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Volksbildung in England

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Textdaten
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Autor: L. Snell
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Titel: Volksbildung in England
Untertitel:
aus: Das Ausland, Nr.  162; 164; 166-167-169; 171; 175  648; 654-656; 671-672; 674-676; 681-683; 696-699
Herausgeber: Eberhard L. Schuhkrafft
Auflage:
Entstehungsdatum: 1828
Erscheinungsdatum: 1828
Verlag: Cotta
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Erscheinungsort: München
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Quelle: Scans bei Commons
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[648]

Volksbildung in England.

Von L. Snell.

Die Mechanics Institutions in England, so wie das ganze System, von dem sie nur einen Theil bilden, sind eine der größten und in jeder Hinsicht wohlthätigsten Erscheinungen aller Zeiten auf dem Gebiete der Volksbildung. Dieses System, ursprünglich nur bestimmt, um einen Mangel, nehmlich die schlechte Beschaffenheit des vom Staate eingerichteten Unterrichtswesens, als Nothbehelf zu ersetzen, nahm bald als Volksanstalt einen selbstständigen Charakter auf eigentümlichem Boden an, und bildete sich innerhalb fünf und zwanzig Jahren zu einem bewundernswürdigen Umfang aus. Gering waren die Geldhülfsmittel, auf denen es Anfangs fußte; aber Gemeingeist und Sinn für geistige Kultur hauchten ihm ein solches inneres Leben ein, daß es in kurzer Zeit sich über den größten Theil dieses gesegneten Eilandes verbreitete, neue treffliche Institute aus sich entwickelte, und eine Quelle von Aufklärung und wissenschaftlicher Bildung wurde, die bis in die niedrigsten Hütten Sinn für Lectüre und Unterricht verbreitete, Kenntnisse, welche bis dahin nur das Vorrecht der höhern Stände betrachtet wurden, zu einem Gemeingut der ganzen Nation machte, endlich die größten Fortschritte in allen Zweigen der Industrie und eine Steigerung der Einsichten des Volks in allen öffentlichen Interessen verbürgt, die nur von den wohlthätigsten Folgen seyn kann.

Das Verdienst, das die Beförderer dieses System – unter denen der mit Recht in England so gefeierte Birkbeck oben an steht – sich dadurch erworben haben, ist über jeden Vergleich mit irgend einem andern ähnlichen erhaben. Alle unsere Anstalten zur Beförderung der geistigen und sittlichen Cultur, unsre Verbesserungen der Schulen und Gymnasien, die Einrichtung neuer Universitäten u. s. w. werden kein großes Resultat hervorbringen; die Menschheit wird im Ganzen wenig voranschreiten, so lange die große Masse des Volks in der trägen Unwissenheit wie bisher in den meisten Ländern Europa’s fortlebt. Unsere ganze Cultur schwebt in der Luft, wir sind nicht vor der Rückkehr der Anarchie oder Tyrannei, blutiger Autodafe’s und des scheuslichsten Gewissenzwanges sicher, bis die schlummernden Menschenkräfte in der großen Masse geweckt, und die Völker an Geist und Herz, an Einsicht und Wille höher humanisirt sind. „Wer dafür arbeitet, sagt ein hochherziger Britte[1], erwirbt sich ein unvergleichliches Verdienst. Den Anbruch des glänzenden Tags zu beschleunigen, wo das Licht allgemeiner Aufklärung die trüben trägen Nebel selbst von der Basis der großen Socialpyramide verscheuchen wird – dies in der That ist ein hoher Beruf, zu dem auch das glänzendste Talent, die vollendetste Tugend, sich ängstlich um einen Antheil herbeidrängen mag.“

Gleichwohl ist dieses System in Deutschland nur wenig und höchst unvollkommen gekannt. Wir wollen daher versuchen, in gegenwärtigem Aufsatz eine ziemlich vollständige und genügende Auskunft von diesem System des Volksunterrichts im Großen in England, wie wir es nennen wollen, zu geben. Der Deutlichkeit halber werden wir diesen Aufsatz in drei Abschnitte theilen; in dem ersten wollen wir Geist und Bestimmung dieses Systems im Allgemeinen erläutern; im zweiten eine Characterisirung der praktischen Seite desselben; und im dritten eine historische Entwicklung seines allmähligen Aufwachsens versuchen. Der zweite und dritte Theil können jedoch in Absicht der historischen Notizen nicht ganz gesondert werden. Die Quellen, die uns leiten, sind theils eigne Anschauung während eines mehrjährigen Aufenthaltes in England, theils mündliche Notizen, die wir in dieser Zeit von ausgezeichneten Patronen dieser Anstalten empfangen haben; endlich mehrere Schriften, besonders die Schrift Brougham’s [2]) die im Jahre 1825 bereits einige und zwanzig Auflagen erlebt hatte.

[654] Erster Abschnitt. Das gesammte Schul- und Unterrichtswesen in England, in so fern es Staatsanstalt ist, bildet nur einen Theil der herrschenden (anglicanischen) Kirche, steht daher unter kirchlicher Aufsicht und theilt alle Mängel und Gebrechen dieser Kirche. Die Schulanstalten sind unbeweglich, wie die Kirche; sie repräsentiren nur die vergangenen Jahrhunderte, in denen sie entstanden sind, und während in den letzten fünfzig Jahren das Unterrichtswesen in andern Ländern so ungeheure Fortschritte in Theorie und Praxis gemacht hat, beharren jene Anstalten unwandelbar in ihrer veralteten Form. Schon deßwegen konnten sie der Nation nicht mehr gefallen. Dazu kommt, daß es in diesem Theile der Staatseinrichtungen an einer wesentlichen und nothwendigen Gattung von Instituten gänzlich gebricht, nehmlich an denen, die in Deutschland Real- und technologische Schulen genannt sind. Endlich bildet das öffentliche Unterrichtswesen, wie die Staatskirche, nur einen Theil einer Constitution, die ursprünglich blos das Werk der Tories war; und dies vollendet die Abneigung des Volks, besonders in Städten, gegen die Bildungsanstalten des Staats. Daher denn die mancherlei oft sehr dürftigen Auskunftsmittel, zu denen man seine Zuflucht nahm. [3] Endlich wählte man zur Abhülfe dieses allgemein gefühlten Bedürfnisses dieselbe Basis, auf welcher die meisten andern Kulturanstalten und so viele große und bewunderte Nationalwerke erwachsen sind – die ganz volksthümliche Basis der Societäten; nur blieb hier, was man zur Ehre der Nation gestehen muß, jede Einmischung pecuniärer Spekulation entfernt. Auf diesem Boden gedieh schnell, was der unfruchtbare Grund der bischöflichen Kirche verweigerte; durch Societäten kamen schnell niedere und höhere Bildungsinstitute zu Stande (Infant-Schools,, Gymnasien und Universitäten). Auf derselben Basis wurde nun auch für die Bildung der Nation im Großen versucht, was Staat und Kirche entweder ganz unterließen oder nur so dürftig leisteten, daß es nicht in Betracht kommt. [4]

Dieses System des Volksunterrichts im Großen, wovon die Mechanics Institutions nur eine Theil, wiewohl den bedeutendsten, ausmachen, besteht in einer Reihe von Veranstaltungen und Einrichtungen, die bald vereinzelt, [655] bald unter sich verbunden sind, deren Zweck ist, „die große Masse der Nation zu einer größern Summe von Kenntnissen und einem höhern Grade intellectueller Entwickelung und sittlicher Veredlung zu führen.“

Dieses System unterscheidet sich von andern Bildungseinrichtungen erstens dadurch, daß es nicht für Unerwachsene sondern nur für den erwachsenen Theil des Volks bestimmt ist. Es würde freilich noch weit mehr geleistet werden, wenn es sich, was nicht der Fall ist, auf gute Volksschulen stützen könnte. Zweitens: während andere Unterrichtsanstalten entweder blos gelehrte Bildung erzielen, oder doch nur für begüterte Klassen vorhanden sind, sucht man hier durch so wohlfeile Einrichtungen, daß auch den Armen und wo möglich den Aermsten, besonders unter den arbeitenden Klassen, Theilnahme gestattet ist, eine auf die Zwecke des wirklichen Lebens berechnete Bildung in sittlicher, wissenschaftlicher und nationeller Hinsicht zu ertheilen. Wir haben hier die arbeitende Klasse ausgezeichnet; dieses Klasse (workmen labouring classes) bildet nehmlich in England eigentlich die große Masse der Nation; sie begreift nicht allein die ungeheure Anzahl aller derer, die in den vielfachen Zweigen der Industrie im engern Sinne (Manufakturen, Fabriken, Handwerken etc.) beschäftigt sind, sondern auch einen großen Theil derer, die im Handlungsfache arbeiten, so wie, nach der Eigenthümlichkeit des englischen Agrikulturwesens, den Stand der Bauern. Diesen unbemittelteren aber größten Theil der Nation hat das in Frage stehende System vorzüglich im Auge, ohne jedoch die Bemittelteren, vorzüglich die kleinern Landeigenthümer und Pächter, auszuschließen, wie aus der Folge erhellen wird.

Die bisherigen Andeutungen führen nun schon auf die Art und den Umfang der Bildung, die hier vorzüglich erzielt wird. Diese Anstalten schließen sich durchaus an die Bedürfnisse des Nationallebens und die Kulturstufe unsers Jahrhunderts, und zwar auf eine möglichst umfassende Art, an. Es bedarf daher kaum der Erwähnung, daß von der gelehrten historischen Unterlage, auf welcher sowohl die Fach- und Berufs-, als auch die allgemeine humanistische Bildung in gelehrten Instituten beruht, hier nicht die Rede ist; aber dieses gelehrte Element abgerechnet, erstrebt man im Uebrigen so viel nur immer nach den Umständen möglich ist. In dem Kreise dieses Systems liegt also theils der specielle Unterricht für die verschiedenen Berufsarten der arbeitenden Klassen, theils eine allgemeine nationelle und humanistische Bildung. In der ersten Hinsicht haben natürlich diejenigen Veranstaltungen, welche mehr für die Landleute berechnet sind, andere Unterrichtsgegenstände, als diejenigen welche für die Mechaniker bestimmt sind[5]; eben so natürlich ist es, daß man hier überall auf die Umstände, die pecuniären Mittel, den Grad der Bildung, die vorherrschende Beschäftigung u. s. w. Rücksicht nimmt; die Mechanics Institutions in kleinern Orten haben eine geringere Unterrichtssphäre, als in größern Städten; die Lehrvorträge in den letztern umfassen, außer der gemeinsamen Grundlage (Arithmetik, Geometrie, Algebra, Physik, Chemie, Naturgeschichte u. s. w.) beinahe alle einzelnen Theile der Gewerbkunde. In der zweiten Hinsicht sucht man Kenntnisse in Geographie und Geschichte (allgemeiner und specieller Geschichte von England), Nationalökonomie, in der Verfassung (politischen und kirchlichen) Englands, so wie in den allgemeinen Grundsätzen der Politik, nach den Umständen auch in neuern Sprachen, endlich Geschmacksbildung, so wie eine wahrhafte, gereinigte ethische und religiöse Bildung immer allgemeiner zu verbreiten. Daß man auch diese letztere überall im Auge hat, macht den Patronen dieses Systems vorzüglich Ehre. Eigentliche theologische Belehrungen aber sind, wegen der vielfachen religiösen Sekten in England, mit Recht ausgeschlossen. – Ueberall hat man den Grundsatz angenommen, die Masse des Volks zu der höchsten Stufe der Kultur, deren sie nur fähig ist, hinzuführen, und den Unterschied der Stände nicht länger als Scheidewand der intellektuellen und sittlichen Bildung gelten zu lassen. „Ich rede – sagt Herr Brougham in der angeführten Inauguralrede – in einer Stadt, aus welcher die hervorgingen, die durch ihren Genius, nicht durch Ahnen geadelt waren, deren seltene Verdienste allen Ständen den Tempel der Wissenschaften geöffnet haben; deren erlauchtes Beispiel auch die Niedrigsten mit dem edlen Wetteifer beseelte, Höhen zu erklimmen, die nicht länger unzugänglich waren, und in das geöffnete Heiligthum zu dringen, in das der Tag sein Licht warf. Ich rede in der Stadt, in welcher Black einst lehrte und Watt lernte. Der Versuch wurde später in unsern Tagen gemacht, und der Beweis geliefert, daß die höchste intellektuelle Kultur mit den täglichen Beschäftigungen der arbeitenden Klasse vollkommen verträglich ist, und daß ein lebendiger Sinn für die erhabensten Wahrheiten der Wissenschaft auf gleiche Weise in allen Ständen der Gesellschaft geweckt werden mag.“

Ein anderer mit den Gesetzen der menschlichen Natur vollkommen übereinstimmender Grundsatz bei dieser Volksbildung im Großen ist, daß das Volk überall möglichst selbst, durch eigne Thätigkeit, das Werkzeug seiner Belehrung und Kultur werden, daß es weithin ein inneres Bedürfniß und einen innern Trieb nach höherer Bildung fühlen müsse; daß das Geschäft der Volksfreunde aus den höhern und reicheren Klassen der Gesellschaft hauptsächlich nur darin bestehen dürfe, jene Lust und Liebe für Kultur zu wecken, mit den nöthigen Planen und Entwürfen an die Hand zu gehen, Hindernisse zu entfernen und durch anfängliche Beiträge die erforderlichen Veranstaltungen in den Gang zu bringen, dann aber ihre Leitung den Mitgliedern selbst vorzugsweise zu überlassen und nur mit Rath und Einsicht zur Seite zu stehen.

