErrn bekleiden. Wohl Euch, wenn Ihr Euch anschließen könnet! Nichts ist gefährlicher, als allein stehen, sich selber raten, eigne Wege gehen. Nichts ist lieblicher dem Demütigen, als weisen Befehlen gehorchen. – Jedoch schließet Euch nicht leichtlich an, sondern prüfet die Geister, ob sie aus Gott sind. Denn wir hören, daß in Nordamerika die Schalkheit der Menschen groß sei.
9. Kommet Ihr in eine Gegend, wohin kein reisender Prediger der evangelisch-lutherischen Kirche leichtlich kommen kann und kommt, wo die Kinder ohne Taufe und Konfirmation, die Konfirmierten ohne Absolution und ohne das Sakrament des Altars, die Brautleute ohne Kopulation dahinleben und die Toten nicht bestattet werden, wie sich’s ziemt, so erbietet Euch einer evangelisch-lutherischen Synode oder einem evangelisch-lutherischen Ministerium zur Ordination auf die symbolischen Bücher der Kirche. Lasset Euch prüfen, wie der Apostel befiehlt, und wenn Ihr tüchtig erfunden werdet, so dienet dem HErrn im heiligen Amte bescheidentlich und nach der Kraft, welche der HErr darreichet. Es ist besser, daß die armen verlornen Schafe von Euch, als von gar niemand zur grünen Aue und zu den kühlen Bächen geleitet und geweidet werden, so bleiben sie doch bei der hl. Kirche und fallen nicht in die Hände der Irrlehrer und Sekten. – Werdet Ihr aber in diesem Notfall durch die Prüfenden nicht für tüchtig erfunden, so unterwindet Euch nicht selbst des hohen Amtes, (Jak. 3, 1 ff.) sondern dienet dem HErrn in der Schule.
| 10. Kämet Ihr je ins heilige Amt, so würdet Ihr von uns aus angewiesen sein, zu bedenken, daß es nichts Leichtes ist, Gottes Wort recht zu predigen, so leicht sich’s auch manche in jenem Lande machen, wo ein jeglicher an jeglichem Orte frei zu reden unternimmt. Für einen solchen Fall seid Ihr von uns zum voraus angewiesen, Euch aus Luthers Postillen oder den Predigten anderer rechtgläubiger Lehrer ehrlich und gründlich vorzubereiten und nichts Unbedachtes zu reden....Wir weisen Euch auf alle Fälle ernstlich an, alles lärmende, trommelnde, die Nerven und das Gefühl erregende, die Heilsordnung überrumpelnde Predigen der Methodisten zu vermeiden. Der HErr bewahre Euch vor dieser Weise und lasse Euch pflanzen und begießen in Frieden, wenn es sein Wille ist.
11. Ihr möget nun aber im priesterlichen oder im Schulamte arbeiten, so gebt Ihr uns durch Eures Namens Unterschrift, sowie durch dargereichte Bruderhand das Gelöbnis, Euch strenge zu der apostolischen, nun in der Zeit ihres Kampfes evangelisch-lutherisch genannten Kirche zu halten, und jede kirchliche Gemeinschaft andern Namens und Wesens zu vermeiden. Um der Verfassung, um des äußern Wandels ihrer Glieder willen ziehet keine andere Gemeinschaft, keine Sekte der Kirche vor. Da ist die Kirche Gottes, wo man das Wort und die heiligen Sakramente ohne Zu- und Abthun festhält. Bei der bleibet! – Nur für ihren Dienst haben wir Euch bisher unterstützt, nur für sie werden wir Euch ferner unterstützen. Wir verlangen daher von Euch zu möglicher Beruhigung unsrer Seelen und zur Kräftigung Eures Gewissens das schriftliche Gelöbnis, daß Ihr
- 1) bei den drei uralten Symbolen der heiligen Apostel, der Kirchenversammlung zu Nicäa, des heiligen Athanasius,
- 2) bei der unveränderten augsburgischen Konfession und deren Apologie,
- 3) bei den schmalkaldischen Artikeln,
- 4) bei den beiden Katechismen Luthers,
- 5) bei der Konkordienformel
verbleiben wollet.
12. Auch wenn Euch der HErr zum heiligen Amte beruft, sollt Ihr, sofern nicht das heilige Amt alle Eure Zeit wegnimmt, bei Eurem Handwerk bleiben, auf daß Ihr gedenket, von wannen Euch Gott genommen, – auf daß Ihr eine Erinnerung mehr zur Demut habet. Denn weil kein Mensch unter der Sonne ist, welcher zum Hochmut nicht immer neue Anfechtung hätte; so ist es gut, jedes gute Mittel gegen den Hochmut zu ergreifen, daß wir ja nicht Gott den HErrn selbst zum Widerstande haben.
| 13. Euren Wandel anlangend vermahnen wir Euch, daß Ihr Euch befleißiget, Euren Beruf mit jenen Tugenden und guten Werken zu zieren, welche St. Paulus seinen Schülern Timotheus und Titus und allen denen, die dem Evangelio dienen, befiehlt. Wandelt würdiglich, dem HErrn zu allem Gefallen. Wandelt vorsichtiglich, eingedenk, daß der Satan Euch und Euer Werk verderben will! Enthaltet Euch von fleischlichen Lüsten, welche wider die Seele streiten, und jaget nach der Reinigung und Heiligung der Seelen, ohne welche niemand den HErrn schauen wird! Der HErr aber wolle Euren Beruf und Erwählung fest machen, fest behalten bis ans Ende.14. Wir erwarten von Euch regelmäßige und fleißige Berichte und Briefe, auf daß wir allezeit wissen, was wir für Euch bitten und thun können und sollen. Die zwischen uns geschlossene Verbindung ist zu enge, auch für einen zu großen Zweck, als daß sie aufhören könnte. Wir müssen sie auch mit Aufopferung aufrecht erhalten.
