Vom Cardinal Raymundus. Auch vom Hamburger Biere
Zur Zeit, da der Pabst den Cardinal Raymundus als Legaten nach Deutschland geschickt, um allerlei Streitigkeiten zwischen Clerisei und Weltlichkeit zu schlichten, kam derselbe auch nach Hamburg. Die ganze Geistlichkeit, das Dom-Capitul mit Probst und Dechant an der Spitze, auch alle Mönche und Weltpriester gingen ihm in weißen Chor-Röcken mit Kreuzen und Fahnen entgegen. Rath und Bürgerschaft empfingen ihn am Thore und geleiteten ihn nach der Domkirche, woselbst er auf dem hohen Chor am Altare niederkniete und seine Andacht verrichtete, und sodann in seine Herberge in der Cantorei am Berge, wo nachmals der Dechant gewohnt. Am folgenden Sonntag war feierliche Procession; nach dem Gottesdienste betrat der Cardinal ein hohes Gerüste auf dem Doms-Kirchhofe, [162] vor des ersten Dom-Pastors Haus, darin hernach der Stadt-Physicus gewohnt. Von solchem Throne herab that er an die Bürger und Einwohner eine schöne Lateinische Anrede, welche ein vornehmer Clericus, der Graf von Kirchberg, verdolmetschte, darin er die Bürger zu Frieden und Eintracht vermahnte und dann allen Andächtigen den Segen ertheilte. Bei solchem Acte dienten ihm als Diaconen der postulirte Erzbischof von Bremen, Christoph, Herzog von Braunschweig, und der Graf von Kirchberg. Herr Raymandus hat in Hamburg seine Sachen wohl verrichtet und alle Händel des Dom-Capitels mit der Stadt geschlichtet; die Clerisei hat er scharf vermahnt, daß sie kein Aergerniß geben sollte und Frieden halten, und die Mönche hat er in den Klöstern heimgesucht und hat bei harter Strafe anbefohlen, daß sie ihren Ordensregeln sollten genau nachkommen, ein heilig Leben und einen erbaulichen Wandel führen.
Uebrigens hat er sich auch Hamburgs Ergötzlichkeiten gefallen lassen lassen, und Speise und Trank haben ihm wohl behagt. Absonderlich hat er dem schönen Biere zugesprochen, das dazumal noch weltberühmt und weit trefflicher gewesen, als heut zu Tage das Bayrische, das man aller Orten findet, grade so wie dazumal das Hamburger Bier in der ganzen Welt getrunken worden ist. Und der Herr Cardinal hat, als er an diesem Biere sich gütlich gethan, ausgerufen: O quam libenter esses vinum, das heißt etwa:
O Bier, wie schmeckst du fein,
Wie gerne wärst du Wein.
Welcher Spruch dann (wie ein alter Historienschreiber beifügt) zumeist die löbliche Brauer-Brüderschaft sehr vergnüget hat, aber auch von E. E. Rath, als Anerkenntniß einer der preiswürdigen Tugenden dieser guten Stadt, mit nicht geringer Gemüthsbewegung vernommen ist, maaßen solch Cardinals-Wort [163] dem Hamburger Biere eine unvergängliche Ehre gezollet.
Das Bier aber war dazumal bei aller Trefflichkeit so billig zu kaufen, daß ein Gebräu von 47 Tonnen nicht mehr denn 46–47 [M.][1] galt. Von diesem Hamburger Biere sagen damalige Schriftsteller: „es ist gar feinen annehmlichen Geschmackes, anfänglich auf der Zunge süße, sodann lieblich säuerlich wie Wein. Vor Zeiten ist es hochroth gefärbt gewesen, nachmals aber ein Braun- und Weiß-Bier geworden. Es hat viel Substanz in sich und giebt reichliche Nahrung, daß der Mensch davon brav gedeihet und ein gut Geblüte benebst schöner Farbe annimmt; maaßen man in Hamburg nicht allein von Farben gar schöne und feine Jungfern und Frauenzimmer, sondern auch gar wohlgestaltete Junggesellen und Männer erblicket. Und auch von denen auswärtigen Medicis wird das Hamburger Bier für ein gesundes Gertänke gehalten und mannigfach verordnet.“
Anmerkungen
[381] Geschichtlich, s. Steltzner II. 115 u. A. Hesselii, Elbstrom S. 177. von Hövelen, Hamb. Hoheit etc. (1668). S. 125. Ueber das Bier und dessen Arten giebt Schlüter im Tractat von den Erben umständliche Nachricht.
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ lübische Mark