An der Spitze dieses Systems, als Patrone und hochherzige [656] Beförderer der Volkskultur stehen die durch Wissenschaft, Geist und Vaterlandsliebe ausgezeichnetsten Männer Englands, unter welchen wir Birkbeck, der die erste Anregung gab, und den ersten Versuch machte, Brougham, den Herzog von Sussex, Fr. Burdett, Lushington, Mackintosh, Gilchrist, Mill, Mac Culloch, Jeremy Bentham, Gregory, und die großen Künstler Taylor und Perkins nennen wollen.

Wir versuchen nun in der zweiten Abtheilung eine nähere Characteristik der praktischen Seite dieses Systems der Volksbildung im Großen.

Von dem eben angedeuteten Grundsatze ausgehend, daß das Volk selbst die Quelle und das Werkzeug seiner höhern geistigen Vervollkommnung seye, daß aber die Bemittelteren und Gebildetern es in seinen Bemühungen unterstützen müssen, haben die Freunde der Volksbildung vor Allem ihre Aufmerksamkeit auf die Hindernisse gerichtet, welche jenem Ziele im Wege stehen – Mangel an Geld und Mangel an Zeit. Eine Folge des erstern ist die Schwierigkeit, diejenigen Bücher und Lehrer zu erlangen, welche den Reichern zu Gebot stehen; eine Folge des letztern, daß diejenigen Bücher und Lehrer, welche wohl den Bedürfnissen derer entsprechen, die Muße genug haben, das ganze System irgend eines gegebenen Zweiges der Wissenschaft durchzugehen, für die ärmern Klassen untauglich sind.

Das Erste also, was Noth that, war, wohlfeilere Druckschriften zu veranlassen. In keinem Lande ist der Preis der Bücher so hoch, als in England; ein Band, der in Paris weniger als 3 fl. kostet, kann in England nicht unter 6 fl. gekauft werden. Die Ursachen dieses hohen Preises liegen theils in dem hohen Arbeitslohn in einem Gewerbe, in welchem bis jetzt noch so wenig durch Maschinerie gethan worden ist; theils in der direkten Taxe auf das Papier, die noch dazu die gleiche bei jeder Qualität des Papiers ist; theils in der Gewohnheit auf feines Papier zu drucken; theils endlich in der Abneigung gegen engen Druck. Die erstern Ursachen können nur mit der Zeit, die letztern konnten sogleich gehoben werden. Der Versuch wurde in London zuerst mit Humes Geschichte gemacht; man nahm gewöhnliches Papier (das indessen doch noch besser ist, als das Papier der meisten Druckschriften in Deutschland) gewöhnliche Lettern, druckte eng und mit schmalem Rand. Gleich der erste Versuch war gelungen; die folgenden entsprachen immer mehr dem edlen Zwecke, den man sich vorgesetzt hatte. Die Zahl der Bände wurde auf 1/3, der Preis auf 1/4 und in manchen Fällen auf 1/5 reducirt.

Das vorzüglichste und gelungenste Mittel indessen, den ärmern Klassen die Möglichkeit zu verschaffen, sich durch Bücher zu unterrichten, ist die jetzt allgemein in England verbreitete Methode größere Werke oder periodische Blätter in einzelnen Heften, die nach der erwähnten Weise eingerichtet sind, also mit gewöhnlichem Papier, engen Druck u. s. w. erscheinen zu lassen. Jeder Arbeitsmann kann leicht und ohne sich wehe zu thun, zwei Pence, jeder Mechaniker sechs Pence wöchentlich erübrigen. Es bedarf keiner weitern Zergliederung, um einzusehen, wie sehr die Belehrung dieser Klassen erleichtert wird, wenn eine Einrichtung getroffen ist, die ihnen für jene Kleinigkeit fortdauernd eine lehrreiche Lectüre sichert. So wurden Franklin’s Leben und Versuche in sieben, Bacon’s Versuche in vier, die arabischen Nächte in sechs und dreißig Heften gedruckt, jedes für zwei Pence. In derselben Form erschienen Cook’s Reisen und viele andere Werke. Nach demselben Plan wurde nun eine Reihe von Journalen unternommen, die in wöchentlichen Heften ausgegeben werden und vorzugsweise für die Mechaniker bestimmt sind, als der Mirror, das Mechanic Magazine, das Register of Arts and Sciences, der Chemist, das Mechanics Register, das Dictionary of Architecture u. s. w. Mehrere dieser Schriften zeichnen sich durch die Reichhaltigkeit der Materien, die Faßlichkeit und Gründlichkeit der Aufsätze und die Korrektheit der Kupferstiche so sehr aus, daß sie unter die besten Journale für Gewerbkunde in Europa gehören; dabei beträgt der Preis eines Heftes von keinem mehr als drei Pence. [663] Diejenigen Schriften, die zuerst nach diesem Plane erschienen, fielen vorzugsweise in die Klasse der technologischen und Unterhaltungsschriften. Indessen arbeiteten die Beförderer der Volkskultur, um einer einseitigen Richtung der Bildung und des Geschmacks zu begegnen, sehr bald darauf hin, daß auch die Zahl der historischen, politischen und moralischen Schriften, nach derselben Methode bearbeitet, vermehrt würde. Mehrere treffliche der Art sind bereits erschienen, wie das Elementarwerk über Nationalökonomie von Marshal, und es ist nicht zu zweifeln, daß ihre Zahl bald wachsen werde. Der Impuls ist einmal gegeben und die Bahn geöffnet; es fehlt weder an hochherzigen Vaterlandsfreunden, die für das Wohl ihrer Mitbürger uneingennützig arbeiten, noch an Buchhändlern, welche diesen neuen Industriezweig benützen.

Außer diesem Mittel, durch wohlfeile Druckschriften Unterricht und Kenntnisse den ärmern Klasse näher zu bringen, boten sich den Beförderern der Volkskultur noch andere Methoden dar, welche ähnliche Hülfe gewähren. Vor Allem richteten sie ihre Aufmerksamkeit auf die Bildung von Bücherklubs oder Lesegesellschaften (Book-clubs, Reading Societies) Es entging ihnen nicht, wie viel durch solche Einrichtungen mit einem unbeträchtlichen Fond geleistet werden kann. „Wenn die Theilnehmer solcher Gesellschaften – sagt Brougham – nahe beisammen wohnen, so ist die Cirkulation der Bücher leicht zu bewerkstelligen, so daß sie jeden Augenblick, den Einer von seiner Arbeit ersparen kann, im Gebrauch seyn können. Auch hier bietet sich den Vermöglichen eine Gelegenheit dar, ohne beständige Einmischung Unterstützung zu gewähren. Die Gabe von einigen wenigen Büchern, als erstem Stock, wird im Allgemeinen hinreichende Ermunterung werden, durch wöchentliche oder monatliche Beiträge den Plan fortzuführen; jener Gabe kann dann ein Entwurf über die beste Einrichtung der Gesellschaft beigefügt werden. Ich kann nicht umhin, hier die große Wirkung von Kombinationen bei solchen Planen bemerklich zu machen, indem dadurch die Beiträge der Individuen vervielfacht werden. Das Ersparniß von 1½ Penny die Woche in einer Familie setzt diese in den Stand, in einem Jahre einen von den wohlfeilen Bänden, (wovon ich oben gesprochen habe), zu kaufen. Nun sollen sich nur wenige Nachbarn finden, z. B. zehn oder zwölf, und sich die gekauften Bände leihen, so ist es klar, [664] daß für einen Beitrag, den auch der ärmste Arbeitsmann bestreiten kann, Alle in dem Laufe eines Jahres so viele Bücher haben, als ihnen möglich ist, zu lesen. Die Herausgabe von Büchern in Heften unterstützt wesentlich diesen Plan; denn sie setzt die Mitglieder in den Stand, zu jeder Zeit den Anfang zu machen, ohne zu warten, bis so viel erspart ist, um in jeder Familie einen ganzen Band zu kaufen. Auf diese Art wurden in vielen Theilen Schottlands Kirchspielsbibliotheken (Parish libraries) errichtet. Sie rührten ursprünglich von den vermöglichern Klassen, namentlich den Pächtern, her; aber nachdem durch die Sammlung einiger Bücher der Grund gelegt war, überließen jene die Verwaltung den Lesern selbst, die sie nur zur Bezahlung eines Beitrags für die Unterstützung des Fonds und zum Ankaufe neuer Bücher veranlaßten. Nach einem ähnlichen Plan sind in einigen Theilen Englands unter den Landleuten solche Bibliotheken errichtet worden (Cottage libraries). Zu Taunton ist eine, zu welcher die Mitglieder nur einen Penny die Woche beitragen; die Zahl der Bücher, die im Laufe eines Jahres für 80 Personen angekauft wurden, beträgt mehr als tausend. Die einzigen Verwalter sind ein Kassier und Bibliothekar, welche jeden Samstag Abend an dem bestimmten Orte erscheinen, um die Bücher zu vertauschen und die Subscriptionen in Empfang zu nehmen. Der Plan, der auf Anrathen einsichtsvoller Freunde dieser Einrichtungen nun fast allenthalben befolgt wird, ist dieser: Man setzt einige allgemeine Bestimmungen über die Gattung der anzuschaffenden Bücher (nach den Bedürfnissen der einzelnen Gesellschaften) fest. Sodann läßt man jedes einzelne Mitglied, nach Maßgabe dessen, was es bezahlt, wählen, oder man läßt mehrere zusammentreten, um mit ihren vereinten Beiträgen ein Werk zu kaufen. Die reichen Patrone beschränken ihre Einmischung auf Geschenke von Büchern oder auf das ihren Geldbeiträgen angemessene Wahlrecht. Im Uebrigen überläßt man die Verwaltung ganz der Gesammtzahl der Mitglieder. Unter den vielen Societäten, die sich nach diesem Princip gebildet haben, zeichnet sich besonders die Agriculturlesegesellschaft [WS 1] (Agricultural Book society) in Haverfordwest aus.

Vor etwa zwölf Jahren wurde von S. Brown von Haddington ein eigner Plan in Ausführung gebracht, um vermittelst derselben Bücher der Reihe nach in allen Städten und Dörfern der Grafschaft Westlothian Unterricht und Belehrung zu verbreiten. Der Anfang wurde mit nur wenigen Büchern gemacht; allein jetzt sind es 19 wandernde Bibliotheken (itinerant libraries), jede von 50 Bänden, welche nach den verschiedenen Stationen umhergeschickt werden, und auf jeder eine gewisse Zeit verbleiben. Der Stationen sind 15; 4 von den 19 Bibliotheken sind stets in der bedeutendsten Stadt in Gebrauch, 2 in einer andern Stadt von einigem Belang, und auf jede der 13 andern Stationen kommt jedesmal Eine Bibliothek. Die Zahl der Leser ist 700 bis 800 und die Unkosten – nicht mehr als 60 Pf. St. das Jahr – werden von dem Ertrage einer Predigt, dem Verkaufe einiger Tractate und durch Subskriptionen gedeckt. Dieser Plan ist jetzt auch in Berwickshire von Herrn Buchan von Kelloe angenommen worden, mit der Aenderung jedoch, daß die laufenden Ausgaben von den Lesern selbst bestritten werden, die zwei Pence den Monat bezahlen und die Bücher wählen. Aus diesen Lesegesellschaften sind häufig wissenschaftliche Lehrinstitute entsprungen, wie wir bald sehen werden.

Was die so nöthige Rücksicht auf Zeitersparniß betrifft, führen wir vorzüglich folgende Vorschläge an, die sämmtlich mehr oder weniger in Ausführung gebracht worden sind.