15. Nach alledem sprechen wir noch unsern herzlichen Wunsch aus, daß es unsern Brüdern im Vaterlande möglich werden möge, eine umfassendere, kräftige Hilfe für die verlassenen lutherischen Glaubensgenossen in Amerika zu bereiten. Mögt Ihr die ersten Schwalben sein, die einen reichen Frühling verkündigen! Mögen aus den gesegneten deutschen Gauen Scharen von Evangelisten, begabt mit mancherlei Gaben, ausziehen, auf daß auch Amerika zu den Landen versammelt werde, von denen wir singen, daß sie „Seiner Ehre voll sind.“ Der HErr mache unser Hoffen wahr!
Dieses alles schreiben wir Euch nicht als Herren, sondern als Väter, – nicht im eignen Namen, sondern in Jesu Namen, – nicht in Hochmut, sondern in herzlicher Lust, Euch und dem Werke des HErrn zu dienen!
Gleichwie wir unsre Namen unter dieses Abschiedsschreiben setzen, also setzet auch Ihr, wenn Ihr mit uns einig seid, Eure Namen darunter und bezeuget dadurch vor uns und Euren Freunden, daß Ihr gelobet, was wir verlangen.
Der HErr segne Euch etc.
Neuendettelsau, am Sonnabend nach St. Johannis Bapt. Tag,
am 25. Junius, an welchem unsre Väter und Fürsten vor Kaiser
und Reich die Wahrheit bekannten, die auch wir bekennen.
Im Jahr 1842.
Johann Friedrich Wucherer, Hospitalprediger zu Nördlingen und Pfarrer von Baldingen. |
Johann Adam Ernst, |
Johann Konrad Wilhelm Löhe, Pfarrer zu Neuendettelsau. |
Johann Georg Burger. |
Dies war der ehemalige Pfarrer von Newark bei New-York, Friedrich Winkler, damals Professor am theologischen Seminar in Kolumbus, ein Mann, der Liebe zum deutschen Vaterlande im Herzen trug und auf den Universitäten Deutschlands auch deutsche theologische Bildung gewonnen hatte. Dieser sowohl als Pastor Stohlmann an der St. Matthäuskirche in New-York fanden Wohlgefallen an dem bescheidenen Vorhaben der zwei jungen Männer und an ihrer Instruktion. Die letztere nahm Professor Winkler, der ihnen voran nach Kolumbus reiste, in Abschrift mit sich und gewann damit den nachfolgenden Inhabern des Originals das Wohlwollen manches einflußreichen Mannes.
Bald fanden Ernst und Burger eine erwünschte Stellung in Kolumbus, Ohio. Der erstere übernahm eine neu errichtete deutsche Schule, die er mit steigendem Erfolg leitete, während er abends nach apostolischem Vorbild aus seinem Handwerk als Schuhmacher arbeitete; der andere, dessen Handwerk in Amerika keinen Boden fand, trat zu seiner weiteren Ausbildung in das dortige theologische Seminar ein.
Indessen war, noch im Sommer 1842, Pastor Wyneken, von| Geburt ein Hannoveraner, der aber nach Vollendung seiner Studien aus Mitleid mit der Not der verlassenen Glaubensgenossen nach Amerika ausgewandert war, – ein Mann von großer Energie des Willens und brünstigem Liebeseifer – nach Deutschland gekommen. Sein schriftlich von Amerika herüber erschollener Notruf war es gewesen, der von dem Stader Verein verbreitet worden war und in Deutschland überall großen Eindruck gemacht hatte. Das für das amerikanische Missionswerk auf diese Weise bereits angeregte Interesse blies seine Gegenwart allenthalben, wo er erschien, zur hellen Flamme an. Er kam auch ins Frankenland, und gar mancher schämte sich – wie Löhe schreibt – „neben der brennenden Liebesflamme seines Eifers kühl zu stehen.“ Wo sein beredtes mündliches Wort nicht hinreichte, da warb sein in der Zeitschrift für Protestantismus und Kirche 1842 erschienener Notruf der von ihm vertretenen Sache Freunde und Helfer. Die lutherische Christenheit Deutschlands vernahm aus seinem Munde vom Gestade des atlantischen Oceans her den dringenden Hilferuf des macedonischen Mannes: „Komm herüber und hilf uns!