Wasserschatz für den Volkstisch
Mit dem jetzt wieder deutsch gewordenen Elsaß ist ein Institut in deutschen Besitz gekommen, welches, was die Größe seiner Anlagen und die Großartigkeit seines Betriebes anbetrifft, einzig in seiner Art dasteht: es ist dies die Fischzuchtanstalt Hüningen.
Diese Anstalt, kaum eine Stunde von Basel und ebenso weit von der badischen Grenze entfernt, hart an dem großen Rhein-Rhonecanal gelegen, wurde vor zwanzig Jahren auf Anrathen des Professor Coste von der französischen Regierung angelegt. Nach und nach vergrößert ist sie heute die großartigste Anstalt der Welt in dieser Branche, und es dürfte unsere Leser wohl interessiren, etwas Näheres über dieselbe und ihren Betrieb zu erfahren, besonders deshalb, weil das Reichskanzleramt, in gerechter Würdigung der großen volkswirthschaftlichen Bedeutung dieses Instituts, sich entschlossen hat, den Betrieb fortzusetzen.
Auch die Erfindung dieser Fischzucht soll zuerst einem deutschen Kopf entsprungen sein: es wird von einem Lieutenant Jacobi erzählt, daß er sie schon vor etwa hundertundzwanzig Jahren praktisch geübt habe. Da er die Sache für sich betrieb und Wissenschaft und Presse sich nicht darum bekümmerten, so mußte ein armer Fischer in den Vogesen, Namens Remy, die Erfindung vor etwa fünfundzwanzig Jahren noch einmal machen. Da nahm aber der französische Professor Coste sich dieser „Fischzucht“ an und benutzte die Presse so nachhaltig für sie, daß endlich die französische Regierung nicht umhin konnte, zu hören und zu handeln.
[587] Es kann nicht unsere Absicht sein, hier eine genaue Schilderung der künstlichen Fischzucht zu geben, doch halten wir es für geboten, einige Bemerkungen über selbige voranzuschicken, damit auch der Laie zu beurtheilen vermag, daß die künstliche Fischzucht nicht etwa nur eine artige Spielerei, sondern eine Sache von höchster Wichtigkeit ist, ja, daß durch richtige Handhabung dieser Zucht der ganze Nationalwohlstand um ein Bedeutendes vermehrt werden kann. Gleichzeitig wird hierdurch die Bedeutung der Central-Anstalt Hüningen am besten illustrirt. Nur zu oft kommt es noch heute vor, daß selbst Gebildete keinen richtigen Einblick in das Wesen der Fischzucht haben, ja, es ist durchaus nicht selten, daß „künstliche Fischzucht“ und „künstliche Hühnerzucht“ für etwas sehr Aehnliches gehalten wird.
Der Name „künstliche Fischzucht“ ist durchaus unglücklich gewählt, denn etwas wirklich Künstliches ist bei dieser Zucht nicht, darf auch nicht dabei sein, wenn man den Endzweck der Fischzucht nicht aus den Augen verlieren will, nämlich möglichst billig und möglichst viel eßbare Fische zu erziehen. Wie der Landmann nicht von künstlicher Pferde- und Schafzucht spricht, so wäre es auch weit richtiger einfach den Ausdruck „Fischzucht“ zu gebrauchen. Die sogenannte künstliche Fischzucht ist nur eine genaue Nachahmung des natürlichen Processes, und je genauer wir uns der Natur anschließen, um so besser und sicherer sind die Erfolge.
Der Fisch beginnt zu einer bestimmte Zeit des Jahres eine Wanderung, um an einer geeigneten Stelle für seine Fortpflanzung zu sorgen. Bei einigen Fischen, wie beim Lachs, sind die Strecken, welche sie zu diesem Behufe durchwandern müssen, oft sehr bedeutend, andere begeben sich nur aus der Tiefe der Gewässer an die flachen Uferränder, um hier an Wasserpflanzen oder auf Kiesboden ihren Laich abzusetzen.