Erstens: da wo eine gewisse Anzahl von Personen in demselben Zimmer arbeiten, und die Arbeit nicht mit Geräusch verbunden ist, schlug man vor, daß, während die Andern beschäftigt sind, Einer beständig lesen sollte. Wenn 24 Menschen beisammen sind, so würde diese Anordnung nur erfordern, daß jeder einen Extratag in 4 Wochen arbeitete, vorausgesetzt, daß das Lesen den ganzen Tag fortdauerte, was nicht der Fall seyn würde. Dabei könnten die besser Unterrichteten und Fähigeren den Unwissenderen [WS 2]sehr zu Hülfe kommen. Dieser Vorschlag, der an die Stelle der frivolen Gespräche, womit meistens die Fabrikarbeiter sich wechselseitig verderben, eine Art von wechselseitigem Unterricht setzt, trat jedoch meistens erst als Folge anderer Unordnungen ein, die wir sogleich erwähnen werden.

Ein zweiter Vorschlag betrifft Zusammenkünfte, die ein oder zweimal in der Woche statt finden, um sich über die gelernten Materien zu besprechen und Diskussionen zu veranlassen. Welch ein treffliches Hülfsmittel solche Zusammenkünfte bei jedem privat- oder anderweitigen Unterricht der arbeitenden Klassen sind, fällt in die Augen. Es versteht sich von selbst, daß unter den Mitgliedern solcher Gesellschaften eine gewisse Aehnlichkeit in der Lektüre und in dem Kreis ihrer Ideen herrschen muß. Dieser Vorschlag fand in England, wo die Gewohnheit der Diskussionen so allgemein ist, schnell Eingang. Bald wurden dergleichen Zusammenkünfte unabhängig von andern Einrichtungen angeordnet; der Vorsteher (chairman) liest nach und nach eine lehrreiche Schrift durch und jedes Mitglied hat die Erlaubniß, bei einzelnen Stellen Bemerkungen vorzutragen, die zu weitern Erörterungen Anlaß geben, oder der Gegenstand der Diskussion wird in der vorhergehenden Versammlung bestimmt. Meistens stehen jedoch diese Zusammenkünfte in irgend einer Verbindung mit den Lesegesellschaften oder Lehrinstituten. Die Meister fanden manchfache Veranlassung, diese Einrichtung zu unterstützen, durch Verwilligung einer Freistunde oder anderer Vergünstigungen in Bezug auf die Arbeitszeit, durch Einräumung eines schicklichen Locals, weil man es mit Recht durchaus unpassend fand, den Versammlungsplatz in Wirthshäusern zu nehmen, u. s. w.

[665] Ein dritter Vorschlag, der gleichfalls zum Theil schon in Erfüllung gegangen ist, betrifft die Abfassung von wissenschaftlichen Elementarwerken, die den Umständen, der Bildungssphäre und dem Bildungsgange der arbeitenden Klassen angemessen sind. Es ist nehmlich einleuchtend, daß schon Mangel an Zeit diesen einen streng wissenschaftlichen Gang unmöglich macht. „Die Mehrheit“ – sagt Brougham – „muß sich begnügen, nur einen gewissen Punkt zu erreichen und den kürzesten Weg zu diesem zu wählen. Einige werden freilich viel weiter dringen; aber die größere Anzahl muß einen andern Weg gehen. So ist es z. B. in der Geometrie nicht nöthig, all die einzelnen Glieder dieses schönen Systems, wodurch die allgemeinsten und tiefsten Wahrheiten mit den wenigen einfachen Definitionen und Axiomen verbunden sind, durchzulaufen; man hat genug erreicht, wenn die Lehrlinge die Natur der geometrischen Analyse begriffen, und die Haupteigenschaften der Figuren kennen gelernt haben. Ebenso mögen sie in der Mechanik, mit weit spärlichern Vorkenntnissen sowohl aus der Geometrie als auch der Algebra, unterrichtet werden, als man in den gewöhnlichen Elementarwerken bei dem Leser voraussetzt. Daher wird derjenige der Sache der Aufklärung einen sehr wesentlichen Dienst leisten, der seine Muße der Abfassung solcher Elementarbücher über Mathematik widmet, die hinlänglich klar sind, um die Beweisart, die in dieser Wissenschaft gilt, zu veranschaulichen, und hinlänglich compendiös, um eine genaue Kenntniß der nützlichsten Fundamentalsätze und ihrer Anwendung zu praktischen Zwecken mitzutheilen; – deßgleichen solcher Elementarbücher über die Naturwissenschaften, welche die Hauptsätze der Physik und ihre praktische Anwendung Lesern begreiflich machen, die nur eine allgemeine Kenntniß von der Mathematik haben oder auch sogar nur die gewöhnlichsten arithmetischen Regeln wissen. Auch lasse man sich nicht durch den Gedanken abschrecken, daß die auf eine solche Weise angewandte Zeit, doch auf weiter Nichts gerichtet sey, als das Volk in den Rudimenten der Philosophie [6] zu unterrichten, ob gleich dieß allein schon ein Ziel ist, das glänzend genug wäre, den edelsten Ehrgeiz zu reizen; denn wann arbeitete je die erhabenste Philosophie an einer höhern Aufgabe, als die Ansichten der großen Masse unsers Geschlechts zu erheben und ihren Charakter zu veredeln? – wenigstens in späteren Zeiten, wo die Wissenschaft nicht mehr, wie in dem Alterthum, mit jener stolzen und hochfahrenden Verachtung, meinend, große Geister allein gingen mit dem Körper nicht unter, auf die Menge herabblickt. Wenn aber die Erweitung der Grenzen der Wissenschaft selbst das große Ziel aller Philosophen aller Jahrhunderte wäre, so wird dieser Zweck zwar mittelbar aber sicher durch diejenigen erreicht, welche statt Eines, dem jetzt der Pfad der Forschung geöffnet ist, Tausende zum Spekuliren und Experimentiren anleiten. Es ist nicht nöthig, daß Alle, die unterrichtet werden oder auch nur ein großer Theil über die Rudimente hinausgehen; aber jeder, der Lust und Fähigkeit in sich fühlt, weiter zu dringen, wird und kann voranschreiten; und die Wahrscheinlichkeitsfälle zu Entdeckungen in den Künsten, wie in der Wissenschaft selbst, werden so ins Unendliche vervielfacht werden. Solche Entdeckungen in der That, die unmittelbar mit Versuchen und Beobachtungen zusammenhängen, werden gewöhnlich von Männern gemacht, deren Leben technischen Arbeiten gewidmet ist, die aber zugleich in den allgemeinen Principien, von denen sie abhängen, unterwiesen und frühe zum Nachdenken gewöhnt worden sind. Derjenige, welcher ein Werk abfaßt, das auf eine einfache, faßliche und bestimmte Weise die Lehren der Algebra, Geometrie und Mechanik entwickelt und ihren Zusammenhang mit andern Zweigen des Wissens und den Künsten des gemeinen Lebens durch treffende Beispiele erläutert, darf einen ansehnlichen Theil an jener reichen Ernte von Entdeckungen und Erfindungen fordern, die unfehlbar durch die Tausende scharfsinniger und thätiger Menschen, welche auf diese Art befähigt sind, ihre Geisteskräfte auf gleich nützliche und erhabene Gegenstände zu richten, heranreifen muß.

Obgleich viel durch die Bemühungen Einzelner geschehen kann, so ist doch offenbar, daß zur Förderung dieser wichtigen Arbeit weit mehr durch die vereinten Kräfte einer Gesellschaft bewirkt wird.

Um entweder durch Schriftstellerei eigentliches oder durch theilnehmende Geldhülfe mitwirkendes Glied dieser Gesellschaft werden zu können, sind weder hervorragende Talente und tiefe Gelehrsamkeit, noch große Reichthümer erforderlich. [7] Obgleich diese Gaben, in ihrem reichsten [666] Maße, auf solches Beginnen angewendet, nicht weggeworfen seyn würden, so sind sie doch keineswegs zu dessen Gelingen unentbehrlich. Ein wissenschaftlich gebildeter Mann von gesundem Menschenverstand, erfüllt von dem Entschluß, die große Masse seiner Mitbrüder zu jenem Grad geistiger und sittlicher Cultur zu erheben, wozu sie von der Natur die Anlagen erhalten haben, kann – entweder in dem Mittelpunct des Instituts oder in einem entfernten Distrikt – mit der Gewißheit des Erfolgs an diesem guten Werke arbeiten, wenn ihm nur jenes Glück ruhiger Muße zu Theil geworden ist, um dessen willen Reichthümer hauptsächlich wünschenswerth sind. Ein solcher Mann, so zurückgezogen er auch aus Laune oder Gewohnheit von dem geräuschvollen Schauplatz öffentlicher Geschäfte oder dem Tummelplatz der gemeinen Bestrebungen der Welt leben mag, kann doch in aller Ruhe und Unschuld eine Befriedigung finden, die glänzend genug ist, um auch der aufstrebendsten Natur Genüge zu leisten; er kann durch seine alleinigen Bemühungen auf das Glück und den Charakter einer ganzen Generation wirken, und so eine Macht üben, welche selbst der gemeinste Ehrgeiz, wegen des unermeßlichen Gebiets, das sie umfaßt, beneidet und selbst die höchste Tugend, wegen der unverfälschten Wohlthaten, die sie verbreitet, segnet.“ [8]

[671] Als das vorzüglichste aller Mittel jedoch, um die Masse des Volkes schnell zu einer höhern Stufe intellektueller und sittlicher Cultur zu führen, fand man öffentliche Lehrvorträge, die man daher überall, wo es möglich ist, das heißt in allen Orten von einiger Bedeutung nach und nach zu Stande zu bringen bemüht ist. Dieses Mittel gewährt den arbeitenden Klassen mit der größten Zeitersparniß die gründlichste Belehrung; mit ihm können alle die übrigen Bildungsmittel verbunden werden und werden erst in dieser Verbindung recht fruchtbar; es ist endlich der geeignetste, oft der einzige Weg, Menschen, denen es an einer methodischen Vorbildung fehlt, in den Wissenschaften zu unterrichten. Nun erst wird der Lehrling in den Stand gesetzt, mit Vortheil zu lesen; Dinge, die kein Buch ihm hinlänglich erläutern kann, werden ihm auf genügende Art erklärt; der Zutritt zu Lehrern, der ihm eröffnet wird, verschafft ihm die Möglichkeit, sich durch mündliche Erläuterung, oft durch ein Wort, Schwierigkeiten lösen zu lassen, die sonst Tage lang seine Fortschritte würden gehemmt haben; endlich können in diesen Vorlesungen Dinge gelehrt werden, welche durchaus der anschaulichen Verdeutlichung durch Experimente bedürfen, um begriffen zu werden.

Durch diese großen Vortheile bestimmt, hat man auch da, wo man sich mit einem geringen Anfange begnügen mußte, zuletzt auf die Anordnung von Lehrvorträgen hingearbeitet. In vielen Fällen, begann man mit Errichtung von Lesegesellschaften und Bibliotheken und endete, wie der Eifer nach Unterricht und Belehrung wuchs, mit Vorlesungen, die sich auch den Umständen, der Zahl der Zuhörer und den Mitteln, die zu Gebot standen, vervielfältigen und so den unter dem Namen Mechanics Institutions so bekannten Lehrinstituten ihre Entstehung gaben.

Diese Institute sind die wichtigsten und bedeutendsten von allen Einrichtungen, die für Beförderung der Volkscultur in England getroffen wurden. Es sind Lehrinstitute, die vorzugsweise, jedoch nicht ausschließend, für Mechaniker (in dem oben erklärten Sinne des Wortes) bestimmt sind und durch Gesetze und eine geregelte Verwaltung den Charakter von organisirten Gesellschaften angenommen haben.

Wir wollen die Grundsätze und Ansichten zusammenstellen, nach denen in den meisten Fällen bei ihrer Bildung verfahren wurde.