“ Sein machtvoller Appell an die Gewissen seiner deutschen Glaubensgenossen brachte diese zur Erkenntnis, daß die lutherische Kirche auch, ja vornehmlich, den Kindern vom eigenen Hause, ihren in der Zerstreuung gehenden Gliedern, ihre Liebe und Fürsorge schulde, daß neben der Heidenmission auch die sog. innere Mission ein gottgefälliges Werk sei, daß neben dem Befehl: „Gehet hin in alle Welt und lehret alle Heiden“ auch der andere stehe: „Als wir denn nun Zeit haben, so laßt uns Gutes thun an jedermann, allermeist aber an des Glaubens Genossen. Gal. 6, 10. Dieses Gotteswort aus apostolischem Munde hat die amerikanische Mission von Anfang an als ihren göttlichen Legitimationsbrief angesehen und in ihr Schild und Wappen genommen. Schon in Nr. 3 der kirchlichen Mitteilungen läßt sich Löhe hierüber also vernehmen: „Wir wollen den| Heiden keine Hilfe entziehen, wir helfen aus allen Kräften für sie mit. Wir erheben für die Nordamerikaner bloß deshalb unsre Stimme, weil man über den Heiden die armen Anverwandten und Glaubensgenossen[1] vergißt, weil die Liebe nicht bloß nach einer Seite hin, sondern nach allen Seiten hin thätig und hilfreich sein soll, weil es unchristlich und unnatürlich ist, die verlassenen Deutschen in Nordamerika zu vergessen und den Heiden nachzujagen, weil es thöricht ist, in Nordamerika mit Scheffeln auszuschütten und unter den Heiden wieder mit Löffeln einzufassen. Lobst Du den Jüngling, der in der Zeit seiner Erweckung alle Leute bekehren möchte, der Zeit und Kraft für das Seelenheil der Fremden aufopfert, während er gegen seine Angehörigen stumm, verschlossen, mürrisch, lieblos ist? Du lobst ihn gewiß nicht. Du strafst ihn, und mit Recht. Du rufst ihm ein: Dieses thun (dem Seelenheile Fremder dienen) und jenes nicht lassen (dem Seelenheile der Angehörigen dienen) zu. Dasselbe thue ich Dir. Hilf den Heiden, hilf mit aller Macht, aber vergiß nicht den Spruch von den Hausgenossen, nicht jenes „allermeist“ des Apostels, welches den Glaubensgenossen zu gute kommt; vergiß nicht, daß viele nordamerikanische Christen wirklich wieder ins Heidentum zurücksinken, weil sie der Hilfe des Vaterlands entbehren.“Während Wynekens Aufruf im Norden und Süden Deutschlands seine Wirkung that, und auch Löhe dadurch einen neuen Anstoß zu kräftigerer Fortsetzung seines eben begonnenen Werkes empfing, schien sich in Amerika der gewünschte kirchliche Anschließungspunkt zu finden, nach welchem die fernere Hilfe und Unterstützung von Deutschland aus hingelenkt werden könnte.
| Bald nach der Ankunft der ersten Sendlinge Löhes nämlich versammelte sich die Ohiosynode in Kolumbus und faßte hier den Beschluß, sich im Interesse der lutherischen Kirche Amerikas mit den Glaubensbrüdern in Deutschland in Verbindung zu setzen. Es ging auch alsbald ein Schreiben an Löhe und Wucherer ab, in welchem dringend um jährliche Zusendung einer Anzahl so vorgebildeter junger Männer (wie Ernst und Burger) und um Unterstützung der sehr dürftigen Bibliothek des Seminars der Synode mit guten theologischen Werken gebeten wurde.Damit waren verheißende Aussichten auf eine nachhaltigere und planvollere Thätigkeit zum Besten Amerikas eröffnet. So wurde denn eine Versammlung von Freunden der amerikanischen Sache nach Nürnberg anberaumt, die über die Mittel und Wege der Hilfeleistung beraten sollte. Man schwankte anfangs, ob man vor allen Dingen die Lehrkräfte des Seminars vermehren oder sich auch ferner mit Ausbildung und Zusendung von Nothelfern befassen sollte. Die erstere Hilfe schien die gründlichere zu sein. Es bestand auch – wenigstens für einen Augenblick – die Hoffnung, eine so ausgezeichnete Kraft, wie Dr. Delitzsch, damals Privatdocent in Leipzig, für das Seminar in Kolumbus zu gewinnen. Indes erkannte man bald, daß dieser Plan schon aus Mangel an Mitteln unausführbar sei, und beschloß deshalb, die Synode von Ohio nach ihrem Wunsch durch Zusendung von in der bisherigen Weise vorgebildeten Arbeitern und Sammlung guter theologischer Werke, davon mehrere bedeutende Sendungen rasch aufeinander nach Kolumbus gingen, zu unterstützen.
