Wie man heute die Spalten eines Blattes füllt
[326] Wie man heute die Spalten eines Blattes füllt, das lehrt uns die in Basel erscheinende „Allgemeine Schweizer Zeitung“ in der Beilage zu ihrer Nr. 56. Wir finden daselbst einen längeren Artikel „Das Weib eines Juden. Nach den Aufzeichnungen eines Großneffen desselben für das Feuilleton der ‚Allgemeinen Schweizer Zeitung‘ skizzirt von L. G.“ Die Skizze ist nach Inhalt und Form (wenigstens soweit die angezogene Nr. 56 sie zur Einsicht bringt) nichts als ein durch unwesentliche Weglassungen und Hinzufügungen nothdürftig bemäntelter Abklatsch der schönen Mosenthal’schen Historie von der Tante Guttraud, welche wir in unserer Nr. 2 dieses Jahrgangs unter dem Titel „Aus dem jüdischen Familienleben“ zum Abdrucke brachten – und die „Allgemeine Schweizer Zeitung“ ist dreist genug, dieses durch unser Blatt schon Millionen Lesern bekannt gewordene Lebensbild nicht nur ohne Angabe der Quelle, sondern sogar mit dem lügnerischen Zusatze „für das Feuilleton der ‚Allgemeinen Schweizer Zeitung‘ skizzirt“ wiederzugeben. Man weiß nicht, soll man über die Naivetät, mit welcher dieses publicistische Schmarotzerthum sich in Scene setzt, lachen oder die bodenlose moralische Versumpftheit, welche dieser Fall bekundet, im Interesse der Journalistik beklagen?