Als Hauptgrundsatz nahm man an, daß die wesentlichen Kosten, welche diese Institute veranlassen, von den Mechanikern selbst, zu deren Besten sie errichtet werden, getragen werden müßten; ohne diese Anordnung werde weder ihre Unabhängigkeit hinlänglich gesichert noch möglich gemacht, daß sie tief Wurzeln fassen und sich allgemein genug verbreiten, um bleibende und bedeutende Resultate hervorzubringen. Das Geschäft der Reichen, die thätig mitzuwirken wünschten, glaubte man, müsse sich darauf beschränken, durch Aufmunterung, Rath und anfängliche freiwillige Beiträge die Errichtung solcher Institute zu veranlassen. Selbst in den Fällen, wo aufgeklärte und vaterländischgesinnte Männer unentgeltlich Unterricht ertheilten, hielt man für rathsam, mit dem Wachsthum der Anstalt eine angemessene Remunerazion zu geben, um so wohl das Princip der Unabhängigkeit unter den arbeitenden Klassen zu erhalten, als auch eine desto pünktlichere und regelmäßigere Haltung der Lehrvorträge zu sichern. Den Kostenbetrag im Durchschnitt gibt eine der oben angeführten Schriften folgendermaßen an: „Wenn man die von reichern Mitbürgern gespendeten Beiträge, auf die man im Anfange meistens rechnen darf und den ursprünglichen Ankauf des Apparats abzieht, mögen wir die jährlichen Kosten, die allein den Mitgliedern der Verbindung zur Last fallen, nach folgendem Ueberschlag ansetzen. Die Miethe einer Zimmers mag 30 ₤. St. betragen; die Besoldung des Lehrers 40 ₤.; Unterhaltung des Apparats 20 ₤.; Bedienung 10 ₤.; Sammlung und Verwaltung der Geldbeiträge 10 ₤.; Feurung und Licht 5 ₤.; nöthige Bekanntmachungen durch den Druck 15 ₤., in Allem 130 ₤. Wenn aber zwei oder drei Lehrkurse in demselben Zimmer gegeben werden, mindern sich die Auslagen für einen jeden verhältnißmäßig. Bei dreien z. B. werden die Kosten des Zimmers nicht mehr als 50 ₤., des Drucks etwa 20 ₤. und der Bedienung 30 ₤. betragen, so daß die Auslagen für jeden Kurs auf etwa 100 ₤. reduzirt werden. Jeder Kurs mach sechs Monate wöchentlicher Vorlesungen einnehmen; wenn folglich sich nur 100 Mechaniker finden, die wöchentlich einen Schilling ersparen können, ist es möglich, drei Lehrkurse, an denen jedes Mitglied Theil nimmt, zu Stande zu bringen. Diese Berechnung setzt indessen nur eine sehr unbeträchtliche Stadt voraus. In größern Städten, wo 500 bis 600 Personen sich vereinigen können, würden fünf Schilling vierteljährig hinreichen, drei oder vier Lehrkurse einzurichten und noch 150 bis 200 ₤. für den Ankauf von Büchern zu erübrigen.“

Die Anschaffung des Apparats für die Vorlesungen über Mechanik, Chemie, Physik u. s. w. sollte man denken, habe große Schwierigkeiten verursacht. Dies war allerdings Anfangs einigermaßen der Fall, indem natürlich die gewöhnlichen kostbaren Apparate die Mittel dieser Institute weit überstiegen. Indessen behalf man sich mit den wohlfeilsten Materialien und der einfachsten Maschinerie für die Experimente, jene großen Naturforscher, Black, Scheele, Franklin u. s. w., gleichfalls aus der Klasse der Mechaniker, nachahmend, bis der erfindungsreiche Geist der praktischen Britten [672] diese Schwierigkeiten überwand. Einige der vornehmsten Patrone dieser Institute erfanden Modelle für einen kompendiösen, wohlfeilen und dennoch vollkommen genügenden Apparat, zum Theil dadurch, daß die Maschinen vereinfacht, und Theile, die nicht gerade nothwendig sind, um das Wesen und die Wirkung derselben zu erklären, ausgelassen wurden, vorzüglich aber dadurch, daß man die Theile des Apparats so einrichtete, daß sie zu verschiedenartigen Zusammensetzungen tauglich wurden, wodurch sie neue Maschinen darstellten; eben so erfand man Modelle zu wohlfeilen chemischen Laboratorien. Diese Modelle wurden von mehreren bedeutenden Manufakturen sogleich im Großen ausgeführt, indem sie eine solche Menge von Apparaten verfertigten, daß ein jedes Mechanics Institute ohne bedeutende Kosten zu seinem Apparat und zu seinem chemischen Laboratorium kommen konnte. Die Zeichnungen wurden durch die polygraphische Methode vervielfältigt.

Ein anderes Hinderniß lag in der Schwierigkeit, tüchtige Lehrer zu finden, besonders in kleinern Städten. Anfangs reisten geschickte Lehrer von einem Orte zum andern, um sowohl die Institute einzurichten, als um zu lehren; und der berühmte Birkbeck machte selbst damit den Anfang, um der Sache den Schein von Unwürdigkeit, den das Vorurtheil leicht daran knüpfen könnte, zu benehmen und zu zeigen, daß auch das größte Talent und die ausgezeichnetsten Verdienste nicht zu hoch stehen für eine solche ehrenvolle Arbeit. Bald nachher bildeten sich Lehrer in diesen Instituten selbst, und zwar aus der Klasse der Mechaniker – eine natürliche Folge theils von der Liebe und dem Eifer für die Sache, theils von dem Umstande, daß das Lehrgeschäft bezahlt wurde. So lehrte in der Schule der Künste zu Edinburg ein Schreiner Mathematik, die er dort erst erlernt hatte. In Glasgow hielt ein Schreiner, der in dem von Birkbeck eingerichteten Institute gebildet worden war, Vorlesungen über Geographie, Chemie und Mechanik. Eben so hat der Verfasser in London mehrere Mechaniker gekannt, die sich für das Geschäft des Unterrichts bildeten und es kann nicht fehlen, daß in Kurzem diese Institute überall auch Lehrerseminarien werden.

So wie es bei der Bildung dieser Institute Grundsatz war, daß die Kosten den Mechanikern selbst überlassen würden, so hielt man es auch mit der Verwaltung. Kein besseres Mittel, dachte man, könne es geben, eine fortdauernde Aufmerksamkeit und Sorgfalt der Direktoren zu sichern, als wenn man die Direktion in die Hände derjenigen gäbe, die persönliches Interesse an dem Gedeihen von Anstalten haben müssen, deren einziger Zweck ist, sie sowohl im Allgemeinen zu einer höhern geistigen Bildung, als auch ins Besondere zu einer größern artistischen Vollkommenheit zu führen, und ihnen so unfehlbar eine bedeutendere Stellung unter ihren Mitbürgern und eine Verbesserung ihrer pekuniären Lage zu verbürgen.

Es zeigt sich hier die Nationalansicht der Engländer über Unternehmungen, welche von Gesellschaften ausgehen und für Gesellschaften bestimmt sind. Man hat nicht zu fürchten – sagt einer der einsichtsvollsten Patrone dieser Institute – daß die Vorschläge von Personen aus höhern Ständen und von größerer Bildung nicht gehörig beachtet werden. Dankbarkeit für den empfangenen Beistand und ertheilten Rath, nebst der Ueberzeugung, daß das einzige Motiv ihrer Theilnahme das Wohl der Anstalt sey, wird nicht fehlen, den Rathschlägen der Patrone gehöriges Gewicht zu geben. Sollte dies aber auch nicht immer der Fall seyn, so ist es doch weit besser, daß ihr Einfluß ganz unwirksam bleibe, als daß man Gefahr lauft, Gleichgültigkeit unter den Mitgliedern zu erzeugen, und die Entstehung von Mißbräuchen in den Instituten zu erleichtern, die immer dann sich einzuschleichen pflegen, wenn man diejenigen, um deren Interessen es sich allein handelt, von der Leitung der Sache ausschließt. Die Meinungen der Patrone werden immer den gebührenden Einfluß haben, so lange das Wohl derer, für welche die Anstalt gegründet ist, ihr Augenmerk bleibt; ist dies nicht mehr der Fall, so ist es billig, daß ihr Einfluß aufhöre. – Der Zeitpunkt, wann der Rath, die Belehrung und der materielle Beistand der Reichern und Gebildeteren am Meisten Noth thut, ist bei der Gründung einer solchen Anstalt; dann wird der Einfluß der Patrone nothwendig am Stärksten seyn. Denn Alles hängt davon ob, daß man sogleich im Anfange einen richtigen Weg einschlägt, passende Regeln zu Grunde legt, schickliche Gegenstände für die Vorlesungen wählt, und gute Lehrer aussucht und bei all diesen Materien werden die Meinungen und Wünsche derer, welche hauptsächlich zur Errichtung dieser Institute mitwirken, am Meisten beachtet werden. Wollen sie aber die Verwaltung allein in ihren Händen behalten, so wird sowohl die Unabhängigkeit dieser Unternehmungen, als auch ihr Erfolg nothwendig gefährdet. Jede Vermehrung der Kenntnisse in der Masse des Volkes kann nur als etwas Zweideutiges, wenigstens nur als ein mit vielen Uebeln versetztes Gut betrachtet werden, wenn sie durch eine vermehrte Abhängigkeit von den höhern Ständen erkauft ist. Eine Dankbarkeit, die durch eine Art von Befehl erzwungen wird, verletzt den Charakter derer, welchen man nützen will, und erweckt jene schmerzlichen und niederschlagenden Gefühle, die durch die Ausübung einer Autorität entstehen, welche auf weiter Nichts als den Unterschied des Ranges und Vermögens gegründet ist. Diese Grundsätze wurden immer allgemeiner anerkannt, und bei allen Instituten der Art, die in den letzten Jahren gestiftet wurden, nahm man zwei Drittheile der Mitglieder der Verwaltungsräthe aus den Mechanikern selbst. Der blühende Zustand des Instituts in London bewährte die Richtigkeit dieser Ansicht; eine noch sprechendere Erfahrung machte man in Glasgow. Das ältere Institut, das nach anderen Grundsätzen errichtet war, sank bald, weil das Interesse der Mitglieder erlosch; das neue dagegen, das auf diesen Principien beruht, erhob sich zu einem solchen Flor, daß es an der Spitze aller Mechanics Institutions steht.

[674] Der Kreis der Unterrichtsgegenstände in diesen Instituten ist durchaus nicht beschränkt. Anfangs zwar erstreckten sich die Lehrvorträge vorzugsweise auf Gewerbkunde und die ihr zum Grunde liegenden Wissenschaften, weil diese Kenntnisse den Bedürfnissen der Lehrlinge am Nächsten liegen, wie man aus der im Jahre 1825 entworfenen übersichtlichen Skizze von Brougham, die wir sogleich mittheilen werden, ersehen wird. Seitdem hat sich indessen die Unterrichtssphäre immer mehr erweitert. In vielen Instituten, wo es die Umstände erlaubten, traten Vorlesungen über Geschichte, Politik, Moral, Nationalökonomie u. s. w. hinzu; kein Zweig menschlicher Bildung und Wissenschaft ist ausgeschlossen; was nur immerhin den Forschungsgeist wecken und beleben, und das Herz veredeln kann, wird, wenn günstige Verhältnisse eintreten, in den Kreis des Unterrichts aufgenommen. Es ist in der That erstaunlich, wie rasch und sicher wissenschaftlicher Geist und methodisches Denken sich in diesen trefflichen Instituten entwickeln. Der Verfasser, der öfter Gelegenheit hatte, den Zusammenkünften zu Diskussionen in der Mechanics Institution in London beizuwohnen, konnte sich nicht genug über die Präcision im Ausdruck, die Kunst im Demonstriren, den Scharfsinn in der Anwendung theoretischer Sätze auf die Praxis und über den Erfindungsgeist in den Vorschlägen zu Verbesserungen wundern, welchen hier Schreiner, Maschinenmacher, Wagner, Färber u. s. w. an den Tag legten. Welche Vervollkommnung der Industrie – um nur dies Eine zu berühren – darf England von diesen Instituten hoffen, welche durch die wissenschaftliche Grundlage, die sie gewähren, den blinden Schlendrian, in welchem Gewerbe und Künste in andern Ländern fortschleichen, für immer verbannen und dem Forschungsgeiste alle Bahnen der Erfindung, Verbesserung und des immer weitern Fortschreitens öffnen!

