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Wie das Geschlecht derer von Pflug zu ihrem Wappen gekommen ist

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Textdaten
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Autor: Johann Georg Theodor Grässe
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Titel: Wie das Geschlecht derer von Pflug zu ihrem Wappen gekommen ist
Untertitel:
aus: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen, Band 1. S. 74-76
Herausgeber:
Auflage: Zweite verbesserte und vermehrte Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1874
Verlag: Schönfeld
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Erscheinungsort: Dresden
Übersetzer:
Originaltitel:
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Originalherkunft:
Quelle: Google-USA* und Commons
Kurzbeschreibung:
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[74]
71) Wie das Geschlecht derer von Pflug zu ihrem Wappen gekommen ist.
Aen. Sylvii Bohemia. c. 6. Hagek, Böhm. Chr. S. 12. sq. Ziegler, Histor. Labyrinth der Zeit. S. 123. Nr. 73. König, Adelshist. Bd. III, S. 803 sq.

Der Nachfolger des ersten Böhmenkönigs Czech, Croco, ein gewaltiger Zauberer, hinterließ bei seinem Tode (709) drei Töchter, Namens Kascha, Tecka und Libussa, so ebenfalls in allen Zauberkünsten wohl erfahren waren. Von diesen gelangte jedoch nur die jüngste, die Libussa, zur Regierung und herrschte ganz mild und löblich auf dem Wissherad zu Prag. Gleichwohl waren die Böhmen nicht lange mit dem Weiberregiment zufrieden, sondern verlangten einen König. Libussa ließ also eines Tags (10. Mai 722) das ganze Volk auf dem Wissherad zusammenkommen und fragte sie, ob sie einen Fürsten haben wollten, und da sie einmüthig ja sagten, so sprach sie: „sehet dort hinter den Bergen bei einem kleinen Wasserfluß, der Bila heißt, da liegt das Dorf Staditz, nicht weit davon ein Acker, 120 Schritte breit und lang, auf welchem Euer Fürst mit zwei scheckigen Ochsen pflügt, der heißt Primislaus, der wird Euere Hälse beugen, und sein Geschlecht wird Euch 584 Jahre beherrschen.“ Diese Weissagungen empfing sie aber von einer güldenen Kröte, in der ihr Hausgeist wohnte. Hierauf erwählte sie dreißig Mann, denen ließ sie ihren Reitschimmel ungezäumt vorführen und sagte zu ihnen: „folget meinem Pferde nach, wo es hingeht, denn der Weg ist ihm gar wohl bekannt, vor dem Manne nun, wo es wird stehen bleiben, wiehern und auf die Knie fallen, da bleibt auch Ihr stehen, denn der ist es, der Euch beherrschen soll. Ihr werdet mir aber nicht eher glauben, bis Ihr Euern Fürsten auf einem eisernen Tische essen sehet: seyd aber unterwegs ja friedlich, denn Euer Zank auf dieser Reise wird [75] Euern Nachkommen nach 1000 Jahren schaden.“ Die Gesandtschaft, welche dem Roß gefolgt, traf auch richtig den Primislaus an Ort und Stelle an, und da das Pferd sofort vor ihm auf die Knie sank, so veranlaßte dies die Gesandten, ihm der Libussa Befehl und des Volkes Verlangen zu entdecken, worüber Primislaus ganz bestürzt war. Endlich steckte er eine Ruthe in die Erde und sprach, es sey denn daß diese grüne und blühe, sonst könne er es nicht glauben, spannte dann die Ochsen aus und sagte: gehet hin wo Ihr hin wollt. Worauf aber Primislaus mit denselben einen gewaltigen Sprung in die Wolken that, von dem die Ochsen jedoch nicht wieder zum Vorschein gekommen sind, die häselne Ruthe hat sogleich zu grünen, drei Zweige mit Blättern zu treiben und zu wachsen angefangen, auch in demselben Augenblick Früchte hervorgebracht, aus welchen nachgehends eine Haselstaude geworden, so noch heutzutage bei dem Dorfe Staditz steht und über welche Kaiser Karl IV. i. J. 1359 ein Privilegium an zwei Feldnachbarn des Primislaus gegeben hat, daß diese frei von allen Abgaben und Frohnen sein sollten (weil sie damals die einzigen gewesen, die Primislaus Glück gewünscht), dafür aber die Haselstaude zu pflegen und die Nüsse, welche sie trüge, nach Prag an die königliche Kammer abzuliefern hätten. Dann hat Primislaus den Pflug umgewendet, ein Stück schimmlig Brod und Quark hervorgezogen, solches auf den Pflug gelegt und die Gesandten zu Gaste gebeten, welche sich um den Pflug herum auf die Erde setzten und sich mit Brod und Wasser tractiren ließen, dabei aber fleißig an Libussä Worte dachten. Nach geendigter schlechter Mahlzeit legten sie Primislaus das fürstliche Kleid an und zogen ab gen Prag, da denn dieser seine Schuhe von Lindenbast zum Gedächtniß mitnahm, welche erst in den hussitischen Unruhen verloren gegangen sind. Als sich nun dieser bäuerische Prinz dem Schlosse nahete, kam ihm Libussa mit ihrem Frauenzimmer entgegen, führte ihn in ihr Zimmer, tractirte ihn mit Wildpret und Meth und hielt auch noch an demselben Abend ihr Beilager mit ihm. Deshalb hat aber [76] Primislaus zum stets währenden Angedenken dieser wunderwürdigen Begebenheit seines Bruders Sohne den Namen Pflug nebst dem Wappen gegeben, ihn auch nach und nach mit ansehnlichen Gütern versorgt. Nach dem Absterben König Wenzel’s III. von Böhmen hat aber eine große Parthei Herrn Ulrich Pflug zu Rabenstein (1306) zum König wählen wollen, sie sind aber nicht durchgedrungen, wohl aber hat nachmals, als Herzog Johann der Lützelburger den böhmischen Thron bestieg, derselbe diesen Pflug, um ihn zu entschädigen, zu seinen obersten Kämmerer und in seiner Abwesenheit zu seinen Stellvertreter gemacht.