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Vom Münchener Volkstrachtenfest

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Titel: Vom Münchener Volkstrachtenfest
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 42, S. 709, 713, 724
Herausgeber: Adolf Kröner
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1895
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[709]

Vom Münchener Volkstrachtenfest: der Bandeltanz der Kirchanschöringer.
Nach dem Leben gezeichnet von Fritz Bergen.

[713]

Vom Münchener Volkstrachtenfest: die Huldigung der Bavaria.
Nach dem Leben gezeichnet von Fritz Bergen.

[724] Vom Münchener Volkstrachtenfest. (Zu den Bildern S. 709 und 713.) Allenthalben im deutschen Lande macht sich seit einigen Jahren eine Bewegung geltend, die mit schönem Eifer bestrebt ist, alles, was sich an alten guten Bräuchen im Volksleben erhalten hat, vor dem Untergang zu schützen und neu zu beleben. Ganz besondere Erfolge hat diese Bewegung im schönen Bayernlande aufzuweisen, das von alters her so reich ist an mannigfaltigen alteingewurzelten Sitten, Festen und Trachten, welche die Eigenart seiner echt deutschen Volksstämme zu lebensvollem Ausdruck bringen, und in welchem schon seit langem die Kunst viel dazu beigetragen hat, die Freude an altem Brauch und alter Tracht lebendig zu erhalten. In allen Bezirken des Landes, vor allem freilich in denen des Hochgebirgs, sind Vereine zur Erhaltung der Volkstracht ins Leben getreten, manch schöner Festbrauch, der schon im Schwinden war, ist wieder zu Ehren gelangt, und das große Volkstrachtenfest, das soeben in den Tagen vom 27. bis 30. September in München von den an dieser Bewegung Beteiligten abgehalten wurde, hat in einem großartigen Bilde von frohbewegter Volkslust den Wert und den Umfang dieser Bestrebungen in erfreulichster Weise erwiesen. Das von herrlichem Wetter begünstigte Fest vereinigte in der Hauptstadt Bayerns über 1000 Landeskinder aus allen Gauen des Landes, und der Festausschuß, an dessen Spitze der Schriftsteller Maximilian Schmidt stand, war darauf bedacht gewesen, daß alle acht Kreise des Königreichs, Oberfranken, Unterfranken, Mittelfranken, Rheinpfalz, Oberpfalz, Schwaben, Niederbayern und Oberbayern, in ihren Volkstrachten möglichst zahlreich vertreten waren. Klugerweise hatte man die Veranstaltung in Zusammenhang mit dem Münchner Oktoberfest gebracht, das von alters her eine gewaltige Anziehungskraft auf das bayrische Landvolk ausübt. Der große Trachtenfestzug, der am Hauptfesttag, Sonntag, den 29. September, die reizvolle Mannigfaltigkeit und malerische Farbenpracht der Kostüme in übersichtlichster und überaus glänzender Weise zur Entfaltung brachte, mündete denn auch, nachdem er von der Maximiliansstraße aus durch viele Hauptstraßen gezogen war, auf der Oktoberfestwiese, wo der Prinzregent und der versammelte Hof vor dem Königszelt seine Huldigung entgegennahm.

Geschlosseneren und eigenartigeren Charakter trug der Begrüßungsfestabend am Samstag vorher im großen Saale des Münchener Kindl-Kellers. Hier bekamen die einzelnen Gruppen Gelegenheit, in Aktion zu treten und in der schönen alten Tracht auch guten alten Brauch vorzuführen. Auf die von echt bajuwarischem Humor durchwürzte Festrede des Professors Sepp folgte das Festspiel „Unter Bayerns Panier“. Die Bayern, Pfälzer, Franken und Schwaben, deren stattliche und schmucke Vertreter und Vertreterinnen die Bühne füllten, wurden in ihm durch die Bavaria als Volkseinheit begrüßt und brachten dann, wie unser Bild auf S. 713 es zeigt, gegen die im Hintergrunde aufgestellte Büste des regierenden Landesherrn sich wendend, diesem ihre Huldigung dar. Hier sah man die vielen so verschiedenartigen Trachten in malerischer Anordnung dicht bei einander. Neben der Joppe des Oberbayern den langen Rock des „Schwaben“, neben dem „Dreispitz“ von riesigen Dimensionen die runde Mütze aus Otterfell, neben der großen kreisförmig gesteiften Spitzenhaube der Wassertrüdingerin die schwäbische Bänderhaube und das reizende Goldflügelhäubchen des Allgäu! Und welche glänzende, farbenreiche Pracht boten die Mieder mit ihren silbernen Geschnüren und die seidenen Halstücher und Schürzen!