Endlich dürfen wir eine Seite dieser Institute nicht unberührt lassen, die vorzügliches Lob verdient; es ist dies ihre treffliche Wirkung auf Charakter und Sitten der Lehrlinge durch den Einfluß der Lehrer, die Kraft des Unterrichts und den Geist, der aus der Anordnung des Ganzen hervorgeht. Die Lehrlinge fühlen sich als Glieder eines unter gemeinsamen Gesetzen stehenden Ganzen, dessen Unterhaltung und Administration ihr eignes Werk, dessen Zweck ihre eigne höhere Bildung und ihr bürgerliches Wohl ist. Dieses edle, freie Verhältniß, die Verbindung mit den achtbarsten, zum Theil berühmten Männern, die ihre Lehrer sind, der Eintritt in das aufgeschlossene Reich der Wissenschaften lassen ein neues geistiges Daseyn für sie aufgehen, in dem nothwendig auch ein neues sittliches Leben reifen muß. Der Verfasser hat von mehrern Direktoren des Instituts in London hinreichende Auskunft über diesen Punkt erhalten. Leute aus den niedrigsten Volksklassen, zum Theil aus den Hefen des Pöbels, sobald sie sich in diese anregenden Verhältniße versetzt sahen, änderten schnell und leicht alte Gewohnheiten und Sitten und wurden in manchen Fällen wahrhaft neu geboren: der Geschmack an den gröbern Vergnügungen der Sinne erlosch; es schien ihnen unwürdig, ihre Zeit auf den Straßen oder in Bierhäusern zu vergeuden. Der Reiz des Denkens, Lernens und Forschens in den Lehrstunden, und in den Zusammenkünften für Diskussionen, die fast überall mit den Instituten verbunden sind, sowie der Lektüre, wirkte mit seiner ganzen Gewalt. Ein edler tüchtiger Gemeingeist belebte Alle; die Grundsätze der Ehre, Redlichkeit, Sparsamkeit und Ordnungsliebe wurden gewissermaßen als Gesetze des Instituts betrachtet. Selbst bei ihren Erholungen waren sie auf eine nützliche Thätigkeit bedacht. Als Hr. Völker im Jahre 1826 die Turnübungen in England allgemeiner einzuführen bemüht war, wurde er von der Mechanics Institution in London ersucht, auch für diese Anstalt Unterricht zu ertheilen. Unter seinem Vorsitz wurde eine Turnordnung debattirt und beschlossen, und sodann der Unterricht begonnen. Der Verfasser, der öfter diesen Uebungen beigewohnt hat, kann sich nicht erinnern, gesittetere Menschen auf den Turnplätzen der deutschen Universitäten gesehen zu haben. – Nach den Versicherungen, die der Verfasser von Brougham und Gil-christ erhielt, war dieselbe sittliche Wirkung in allen Instituten dieser Art zu erkennen. Welche reiche Ernte an wahrem Bürgersinn und praktischer Tüchtigkeit kann also der Staat von diesen Anstalten erwarten!

Wir wenden uns nun, nachdem wir durch die bisherigen Bemerkungen das Wesen dieses Systems genügend charakterisirt zu haben glauben, zu einer historischen Uebersicht des Wichtigsten, was besonders in Verbreitung der Mechanics Institutions geschehen ist. Diesen [675] Theil unsrer Aufgabe glauben wir aber nicht besser lösen zu können, als durch Mittheilung des letzten Abschnittes der oben erwähnten Schrift Brougham’s. Wir müssen jedoch erinnern, daß in den drei Jahren, die seit der letzten Ausgabe dieser Schrift verflossen, die meisten Wünsche des patriotischen Verfassers erfüllt worden sind und die Anstalten des Volksunterrichtes sowohl auf dem Lande als in den Städten sich ungemein vervielfältigt haben.

„Es ist nun Zeit, daß wir uns zu einer historischen Betrachtung dessen wenden, was bereits geleistet worden ist. Den Anfang machte Dr. Birkbeck, welchem England eine Schuld der Dankbarkeit abzutragen hat, deren Größe nicht leicht, ja in dem gegenwärtigen Zeitalter gar nicht zu bestimmen seyn dürfte. Denn da in den meisten Fällen die wirkliche Nachfrage nach irgend einem Gute dem Vorhandenseyn desselben vorausgeht; so würde es in dem gewöhnlichen Lauf der Dinge gewesen seyn, wenn der Lehrer auf den Wunsch der arbeitenden Klassen nach Unterricht gewartet hätte. Aber lange vorher, ehe sich irgend ein Zeichen eines solchen Wunsches äußerte, trat jener gelehrte und treffliche Mann mit seinen eben so tief durchdachten als wohlthätigen Planen der Volksbildung auf. Ehe Dr. Birkbeck sich in London niederließ, wo er seitdem die höchste Stufe in dem Gebiete der Arzneikunst erreicht hat, lebte er einige Zeit zu Glasgow als Professor am Anderson-Collegium, und kündigte, etwa um 1800, einen Kurs von Vorlesungen über die Naturwissenschaften und ihre Anwendung auf die Künste zur Belehrung der Mechaniker an. Wenige benutzten Anfangs diesen Vortheil; allmählig indessen verbreitete die ungewöhnliche Klarheit seiner Methode, die einsichtsvolle Auswahl der Experimente und das natürliche Anziehende von Gegenständen, womit diese Leute sich ihr ganzes Leben beschäftigten und von denen ihnen erst jetzt die Gründe entwickelt wurden – einen allgemeinen Geschmack für diese Studien, und als er etwa zwei oder drei Jahre später Glasgow verließ, besuchten gegen 700 Zuhörer mit eben so viel Eifer als Beharrlichkeit seine Klasse.

Nach Dr. Birkbecks Abreise wurden die Vorlesungen seines tüchtigen und würdigen Nachfolgers, Dr. Ure, eine Zeitlang sehr besucht, und als die Zahl der Zuhörer abzunehmen anfing – wahrscheinlich aus dem Grunde, weil sie keinen Antheil an der Verwaltung der Anstalt hatten – fiel es glücklicherweise Herrn Ure ein, eine Bibliothek zum Gebrauch der Mechaniker damit zu verbinden, und die Leitung derselben gänzlich einem von ihnen selbst gewählten Committee anzuvertrauen. Dies gab dem Unternehmen neues Leben, und da die Gaslichtcompagnie, zur Dankbarkeit für einige Dienste, welche ihr der Professor geleistet hatte, sich dazu verstand, zwei Abende in der Woche das Bücherzimmer zu erleuchten, so entstand unter denen, welche kamen, um ihre Bücher zu vertauschen, die Sitte, da zu bleiben und über die Gegenstände ihrer Lektüre sich zu unterreden, wodurch der Geist des Denkens und Forschens in diesen Leuten einen ungewöhnlichen Impuls empfing. Da das Committee der Bibliothek von der ganzen Gesellschaft gewählt war, so repräsentirte es dieselbe gewissermaßen und erlangte einen Antheil an der Verwaltung des Instituts. Seine Vorschläge wurden indessen nicht beachtet, und dies veranlaßte Zwistigkeiten, die, wiewohl Anfangs beklagenswerth, dennoch zuletzt zu den wohlthätigsten Folgen führten. Denn eine große Anzahl sonderte sich von den Vorlesungen ab und bildete ein getrenntes Institut, ganz unter der Administration der Mechaniker selbst. Dies Filialinstitut ist über alle Erwartung blühend geworden; vergangenen Winter zählte es 1000 Mitglieder aus der arbeitenden Klasse, während das Mutterinstitut kaum eine Abnahme spürte. Aus diesen öffentlichen Vereinen ist ein anderer hervorgegangen, nach einem beschränkteren aber höchst nützlichen Plan, der sich auf jede große Manufaktur anwenden läßt. Die Arbeiter der Gaslichtcompagnie, etwa 60 bis 70 an Zahl, bildeten sich auf den Rath des Herrn Nelson, ihres Obermanns zu einem Klub für wechselseitigen Unterricht. Durch Ersparung einer geringen Summe monatlich haben sie etwa 300 Bände gesammelt, und da ihnen die Compagnie ein Bibliothekzimmer nebst Licht und Feurung gibt, so kommen sie jeden Abend zusammen, um über literärische und wissenschaftliche Gegenstände zu conversiren und Einmal in der Woche eine Vorlesung zu halten, indem der, welcher Lust hat, dieses zu thun, nur 14 Tage vorher Nachricht gibt, daß er über den oder jenen Gegenstand, welchen er durchstudirt hat, handeln will. Die Bücher sind von jeder Art, ausgenommen theologische, die in Betracht der mancherlei Secten, zu welchen die Leute gehören, nothwendig ausgeschlossen werden mußten.

Es ist ein wenig auffallend, daß, obschon in Schottland viele Städte sind, – und einige in einer geringen Entfernung von Glasgow – wo Mechaniker zu Hunderten leben, dennoch zwanzig Jahre verstrichen, ehe das Beispiel befolgt wurde, und die Leute sich eine Erfahrung zu Nutze machten, die so lange vor ihren Augen war, und sich durch so seltenen Erfolg auszeichnete. Erst im Jahr 1821 nahm Edinburg den Plan an, mit einigen Veränderungen, die zum Theil als Verbesserungen erscheinen.

Die Beförderer der Sache begannen mit einem kurzen Entwurf des projektirten Instituts, den sie bei den vorzüglichsten Meistern der gewerbtreibenden Klasse mit der Bitte circuliren lassen, ihn in ihren Werkstätten vorzulesen und die Nahmen derjenigen Arbeiter aufzuschreiben, welche in den für Künstler vorzüglich interessanten Wissenschaften unterrichtet zu werden verlangten. Innerhalb zehn Tagen waren schon 70 bis 80 Namen beisammen, worauf eine Privatversammlung der hauptsächlichsten Patrone der Unternehmung statt fand. Hier wurde beschlossen, mit einer Subscription aufzutreten. Demgemäß kündigten sie im April 1821 einen Kurs von Vorlesungen über Mechanik und einen andern über Chemie an, der im folgenden October beginnen sollte, sowie die Bildung einer Bibliothek über dieselben Gegenstände. Die Zeit der Vorlesungen wurde auf die Stunde von 8 bis [676] 9 verlegt, zweimal die Woche, sechs Monate hindurch. Für den Zutritt zu der Bibliothek sowohl als zu den Vorlesungen wurden nicht mehr als 15 Schillinge des Jahres gefordert. Zu gleicher Zeit erschien für das größere Publikum die Anzeige und der Plan einer Schule für Künste (school of Arts). Die Wirkung auf alle Klassen war so vortheilhaft, daß im September 220 Mechaniker sich als Theilnehmer eingeschrieben hatten, und die öffentlichen Beiträge sich auf eine so beträchtliche Summe beliefen, daß die Direktoren im Stande waren, im October die Sache ins Werk zu setzen. Als 400 Zutrittskarten verkauft waren, hielten die Herrn Galbraith und Forbes die zwei Vorlesungen, zu welchen bald noch zwei andere über Baukunde und Thierarzneikunde kamen, nebst einer Klasse für Zeichnen im Bau- und Maschinenwesen während der Unterbrechung der Vorlesungen im Sommer.

Die Lehrstunden über Mechanik hatten kaum begonnen, als einige der Zuhörer, den Mangel mathematischer Kenntnisse fühlend, sich unter einem ihrer Kameraden in eine Klasse zu diesem Endzweck vereinigten; ein Tischler verstand sich dazu, sie unentgeltlich die Elemente der Geometrie und die höhern Theile der Arithmetik zu lehren. Dieser Vorsatz wurde von den Direktoren vollkommen gebilligt; und nachdem man ihnen für die nöthigen Bücher gesorgt hatte, kamen sie, dreißig an der Zahl, einmal in der Woche für Arithmetik zusammen. Nach der Methode des wechselseitigen Unterrichts ordneten sie fünf Abtheilungen an, und die fünf besten Schüler wurden zu Monitoren bestellt. So giengen sie jedesmal in der folgenden Stunde die Lektionen der vorherigen durch. Da die Zahl der Klasse auf dreißig beschränkt war, so bildeten die, welche nicht Theil nehmen konnten, eine andere, nach demselben Plan. Hr. Galbraith, Professor der Mechanik, legte seinen Lehrlingen Aufgaben zur Uebung vor; eine Liste von 25 Individuen, die sich am Meisten durch die Anzahl und Genauigkeit der Auflösungen auszeichneten, ist öffentlich bekannt gemacht worden.

[681] Die jährlichen Einnahmen nach der Durchschnittsberechnung der zwei ersten Jahre waren 448 Pf. St. durch die Beiträge der Patrone, und 300 Pf. St. durch die der Lehrlinge. Die Ausgaben dagegen etwa 620 Pf.; eine Ersparniß von 300 Pf. wurde zur Erbauung eines Saales für die Vorlesungen verwandt. Unter die Ausgaben gehören 216 Pf. für Meubel und Apparat; 110 Pf. für Bücher und Einband, und etwa 70 Pf. zur Bestreitung der Kosten, welche die Subscriptionen, Bekanntmachungen, das Einsammeln der Gelder und die Zusammenkünfte verursachten. Somit betragen die nothwendigen laufenden Ausgaben nur 220 Pf. jährlich, und wenn die Zuschüsse von außen aufhörten oder sich blos auf die Bildung eines Fonds für ein Gebäude beschränkten, so könnten die Mitglieder allein durch ihre Beiträge das Institut fortführen, und noch einen jährlichen Ueberschuß von 80 Pf. zur Reparatur und Vermehrung des Apparats und der Bibliothek haben. Würden die Beiträge auf 1 Pf. jährlich erhöht – was wahrscheinlich ohne Nachtheil des Instituts geschehen könnte – so würden sich 100 Pf. mehr ergeben, für bessere Bezahlung der Professoren oder, wenn sie mit dem bisherigen Salar zufrieden sind, für die Anordnung neuer Vorlesungen. Diese Angaben sind insofern wichtig, als sie unsere frühere Berechnung bestätigen und zeigen, daß auch an Orten, wo die Vermögenden weniger freigebig sind, als in Edinburg, dennoch dieselben schätzbaren Institute durch eine einsichtsvolle Ermunterung, die man am Anfange den Mechanikern gibt, ohne daß man sie jedoch gerade auf eine fortdauernde Unterstützung rechnen ließe, leicht gebildet und erhalten werden können.

