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Vierte Reihe von Experimental-Untersuchungen über Elektricität

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Textdaten
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Autor: Michael Faraday
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Titel: Vierte Reihe von Experimental-Untersuchungen über Elektricität
Untertitel:
aus: Annalen der Physik und Chemie, Band 107
Herausgeber: Johann Christian Poggendorff
Auflage:
Entstehungsdatum: 1833
Erscheinungsdatum: 1834
Verlag: Johann Ambrosius Barth
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Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer: Johann Christian Poggendorff
Originaltitel: Experimental Researches in Electricity. – Forth Series.
Originalsubtitel:
Originalherkunft: Philosophical transactions of the royal society of london. For the year 1833.
Quelle: Scans auf Commons
Kurzbeschreibung:
s. auch Experimental-Untersuchungen über Elektricität
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[225]
L. Vierte Reihe von Experimental-Untersuchungen über Elektricität; von Hrn. Michael Faraday.

(Aus einem vom Hrn. Verfasser übersandten besonderen Abzug seiner Abhandlung in den Philosoph. Transact. f. 1833. – Die dritte Reihe findet sich in diesen Annalen, Bd. XXIX S. 274 und 365, die zweite im Bd. XXV S. 142, und die erste eben daselbst, S. 91. P.)


IX. Ueber ein neues Gesetz der Elektricitätsleitung.

380) Im Verfolge einer der Königl. Gesellschaft noch vorzulegenden Untersuchung über elektro-chemische Zersetzungen bin ich auf Wirkungen eines sehr allgemeinen und bisher unbeachteten Gesetzes der Elektricitätsleitung gestoßen, welche mich zwar nicht zu den gesuchten Resultaten geführt, dafür aber hinreichend entschädigt haben durch das neue und wichtige Interesse, welches sie einem ausgedehnten Zweige der Elektricitätslehre verleihen.

381) Ich wandte Eis und sonstiges Gefrornes an, theils als Querwände in der zu zersetzenden Substanz, theils als Poldrähte einer voltaschen Batterie, in der Hoffnung, dadurch gewisse Elemente bei ihrem Uebergang verfolgen und auffangen zu können, sah mich aber plötzlich in meiner Untersuchung gehemmt, da ich fand, daß das Eis ein Nichtleiter der Elektricität war; denn sobald eine dünne Schicht von ihm in den Kreis einer sehr kräftigen voltaschen Batterie eingeschaltet wurde, hatte die Durchleitung der Elektricität und jede Zersetzung ein Ende[1].

[226] 382) Anfänglich, während des Frostwetters Ausgangs Januars 1833, wurden die Versuche mit gemeinem Eise angestellt; allein, da die Ergebnisse wegen Unvollkommenheit der Vorrichtungen trügerisch waren, wählte ich die folgende untadelhaftere Form des Experiments.

383) Ich ließ Zinngefäße verfertigen, offen an einem Ende, fünf Zoll hoch, fünf Viertelzoll lang und drei bis fünf Achtelzoll breit. In diesen wurden mittelst Korkstücke Platinplatten befestigt, doch so, daß sie nicht die Zinngefäße berührten. Zuvor waren an die Platten Kupferdrähte gelöthet, die, wenn es erforderlich wurde, leicht mit einer voltaschen Säule verbunden werden konnten. Dann wurde destillirtes Wasser, das zuvor drei Stunden lang gekocht hatte, in die Gefäße gegossen, und durch ein Gemenge von Salz und Schnee zum Gefrieren gebracht, so daß zwischen dem Platin und Zinn reines, durchsichtiges und festes Eis befindlich war. Endlich setzte ich diese Metalle mit den Polen des voltaschen Apparats in Verbindung und schloß zugleich einen Galvanometer mit in die Kette ein.

384) Beim ersten Versuch war der Zoll lange und Zoll breite Platinpol ganz im Wasser oder Eise untergetaucht, und da das Gefäß Zoll in Breite enthielt, betrug die Dicke des die beiden Metalle trennenden Eises im Mittel Zoll, und die Größe seiner Berührungsfläche mit beiden Polen beinahe 14 Quadratzoll. Noch nach der Gefrierung des Wassers wurde das Gefäß in der Kältemischung erhalten, und der Contact des Zinns und des Platins vollzogen mit den Enden einer gut geladenen voltaschen Batterie, bestehend aus 20 Paaren vierzölliger Platten (mit Doppelplatten von Kupfer). Nicht die geringste Ablenkung der Galvanometernadel stellte sich ein.

385) Das Gefäß wurde nun aus der Kältemischung genommen und am Boden gelinde erwärmt, ohne indeß [227] die Verbindung mit der Batterie zu unterbrechen. Das Eis begann zu schmelzen, aber die Nadel bewegte sich nicht sogleich; erst als das Thauen so weit vorgerückt war, daß Theile von dem am Platinpol sitzenden Eise schmolzen, trat Leitung ein; dann aber war sie so stark, daß die Galvanometernadel bleibend fast 70° abgelenkt wurde.