Aber auch dazu bedurfte man pekuniärer Mittel, die erst zu beschaffen waren. Einen Verein zu diesem Zweck zu gründen, der mit seinen Gaben das amerikanische Missionswerk trüge, fand man aus mancherlei Gründen nicht ratsam. Es ging aber auch nicht an,| die Sache, wie bisher, in den Grenzen eines Privatunternehmens weiter zu führen, da in diesem Falle das Gesetz nicht gestattete, Beiträge für den beabsichtigten Zweck zu sammeln. Da kam Löhe auf den kühnen Gedanken, ein Missionsblatt zu gründen, welches das Unternehmen nicht bloß geistig, sondern auch finanziell tragen und erhalten sollte. So entstanden die „kirchlichen Mitteilungen aus und über Nordamerika“, deren erster Jahrgang im Jahre 1843 und zwar in einer Auflage von 8000 Exemplaren gedruckt wurde. Gott ließ das Wagnis gelingen: das Blatt warf in der That am Ende des ersten Jahres einen Reingewinn von fast 2000 Gulden ab. Auf dieser Höhe hielt sich allerdings der Absatz nicht, doch wurde es im Jahre 1847 immer noch in einer Anzahl von 5500 Exemplaren verbreitet – ein nicht unbedeutender Erfolg bei einem Blatte, welches sich durch seine Eigenart so bestimmt von der Masse der „populär sein sollenden Missionsblätter voll Histörchen, Bildchen und pietistisch stereotyper Reden“ unterschied und weniger ein Blatt für geistliche Unterhaltung, als vielmehr „eine Art Aktensammlung sein sollte, die es den Freunden der Sache durch Darlegung von Thatsachen ermöglichte, ihren Zusammenhang und historischen Verlauf festhalten zu können.“ Höher noch als dieser materielle Erfolg war die kirchliche Mission anzuschlagen, die dem unscheinbaren Blatte von dem HErrn der Kirche vertraut wurde: an seinem Teile zur Vereinigung der edelsten Kräfte der damaligen lutherischen Kirche Deutschlands zu gemeinsamer Liebesarbeit auf Grund des Einen Glaubens und Bekenntnisses zu dienen und dem amerikanischen Missionswerk in seiner ersten Periode einen ökumenischen Charakter in des Wortes schönster Bedeutung aufzuprägen.Er wünschte vielmehr, die amerikanische Mission der allgemeinen „Synodalkonferenz“, einer Versammlung von Lutheranern aus allen deutschen Landeskirchen, die unter Dr. Rudelbachs Vorsitz im Jahre 1843 zum erstenmal in Leipzig zusammentrat, in die Hand zu legen. In seiner Zuschrift an diese Versammlung, der er nicht persönlich beiwohnen konnte, sagte er: „Mein Freund Wucherer und ich haben bisher die Sache geführt, und wo wir konnten, haben wir Hilfe, Rat und Teilnahme gesucht. Wir haben uns als Diener der Kirche in dieser Sache angesehen. Von dem Augenblick an, in welchem Sie dies lesen, sind wir nicht mehr allein. Unsre Brüder in der Nähe und die in der Ferne: in Sachsen, Schlesien und Hannover mögen diese Sache als die ihrige ansehen. Es liegt uns nicht daran zu regieren; Gott weiß es, daß wir nur dienen wollen. Wir wünschen nicht, daß Sie diesen Ausdruck unseres Sinnes als bescheiden aufnehmen und uns durch Belassung der Sache in unsern Händen wieder ehren. Hier herrsche kein eitles Rücksichtnehmen, sondern Wahrheit und Treue gegen den Erzbischof unsrer Seelen und Seine Sache. Was zu seines Reiches Mehrung, zum Heil der Seelen dienen kann, das werde von Ihnen beschlossen, und wenn Sie dann auch uns in die Gemeinsamkeit Ihrer Beschlüsse ziehen mögen, so wollen wir die Liebe preisen, die von Gott kommt und zu Gott die Herzen führt.“ Die allgemeine lutherische Konferenz begnügte sich jedoch mit einer, übrigens in würdigem Tone gehaltenen, Rudelbachs Geist atmenden Zuschrift an die lutherische Synode von Ohio und ließ das Werk in den Händen, in welchen es sich befand.
Dagegen fanden die Freunde des amerikanischen Werks in Bayern kräftige Beihilfe aus Hannover, wo gleichfalls von Wyneken| angeregt, der reichbegabte Dr. L. A. Petri, Pastor in der Stadt Hannover, in die Mitarbeit an dem in seiner ganzen Bedeutung für die lutherische Kirche Amerikas und Deutschlands von ihm erkannten Werk eintrat. Auch er lehnte bescheiden die ihm und den hannöverischen Freunden der Sache angetragene Leitung des Ganzen ab und schloß sich freudig Löhe und seinen Mitarbeitern als Helfer an. „Wir haben – so schrieb er am 19. Juli 1843 an Wucherer (denn der Name von Löhes Wohnort war ihm entfallen!) – nicht so viel tüchtige Kräfte bei einander als Sie in Bayern. Darum aber müssen nun Sie auch das Ganze leiten, es ist Ihnen historisch zugewachsen, und in Dresden hat man genug mit dem Missionswesen zu thun. Das öffentliche Organ dafür haben Sie zu meiner Freude (in den kirchlichen Mitteilungen) schon gegründet.“ Petri wollte, hierin ganz einig mit Löhe, das Werk der amerikanischen Mission in kirchlichem Geiste, „im Sinne von 1 Kor. 12“ (wie er schreibt) geleitet und betrieben wissen. Nicht in eigens ad hoc konstituierten Vereinen, sondern im Schoß der Gemeinden, durch deren freie Liebe sollten die Mittel für den Zweck aufgebracht, daher vor allem die Geistlichen für das Werk gewonnen werden. Das moderne Vereinswesen auf dem Gebiet kirchlicher Liebesarbeit sah Petri überhaupt als eine bedenkliche Erscheinung an. „Das Leben – meinte er – fliehe nur zu leicht aus der Kirche in die Vereine und die Kirche zerbröckele. Von Hamburg her werde bereits die Meinung laut, daß die Kirche sich aus den Vereinen neu konstituieren müsse.