Von dem Aufenthalt und den Besitzungen der Grafen von Nassau in Franken
Das Barfüsser-Kloster zu Nürnberg soll im XIII. Jahrhundert von den Grafen von Nassau und Conrad Waldstromer erbauet worden seyn. Einige setzen dieß ins Jahr 1206[13] andere ins Jahr 1228. Nach einer andern Erzählung haben sie diesem Kloster nur ihre Gärten, die sie in dieser Gegend an der Pegnitz hatten, 1228 geschenkt. Meisterlein[14] setzt diese Schenkung noch später an, nämlich nach der Stiftung des Predigerklosters, also in die letzte Hälfte des XIII. Jahrhunderts.
| Den Grafen von Nassau wird auch die Erbauung des Augustiner-Klosters bey Nürnberg im J. 1218 oder im J. 1225 zugeschrieben.[15] Nach der Erzählung einiger Chroniken hätten sie zuerst vor der Stadt eine Capelle für reisende Augustiner gebauet, woraus 1230 erst ein Kloster geworden.[16] Dieß wird den Grafen Conrad und Rudolf von Nassau in einigen Nachrichten zugeschrieben.Vielleicht ist an dem, was vom Barfüsser- und Augustiner-Kloster gesagt wird, gar nichts richtig; vielleicht gehört die Schenkung an das erste in spätere Zeiten. Die Verschiedenheit der chronologischen Bestimmung ist schon ein Kennzeichen der grossen Ungewißheit.
Es ist ganz unwahrscheinlich, daß König Adolf vor seiner Gelangung zur Königswürde Güter in und um Nürnberg gehabt und sich in dieser Gegend gewöhnlich aufgehalten habe. Das, was wir mit Gewißheit von seiner Geschichte vor seiner Gelangung zum Thron wissen, beweist, daß er meist im Nassauischen und in den Niederlanden sich aufhielt.[19] Sein fleißigster Geschichtschreiber, Herr von Günderrode,[20] hat hievon nichts entdecken können, und hält diese Erzählung für ganz unwahrscheinlich. Die von ihm ausgefertigten Urkunden beweisen auch vielmehr das Gegentheil, daß er als König nur kurze Zeit in und bey Nürnberg sich aufgehalten.
| Übrigens ist es ein ofenbarer Anachronismus, wenn die Nürnbergischen Chroniken sagen: Adolf habe Güter um Nürnberg, insonderheit Schwabach und Cammerstein, an die Burggrafen zu Nürnberg verkauft, und etliche Dörfer und Güter Nürnbergischen Bürgern käuflich überlassen. Schwabach[21] und Cammerstein nebst allen Besitzungen der Grafen von Naßau in Franken kamen erst nach seinem Tod in deren Hände, und die Grafen von Nassau besaßen vor 1299 nichts in Franken, wie Herr Oetter[22] bereits ganz richtig bemerkt hat.
Nach dem Bericht der Nürnbergischen Chroniken sollen die Grafen von Nassau 1274 zum Bau der Lorenzer Kirche in Nürnberg einen großen Beytrag gethan, und Graf Adolf die schon ehehin (1003) von seinen Vorfahren gebaute Kirche zum H. Grab, welche abgebrochen worden, weit größer wieder aufgebauet haben. Insonderheit soll 1283 der eine Thurm der Lorenzer Kirche gegen die Pegnitz zu, an welchem sich das Nassauische Wappen befinden soll, von Graf Adolf von Nassau oder dessen Sohn gleiches Namens,[25] dem nachmahligen Teutschen König gebaut worden seyn.[26]
| Allein diese Erzählung hat wenig Schein. In der Lorenzer Kirche selbst und ausser derselben findet sich vom Nassauischen Namen und Wappen keine Spur. Der in Stein gehauene Schild über dem Portal der Kirche gegen den Fischbach zu, zwischen den Thürmen, welcher den Nassauischen Löwen enthalten soll, ist nicht mit Schindeln bestreut; zu dessen linker Hand ist ein einfacher Adler, und über diesen beyden war ehehin ein zweyköpfigter Reichsadler in Stein gehauen, welchen der Blitz 1772 herab schlug, und welcher nicht mehr zu sehen ist, da vor einigen Jahren der ganze Gang, an welchem er sich befand, abgebrochen und neu gebaut worden ist. Diese drey Schilde bedeuteten vielleicht das Reichswappen, das Böhmische und Crainische Wappen.