386) Bei einem anderen Versuch war von einem 5 Zoll langen und Zoll breiten Platinspatel ein vier Zoll langes Stück in dem Eise befestigt, und letzteres zwischen den beiden Metallen nur Zoll dick. Dennoch isolirte diese Vorrichtung so vollkommen wie die frühere.

387) Es wurde nun etwas Wasser in das Gefäß auf das Eis gegossen; allein es trat keine Leitung ein, wiewohl offenbar flüssiges Wasser vorhanden war. Dieß hatte seinen Grund darin, daß die kalten Metalle das mit ihnen in Berührung kommende Wasser zum Gefrieren brachten und dadurch den noch flüssigen Theil desselben isolirten; ein guter Beleg von der Nichtleitungsfähigkeit des Eises, indem er zeigt, wie dünn die Schicht zu seyn braucht, um dem Strom der Batterie den Durchgang zu verwehren. Als auch Theile dieser dünnen Schicht an beiden Metallen schmolzen, trat Leitung ein.

388) Nach Erwärmung des Zinns und Fortnahme des Eisstücks fand sich, daß, weil einer der Korke nachgegeben hatte, das Platin mit einem seiner Ränder fast mit der innern Oberfläche des Zinns in Berührung gekommen war; allein ungeachtet der außerordentlichen Dünnheit des daselbst zwischen den Metallen befindlichen Eises ging keine merkliche Menge von Elektricität hindurch.

389) Diese Versuche wurden mehrmals mit gleichem Erfolge wiederholt. Zuletzt wurde eine Batterie von 15 Trögen oder 150 Paaren vierzölliger Platten stark geladen angewandt; allein auch dann ging keine merkliche Elektricitätsmenge durch die Eishülle.

[228] 390) Es schien anfänglich, als wenn zuweilen Ausnahmen von der Regel vorkämen; allein sie ließen sich immer auf störende Ursachen zurückführen. Das Wasser muß jedesmal gut gefroren seyn, wiewohl es nicht nöthig ist, daß das Eis sich von Pol zu Pol erstrecke, vielmehr reicht eine Hülle von ihm um Einen Pol schon hin die Leitung aufzuheben. Wenn indeß ein Theil des Wassers flüssig bleibt, ist die unvermeidliche Aussetzung des Apparats an die Luft oder die Annäherung der Hände schon hinlänglich, um an der oberen Fläche des Wassers und Eises eine flüssige Schicht hervorzurufen, die sich vom Platin bis zum Zinn erstreckt, und dann tritt Leitung ein. Wenn ferner Korkstücke zur Festhaltung des Platins angewandt werden, und, durch die Eintauchung in das Wasser, inwendig feucht oder naß geworden sind, so ist es nützlich, eine solche Kälte anzuwenden, daß das in ihnen enthaltene Wasser mit gefriere, sonst läuft man Gefahr, daß ihre Berührungsfläche mit dem Zinn sich während der Handhabung erwärmt, wodurch dann dieser Theil leitend wird, und da das Innere schon zur Leitung bereit steht, der Strom hindurchgeht. Das Wasser muß rein seyn, nicht nur um einfache Resultate zu erhalten, sondern auch um zu verhindern, daß nicht beim Gefrieren eine geringe Menge concentrirter Salzlösung entstehe, welche flüssig bleibt, und indem sie das Eis durchzieht oder in dessen durch Contraction gebildete Risse eindringt, ein dem Eise selbst nicht angehöriges Leitvermögen zeigen kann.

391) Einmnal ward ich überrascht zu finden, daß, nachdem viel Eis aufgethaut worden, dennoch die Leitungsfähigkeit nicht wieder hergestellt war. Ich fand jedoch, daß das Korkstück, welches den Draht hielt, gerade dort, wo er mit dem Platin vereinigt war, so tief in das Eis eintauchte, daß es mit dem Eise selbst das Platin vor dem Contact mit dem Geschmolzenen schützte, längst noch als man diesen Contact hergestellt glaubte.

[229] 392) Die Isolation mittelst Eis ist jedoch für eine Elektricität von hoher Intensität nicht wirksam. Als ich ein divergirendes Goldblatt-Elektrometer mit dem am Platin sitzenden Draht berührte, während der Zinnkasten mit der Hand oder mit einem anderen Draht berührt wurde, ward das Elektrometer sogleich entladen (419).

393) Wiewohl eine Elektricität von so schwacher Spannung, daß sie das Elektrometer nicht mehr zum Divergiren bringt, noch, wenn auch in sehr geringen Mengen (419), durch Eis gehen kann, so ist doch die Beziehung des Wassers und Eises zu der Elektricität des voltaschen Apparats nicht weniger außerordentlich an sich oder weniger wichtig in ihren Folgen.