“ Er seinerseits wollte daher das Amt zum Mittelpunkt der kirchlichen Liebesthätigkeit gemacht wissen. Er teilte zu diesem Behufe das ganze hannöverische Land in gewisse Kreise und stellte für jeden derselben einen Amtsbruder auf, der die Sache in seiner Umgebung vertreten und mit den Freunden in der Hauptstadt, die als Komitee fungierten, sich ins Benehmen setzen sollte. In dieser frei organisierten Weise wurde eine geraume Reihe von| Jahren hindurch das amerikanische Missionswerk von den Freunden in Hannover aufs kräftigste unterstützt. Für eine ganze Anzahl von Sendlingen Löhes wurden durch Petri die Kosten der Überfahrt nach Amerika ganz oder teilweise gedeckt. Fleißige Frauenhände in Hannover fertigten für andere die Ausstattung an Leib- und Bettwäsche. Häufig sprachen die Neuendettelsauer Sendboten auf der Reise nach Bremen bei Petri vor und fanden bei ihm oder in befreundeten Häusern die gastfreieste Aufnahme. Als die ersten für Frankenmut bestimmten Kolonisten in Hannover eintrafen, wurden sie in Petris Haus gespeist und von ihm mit Gebet und Segenswunsch entlassen. Eine Reihe trefflicher hannöverischer Kandidaten wie Wolter, Röbbelen, Sievers etc. wurden durch seine Vermittlung der Arbeit in dem amerikanischen Weinberg zugeführt. Seinem ökumenisch gerichteten Geiste genügte es jedoch nicht, in seinem Heimatlande für Amerika Teilnahme geweckt zu haben; er hätte gern die ganze lutherische Kirche, zunächst deutscher Zunge, zur Mitarbeit an dem amerikanischen Missionswerk beigezogen. Darum war er eifrig bemüht, zwischen den in den verschiedenen lutherischen Landeskirchen Deutschlands entstandenen Vereinigungen für Amerika Verbindungslinien herzustellen.So dämmerte denn schon im Jahre 1843 die Überzeugung, daß Gottes Absicht, in welcher er Löhes erste Sendlinge nach Columbus geführt hatte, nicht die war, ihnen dort einen bleibenden Wirkungskreis anzuweisen, sondern nur, ihnen dort im lebendigen Widerstreit der kirchlichen und sprachlichen Gegensätze Gelegenheit zu verschaffen, das recht klar kennen zu lernen, was der lutherischen Kirche in Nordamerika not that. In Ohio, der damaligen Grenze des Ostens und Westens von Nordamerika, war man auf eine Warte gestellt, wo man das Gebiet des sektiererisch versetzten englischen Luthertums im Rücken, vor sich aber die unabsehbaren Strecken des Westens und seines unbebauten Landes voll neuer Ansiedler hatte, unter denen es eher gelingen mochte, deutsch-lutherische Gemeinden zu gründen. Das letztere wollten Löhe und seine Freunde. Es lag ihnen mehr an dem lutherischen Elemente als an dem deutschen; sie sahen aber, daß in Nordamerika beide sehr ineinander griffen, und daß man nur zum Schaden der ganzen Sache von der Pflege deutsch-nationalen Wesens absehen konnte.
Eine Weile freilich schien es, als ob die konfessionelle Richtung,| gestärkt durch Löhes Sendlinge, in der Ohiosynode die Oberhand gewinnen würde. Auf der Synode von Zanesville 1844 errang die deutsch-lutherische Sache einen vorübergehenden Sieg. Allein schon die nächste Synodalversammlung in Lancaster vom Jahr 1845 stieß die in Zanesville gefaßten Beschlüsse wieder um. Die englisch gesinnte Mehrheit entschied – unter Verletzung der Seminarskonstitution – daß im Seminar zu Columbus neben der deutschen Sprache die englische als Unterrichtssprache dienen sollte, ein Beschluß, der nach Lage der Dinge nur der erste Schritt zur völligen Anglisierung des Seminars sein konnte. Schlimmer noch war es, daß dieselbe Mehrheit einer Bittschrift der konfessionell gesinnten Minderheit um Abschaffung verschiedener unlutherischer Mißbräuche (Gebrauch der unierten Spendeformel beim heiligen Abendmahl, Bedienung reformiert-lutherischer Gemeinden etc.) in keinem Punkte Berücksichtigung zu teil werden ließ.Unter diesen Umständen war für Löhes Sendlinge nicht mehr länger ihres Bleibens in der Ohiosynode. Sie erklärten im September 1845 ihren Austritt aus derselben. Aus ähnlichen Gründen sagten sich im folgenden Jahre die der Michigansynode beigetretenen Sendlinge Löhes von derselben los.
So war eine Verbindung gelöst, welche beiderseits unter schönen Hoffnungen geschlossen war. Doch schied sich freilich nur, was innerlich nicht zusammengehörte und was sich von Anfang an nicht vereinigt haben würde, wenn man sich beiderseits richtig erkannt hätte.[3] Daß die Trennung dennoch nicht ohne Schmerz vor sich| ging, war begreiflich, ebenso daß man das Bedürfnis nach einem neuen Anschluß an wirklich gleichgesinnte Brüder fühlte, den auch Löhe für seine Sendlinge wünschte. Der Blick lenkte sich bald auf jenen kleinen Kreis sächsischer Geistlichen und Gemeinden, welche seiner Zeit von dem berüchtigten M. Stephan nach Amerika geführt, schrecklich getäuscht, aber auch durch Gottes Führung gnädig enttäuscht und durch das Feuer einer heißen Prüfung geläutert worden waren. Bereits im Jahre 1844 hatte ein Sendling Löhes, Hattstädt, den Auftrag erhalten, die Ansiedlungen der Sachsen in Missouri, namentlich den P. Walther in St. Louis zu besuchen, um, wo möglich, mit den sächsischen Brüdern eine Einigung anzubahnen. P. Ernst hatte gleichfalls schon länger auf diesen Plan hingearbeitet und in seinen Briefen an Löhe den Anschluß an die Sachsen empfohlen.Diesen Anschauungen gegenüber vertraten die Neuendettelsauer Sendlinge, namentlich Dr. Sihler, im Anfang die Löheschen Verfassungsideen nicht ohne Verständnis. Aus Stellen wie Akt. 15, 36; 1 Tim. 1, 3; 5, 20 etc. suchten sie die Schriftmäßigkeit und Ersprießlichkeit eines kirchlichen Aufsichtsamtes darzuthun.