Im J. 1292 oder 1294 soll König Adolf dem Abt zu Heilsbronn Heinrich von Hirschlach seinen Sitz zu Nürnberg geschenkt haben. Hocker[28] führt diesen Umstand an, ohne einen andern Beweis beyzubringen, als eine Nürnbergische Chronik. Da inzwischen in diesem Kloster ein Jahrtag für die Nassauische Familie begangen wurde, so ist es nicht unwahrscheinlich, daß eine solche Schenkung irgend einmahl geschehen, wenn sie gleich etwas später anzusetzen seyn, und vielleicht erst ins XIV. Jahrhundert gehören möchte. Eben so unsicher ist das Vorgeben, daß die Grafen von Nassau das Brodhaus zu Nürnberg, aus welchem nachher das ältere Rathhaus entstanden, dem Kloster Heilsbronn im XIII. Jahrh. geschenkt haben.
|König Adolf soll dem Barfüsser Kloster zu Nürnberg seinen lustigen Garten am Wasser geschenkt haben;[29] da hingegen nach andern Nachrichten dieß schon früher 1218 oder 1228 bey der Erbauung des Klosters soll geschehen seyn, wie ich oben (§. 5.) bemerkt habe. Wenn diese Schenkung überhaupt geschehen ist, so gehört sie wahrscheinlich erst ins XIV. Jahrhundert. Das Franciscaner Kloster rechnete wenigstens die Grafen von Nassau unter seine Wohlthäter.
König Adolfs älterer Bruder, Diether, der nachmahls Erzbischoff zu Trier geworden, soll zu Nürnberg in den Dominicaner-Orden getreten seyn.[41] Diether ist allerdings, und zwar ohne Wissen seiner Mutter, Predigermönch geworden; aber nicht zu Nürnberg, sondern zu Mainz, wie aus einer archivalischen Nachricht vom Jahr 1314 erweislich ist,[42] welche weit mehr Glauben verdient, als der Chronist Meisterlein im XV. Jahrhundert. Müllner sagt daher mit Recht in seinen Annalen: Fides fit penes scriptorem.
|Nach Meisterleins[43] Bericht hat König Adolf 1292. eine Schwester, (Richarda) oder eine Tochter, (Adelheid) in das Kloster Gnadenthal gethan, und demselben zwey seiner Häuser zu Nürnberg geschenkt und übergeben. Müllner sagt schon: Fides fit penes scriptorem. Dieß ist in Ansehung beyder in so ferne nicht unwahrscheinlich, da sie beyde in Klöster gegangen sind; und zwar beyde in das 1296 vom König Adolf gestiftete Kloster Clarenthal, wie ihre Grabschriften beweisen.[44] Nur müßte erst erwiesen seyn, daß Adolf bereits Häuser in Nürnberg besessen, ehe man sagen kann, daß er sie verschenkt habe.
Um diese Zeit, IX. Cal. Maii (24 April) indict. VI a. d. 1293. regni a I. belehnte er zu Nürnberg Gottfried von Eppenstein,[47] mit einigen von den Frankfurter Juden zu erhebenden Zinsen. Während dieses Aufenthalts bestättigte er auch der Stadt Nürnberg ihre Previlegien, III. Cal. Maii. 1293.[48]
In einer III. Non. Maii Ind. IV. a. 1293 zu Cadolzburg ausgefertigten Urkunden belehnte er Conrad Stromern[49] mit dem Nürnbergischen Forstamt.
|Im Jahr 1294 hat König Adolf verschiedene Urkunden ausgefertigt, theils zu Nürnberg, theils Nürnberg betreffend. Die erstern beweisen seinen Aufenthalt in Nürnberg um diese Zeit, zu Ende des Augusts und im Monat September. Dergleichen ist:
Epistol. dissidationis ad Philippum Pulchrum. Dat. Nuremberge II. Cal. Sept. a. D. 1294. regni vero nostri a. III,
in Leibnitii Cod. dipl. iur. gent. p. 30. Lünig P. Spec. Contin. I. p. 32 Martene Thes. anecd. T. I. p. 1270. Hist. dipl. Nor. p. 192.
Privilegium für die Stadt Augspurg, worin sie von fremden Gerichten eximirt wird. dat. ap. Nuremberg non. Sept. Ind. VII. a. d. 1294 regni III.
Lünig P. spec. Cont. IV. T. I. p. 90.
Concession, daß die Stadt Augspurg von Karren und Wagen ein Jahr Lang 1 Pf. Zoll nehmen möge. Dat. ibid. eod.
Die Verordnung, die Nurung und Fürreüt im Nürnberg. Wald betr. dat. ap. Rotenburg VIII. Id. Aug. regni III.
| Hist. dipl. Nor. p. 188.Dipl. quo officium foresti confirmatur. dat. Norimb. VIII. Id. Sept. 1294.
Waldstrom. Orat. de curiis Norimb. celebr. p. 56.
