Die Wiedergabe folgt in der Schreibweise der Vorlage.
Abkürzungen sind aufgelöst.
Überschriebene e über den Vokalen a, o und u werden als moderne Umlaute transkribiert.
Weiberspiegel /
Darinnen der drey allerschönsten Matronen Conterfect
vnd Bildnuß / einem jeglichen (so sie von nöthen) zum besten
vorgestellt vnd fürgemahlet wird.
die Liebe Lucretia.
die Kluge Cleopatra.
die Schöne Helena
O Lieber Leser schaw hie an /
Die drey schönsten Weibsbilder stahn /
Vor männiglich beysammen da /
Das erst ist die schön Helena,
War ein Kön’gin in Griechenland /
Ihr Lob ist weit vnd breit bekannt. Lucretia die ander heist /
Ein Edle Römerin gepreist. Cleopatra, ein Königin /
War auch gar schön vnd klug von Sinn.
Durch sie wird angedeut erstlich
Den jungen Gsellen / welche sich
In jhrer Mannbarn besten zeit /
Vnd Alter / vmbsehen nach Frewd /
Vnter den Jungfrawen mit fleiß /
Nach Weibsbildern zu gleicher weiß /
Damit sie ein solche / so schön /
Wie die Helena hie thut stehn /
Oder wie die Lucretia,
Vnd die kluge Cleopatra,
Möchten nach jhrem Willn erkiesn /
Vnd in dem Ehstand wol geniesn /
Wie sie dann auch insonderheit
Damit vertreiben lange zeit /
Vnd sich mancher so lang vexiert /
Biß dz letzlich gar nichts drauß wird /
Auch weiln es sonsten in der Welt
Pflegt herzugehn / wie man dann meld
Bey manchem nach seiner Meynung /
Die ist nicht schön / die ist nicht jung /
Die ist nicht reich genug an Gelt /
Vnd also jhm gar keine gfällt /
Auch was noch seyn der mängel viel /
Die ich nicht all erzehlen will /
Daß also mancher jmmerdar
Auff Erden seine beste Jahr /
Mit solchem hin vnd wider wanckn /
Auch gantz vergeblichen Gedanckn
Hinbringen thut / jedoch vnweiß /
Drauff folgt jhm letzlich dieser Preiß /
Hett er bey zeit sein wargenommn /
Wer er nicht ins alt Eisen kommn /
Vnd werden solche hieher gewisn /
Auff daß sie jhnen vnter diesn
Drey schönsten eine außerwehln /
Vnd nach dem Sprichwort zu jhn gselln /
Weil keine jhm gefällt der gstalt /
So seynd jhm diese vorgemahlt /
Drauß einer nemen kan allzeit /
Die jhm gleichwol sein Hertz erfrewt.
Zum anderen / so mercket wol /
Worzu auch dieses dienen soll /
Den Weibsbildern vnd Jungfrawen /
So sich begern vmbzuschawen
Nach einem Mann / auch noch wol heut /
Diesen wird damit angedeut /
Daß sie nicht bald diesn bald jenen
Verachtn / oder sonst verhönen /
Vnd ihr Hertz gleich eim Taubenhauß /
Verglichen werd in diesem Strauß /
Dieselben sehen auch wol zu /
Daß sie die beste Zeit vnd Ruh
Nicht versaumen / vnd dann hernach
Zu keinem Man / veralt vnd schwach
Mehr kommen können / solcher gstalt /
Dieweil sie so runtzelt vnd alt /
Müssens hernach jhnn selbst zu lohn /
Bey diesn drey schön Matronen stohn /
Diß sey jhnen gsagt zur Warnung /
Auch zu eim Spiegel alt vnd jung /
Auch welchem Mann etwan sein Weib
Nicht schön genug wer von dem Leib /
Vnd er sie gerne schöner hett /
Als jhr die Natur geben thet /
Der kan sie allhier tauschen auß /
Vnd vnter diesen dreyen rauß
Nehmen eine / welche jhm liebt /
Vnd seinem Hertzen Frewde gibt.
Wolan zu letzt / vnd zum Beschluß /
Damit es niemand hab verdruß /
So ist diß mein gantz freundlich Bitt /
Der Leser woll sich dessen nit
Annemen / dann hiermit nur seynd
Die jenigen also gemeynt /
Welche solch Intresanten gebn /
Würd dann einer getroffen ebn /
So denck er nu / es gscheh ohngfehr /
Vnd stillgeschwiegen darzu er
Sag gantz nichts / sonst möchtn von disn
Vmbstehenden auch wollen wissn /
Was jhm hierinn dann fehlet auch /
Weil solches ist der Menschen brauch
Wann einer etwas ist in still /
Der andr es gschwind auch wissn will /
Diß ist gedicht vnd zsam gebracht /
Als ist gewest die Fasenacht.