Betrachten wir nun einmal das Verfahren, welches die Forellenarten bei ihrem Laichgeschäfte beobachten, etwas genauer.
Im Spätherbste wandern sowohl Männchen wie Weibchen den Strom aufwärts gegen die Quelle hin, jedoch nicht unmittelbar bis an die Quelle, sondern gewöhnlich nur so weit, daß die Wasserwärme + 4 Grad Réaumur beträgt. Hier wühlt das Weibchen mit dem Schwanze eine Grube in den Kiesboden, welche bei größeren Lachsen wohl vier bis fünf Fuß lang ist. In diese Grube legt das Weibchen seine Eier ab, welche dann sofort durch ein Männchen, das seine Milch über selbige ergießt, befruchtet werden. Das Weibchen bedeckt hierauf die Eier wieder und kümmert sich ferner nicht mehr um dieselben. Der Embryo entwickelt sich in dem Ei mehr und mehr, und nach sechs bis acht Wochen schlüpft ein eigenthümliches Wesen aus, welches wohl keiner der Leser für einen jungen Fisch halten würde. Dieser junge Fisch besteht aus einem dünnen Faden, an welchem eigentlich nur die Augen bemerkbar sind; an der andern Seite dieses Fadens hängt ein birnenförmig oder kugelig gestalteter, unverhältnismäßig großer Beutel, der Dottersack oder die Dotterblase. Die Blase wird täglich kleiner und in demselben Verhältniß entwickelt sich der oben erwähnte Faden mehr und mehr zu einem Fischchen, bis nach wiederum sechs bis acht Wochen die Dotterblase völlig verschwunden und der junge Fisch ganz ausgebildet ist. In der ersten Zeit der Dottersackperiode ist das Fischlein beinahe ganz unbeweglich, das feine Häutchen, welches die Blase umschließt, ist überaus zart und kann durch die geringste Reibung verletzt werden, was jedes Mal unausbleiblich den Tod des Fischleins zur Folge hat. Während dieser ganzen Periode nimmt das Fischlein gar keine äußere Nahrung zu sich, die vorsorgliche Mutter Natur hat ihm in seinem natürliche Freßkober, der Dotterblase, hinlängliche Nahrung für mehrere Wochen mitgegeben. Ist das Fischchen nun erst so weit entwickelt, daß es sich selbst seine Nahrung sucht, dann ist es auch bereits so behende, so flink geworden, daß es den meisten Nachstellungen zu entgehen vermag; nur selten wird es jetzt noch einem Feinde gelingen, es zu erhaschen.
Wie viele Gefahren hat aber das Ei, der unvollkommene Fisch zu bestehen, bis er zu dieser Größe heranwuchs!
Gleich bei der Befruchtung geschieht es nicht selten, daß das Männchen nicht rechtzeitig auf der Laichstelle erscheint, dann führt oft die heftige Strömung die belebende Milch so schnell hinweg, daß nur äußerst wenig Eier damit in Berührung kommen und entwickelungsfähig werden. Die befruchteten Eier werden wiederum durch eine Unzahl von Feinden bedroht. Andere Forellen, ferner Grundeln, Kaulköpfe und Quappen verzehren die abgesetzten Eier in großer Menge; Enten, Gänse, Wasseramseln und Wasserstaare verzehren andere Tausende; Frösche und Salamander, Wasserkäfer und Käferlarven, Köcherfliegen- und Libellenlarven, verschiedene kleine Krebsarten vernichten nochmals Tausende; Wasserspitzmäuse und Wasserratten vertilgen oft ganze Bruten. Der gefährlichste Feind der Eier gehört jedoch nicht dem Thierreiche, sondern dem Pflanzenreiche an. Es ist dies ein Schimmelpilz, der Byssus, welcher sich auf einem verdorbenen, unbefruchtet gebliebenen Eie zuerst zeigt und oft in einigen Stunden sämmtliche in der Nähe befindlichen Eier mit seinen feinen Fäden überzieht und dadurch ihre Entwickelungsfähigkeit völlig zerstört. Sechs bis acht Wochen hindurch sind die Eier diesen zahlreichen Feinden ausgesetzt, und wie viele Tausende durch dieselben vernichtet werden müssen, ist wohl leicht einzusehen.
