Waldmeisters Brautfahrt
[804] Waldmeisters Brautfahrt. (Zu dem Bilde S. 796.) Im Jahre 1851 hat Otto Roquette durch das phantastische, poesievolle Rhein-, Wein- und Wandermärchen „Waldmeisters Brautfahrt“ seinen Ruf als Dichter begründet. Die frische Schilderung des fröhlichen Lebens am Rhein und die Verherrlichung der deutschen Weine hat in jugendfrohen Herzen den lebhaftesten Anklang gefunden. Im Laufe der Jahre ist „Waldmeisters Brautfahrt“ zu einer der verbreitetsten deutschen Dichtungen geworden und das Büchlein hat an die siebzig Auflagen erlebt. Nun erscheint es vor seinen alten Freunden in einem neuen, einem wahren Prachtgewande. In A. Schmidhammer hat sich ein Künstler gefunden, der den Sinn der Roquetteschen Dichtung glücklich erfaßt und zu den märchenhaften Schilderungen treffliche Illustrationen zu schaffen vermochte. Dieselben bilden einen echt künstlerischen und reizvollen Schmuck der Prachtausgabe von „Waldmeisters Brautfahrt“ die soeben im Verlage der J. G. Cotta’schen Buchhandlung Nachfolger in Stuttgart erschienen ist. – Diesem Werke ist unsere Illustration auf S. 796 entlehnt. Die Scene stellt die Huldigung dar, die Prinz Waldmeister und seiner Braut, Prinzessin Rebenblüte, in der Nacht vor Pfingsten auf den Höhen des Rüdesheimer Berges von den deutschen Weinen und den Feldblumen dargebracht wird. Bei dieser Gelegenheit giebt Roquette eine treffliche Charakteristik der Weine, die sich zur Beglückwünschung des Brautpaares eingefunden haben. Er führt uns vor der Moselweine blonde Jünglingsschar, die Traubensöhne des Ahrthals in ihrer dunklen Schöne, durchströmt von Flut und Feuer, die „Abgeordneten des Pfälzer Landes“, joviale runde Herren mit freundlichen, vergnügtesten Gesichtern, vor allem die goldenen Jünglinge vom Rheingau unter Steinbergers Führung. Der Neckarwein spielt den lustigen Rat, und mit liebenswürdigem Humor werden die Vertreter der nördlichsten Marken des deutschen Weinbaues eingeführt, darunter auch der aus „Schläsigen vom Grüneberger Steine“. Ein Blick auf unsere Illustration belehrt uns, wie packend der Zeichner die Schilderung des Dichters wiederzugeben verstand. Ueber allen diesen Gestalten steht König Feuerwein, der, während die Sonne aufgeht, seine Kinder und seine Reben segnet.
„Und sieh, des Festes Feier ist vollbracht.
Auf alle Welt das schöne Pfingsten lacht –
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Noch ist die blühende goldene Zeit,
Noch sind die Tage der Rosen.“