Indes der ihnen imponierenden theologischen Überlegenheit Walthers gegenüber ließen sie die Vertretung dieser Gedanken nur zu bald fallen. Ihre Bedenken wegen der Gleichberechtigung der Gemeindedeputierten in der Synodalversammlung wußte Walther durch Hinweis auf Akt. 15, wonach man annehmen (!) müsse, daß auch die Gemeinde in der dem Apostelkonzil vorliegenden Frage mit beraten und beschlossen habe, zu beschwichtigen. Ihr Antrag, eine etwas größere Vollmacht in die Hände des Präses zu legen, wurde unter den in Amerika obwaltenden Verhältnissen als unausführbar bezeichnet und abgewiesen. Doch war der Wunsch nach einer synodalen Einigung auf beiden Seiten zu lebhaft, als daß man ihn so leichthin aufzugeben geneigt gewesen wäre.
Die sächsischen Pastoren in Missouri, damals erst 12 an der Zahl, sahen in dem Beitritt von Löhes Sendlingen, deren Zahl die ihrige bereits um das Doppelte überstieg, und die zum Teil schon ansehnliche Gemeinden im Osten Amerikas bedienten, eine willkommene Verstärkung ihres eigenen kleinen Heerlagers und eine Erfolg verheißende Förderung der Sache der lutherischen Kirche in Amerika überhaupt. Als P. Walther Löhes Sendlinge, die Pastoren Ernst und Lochner, zum ersten Male in St. Louis predigen hörte, vergoß er Thränen vor Freude, in ihnen Glaubensbrüder und Bundesgenossen gefunden zu haben. Andernteils fühlten Löhes| Sendlinge das lebhafte Bedürfnis einer Anlehnung an die in wissenschaftlicher und praktischer Hinsicht tüchtiger geschulten sächsischen Pastoren, durch welche sie – wie einer sich ausdrückte – von der eigenen theologischen Unzulänglichkeit befreit zu werden hofften. Sie hatten nur das Bedenken, ob sie ohne innere Untreue die Vertretung der Löheschen Gedanken über Kirchenverfassung fallen lassen könnten, und wandten sich deshalb an Löhe um Rat und Weisung. Löhe besaß Geistesfreiheit genug, sie unter den obwaltenden Umständen von einer solchen Pflicht zu entbinden. „Die Bedenken der sächsischen Brüder zu heben – schrieb er am 12. Oktober 1846 an Dr. Sihler –, bedürfte mein Gedanke einer Vertretung, welche gegenwärtig jenseits unmöglich ist. Ich schätze aber die Einigkeit viel höher als die Ausführung meiner liebsten Gedanken in dieser Sache. Es ist mein vollster Ernst, daß die Einigkeit auf Grund – nicht aller Worte Luthers (denn die Kirche ist ihm nicht in allem und jedem gefolgt) –, aber auf Grund der Concordia von 1580 die Hauptsache sei. Deswegen entbinde ich auch alle meine Freunde, welche gegen die neue Synodalverfassung einige Bedenken haben, hiermit einer jeden wahren oder geglaubten Verbindlichkeit, etwas anderes geltend zu machen, als in der Konferenz von Fort Wayne angenommen wurde. Sie können meines Ermessens mit voller Seelenruhe der Synode beitreten, und, wäre ich drüben, ich würde auch beitreten.“Auf die einzelnen missourischen Argumente und Einwendungen eingehend bemerkt Löhe sodann, daß die Berufung auf Akt. 15 irrig sei. „Wo steht dort von Deputierten? Die Gemeinde nimmt freien Anteil (an den Verhandlungen), was ihr natürlich zugestanden bleibt, aber von Vertretern der Gemeinden gegenüber den natürlichen und von Gott selbst bestellten Vertretern, den Hirten, ist Akt. 15 keine Rede. Das ist aber der casus, von dem sich’s bei Ihnen handelt. In Jerusalem beschließt das Presbyterium im Namen der freiwillig Anwesenden und Abwesenden etc.“ Auf die gegen seinen Wunsch einer mehr episkopalen Gestaltung des synodalen Regiments erhobenen Bedenken erwidert Löhe: „Mit dem Bischof fängt die Sache nicht an. Aber es muß doch visitiert, ordiniert etc. werden, und insofern muß, wenn irgend eine Ordnung sein soll, einem Geistlichen, er heiße nun Bischof, oder Inspektor, oder Superintendent etc., oder für verschiedene Bezirke mehreren Geistlichen, eine gewisse Pflicht, also auch ein Recht, aufgetragen werden. Dazu braucht’s aber wieder die Gemeinden nicht. Es ist das meiste erreicht, wenn der Pastor sich visitieren läßt und gehorcht. Auf der Gemeinden herzukommen kann man ruhig warten.“
Zuletzt schließt Löhe aber doch mit den Worten: „Die Einigkeit ist mir der schönste Punkt in der ganzen Entwicklung der Sache; ehe diese aufgegeben würde, dürfte alles andre weichen.“