Ein Privilegium für das Prediger Kloster zu Nürnberg, die Holzensfreyheit im Nürnbergischen Reichsforst betr. welches Müllner in annal. T. I. anführt, ist auch vom Jahr 1294. Ausserdem finden sich keine diplomatischen Beweise von dem Aufenthalt König Adolfs zu Nürnberg oder in dessen Gegend.
Daß die Grafen von Nassau, und insonderheit König Adolf, Bürger zu Nürnberg gewesen, ist die gewöhnliche Sage der Nürnbergischen Chroniken, und Köhler[51] hat sich viele Mühe gegeben, dasselbe zu beweisen, aber vielleicht es nicht einmahl wahrscheinlich gemacht. Es sind schon öfter gegen diese Behauptung Zweifel erregt worden,[52] und man muß sich wundern, daß Köhler nicht durch die Gründe Müllners, die ich nachher anführen will, von seiner Meinung zurückgekommen ist.
Es wäre zwar nichts unerhörtes, wenn die Grafen von Nassau Bürger in Nürnberg gewesen wären: da bis ins XVI Jahrhundert Grafen und Dynasten in Reichsstädten nicht nur das Bürgerrecht annahmen, sondern auch in deren Dienste traten, welches| letztere ich in Ansehung Nürnbergs künftig insonderheit noch erweisen will. – Allein man müßte hiezu bessere Beweise auffinden, als die Köhlerischen sind. Ein Hauptargument desselben ist der Verkauf des Nassauischen Hofs im J. 1363 an Hertwig Volkamer, welches wegen Graf Johann von Nassau Burgermeister und Rath zu Nürnberg ersucht, dem Käufer diesen Hof zu überlassen, als der Stadt zu Nürnberg Recht und Gewohnheit ist, wie unten vorkommen wird. Hieraus folgt aber noch lange nicht, daß die Grafen von Nassau Nürnbergische Bürger gewesen. Sie wollten ihren Verkauf gerichtlich bestättigen lassen. Wo hätten sie dieß näher thun können als in Nürnberg? Wir haben noch vom Ende des XIII. Jahrhunderts her die Nürnbergischen Bürgerbücher, in welchen sich keine Spur von diesen Grafen findet, und doch kann nicht eher als ganz zu Ende des XIII. Jahrhunderts die Existenz der Grafen von Nassau in der Nürnbergischen Gegend erwiesen werden. Köhler sagt: In Reichsstädten habe niemand Häuser und bewegliche Güter besitzen können, ohne Bürger zu seyn. Hierauf hat schon der Nürnbergische Annalist Müllner[53]| also geantwortet: „Daß die Grafen von Nassau Bürger in der Stadt Nürnberg gewesen, wie die Nürnbergischen Chroniken sagen, ist nicht glaublich, ob sie gleich Häuser zu Nürnberg gehabt haben: denn vor der Zerstörung der Stadt Nürnberg lag die ganze Lorenzer Pfarre, in welcher diese Grafen wohnten, ausser der Ringmauer, und zu Kayser Rudolfs Zeiten ist diese Pfarre noch nicht ganz mit der Mauer eingefangen gewesen. Vielleicht war eben dieß die Ursache, warum die Grafen sich von der Stadt wegbegaben, weil ihre Häuser und Höfe in die Ringmauer eingeschlossen worden. Sie haben aber doch noch viele Jahre nach Kayser Rudolfs Zeiten in der Nürnbergischen Gränze gewohnt, wie unter andern ihre Begräbnisse im Kloster Heilsbronn beweisen. Ihre Güter in der Stadt haben sie zum Theil dem Barfüsser-Kloster gegeben, zum Theil in Bürgershände kommen lassen: ihre Güter auf dem Lande aber haben die Burggrafen an sich gebracht.“
- ↑ Im II. Theil, in der XI. XII. XIII. Ausführung, insonderheit S. 202.
- ↑ Ich verdanke diese, so wie einen großen Theil der aus gedruckten Hülfsmitteln gesammelten Nachrichten, der gütigen Mittheilung des Herrn Professor Wills zu Altdorf.
- ↑ in Orig. Nassoic. T. I. p. 14.
- ↑ Reinhard l. c. XI. Ausf. §. V. XV. XVII.
- ↑ Diese beyden unerweislichen Behauptungen findet man in Imhofii Notitia Procer. imp. Lib. V. cp. V. p. 410 der Köhler. Ausgabe.
- ↑ Falkensteins Antiq. Nordgau. im Bistum Eichstätt.
- ↑ Meisterlin in Ludewig. Reliq. MSt. T. VIII. p. 29.
