Von der Schnepfe
[304] Von der Schnepfe. Okuli – da kommen sie! – An lauen, feuchten Frühlingsabenden streichen sie dahin am Waldesrand im ersten Dämmerlicht, und der Waidmann freut sich des Meisterschusses, der das schwirrende Ziel so weidgerecht zu treffen wußte, nicht minder als der deliciösen Beute selbst. Auch hier übrigens war die Jagdmethode nicht immer die gleiche; noch im Anfang des vorigen Jahrhunderts fing man hier und da den vielgeliebten Vogel – in Fallen. „Der Waidmann,“ heißt es in den im Jahre 1710 in Weimar erschienenen ‚Jagd- und Waidwerksanmerkungen‘, „kömmt selbige zu fangen am füglichsten bey mit Fallen, welche, weiln sie bekannt genug, hier zu beschreiben nicht nöthig.“ Ueber die Art und Weise, wie die Waldschnepfe ihre Nahrung zu sich nimmt, hatte man damals noch verschleierte Begriffe; die Erkenntniß, daß sie dieselbe durch Saugen gewinne, lag noch im Dunkel. Gleichwohl war man bereits auf der Spur. „Es kan dieser Vogel,“ heißt es a. a. O., „seinen fingerlangen Schnabel vorne an der Spitzen (wenn er mit selbem in Sumpff reichet, und ein Würtzlein zu befinden merkte) etwa eines Daumens breit zusammen drucken und wieder von einander thun, als eine Drahtzange, welches durch gewisse hierzu von der Natur versehene Nerven im Schnabel geschieht, so sonsten kein Vogel haben wird.“ Ueber den kulinarischen Werth hingegen war man sich auch im Einzelnen schon völlig klar. „Solcher Vogel,“ heißt es, „wird wegen seiner Nahrung vor dem delikatesten mit geachtet; auch sogar wird sein Gescheide mit gegessen, weiln sich dieselbe mit nichts anderes nähret, als mit denen im Sumpfe und Frischen befindlichen Kräuter-Würtzeln.“ Auch sonst war man waidmännisch über Thun und Treiben des köstlichen Wildes au fait. „Sie ziehet Herbst-Zeit, wenn das Laub fället, und zwar des Nachts, nachdeme sie vorhero, wenn sich Tag und Nacht scheidet, vor die Höltzer fällt und sich mit Nahrung versieht“ … „Ihr Zug ist, zumal im Frühjahr, wann nemlich ein warmer Regen geschehen, schleunig und in wenig Tagen vorbey“ … „Auch es hecket sonsten die Schnepff allhier zu Lande, wiewohl wenig, hat meistens 3 bis 4 Junge, welche von einer drückenden und verborgenden Arth sind, wie das Feld-Hun.“