Aber auch nach dieser Zeit ist die Gefahr lange nicht vorüber, die ganz jungen, noch bedotterten Fische sind fast mehr Feinden ausgesetzt, als selbst die Eier. Noch können die jungen Fischlein sich kaum bewegen, in ganzen Haufen sitzen sie unter einem hohlliegenden Steine beisammen und werden so eine leichte Beute nicht nur aller oben erwähnten Feinde, sondern es treten deren jetzt noch eine ganze Menge anderer hinzu. Hechte, Barsche, selbst die niedlichen Karpfenarten verzehren eine Unzahl dieser hülflosen Thierchen, sogar die kleinen Stichlinge werden zu furchtbaren Räubern, indem sie durch wiederholte Bisse die zarte Dotterblase zerstören und dadurch das Fischlein tödten.
Da ist es wahrlich kein Wunder, wenn von tausend gelegten Eiern im Durchschnitt nur ein Fisch völlig entwickelt wird. Fügen wir jetzt noch hinzu, daß eine große Forelle selten mehr als zweitausend Eier enthält, wogegen der Karpfen, Schlei, Barsch und andere gewöhnliche Fische davon wohl eine halbe bis eine ganze Million enthalten, obgleich die ganze Entwickelungszeit kaum so viel Wochen wie bei den Forellen Monate dauert, so sieht wohl Jeder ein, von wie weittragender Wichtigkeit es sein muß, gerade den Eiern und ganz jungen Fischen der edlen Salmenarten Schutz angedeihen zu lassen.
Vergleichen wir nun mit diesem gewöhnlichen Vorgange das Verfahren bei der Fischzucht.
Man fängt die Forellen, wenn sie völlig laichreif sind; am besten ist es, sie von den Laichplätzen selbst zu entnehmen. Treten bei dem Weibchen, wenn man es beim Kopfe in die Höhe hebt, von selbst einige Eier und beim Männchen einige Tropfen Milch aus, so ist der Fisch laichreif.
Man hält jetzt den weiblichen Fisch über ein flaches Gefäß, in welchem ein wenig Wasser vorhanden ist. Die eigene Schwere der Eier und die Bewegungen, welche der Fisch macht, verursachen das Hervortreten der Eier, die in das Wasser des untergestellten Gefäßes fallen. Man kann auch noch durch ein ganz sanftes Streichen des Bauches das Hervortreten der Eier befördern, nur hüte man sich, irgend welche Gewalt anzuwenden. Völlig unrichtig ist es daher, zu sagen, man drückt oder preßt den Fischen die Eier aus. Alle Eier, welche nicht bei geringer Berührung von selbst austreten, sind noch nicht reif, noch nicht entwickelungsfähig. Zu gleicher Zeit hat ein Gehülfe den männlichen Fisch über das Gefäß gebracht und ihn veranlaßt, einige Tropfen Milch in dasselbe zu ergießen. Durch ein gelindes Schütteln des Gefäßes vermischt man die Milch innig mit dem Wasser, läßt das Gefäß einige Minuten ruhig stehen, und die Eier sind befruchtet und weiterer Entwickelung fähig.
Man sieht also, diese künstliche Befruchtung ist nur eine genaue Nachahmung des natürlichen Processes, einzig mit dem Unterschiede, daß man es dem Fische nicht überläßt, wohin er seine Eier absetzen will, sondern ihn nöthigt, dieselbe in einen bestimmten Raum abzulegen.