- ↑ In dem Nürnberg. Zion (2te Ausg. von 1787.) heißt es: „die gewöhnlichen Nachrichten sagen, die Lorenzer Kirche sey von K. Heinrich, als er das Bistum Bamberg stiftete, in des Märtyrers Laurentius Ehre geweihet worden.“ Ein offenbarer Anachronismus, der des Anführens nicht werth war.
- ↑ Hist. Nachr. von Nürnberg S. 25. Sing. Norimb. S. 281. not. d) Dieß erzählt auch Crusius in Annal. Suev. Lib. X. P. II. fol. 388.
- ↑ Wie noch in der 2ten Ausgabe des Nürnberg. Zions S. 19. steht.
- ↑ S. Reinhard l. c. S. 272.
- ↑ Z. E. in Kremers Orig. Nass. P. II.
- ↑ Wagenseil S. 87 und Nürnb. Zion S. 48. 2te Ausg. S. 61.
- ↑ Würfels Dipt. des Francis. Klost. S. 77.
- ↑ S. 59.
- ↑ Sing. Nor. p. 255. Würfels Dipt. des Augustiner Klost. S. 3. Nürnb. Zion S. 50.
- ↑ Reinhard l. c. S. 299.
- ↑ Ebend. l. c. S. 292.
- ↑ Wagner p. 4. sqq.
- ↑ S. dessen Sämmtliche Werke I. B. welcher n. I. die vorher einzeln gedruckte Geschichte des röm. Königs Adolf, nach Urkunden und gleichzeitigen Geschichtschreibern enthält.
- ↑ Welches K. Rudolf 1281 dem Kloster Ebrach abgekauft hatte. Falkensteins Chron. Schwabac. p. 21. der II. Ausg.
- ↑ Burggräfl. Hist. III. S. 163. not. (d)
- ↑ Meisterlin ap. Ludew. p. 64. Histor. Nachr. von Nürnb. S. 53.
- ↑ Wagner. p. 10.
- ↑ Der Vater Kg Adolfs hieß nicht Adolf, sondern Walram. S. Reinhard l. c. S. 299.
- ↑ Meisterlein p. 67. Sing. Nor. p. 280. 281. not. d)
- ↑ Nürnb. Münzbel. IV. S. 54.
- ↑ Im Heilsbronn. Antiq. Schatz S. 72. Hist. Nachr. von Nürnb. S. 67.
- ↑ Sing. Nor. p. 256.
- ↑ J. J. Baiers Nachricht von Altdorf S. 2.
- ↑ Irenicus in Exegesi German. lib. II.
- ↑ Aber in Urkunden von 912. kommt es gewiß noch nicht vor, wie in der neuesten Ausgabe des Nürnb. Zions S. 100 gesagt wird.
- ↑ Ap. Ludewig. T. VIII. Reliq. MSt. p. 72.
- ↑ Hist. Nachr. von Nürnberg S. 53.
- ↑ Kremers Orig. Nassov. II. p. 406.
- ↑ Guden. Syll. dipl. p. 445.
- ↑ Beschreib. Nürnb. S. 365.
- ↑ Reinhard l. c. S. 303. von Günderrode Sämtl. Werke I. B. S. 55.
- ↑ in Pistor. Amoen. p. 2062.
- ↑ Wagner p. 11.
- ↑ Meisterlin p. 67. 72.
- ↑ Kremers Orig. Nass. T. II. p. 406.
- ↑ S. 72. Hist. Nachr. von Nürnbg. S. 67.
- ↑ s. Kremers Orig. Nass. II. S. 457. 458. s. auch S. 406.
- ↑ z. E. in Goldasts Constit. Imper. T. I. p. 315. in Ioh. ab Indagine Beschreib. von Nürnberg S. 363. in der Hist. dipl. Nor. S. 184 und in den Sammlungen der Reichsabschiede.
- ↑ Imhof. Not. Proc. Imp. Lib. V. cp. 5. Sing. Nor. p. 255.
- ↑ Senckenb. Sel. iur. et hist. T. I. p. 185.
- ↑ Waldstromeri Orat. de curiis Norimb. celebr. p. 56. führt diese noch ungedruckte Urkunde an.
- ↑ Doc. und Urkunden in Act. possess. die fraisl. Obrigkeit betr. Lit. P. P. Fol. 49. und daraus in der Hist. dipl. Nor. p. 187.
- ↑ Hist. Nachr. von Nürnberg, S. 65. Hist. dipl. Mag. II. B. S. 457.
- ↑ In Pistorii Amoen. T. VII. S. 1047.
- ↑ Ioh. ab Indag. Beschr. Nürnb. S. 885. Ioh. A. Colmar diss. de iure civit. Norimberg. §. ult.
- ↑ Ad a. 1292.