Das vollkommne Gelingen von Dr. Birkbecks Plan, zuerst in Glasgow und dann in einer Stadt, die weit weniger Manufakturen zählt, führte natürlich auf die Idee, demselben eine weitere Verbreitung zu geben durch das einzige Mittel, wodurch in England irgend ein Plan allgemein empfohlen werden kann – durch die Ausführung desselben in London. Im October 1823 erschien ein Aufruf von den Herrn Hodgkin und Robertson in dem Mechanics Magzine; er wurde schnell von Dr. Birkbeck selbst und anderen Freunden der Erziehung so wohl als auch von den Meistern der Gewerbkünste und ihren Arbeitern beantwortet. In einer Zusammenkunft im November wurde die Errichtung eines Instituts beschlossen, zugleich eine Subscription eröffnet und eine Anzahl von Grundregeln festgesetzt. Eine derselben, die ich als die wichtigste und wesentlichste unter allen betrachte, bestimmt, daß das Verwaltungscommittee von allen Zuhörern gewählt werden, und wenigstens zwei Drittheile desselben aus Handarbeitern bestehen sollen. Der Plan wurde so schnell in Ausführung gebracht, daß schon im Januar der Präsident, Dr. Birkbeck, das Institut auf eine höchst passende Art mit einem einleitenden Vortrag an viele hundert Arbeiter eröffnete, die von weiten Entfernungen in der schlimmsten Jahrszeit und nach den Mühen des Tags sich herbeidrängten, um jenen Durst nach Kenntnissen zu stillen, der eins der ruhmvollsten Wahrzeichen unsers Zeitalters ist. Nicht weniger passend war das freiwillige Anerbieten eines Kurses von Vorlesungen über Mechanik von Seiten des Professors Millington, der mit edlem Stolze seinen Zuhörern erklärte, daß er ursprünglich zu der nehmlichen Klasse wie sie gehört habe.

Im Laufe des Jahres wurden folgende Vorlesungen gehalten: von Hrn. Phillips über Chemie, Hrn. Dotchin über Geometrie, Dr. Birkbeck über Hydrostatik, Hrn. Cooper über die Anwendung der Chemie auf die Künste, Hrn. Neuton über Astronomie, Hrn. Tatum über Electricität, und Hrn. Black über die französische Sprache. Die Zahl der Arbeiter, die jetzt zu dem Institut gehören, beträgt etwa 1000, und jeder bezahlt 20 Schillinge jährlich. Einstweilen hat die in der Monkwellstraße befindliche Kapelle, in der ehedem Dr. Lindsey Gottesdienst hielt, als Lehrzimmer gedient; und möchten wir für Gegenstände der Art eine Vorbedeutung gelten lassen, so konnte in der That ein Plan zur Veredlung der Menschen nicht unter glücklicheren Auspicien begonnen werden, als indem man die Stätte zur Ausführung wählte, die ein so tugendhafter und erleuchteter Freund seines Vaterlandes einst mit dem Geiste ächter Humanität und allgemeiner Duldung geheiligt hatte. Indessen hat man nur für einen dauernden Sitz des Instituts, in einem geräumigen Platz in den Southampton-Buildings gesorgt. Der Grund zu einem großen Saal für die Vorlesungen und zu passenden Zimmern für die Bibliothek und den Apparat ist daselbst bereits gelegt worden. Die für diese Gebäude erforderliche Summe, die mehr als 3000 Pf. beträgt, ist von Dr. Birkbeck auf eine sehr edelmüthige Weise vorgeschossen worden. Andere haben Geschenke an Büchern, Geld und Apparaten gemacht. [682] Mit noch mehr Bewunderung würde ich der Gabe von 1000 Pf., die Sir Francis Burdett dem Institut machte, erwähnen, wenn nicht die, welche ihn kennen und seine Handlungsweise beobachten, schon so lange an dergleichen Akte einer eben so weisen als ausgezeichneten Wohlthätigkeit gewöhnt wären, daß sie aufhören, sich darüber zu wundern. Noch muß ich hier die, auf bestimmte Nachrichten gegründete, Ueberzeugung aussprechen, daß die Mechaniker dieser großen Stadt entschlossen sind, so wie sie die Kraft dazu haben, das System, von dem wir reden, fortzupflanzen und weiter auszudehnen; und daß ich nicht den geringsten Zweifel hege, daß sie, selbst ohne weitern Beistand noch andere Institute in den entfernteren Theilen der Stadt errichten werden, wie denn auch in gegenwärtigem Augenblick schon mehrere Filialinstitute bestehen. Die Vorgänge in London gaben den Beförderern der Bildung im ganzen Lande einen großen und allgemeinen Impuls; die erste Stadt, die folgte, war New-castle am Tyne. Im Monat März 1824 wurde daselbst ein Institut für die Unterweisung von Mechanikern, mit Bibliothek, Vorlesungen und wissenschaftlichen Unterhaltungen errichtet, und die erste Versammlung wurde am 11 Mai von Hr. Turner mit einem trefflichen Vortrage eröffnet. Die Mitglieder werden durch Ballotiren zugelassen; aber jedes Individuum, das jährlich 12 Schill. bezahlt, ist wählbar. Das Verwaltungscommittee besteht sowohl aus Arbeitern als aus Meistern. Die Bibliothek besteht bereits aus 600 bis 700 Bänden. Außer den Patronen zählt die Anstalt 240 Mitglieder, die jährliche Beiträge geben. Die Zusammenkünfte für Diskussionen sind monatlich. Hier werden Schriften gelesen und Unterhaltungen gepflogen über jeden beliebigen wissenschaftlichen und literärischen Gegenstand, nur mit Ausnahme von theologischen und politischen Streitfragen. Auch ist man mit der Bildung eines Fonds für die Anschaffung von Apparaten beschäftigt und die Vorlesungen werden bald ihren Anfang nehmen. Herr Turner hatte schon mehrere Jahre vor der Errichtung der Gesellschaft Vorlesungen über Naturwissenschaften für die arbeitenden Klassen gehalten. Die literärische Gesellschaft, die von den Reichen unterstützt, lange in New-castle blühte, muß wesentlich dazu beigetragen haben, jene Liebe zu Kenntnissen an diesem Orte zu wecken, die nun ihren Segen auch unter den übrigen Klassen der Gesellschaft verbreitet. Noch, bemerke ich, daß man hier sich genau an den trefflichen Grundsatz hielt, denen, welche den Eintritt mit einer größeren Geldsumme bezahlten, keine besonderen Vorrechte, sondern allen Theilhabern am Institut gleichen Antheil an der Verwaltung einzuräumen.

Es ist auffallend, daß, der Zeit nach, das nächste Beispiel von einer so unbeträchtlichen Stadt, als Kendal, die nicht mehr als 8000 Einwohner hat, gegeben wurde. Dieser Fall ist um so belehrender, weil er zeigt, daß das System auch mit sehr beschränkten Mitteln ausgeführt werden kann. Im April 1824 beschloß man daselbst, eine Bibliothek und ein Institut für Mechaniker zu gründen, wovon jeder, der auf einmal 3 Guineen in Geld oder Büchern bezahlte oder sich mit 4 Schill. jährlich subscribirte, Mitglied werden und stimm- und wahlfähig für das Verwaltungscommittee seyn könnte. Außer 50 – 60 Mitgliedern, die sich ein für allemal eingekauft haben, sind hier 150 Subscribenten, alle aus den arbeitenden Klassen. Die Bibliothek beläuft sich schon auf 300 bis 400 Bände, und ein Brief des würdigen Präsidenten, Hrn. S. Marschall liegt vor mir, worin es heißt: „die Bücher werden fast alle auf einmal ausgegeben, so groß ist das Verlangen nach Unterricht.“ Bei den vierteljährigen Zusammenkünften werden Originalaufsätze über Gegenstände der Literatur und Wissenschaft vorgelesen. Die Discussion kann sich über alle Materien verbreiten, nur abermals mit Ausnahme solcher, an die sich ein polemisches oder Partei-Interesse knüpft. Verflossenen Herbst wurden Vorlesungen über Naturgeschichte gehalten, und dieses Frühjahr wird ein Curs über Mechanik und wahrscheinlich auch über Chemie beginnen. Der Plan dieses Instituts ist einer der besten, den ich noch gesehen habe, mit der Ausnahme vielleicht, daß die Zusammenkünfte zu selten und die jährlichen Beiträge zu niedrig angesetzt sind. Diese Mängel indessen, vorzüglich der letztere, sind nicht wesentlich und können leicht verbessert werden, je nachdem das Bedürfniß von Mitteln für Vorlesungen und Apparate es erfordert, und das Vergnügen und der Gewinn einer wissenschaftlichen Bildung mehr und mehr gefühlt werden.

Seitdem ist auch Carlisle nachgefolgt und der Hauptgrundsatz, der in jeder Hinsicht am Meisten im Auge behalten werden sollte, ist weislich durch einen förmlichen Beschluß anerkannt worden, nehmlich: „daß dergleichen Institute dann am meisten Dauer und Gewinn versprechen, wenn sie hauptsächlich von den Mechanikern selbst dirigirt werden.“ Demgemäß wurde festgesetzt, daß der Verwaltungsrath, der 21 Mitglieder zählt, zu zwei Drittheilen aus Arbeitern bestehen soll. Um ein lebenslängliches Mitglied zu werden, bezahlt man fünf Guineen beim Eintritt und sieben Jahre hindurch, jährlich Eine Guinee. Die anderen bezahlen 8 Schill. jährlich und werden von dem Committee durch Ballotiren aufgenommen; ihre Söhne und Lehrlinge genießen alle Vortheile des Instituts. Seit dem November sind mehr als 300 Bände gesammelt worden. Die Zahl der Mitglieder beträgt 155. Herr Nichol hat einen Curs von Vorlesungen über die Naturwissenschaften gehalten. Am Schluße derselben überreichten die Arbeiter, welche sie mit steigendem Vergnügen besucht hatten, Herrn Nichol eine silberne Büchse, vier Guineen werth, worin noch 12 Pf. eingeschlossen waren. Der Secretär, Herr Dunbar ist von einigen wohlthätigen Einwohnern von Dumfries um Belehrung über die beste Art, ein ähnliches Institut in jener Stadt zu errichten, ersucht worden; und ich habe das feste Vertrauen, daß auch Whitehaven, wo nicht die umliegenden kleinern Städte, diesem Beispiele folgen werden. In der That, kein Ort ist zu klein für eine Bibliothek zum Nutzen der Mechaniker, und wo nur irgend die Zahl der [683] Einwohner es erlaubt, wird ein solches Beginnen sich gewiß mit einer Reihe von Vorlesungen oder wenigstens mit einem den Arbeitern ersprießlichen Curs von Privatunterweisung endigen. Die Stadt Hawick hat nicht über 4000 Einwohner; dennoch wurde eine Gesellschaft der Mechaniker nebst einer Bibliothek vor einigen Jahren daselbst errichtet und Hr. Wilson von Edinburg ging letzten Herbst dahin, und hielt 200 Mechanikern einen Curs über die Natur-Wissenschaften. Aus den wandernden Bibliotheken zu Haddington erwuchs im Jahr 1821 eine Schule der Künste, durch die Bemühungen einiger Handelsleute, die mehrere Jahre zuvor eine Gesellschaft für wissenschaftliche Diskussionen gestiftet hatten. Seitdem haben die HH. Gunn, Cunningham und Dr. Lorimer Vorlesungen über Mechanik, Chemie und Mathematik gehalten. Eben so ist das Beispiel von New-castle in Alnwick befolgt worden, einer Stadt von nur 5000 Einwohnern; eine Bibliothek und eine Gesellschaft wurden dort vorzüglich durch die Bemühungen des Hrn. Johnston gegründet. Ich habe alle Ursache zu glauben, daß in Morpeth und Hexham etwas Aehnliches im Werke ist.