Diese so gewonnenen Eier, welche nur einen ganz kurzen Transport ohne Nachtheil ertragen, werden jetzt in einen künstlichen Bach gebracht, in welchem sie einige Wochen dem belebenden Einflusse des strömenden Wassers ausgesetzt werden; da der Fisch seine Eier bedeckt, so sorgt man bei der Ausbrütung auch dafür, daß die Eier stets im Dunkeln sind. Also wiederum nur eine Nachahmung des natürlichen Vorganges, doch mit dem Unterschiede, daß man die künstlichen Bäche so einrichtet, daß die Eier und später die junge Brut gegen ihre zahllosen Feinde geschützt sind.
Dies ist das Wichtigste der ganzen künstlichen Fischzucht.
[588] Die Anstalt Hüningen hat sich bisher nur den Schutz der Eier angelegen sein lassen, weil dies auch unstreitig der wichtigste Theil der Fischzucht, besonders für eine Centralanstalt, ist. Dem Schutze der jungen Fische hat sie weniger Aufmerksamkeit schenken können, einmal weil die meisten der hier zur Anbrütung gekommenen Eier zur Versendung bestimmt waren, dann auch weil die Lage der Anstalt für Aufzucht von Fischen nicht günstig ist. Die Wahl des Ortes kann sogar nur durch die vor zwanzig Jahren noch sehr geringe Kenntniß von den zur Fischzucht nothwendigen Bedingungen entschuldigt werden.
Zu der Anstalt gehört im Ganzen ein Territorium von etwa hundertfünfzig Morgen, auf welchem mehrere größere und kleinere Teiche, Bäche, zahlreiche Quellen, herrliche Parkanlagen und Gärten angelegt und die wahrhaft großartigen Anstaltsgebäude errichtet sind. Die Vorrichtungen für den Schutz der Eier sind sehr praktisch und über alle Begriffe großartig.
Zwei große Gebäude, das Mittelgebäude und die Bruthalle, ersteres hundertvierzig Fuß lang, fünfunddreißig Fuß breit, letzteres hundertachtzig Fuß lang, fünfunddreißig Fuß breit, sind dazu bestimmt, diese Eier aufzunehmen. Zahlreiche künstliche Bäche im Innern der Gebäude dienen dazu, die Eier so weit anzubrüten, daß dem Embryo auch ein weiter Transport nicht mehr schaden kann. Die Anbrütung geschieht durch Quellwasser, welches der Anstalt durch einen gemauerten Canal von einem Kilometer Länge zugeführt wird. Vier mächtige Turbinen, welche durch das Wasser des Rhein-Rhone-Canals getrieben werden, pumpen unausgesetzt das crystallhelle Wasser gegen zwanzig Fuß hoch auf sieben große Bassins. Von hier aus vertheilt sich das Wasser, wie in den Adern eines organischen Körpers, durch zahlreiche untereinander in Verbindung stehende Bleiröhren in alle drei Gebäude der Anstalt. Die Eier selbst werden auf Glasrosten dünn ausgebreitet; die Glasroste liegen theils in gemauerten Canälen, theils in Gefäßen von gebranntem Thon, theils auf mächtigen Bruttischen von vierzig Fuß Länge. Diese Glasroste bewirken, daß etwaige Schlammtheilchen, welche das scheinbar völlig klare Wasser dennoch mit sich führt, sich nicht auf die Eier, sondern auf den Boden der Gefäße, der Canäle und Bruttische niederschlagen, auch bewirken sie, daß das belebende Wasser nicht nur über die Eier hinweg, sondern auch unter den Eiern fortströmt. Durch zahlreiche Messingkrähne kann man das Wasser ganz nach Belieben reguliren, so daß es nur ganz unmerklich dahingleiten, aber auch lebhaft plätschernd davon eilen kann.