Dann aber gelangten alte Sitten, Bräuche, Volksgesänge und Volkstänze aus den acht Kreisen Bayerns zur Darstellung, welche den Geist des Unternehmens ganz unmittelbar zur Anschauung brachten und die alten Trachten im vollen Reiz echt volkstümlichen Lebens in Scene setzten. Namentlich war dies bei den historischen Tänzen der Fall, von denen mancher, wie der unterfränkische Hammeltanz, der mittelfränkische Betzentanz, die „Dreher und Schleifer“ aus dem Altmühlgrunde auch Kennern des bayrischen Volkstums bisher nicht Geschautes darboten. Dies gilt auch von dem auf S. 709 abgebildeten Bandeltanz der Kirchanschöringer aus dem bayrischen Salzachthal, welch letzterem die „Gartenlaube“ in Nr. 13[WS 1] dieses Jahrgangs einen Aufsatz gewidmet hat.

Dieser Tanz hat symbolischen Charakter und wird von Burschen im Kreise um eine hohe Stange ausgeführt, an welcher lange Bänder in den Farben Schwarz, Rot, Weiß hängen, von denen jeder Teilnehmer eines beim Tanze gefaßt hält. Die Stange selbst wird von einem Führer gehalten. Die Burschen sind hemdsärmelig, mit einer Art Schulterlatz bekleidet, der sie durch die Farben Blau, Schwarz, Grün wieder in drei Gruppen scheidet. Als Kopfbedeckung tragen sie eine Art farbige Bergmannskappe, grün mit roter Einfassung oder umgekehrt. Wenn die Burschen sich aufgestellt haben und jeder sein Band gefaßt hat, hält ein zweiter Führer eine Ansprache, worin er erzählt, daß der Tanz im Jahre 1813 aufgekommen sei zur Erinnerung an die Knechtschaft unter französischem Joch und die erfolgte Befreiung. Mit den Worten „Nun Kameraden, gebet acht, daß keiner einen Fehler macht“, giebt er das Zeichen zum Tanz. Die Burschen treten paarweise einander gegenüber und beginnen in langsamem Viervierteltakt einen Reihentanz, so daß sie sich in zwei Schlangenlinien aneinander vorbei bewegen, wobei jeder dem Entgegenkommenden abwechselnd links und rechts ausweicht. Die sich dabei oben an der Stange kreuzenden Bänder verknüpfen sich und bilden allmählich ein durch die drei Farben markiertes regelmäßiges Geflecht. Ist dasselbe ziemlich weit gediehen, so erfolgt ein Halt und der Führer an der Stange spricht feierlich die Mahnung aus, dem Brauche treu zu bleiben im Sinne seines Ursprungs. Aus der Reihe der Burschen wird nach der Bedeutung der Bänder gefragt. „Was bedeutet doch das schwarze – das rote, weiße – Band?“ Und der Führer antwortet: „Die Trauer um die im Freiheitskampf Gefallenen“, „Das vergossene Blut“, „Die Reinheit der Gesinnung!“ Dann beginnt der Tanz nach umgekehrter Richtung, und wenn die Bänder sich wieder aus der Verschlingung gelöst haben, ist er zu Ende. Es geht ein schöner patriotischer Zug durch die Symbolik dieses Tanzes und wie in ihr kam auch sonst auf dem Münchener Volkstrachtenfest neben der Betonung des Bayerntums seiner Teilnehmer der Gedanke an das gemeinsame deutsche Vaterland zu erhebendem Ausdruck.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. richtig wäre wohl: Nr. 12.