Die große, reiche und industriöse Stadt Manchester berechtigte wohl zu der Erwartung, daß sie unter den ersten und eifrigsten sein würde, ein Institut zu gründen. Der Entschluß dazu wurde im April d. J. gefaßt, und es scheint, daß man große Anstalten machte, den Plan in Ausführung zu bringen; 798 Pf. waren vor Ende Juli eingenommen worden; davon waren 243 Pf. jährliche Schenkungen, 191 Mechaniker hatten sich mit Einem Pf. jährlich eingeschrieben. Eine Bibliothek ist im Werden und Vorbereitungen werden, wie ich höre, zu einem Curs von Vorlesungen getroffen. Die Verwaltung des Instituts ist aber Direktoren übergeben, die allein von und aus den Ehrenmitgliedern gewählt sind. Dieses sind Personen, welche entweder 10 Guineen beim Eintritt oder jährlich eine Guinee bezahlen, außer der erst erwähnten (jährlichen) Subscription mit einem Pfund. Es würde ungeziemend seyn, anders, als mit großer Vorsicht über die Richtigkeit von Ansichten zu urtheilen, die sich vielleicht auf örtliche, entfernten Beobachtern unbekannte, Rücksichten gründen; aber ich kann nicht umhin, den ernstlichen Wunsch auszudrücken, daß dieser Theil des Plans von den trefflichen und aufgeklärten Männern, die ein so gutes Werk gestiftet haben, möge von Neuem in Erwägung gezogen werden. Vielleicht wird die Thatsache, daß zu den Gesellschaften, die an Orten, wie Kendal und Carlisle nach dem entgegengesetzten Princip gebildet wurden, fast eben so viele Mechaniker hinzutraten, wie zu Manchester, wo die Bevölkerung wenigstens zehnmal so stark und die Industrie solchen Unternehmungen weit mehr zusagend ist und wo, wie ich bestimmt weiß, 1200 Exemplare des Mechanics Magazine am ersten Tage seines Erscheinens abgesetzt wurden – meinem Wunsche einiges Gewicht geben.

[696] Das Institut für Mechaniker zu Leeds ist erst kürzlich gegründet worden, vorzüglich durch die Bemühungen der HH. Gott und Marshall. Jedes Individuum, das von zwei Mitgliedern empfohlen ist, wird, unter Bezahlung von 2 Pf. beim Eintritt und 10 Sch. jährlich, aufgenommen, und Jeder, der 5 Sch. halbjährlich bezahlt, ist zu allen Vortheilen, ausgenommen den, an der Verwaltung Theil zu nehmen, berechtigt. Die Summe von 2 Pf. indessen, die erforderlich ist, um Mitglied zu werden, ist für die Mechaniker zu hoch. Eine beträchtliche Anzahl derselben sind allerdings Mitglieder, und als solche stimmen sie und sind zur Direktion wählbar; aber die überwiegende Majorität der Stimmenden gehört zu den höhern Klassen. Eine kleine Aenderung würde diese Schwierigkeit entfernen. Die Zahl der Mitglieder beträgt 146, und die der Subscribenten 136; der Werth der Bibliothek beläuft sich auf 500 Pf., und, nachdem gelehrte Männer sich zu unentgeldlichem Unterrichte erboten haben, sind alle Vorbereitungen zur Eröffnung von Vorlesungen getroffen worden. Dieß Institut verspricht sehr viel, und die große Zahl von talentvollen und patriotischen Männern in jener Gegend sichert den beßten Erfolg, wenn nur der aufrichtigen Theilnahme von Seiten der Arbeiter kein Hinderniß in den Weg gelegt wird. Der Geist der Eintracht, welchen Männer von den verschiedensten religiösen und politischen Parteien bewiesen haben, verdient als Beispiel aufgestellt zu werden, und die wohlwollende Denkart der Meister wird gewiß von denen, welche in ihren Diensten sind, die gebührende Anerkennung finden.

Die Institute, deren ich bisher Erwähnung gethan habe, sind sowohl für Vorlesungen als auch für Belehrung durch Lektüre gestiftet worden, und die meisten derselben haben es schon zu Vorlesungen gebracht. Andere aber waren bloß für Lektüre bestimmt und haben bisher keinen Unterricht auf anderen Wegen erstrebt; sie können indessen leicht den Schritt dazu thun. Unter diesen verdient das zu Liverpool bestehende zuerst der Erwähnung, weil es am Frühesten gegründet wurde.

Die Bibliothek für Mechaniker und Lehrlinge zu Liverpool, die im Juli 1823, vorzüglich durch die Bemühungen des Hrn. E. Smith errichtet wurde, leitet, wo ich nicht irre, ihren Ursprung von einem sehr berühmten Stamme her; denn sie war nach demjenigen Plane entworfen, welcher von der Gesellschaft für Bibliotheken (Library Company) zu Philadelphia, die Franklin im Jahr 1731 stiftete, ausging. In sechs Monaten waren 800 Bände beisammen und 400 Leser hatten subscribirt. Jetzt ist die Bibliothek beträchtlich vermehrt und die Zahl der Leser ist mehr als 600. Die Summe, die bezahlt wird, ist zwei Guineen, entweder in Geld oder in Büchern, ein für allemal, oder 10 Sch. 6 Pence jährlich, und jedes Individuum, das auf die eine oder andere Art bezahlt, hat die Befugniß, Leser zu empfehlen, welche dann Bücher, unter der Garantie eines Mitgliedes, empfangen. Der Verwaltungsrath wird von allen Mitgliedern gewählt und alle sind wählbar. Die Methode – wie die Katalogen und die verschiedenen [697] Bücher über die Einnahmen, ausgeliehenen Werke, Garantien und Register behandelt werden – paßt vortrefflich für eine schnelle und genaue Beförderung der Geschäfte, so daß wöchentlich 700 bis 800 Bücher leicht in kurzer Zeit umgetauscht werden können; 250 bis 300 Bücher werden nämlich in wenig mehr als einer Stunde von etwa 200 Lesern in Empfang genommen und eben so viele wieder ausgegeben. Wo so viel Empfehlenswerthes ist, möchte ich nicht gern auf Unvollkommenheiten aufmerksam machen; indessen muß ich bemerken, daß ein Curs von Vorlesungen ohne Schwierigkeiten mit diesem gedeihlichen Institut verbunden werden könnte. Auch ist es offenbar, daß, obgleich jeder Mechaniker für eine halbe Guinee alle Vortheile der Gesellschaft, nach ihrer jetzigen Einrichtung, genießen kann, dennoch die große Masse der Mitglieder nicht zu dieser Klasse gehört, sondern unter der Garantie anderer Mitglieder Theil nimmt. Wenn Alle zu der Bibliothek und den Vorlesungen unter einem etwas erhöhten Preise zugelassen würden, ohne daß in einem oder dem andern Falle der Zutritt ganz unentgeldlich offen stünde, so ist kein Zweifel, daß ein größeres Interesse geweckt und das Institut selbst fester begründet und auf eine bedeutendere Anzahl von Mitgliedern gebracht werden könnte.

Zu Sheffield wurde eine Bibliothek für Mechaniker und Lehrlinge im December 1823 eingerichtet und im folgenden Februar eröffnet, unter der geschickten und eifrigen Leitung des Hrn. Montgomery – ein Name, der in der literarischen Welt wohl bekannt und von allen Philanthropen in verdienter Ehre gehalten wird. Die Gesetze, die man hier zu Grunde legte, scheinen mir vortrefflich. Das Eigenthum an dem Institut ist den Mechanikern zugetheilt, indem sie 5 Schill. beim Eintritt, und 6 Schilling jährlich bezahlen; sie bilden die Klasse der Eigenthümer. Die Andern (aus den höhern Ständen) sind die Ehrenmitglieder; sie geben Geschenke an Geld oder Büchern und können, wenn sie von der Gesammtmasse gewählt sind, die Geschäfte des Instituts führen, haben aber keinen Theil an dem Eigenthum. Der Verwaltungsrath kann ganz aus den Eigenthümern bestehen; zwei Drittheile desselben müssen aber aus dieser Klasse genommen seyn. Lehrlinge haben den Gebrauch der Bücher für 4 Schill. jährlich. Der Bibliothekar muß täglich in der Bibliothek erscheinen und für den Bücherbestand verantwortlich seyn; er wird aus diesem Grunde bezahlt. Dieser Einrichtung könnte man überhoben seyn, wenn man einige von den einsichtsvollen Anordnungen, die zu Liverpool getroffen wurden, annähme und die Bücher wöchentlich umtauschte. Jeder Inhaber eines Buches ist verbunden, seinen Namen hineinzuschreiben, als eine Art von Controlle; auch hat man, wie ich höre, nach einer ziemlich warmen Diskussion, ein Gesetz angenommen, welches ein Veto gegen das Abgeben von Büchern an die Geistlichen der verschiedenen Secten, welche an dem Institut Theil nehmen, gestattet; jedoch ist das Gesetz noch nicht ausgeübt worden. Mitglieder, die in dem Arbeitshause oder im Gefängnisse sind, verlieren den Genuß der Wohlthaten der Gesellschaft; werden jedoch derselben wieder theilhaftig, sobald sie in Freiheit gesetzt sind, und zwar ohne Bezahlung der Rückstände. Dieses treffliche Institut zählt jetzt 360 Mitglieder, worunter 310 Eigenthümer sind, und ist noch immer im Zunehmen begriffen; 30 Lehrlinge nehmen unter den angeführten Bedingungen an den Vortheilen der Gesellschaft Theil. Die Zahl der Bücher, die in neun Monaten angeschafft wurden, beläuft sich, einige sehr freigebige Schenkungen mitgerechnet, auf 1400 Bände. Außer diesem Institut hat zu Sheffield schon lange eine philosophische Gesellschaft mit einer Bibliothek geblüht, sie zählt jetzt 350 Mitglieder, fast lauter Manufakturisten und Handelsleute. Gelegentlich werden hier auch Vorlesungen gehalten; daß man Anstalten trifft, auch die Arbeiter zuzulassen, sobald die neuen Lehrzimmer fertig sind, verdient allen Beifall. Wir haben, heißt es in einem Brief aus Sheffield, in unsrer Manufaktur einen gemeinen Messerschmidt, der zu einer Zeit, die unserm Gewerbe ungünstig war, Musse fand, sich mit Entomologie zu beschäftigen; unter den Händen dieses Manns ist eine Sammlung für unser Museum schon sehr weit gediehen. Zu demselben Zweck ist ein anderer junger Mensch, von sehr niedrigem Stande, beflissen, eine Sammlung von Proben unserer Flora zu bereiten. Maschinen-Modelle, die viel Scharfsinn zeigen, wurden uns öfters von Personen gebracht, von denen man wenig Mehr als gewöhnliche Handwerkskunst [9] erwartet hätte.

Außer den erwähnten existiren noch andere Institute für Mechaniker, über welche mir indessen genaue Details fehlen, wie das blühende zu Aberdeen, das eine Bibliothek von 500 Bänden, einen schätzbaren Apparat und einen Hörsaal für 600 Zuhörer besitzt, wo ausführliche Vorträge über Mechanik und Chemie gehalten werden. Zu Norwich fand kürzlich eine Zusammenkunft statt, welcher die achtbarsten Einwohner von allen Secten und Parteien beiwohnten, um ein Institut für Mechaniker zu gründen. Der Eifer und die Einsicht, die sich dabei offenbarten, lassen keinen Zweifel über das Gelingen des Plans. Dr. Yelloly machte die Eröffnung, daß die Grundsätze des Instituts zu London von Dr. Birkbeck mitgetheilt worden seyen. Die Correspondenz des Instituts zu London mit mehrern Theilen des Königreichs beweist, daß man auch in andern Gegenden mit ähnlichen Planen umgeht. Es scheint in der That, daß es nur einer geringen Anstrengung bedürfe, um das System allgemein einzuführen, und der gegenwärtige Augenblick ist ohne Zweifel am Besten geeignet für den Versuch, weil der Arbeitslohn beträchtlich und der Zustand der Dinge friedlich ist. Wenn es [698] indessen irgend einen Theil des Königreichs gibt, wo die Bildung der arbeitenden Klassen von größerer Wichtigkeit ist, als in andern, so ist es Ireland. Ich habe daher mit ungemeinem Vergnügen vernommen, daß das System bereits auch dort Wurzel gefaßt hat. In Dublin wurde ein Institut für Mechaniker nach den richtigsten Ansichten gestiftet und das große Grundgesetz anerkannt, daß der Verwaltungsrath aus zwei Drittheilen Arbeitern bestehen müsse. Auch zu Cork ist eine solche Anstalt im Werk, und ich habe die gegründete Hoffnung, daß Limerick und Belfast einem so guten Beispiel folgen werden.