In den ersten Tagen bleiben die Eier in diesen künstlichen Bächen gänzlich unberührt, weil der junge Keim im Ei noch so zart ist, daß die geringste Berührung ihn sofort tödten würde. Nach einigen Tagen beginnt jedoch die Hauptthätigkeit.
Gegen die zahlreichen Feinde des Thierreichs sind die Eier in diesen künstlichen Bächen wohl geschützt, gegen den heimtückischen und gefährlichsten Feind der Fischeier hingegen, den Schimmelpilz, schützt kein Verschluß, kein feines Gitter, keine noch so sorgfältige Filtration. So sorgfältig man nämlich die Befruchtung vorgenommen, so große Vorsicht man auch während des Transportes angewendet, es finden sich dennoch nach einigen Tagen mehrere unbefruchtet gebliebene und verdorbene Eier. Diese Eier werden bald die Brutstätten des so verderblich auftretenden Byssus; würde jetzt nicht schleunigst abgeholfen werden, so wären nach wenigen Tagen sehr leicht sämmtliche Eier in dem kleinen künstlichen Bache wie mit Baumwolle überzogen und die ganze Brut unrettbar verloren. Darum sehen wir während der ganzen Brutperiode stets zahlreiche Arbeiter, oft zwanzig bis dreißig Mann, mit der Ueberwachung der Eier beschäftigt. Jedes verdorbene Ei, welches sich durch seine weißliche Färbung leicht erkennen läßt, wird mit einer Pincette sofort unbarmherzig entfernt, wobei man sich jedoch sehr hüten muß, die umliegenden Eier zu berühren.
Eine wahre Freude ist es jetzt, mit anzusehen, wie unter dem belebenden Einflusse des unaufhörlich rieselnden Wassers der [589] junge Embryo in den erbsengroßen, völlig durchscheinenden Eiern sich von Tag zu Tag mehr entwickelt; immer deutlicher werden die Bewegungen, und nach drei bis vier Wochen, je nach der Temperatur des Wassers, treten die Augen als zwei schwarze Pünktchen deutlich hervor. Jetzt ist der geeignete Zeitpunkt gekommen, die angebrüteten Eier zu versenden, denn jetzt ist der junge, noch im Ei befindliche Fisch bereits hinlänglich gekräftigt, um die Beschwerden eines weiten Transportes zu ertragen.
In ein kleines Kistchen wird eine Lage feinstes Moos gebracht, hierauf streut man sorgsam die angebrüteten Eier so aus, daß sie sich so wenig wie möglich berühren, hierauf kommt wieder
eine Schicht feinstes Moos und so fort, bis das Kistchen völlig gefüllt ist. Dieses wird durch einen Deckel verschlossen und kommt in eine größere Kiste, die Zwischenräume werden mit einem schlechten Wärmeleiter, gewöhnlich trockenes Moos oder Werg, ausgefüllt. Bei starkem Froste bedarf es wohl noch einer dritten Umhüllung.
In dieser Weise verpackt können die angebrüteten Eier, ohne Schaden zu nehmen, ganz gut einige hundert Meilen weit transportirt werden. Man hat es sogar ermöglicht, Lachseier von England aus nach dem fernen Australien zu senden, woselbst die Eier gut ankamen und sich vortrefflich entwickelten. Hunderte solcher Kisten, mit je drei- bis viertausend Eiern, werden oft im Winter an einem Tage an kleinere Fischzuchtanstalten gesendet. Für diese Kisten allein hat die Anstalt in manchen Jahren drei- bis viertausend Franken bezahlt.
Mit ganz geringen Kosten kann also in dieser Weise eine Fischgattung in Gegenden verpflanzt werden, wo sie bis dahin nicht vorhanden war. Wollte man eine solche Verpflanzung mit erwachsenen Fischen vornehmen, so würde ein derartiger Versuch Hunderte, ja Tausende von Thalern kosten und dennoch sehr zweifelhaft bleiben, weil alle edlen Fische einen weiten Transport nur sehr schwer ertragen.
