Zum Inhalt springen

Wildemann

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
Autor: August Ey
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Wildemann
Untertitel:
aus: Allgemeiner Harz-Berg-Kalender für das Schaltjahr 1916 S. 65
Herausgeber:
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum:
Verlag:
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort:
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft: Harzmärchenbuch oder Sagen und Märchen aus dem Oberharze
Quelle: Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
unkorrigiert
Dieser Text wurde noch nicht Korrektur gelesen. Allgemeine Hinweise dazu findest du bei den Erklärungen über Bearbeitungsstände.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite


[65]
Sagen und Märchen aus dem Harz.

Wildemann.


     Als die ersten Bergleute in den Harz kamen und von Zellerfeld aus in die Umgegend gingen und Erze suchten, kamen sie auch in das Innerstetal, da, wo jetzt die Bergstadt Wildemann ist. Die Innerste war gerade angeschwollen gewesen und hatte einige Gänge aufgewaschen; diese fanden die Bergleute, dabei gerieten sie aber auch auf eine Menschenspur, die im Innersteschlamm zu sehen war. Die Bergleute wußten, daß keine Menschen weiter im Harz waren, als sie; deshalb suchten sie weiter und sahen bald darauf einen Menschen in der Nähe der Gänge, der lief nackend und sein Weib auch, beide hatten Mooskappen auf dem Kopf und einen Laubgürtel um den Leib. Wenn die Bergleute ihnen nahe kamen, so rannten sie fort, so scheu und wild waren sie, und verstanden auch nicht, wenn sie gerufen wurden. Oft hatten die Bergleute Jagd darauf gemacht, sie aber niemals erwischt. Die Bergleute gaben sich alle mögliche Mühe, die Menschen zu fassen, es mißlang aber immer. Endlich verwundete man den Mann so, daß er nicht fort konnte und fing ihn dadurch. Er war groß und stark, hatte einen langen dicken Bart und lebte mit seinem Weibe, das ihm ähnlich war, in dieser Einsamkeit des Waldes. Sie nährten sich von Beeren und Wildfleisch, und der Mann hatte einen ziemlich starken Tannenbaum in der Hand, den er auch als Waffe gebrauchte. Dabei konnten sie furchtbar schnell laufen, waren gelenk wie die Eidechsen, und stark wie Riesen. Es war daher keine Kleinigkeit, den Mann zu fangen. Was das für ein Kampf war, kann man gar nicht erzählen. Als sie den wilden Mann gefangen hatten, – sollte er arbeiten, er tat’s aber nicht. Man fragte ihn, woher er wäre, und was er getan hätte, er antwortete aber nicht. Man reichte ihm Essen und Trinken, er berührte nichts. Dabei sah er immer nach der Gegend hin, wo die Gänge waren, als könne er sich nicht davon trennen. Bis dahin hatte man zwar Ganggestein gefunden, aber es war kein Erz darin. Da nun der Mann durchaus stumm war und blieb und auch kein Wort verstehen wollte oder konnte, so schickte man ihn nach Braunschweig zum Herzog. Der Herzog bekam ihn aber nicht zu sehen, denn auf dem Wege dahin war er gestorben. An dem Tage, an dem die Nachricht zurück kam, daß der wilde Mann unterwegs gestorben wäre, gruben die Bergleute an der Innerste das erste Erz auf, das war sehr reich an Silber, und die erste Grube daselbst wurde der alte Wildemann, jetzt Ernst August genannt. Zum Andenken an den wilden Mann, der wahrscheinlich die Gänge so lange taub gemacht, so lange er lebte, pflanzte man auf die Stelle, wo er gefangen war, eine Linde, baute sich da an, nannte den Ort Wildemann und nahm das Bild des Wildenmanns in das Stadtsiegel auf, daher der Name und das Wappen der Bergstadt Wildemann. Die Linde steht jetzt noch vor dem Rathause, ist aber ganz hohl, darin sind aber drei junge Linden empor gewachsen, die sie stützen, und erneuen die alte Linde.