Der Zweck dieser Details ist gewesen, durch klare Thatsachen wohlwollende Männer in diesen edeln Bestrebungen zu ermuthigen, die Gleichgültigen anzuregen und den Kleinmüthigen Zuversicht zu geben. Die Sache ist von einer solchen unberechbaren Wichtigkeit, daß ich keine Apologie nöthig habe, wenn ich mich mit meinen eifrigen Wünschen an alle Männer von erleuchteten Ansichten wende, welche die wahre Veredlung ihrer Mitmenschen und die besten Interessen ihres Vaterlandes zu würdigen wissen. Unsere Pflicht ist es, diese wichtige Materie überall und zu jeder Zeit zur Sprache zu bringen. Ich rede nicht blos von Seminarien, worin Mechaniker in den Principien der mathematischen und physikalischen Wissenschaften unterrichtet werden sollen, sondern von Bildungsanstalten, in welchen die arbeitenden Klassen überhaupt diejenigen Kenntnisse zu erwerben Gelegenheit erhalten, die sie durch Privatstudien sich nicht aneignen können. Eine Stadt müßte in der That sehr unbedeutend seyn, in welcher eine nützliche Vorlesung nicht bei einiger Anstrengung und Aufmunterung, mittelst der vierteljährigen Beiträge der Zuhörer für immer begründet werden könnte. Wo auch kein Wirkungskreis für Lehrer der Chemie und Mechanik ist, da dürften moralische und politische Gegenstände immer willkommen seyn, und wo Vorlesungen überhaupt nicht zu Stande gebracht werden können, muß man wenigstens für eine Büchersammlung sorgen, und eine nützliche Lektüre befördern. Wir hören beständig von Volksfreunden reden, die den Armen und den arbeitenden Klassen wohl wollen; von liberalgesinnten Männern, die von Eifer für die Verbreitung von Kenntnissen und die Förderung intellektueller Bestrebungen beseelt sind. Aber keiner hat das Recht, sich diese Namen beizulegen oder auf seinen Eifer für die Sache der Bildung stolz zu seyn, wenn er in seiner eignen Umgebung Nichts gethan hat, um eine populäre Vorlesung zu Stande zu bringen oder sollte dazu der Kreis zu enge seyn, wenigstens einen Leseklub zu stiften, der in vielen Fällen sich mit einem Curs von Vorlesungen endigen wird. Für einen solchen Klub ist schwerlich ein Dorf in dem Königreich zu klein; und ich habe gezeigt, daß sehr unbeträchtliche Städte für Vorlesungen die nöthigen Mittel haben. Nachdem der Versuch bereits mit Erfolg gemacht worden ist, gereicht es wahrhaftig nicht zur Ehre, wenn irgend eine beträchtliche Stadt ohne eine Anstalt für populäre Bildung ist. Ich beziehe mich auf die angeführten Fälle, wenn ich behaupte, daß an jedem Orte, um das Gelingen des Plans zu verbürgen, nur Ein Mann erforderlich sey. Wo ein solcher Mann und eine hinlängliche Anzahl von Arbeitern vorhanden ist, sind alle Erforderniße beisammen. Er hat sich nur mit einigen Meistern zu besprechen, im Einverständnisse mit ihnen die Ankündigung einer Versammlung cirkuliren zu lassen, oder, wenn man dies vorzieht, auf andern Wegen auszumitteln, wie Viele einer Vorlesung beiwohnen wollen – und in einem Monat werden die nöthigen Anordnungen in Betreff des Hörsaales und des Individuums, das die Vorlesungen hält, gemacht seyn.

Ich schließe diese Bemerkungen mit dem freudigen Gefühl, daß es fernerhin nicht mehr nöthig ist, gegen die Verbreitung von Kenntnissen unter den arbeitenden Klassen Einwürfe, die aus politischen Betrachtungen entspringen, zu bekämpfen. Glücklicherweise ist die Zeit vorbei, wo Fanatiker das Menschengeschlecht überreden konnten, die Leuchte der Philosophie müsse ausgelöscht werden, weil sie der Religion gefährlich sey; und wo Tyrannen die Lehrer der Nationen ächten konnten, weil sie Feinde ihrer Macht seyen. Es ist widersinning zu denken, daß die Erweiterung unserer Bekanntschaft mit den Gesetzen, die das Weltall regieren, zum Unglauben leiten könnte. Sie mag dem Aberglauben wehren – gegen Intoleranz wird sie unfehlbar das beste Heilmittel werden; aber eine reine und wahre Religion hat Nichts zu fürchten von der größtmöglichen Ausbildung, welche das Studium der leblosen oder beseelten Natur dem menschlichen Verstand verleihen mag. Je weiter das Licht der Wissenschaft sich verbreitet, desto besser wird der Urheber aller Dinge erkannt, und desto weniger werden die Völker „hin und her getrieben von der Trugkunst der Menschen und ihrer verschlagenen Arglist, wobei sie im Hinterhalt liegen, um zu bestricken.“ [10] Tyrannen und bösen Herrschern ist das Voranschreiten der Wissenschaft unter der Masse der Nationen allerdings ein gerechter Gegenstand des Schreckens; es ist ihnen selbst und ihrem Beginnen Verderben bringend. Das wissen sie durch einen nie irrenden Instinkt, und hören daher nie auf, das Licht zu fürchten; aber sie werden leichter finden, es zu verwünschen, als es auszulöschen. Es breitet sich, ihnen zum Trotz, immer weiter aus, selbst in denjenigen Ländern, wo die Willkürherrschaft sich am Sichersten glaubt, und in England würde jeder Versuch, seinen Fortschritt zu hemmen, Nichts weiter, als den schleunigen Untergang dessen, der unsinnig genug wäre, einen solchen Versuch zu machen, zur Folge haben.

Den höhern Klassen der Gesellschaft möchte ich also zurufen, daß es nicht mehr länger die Frage ist, ob überhaupt das Volk unterrichtet werden soll oder nicht – denn diese Frage ist längst entschieden, und die Entscheidung ist unabänderlich – sondern ob es gut oder schlecht unterrichtet werden – ob es halb gebildet seyn soll, oder so gründlich als seine Umstände erlauben, und seine Bedürfnisse [699] erfordern. Daß Keiner fürchte, der große Haufe möge so vervollkommnet werden, daß das Verhältniß der Unterordnung unter die Oberen darunter leide! Wird die Masse der Gesellschaft gebildeter, als bisher, und kenntnißreicher selbst in den höchsten Zweigen der Wissenschaft – was sie wohl werden kann – so wird die schlimmste Folge davon für ihre Oberen seyn, daß auch sie, um wahrhaft auf einen Vorzug Anspruch machen zu können, sich mehr, als bisher, auf die Erwerbung gründlicher und höherer Kenntnisse legen müssen; die gegenwärtigen öffentlichen Seminarien müssen erweitert und einige der größern Städte des Königreichs, vorzüglich die Hauptstadt, dürfen nicht ferner hin innerhalb ihrer eignen Mauern der erforderlichen Anstalten für wissenschaftliche Erziehung beraubt seyn.

Den arbeitenden Klassen aber möchte ich zurufen, daß jetzt die Zeit ist, wo sie sich durch eine große, gemeinsame Bestrebung für immer die unschätzbaren Segnungen wissenschaftlicher Bildung sichern können. Nie war unter den Reichen eine allgemeinere Bereitwilligkeit, ihnen den erforderlichen Beistand zu leisten, um den großen Hebel des Unterrichts in Bewegung zu setzen; aber sie müssen hervortreten, und die angebotene Gelegenheit benutzen und den einmal gegebenen Impuls durch eigne Bemühung dauernd erhalten. Diejenigen, welche bereits in dem Streben nach Wissenschaft schon einen Anfang gemacht und ihre Süßigkeiten schon geschmeckt haben, bedürfen keiner Ermahnung, um fortzufahren. Sollten aber diese Blätter in die Hände eines Arbeiters fallen, der zum erstenmal seiner benöthigten Ruhe nach vollbrachtem Tagewerk eine Stunde entwendet hat, um zu lesen, so bitt ich ihn, mich, der ich sie zu seinem Besten in denselben Stunden geschrieben habe, dadurch zu belohnen, daß er während der nächsten vierzehn Tage drei Pence erspart, sich damit Franklins Leben kauft und die erste Seite liest. Ich bin überzeugt, er wird fortfahren zu lesen; ich bin überzeugt, er wird Zeit und Geld ersparen, um sich diejenige Art von Kenntnissen zu erwerben, die jenen großen Mann aus einem Buchdruckersjungen zum ersten Philosophen und zu einem der ersten Staatsmänner seines Jahrhunderts machten. Wenige sind von der Natur bestimmt, so weit zu kommen, wie er kam; auch ist es nicht nöthig, in der Entsagung aller Lebensgenüsse und in der Sparsamkeit mit jedem Zeitmoment so strenge zu seyn, wie er war. Aber Alle mögen ihm eine gute Strecke nachfolgen, und Keiner kann, ehe er den Versuch gemacht hat, sagen, wie weit er im Stande seyn werde, sich ihm zu nähern.“

  1. Henry Brougham, in seiner Inauguralrede zu Glasgow. Aus dem Englischen übersetzt. Jena in der Crökerschen Buchhandlung 1826.
  2. Practical Observation upon popular Instruction etc.
  3. Dahin gehört besonders das Wegschicken der Kinder nach andern Ländern, und die Errichtung von Privatinstituten. Die Zahl dieser Institute beläuft sich in London allein auf etwa 4000, unter den mancherlei Titeln von Academics, Scientific Institutions, Boardingschools, Institutions on the Principles of the Renowned Pestalozzi u. s. w. Sie sind aber alle ohne Werth, weil sie auf Plusmacherei berechnet sind.
  4. Es gibt nichts Elenderes, als die Volksschulen in England, die nur ein Anhang der Kirche sind; kaum lernt man hier Lesen und Schreiben. Die Kirche lehrt nur Dogmatik und Intoleranz.
  5. Wir gebrauchen das Wort Mechaniker in dem allgemeinen Sinn, den das englische Mechanics hat; es faßt alle in sich, die in irgend einem Zweig der Fabriken und Gewerbe beschäftigt sind.
  6. Es ist bekannt, daß Philosophie bei den Engländern oft weiter nichts als Naturwissenschaft bezeichnet.
  7. Es ist interessant zu bemerken, wie aus ähnlichen Bedürfnissen und Ansichten, wenn gleich im Uebrigen unter den verschiedensten Umständen in getrennten Ländern ähnliche praktische Ideen hervorgehen. Was in Folge des regen Eifers für die Bildung des erwachsenen Theiles des Volks durch Herrn Brougham in England vorgeschlagen (denn ihm gebührt die Ehre der Erfindung) und zum Theile schon realisirt worden ist, nehmlich die Vereinigung talentvoller Männer, um sachgemäße Lehrbücher zu entwerfen, das ist, in Folge des regen Eifers für die Volksjugendbildung, im einem Staate Deutschlands für die Elementarschulen geschehen – nehmlich im Herzogthum Nassau. In diesem, dessen Volksschulwesen wohl zu den besten Anstalten der Art, die existiren, gehört – wie der Verfasser aus eigner Anschauung wenigstens in Hinsicht der übrigen Staaten Deutschlands, der Niederlande, Frankreichs und der Schweiz weiß – hat man die glückliche Idee gefaßt, zur Entwerfung von Lehrbüchern für die allgemeinen Volks- und Realschulen eine Gesellschaft Männer von den geeigneten Talenten und Kenntnißen zu vereinigen. Mehrere treffliche Lehrbücher sind bereits aus dieser Centralisation von Kräften hervorgegangen und es ist zu erwarten, daß dieses Institut noch mehr leisten werde.
  8. Ueber das bisherige Wirken dieser Gesellschaft zur Verbreitung wissenschaftlicher Elementarbücher gaben wir in Num. 105 und 106 dieser Blätter eine vollständige Uebersicht
  9. Die beiden ersten hier erwähnten Fälle bestätigen die von mir an einem andern Orte ausgesprochene und auf die Beobachtung von Hrn. Fellenbergs Institut in der Schweiz gegründete Meinung, daß nehmlich intellektuelle Entwickelung und Geschmack an den Vergnügungen der Spekulation, ohne einen bestimmten materiellen Beruf dazu, mit einem Leben voll harter und selbst niedriger Arbeit sehr wohl vereinbar seyen, und einem solchen Leben zum Trost und zur Leitung dienen können.
  10. Eine Stelle der heil. Schrift.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Agriculturlesegesellschft
  2. Vorlage: Uuwissenderen