Die Anstalt beschäftigt sich nur mit den edelsten aller Süßwasserfische, den Winterlaichfischen oder Salmoniden. Hierzu gehören der Lachs, die See- und Bachforelle, Lachsforelle, Salbling oder Ritter, die Fern oder das Felchen. In untergeordneter Weise werden noch angebrütet die Eier des Donaulachs oder Huchen und der Aesche. Die Eier der letztgenannten Fische werden im Frühjahr gewonnen; ein Transport solcher Eier ist auf weitere Strecken bei der wärmeren Jahreszeit nicht gut thunlich.
In letzterer Zeit hat man auch angefangen, Kreuzungen vorzunehmen, und Bastarde von Lachs und Forelle, Salbling und Forelle sind ganz vortrefflich gedeihende Fische.
Gegen zehn bis zwölf Millionen solcher Eier etc. repräsentiren ein Capital von vielen tausend Thalern. Theils ruhig [590] fließend, theils mit lebhaftem Geplätscher durchströmt das Quellwasser mehrere tausend Brutapparate, auf welchen während des ganzen Winters vier bis sechs Millionen Edelfischeier zur Entwickelung gebracht werden. Diese Eier werden der Anstalt durch mehrere Beamte, welche bei Beginn des Herbstes die ganze Schweiz und das südliche Deutschland bereisen, zugeführt. Eine Million Lachseier wiegt gegen fünf Centner, und hat einfach befruchtet einen Werth von circa achthundert, angebrütet hingegen von mindestens zweitausend Thalern.
Wie Bedeutendes die Anstalt durch das massenhafte Versenden angebrüteter Salmonideneier für die Hebung der Fischzucht geleistet, wird man erst so recht begreifen, wenn man hört, daß von den freigelegten Eiern kaum ein Procent zur Entwickelung kommt, wogegen die von hier versendeten angebrüteten Eier sämmtlich entwickelungsfähig waren. Und setzt man jetzt noch hinzu, daß ein Pfund Forellen- oder Salblingsfleisch in den Badeorten Süddeutschlands oft mit einem bis anderthalb Thaler bezahlt wird, so kann man den Segen, welchen diese Anstalt alljährlich ausgestreut hat, nur nach Hunderttausenden, ja Millionen von Thalern berechnen. Wenn diese Erfolge nicht immer erreicht wurden, so liegt dies einzig daran, daß die Fischzucht noch nicht allgemein genug bekannt ist und selten richtig ausgeübt wird.
Für den zweiten Theil der Fischzucht, „Schutz den jungen Fischen etc.“, hat die Anstalt weniger Beendigendes leisten können. Die Anstalt liegt in einer völligen Ebene, und so ist das Wasser des geringen Gefälles wegen für die meisten Salmoniden zu wenig lufthaltig. Die jetzige deutsche Verwaltung hofft zwar diesem Uebelstande hier und da abhelfen zu können, doch wird es immerhin rathsam sein, in nicht zu großer Entfernung von dieser Centralbrutanstalt eine besondere Musterzuchtanstalt zu gründen, damit der Besucher ein vollständiges Bild der Fischzucht erhält und die Anstalt ein großartiges Lehrinstitut werde.
Die Schätze, welche in unseren zahlreichen deutschen Flüssen, Bächen, Seen und Teichen noch ungeweckt schlummern, sind unberechenbar, besonders wenn durch ein gutes Schongesetz der Fischzucht zu Hülfe gekommen wird. Hoffen wir nun, daß bei uns in Deutschland durch die mächtige Anregung und Unterstützung, welche durch das jetzt deutsche Hüningen gegeben wird, bald an allen Orten Privat-Fischzuchtanstalten erstehen, und die edeln Fische, wie Lachse und Forellen, nicht mehr ein Leckerbissen für die Reichen allein, sondern ein allgemein beliebtes und billiges Volksnahrungsmittel werden.