Wirklich kam auch auf Grund jener in Fort Wayne entworfenen Vorlage die synodale Vereinigung der sächsischen Pastoren und der Sendlinge Löhes zustande. Im April 1847 hielt „die| deutsche evangelisch-lutherische Synode von Missouri, Ohio und andern Staaten“ ihre erste Synodalversammlung in Chicago. Eine für beide Teile wichtige und folgenreiche Verbindung war damit geschlossen worden. Hatten die Sachsen den Vorzug einer größeren Vertrautheit mit den amerikanischen Verhältnissen, einer schweren, aber heilsam läuternden Schule der Erfahrung und einer gründlicheren theologischen Durchbildung voraus, so waren sie doch in dem neu entstandenen Verhältnis keineswegs bloß der gebende Teil. Eine ganz objektive Betrachtung der geschichtlichen Thatsachen lehrt, daß erst von dieser Vereinigung an der Aufschwung und die gewaltige Expansionskraft der jetzigen Synode von Missouri datiert. Durch den Anschluß der Sendlinge Löhes wurden die sächsischen Pastoren und Gemeinden aus ihrer numerischen Unbedeutendheit, sowie aus ihrer Isoliertheit im Westen Nordamerikas herausgehoben und ihnen die Gelegenheit gegeben, auch in den gerade damals sich stark besiedelnden östlichen Staaten festen Fuß zu fassen; erst durch diesen Anschluß wurde unter Löhes Vermittlung wieder eine engere Fühlung zwischen ihnen und der heimatlichen Mutterkirche hergestellt und die Teilnahme der lutherischen Kreise Deutschlands für sie erweckt; ganz abgesehen von den bedeutenden materiellen Mitteln, welche Löhes Name und eifrige Fürsprache für sie warb. Beträchtliche Unterstützungen an Geld und an wertvollen theologischen Büchern flossen jahrelang durch seine Vermittlung den Brüdern in Amerika zu. Ein neu gegründetes praktisch-theologisches Seminar in Fort Wayne, sowie die Missionsstationen Frankenmut und Bethanien, von welchen später noch mehr die Rede sein wird, wurden nach kurzer Zeit der Synode von Missouri als Eigentum überlassen und auf diese Weise der Kreis ihrer Thätigkeit, sowie ihr synodaler Besitzstand erweitert. Nicht geringer war, was der Missourisynode durch Löhe oder durch seine Vermittlung zugesandt wurde. Kurz Löhe hatte nicht unrecht, später einmal zu sagen, er dürfe seine| und seiner Mitgenossen Arbeit zu dem jetzigen Stande der Missourisynode immerhin in ein ähnliches Verhältnis bringen, wie das des Säemanns zur Ernte und dürfe darum auch an dem mächtigen Gelingen und Gedeihen der Missourisynode sich freuen, wie man sich freuet in der Ernte.“Die neue Pflanzschule gedieh sichtlich; bereits nach zwei Jahren konnten 14 fertig ausgebildete Schüler von ihr entlassen werden. Auch die äußeren Verhältnisse gestalteten sich günstig. Es gelang Dr. Sihler, in nächster Nähe der Stadt ein sehr schönes 15 Acres großes Grundstück, auf dem sich ein massiv gebautes steinernes Haus mit verschiedenen landwirtschaftlichen Nebengebäuden befand, und zu dem ein wertvoller Obstgarten, ein hübsch angelegter Gemüse- und Blumengarten, außerdem gutes Acker- und Weideland, von einem munteren Bächlein durchrieselt und mit schattigen Baumgruppen bestanden, gehörte, um den Preis von 2500 Dollars zu kaufen. Andere Landerwerbungen hatten schon früher stattgefunden.
Zu der Zeit, in welcher diese Besitzerwerbung vor sich ging, war das Seminar indes schon der Missourisynode auf deren Bitte zum Eigentum übergeben worden. Löhe knüpfte die Cession des Seminars nur an die Bedingung, daß es für immer der lutherischen| Kirche durch Erziehung von Predigern und Hirten diene, daß die deutsche Sprache das alleinige Lehrmittel in demselben bleibe und daß es seiner ursprünglichen Bestimmung: eine praktische Pflanzschule von Predigern und Seelsorgern zu sein, treu erhalten und nicht in eine gelehrt-theologische Anstalt umgewandelt werde.Bezeichnend, weil bereits den Keim der späteren Differenzen ahnen lassend, ist der Schluß der Cessionsurkunde. „Wir haben – schreibt Löhe – mit herzlichem Bedauern bemerkt, daß sich Ihre Synodalkonstitution so, wie sie nun feststeht, dem Vorbild der ersten Gemeinden nicht völlig anschließen konnte, und wir fürchten gewiß mit vollem Rechte, daß die grundsätzliche starke Einmischung demokratischer, independentischer, kongregationaler Principien in Ihre Kirchenverfassung größeren Schaden anrichten wird, als ihn die Einmischung der Fürsten und Obrigkeiten unsrer heimatlichen Kirche gebracht hat. genaue Kenntnisnahme der vielen Belehrungen der heiligen Apostel über den Organismus der Kirche und der Seelsorge im großen hätte die teueren Brüder aus den Laien ein Besseres lehren können. Verfassung ist ein dogmatisches, aber kein praktisches Adiaphoron. Möge, was das Neue Testament über Verfassung, Organismus und Seelsorge der Gemeinden im ganzen und großen lehrt, ein rechtes Augenmerk des neuen Seminars sein.... Will man eine größere zusammenhangende Kirche sammeln, die eine Freistatt gejagter Seelen sei, so muß man dafür sorgen, daß sie eine heilige Form und Gestalt habe, an welcher sie erkannt und gefaßt werden kann.“
Die hier sich bereits ankündigenden Differenzen führten leider bald genug zu einer Spannung und endlich zu einer Lösung des Verhältnisses zwischen Löhe und dem Seminar zu Fort Wayne. Die geflissentliche Betonung ihrer eigenen Überzeugungen in den streitigen Lehren, wozu sich die Missourisynode durch ihren Gegensatz gegen Grabau veranlaßt sah, machte sich auch in dem theologischen| Unterricht im Seminar fühlbar. In den einheimischen Zöglingen des Seminars und den aus der inzwischen ins Leben getretenen Vorbereitungsanstalt in Nürnberg demselben zugesandten Schülern stießen die beiden Richtungen aufeinander, was zu mancherlei Reibungen und Unzuträglichkeiten führte. Und wenn, was ja leicht begreiflich der häufigere Fall war, die deutschen Sendlinge rasch nach ihrer Ankunft in Amerika der im Seminar herrschenden Richtung der Synode zufielen, so konnte es nicht fehlen, daß sie in eine peinliche Stellung zu ihren alten Lehrern in Deutschland gerieten, ja manchmal in dem Eifer von Neubekehrten der schuldigen Pietät gegen dieselben vergaßen, so daß Löhe in einem Brief vom 22. Februar 1851 sich bei Sihler über unehrerbietige briefliche Äußerungen ehemaliger Schüler der Nürnberger Anstalt gegen ihre dortigen Lehrer beschwerte, ja bereits den Plan bewegte, bis zum Austrag des Streits die Absendung weiterer Schüler nach Fort Wayne zu sistieren. Sihler, der in seiner Stellung als Vorstand des Seminars in Fort Wayne von dem drohenden Konflikt am unmittelbarsten berührt werden mußte, ließ es sich ein großes Anliegen sein, den Riß zu verhüten. Allein bei aller Lauterkeit und Herzlichkeit der Gesinnung, die seine Briefe atmen, konnten seine Bemühungen nicht gelingen, da er selbst bereits völlig in der missourischen Doktrin gefangen war. Noch erhoffte er ein günstiges Resultat von der Besuchsreise der beiden missourischen Delegaten Walther und Wynecken in Deutschland und ihren mündlichen Verhandlungen mit Löhe. Allein auch diese Hoffnung ging leider nicht in Erfüllung. Doch davon werden wir später zu berichten haben.Zunächst liegt es uns ob, über zwei andere Unternehmungen, durch welche der ursprüngliche Plan des amerikanischen Missionswerks erweitert wurde, zu berichten, nämlich über die Missionsthätigkeit unter den Indianern und über die Kolonisation in Michigan.
- ↑ Wyneken berechnete die Zahl der damals (1842) in Amerika zerstreut lebenden lutherischen Christen auf etwa 11/2 Millionen, zu deren geistlicher Bedienung nicht mehr als etwa 350 Prediger vorhanden waren.
- ↑ „Persönlichkeit – schrieb Löhe an Petri – ist mehr als Gelehrsamkeit. Vor meiner Ausgabe des Raymundus de Sabunde (oculus fidei) ist eine Eule, eine Taube und ein Adler abgebildet. So sehr ich den Adler der Taube vorziehe, so sehr diese der Eule.“
- ↑ Allerdings fanden manche Freunde des amerikanischen Werks in Deutschland diese Trennung der Sendlinge Löhes von der Ohiosqnode übereilt und sein Dringen auf Pflege und Erhaltung nationaldeutschen Wesens in Amerika unnötig. – Löhe rechtfertigte sein und seiner Sendlinge Verhalten. „Deutsche Seminarien – sagte er – sind durchaus notwendig, wenn bei fortschreitender Anglisierung der Deutschen dereinst eine lutherische Kirche in englischer Zunge [25] bekennen soll. Von ihnen aus muß eine englisch-lutherische Literatur erblühen. Dann können sie, wenns sein soll, der Kirche wegen schlafen gehen. Noch aber giebt es (anno 1846) keine englisch geschriebenen Bücher unsrer Kirche, nicht einmal eine englische Übersetzung der symbolischen Bücher.“ Über Recht und Pflicht der Trennung von der Ohiosynode äußerte er: „Die Verhandlungen der Synode beweisen, daß der Wille nicht da ist, den Lehren unsrer Kirche sich völlig anzuschließen. Wir haben unsre Leute nicht hinübergeschickt, um in einem Lande voll werdender Verhältnisse sich mit einer unreinen Synode zu schleppen. Wo jedermann baut und pflanzt, wo man ungehindert Neues und Besseres bauen kann, da wäre es meines Erachtens Sünde, wenn man beim Alten, das man beim Anschluß nicht so gekannt, aus verkehrter Rücksicht festhalten wollte. Man muß auch nicht vergessen, daß unsre Brüder durch ihr Verbleiben in der Ohiosynode auch den edelsten Kindern unsrer Kirche in Nordamerika, den ehemaligen Stephanisten in Missouri etc. Ärgernis gegeben hätten, denen man jedenfalls die erste Rücksicht schuldig war, weil Wahrheit und Liebe die innigste Verschmelzung mit ihnen erheischt.“
« [[Wilhelm Löhes Leben (Band 3)/|]] | Johannes Deinzer Wilhelm Löhes Leben (Band 3) |
Zweites Kapitel » | |||
Für eine seitenweise Ansicht und den Vergleich mit den zugrundegelegten Scans, klicke bitte auf die entsprechende Seitenzahl (in eckigen Klammern).
|