394) Da es nicht wahrscheinlich schien, daß die Leitungsfähigkeit im flüssigen Zustande und der Verlust derselben beim Gefrieren dem Wasser allein angehöre, so suchte ich sogleich diese Eigenschaft in andern Fällen zu ermitteln, und erkannte sie als eine sehr allgemeine. Zu diesem Zwecke wurden Körper gewählt, welche in gewöhnlicher Temperatur starr und in höherer schmelzbar waren, und eine solche Zusammensetzung hatten, daß aus anderen, von der elektromagnetischen Action hergenommenen Gründen zu folgern stand, sie würden das Wasser ersetzen können. Als Elektricitätsquelle wurde eine voltasche Batterie von zwei Trögen oder zwanzig Paaren vierzölliger Platten (384) gebraucht, und in deren Kreis ein Galvanometer eingeschaltet, um die Gegenwart oder Abwesenheit eines Stromes anzuzeigen.

395) Als ich ein wenig Chlorblei über einer Weingeistlampe auf einem Scherben einer florentiner Flasche schmolz, und in dasselbe zwei mit den Polen der Batterie verbundene Platindrähte steckte, trat augenblicklich eine mächtige Wirkung ein, der Galvanometer wurde auf’s Stärkste ergriffen und das Chlorblei rasch zersetzt. Nach Fortnahme der Lampe erstarrte das Chlorid und [230] sogleich hörte der Strom mit seinen Wirkungen gänzlich auf, wiewohl die Platindrähte darin eingeschlossen blieben, nicht mehr als ein Sechszehntel-Zoll von einander entfernt. Bei abermaliger Erwärmung ging der elektrische Strom wieder über, sogleich als die Schmelzung so weit vorgeschritten war, daß flüssige Masse die Pole verband.

396) Als das Chlorid bloß mit Einfügung Eines Drahts geschmolzen und darauf die Flüssigkeit mit dem andern berührt wurde, bildete sich, weil dieser kalt war, an seinem Ende ein Knopf von erstarrter Substanz, und deshalb ging, kein Strom über. Nur wenn dieser Draht so heiß ward, daß er mit der flüssigen Masse in Berührung kommen konnte, trat Leitung ein, und zwar eine sehr kräftige.

397) Mit Chlorsilber und chlorsaurem Kali auf gleiche Weise verfahren, wurden dieselben Resultate erhalten.

398) Sobald in diesen Fällen der Strom überging, trat Zersetzung der Substanz ein; doch den elektrochemischen Theil dieser Untersuchung werde ich, mit allgemeineren Ansichten, künftig in einem Aufsatz behandeln[2].

399) Andere Substanzen, welche nicht auf Glas geschmolzen werden konnten, wurden es vor dem Löthrohr auf Platin, welches mit einem Pol der Batterie verbunden war, und dann wurde ein mit dem andern Pol verbundener Draht in dieselben getaucht. Auf diese Weise zeigten auch Chlornatrium, schwefelsaures Natron, [231] Bleioxyd, ein Gemenge von kohlens. Kali und Natron u. s. w. genau die bereits beschriebenen Erscheinungen. Flüssig, leiteten sie und wurden zersetzt; erstarrt, wenn auch noch heiß, isolirten sie den Strom der Batterie, selbst wenn vier Tröge angewandt wurden.

Fig. 5

400) Zuweilen brachte ich die Substanzen in gebogene Röhren von grünem Glase, und steckte, wenn sie flossen, die Platinpole von beiden Seiten hinein. (Siehe Fig. 5 Taf. II.) Auch in diesen Fällen wurden im Allgemeinen die bereits beschriebenen Versuche erhalten, doch war mit dieser Vorrichtung der Vortheil verknüpft, daß, während die Substanz leitete und zersetzt wurde, die endliche Anordnung der Elemente beobachtet werden konnte. So gab Jodkalium oder Jodblei am positiven Pol Jod und am negativen Kalium oder Blei. Chlorjod und Chlorsilber gaben Chlor am positiven und Jod oder Silber (metals) am negativen Pol. Salpeter und chlorsaures Kali gaben Sauerstoff u. s. w. am positiven, Kali und selbst Kalium am negativen.

401) Für Substanzen, welche zu ihrem Schmelzen eine sehr hohe Temperatur erforderten, wurde folgende Einrichtung getroffen. Mit einem Pol der Batterie wurde ein Platindraht verbunden und sein Ende zu einem kleinen Ringe umgebogen, wie es Berzelius für Löthrohrversuche vorschreibt. Dann wurde etwas Salz, Glas, oder eine andere Substanz mittelst des gewöhnlichen Löthrohrs oder auch zuweilen mittelst des Knallgebläses auf diesem Ring geschmolzen, und wenn der, von dem Ring gehaltene, Tropfen durch und durch heiß und flüssig war, von dem andern Pole her ein Platindraht mit ihm in Berührung gesetzt, worauf dann die Erscheinungen eintraten.

402) Die folgenden, in chemischer Hinsicht aus verschiedenen Klassen genommenen Substanzen zeigten sich diesem Gesetze unterthan. Die Liste ließe sich ohne Zweifel außerordentlich erweitern; ich hatte indeß nicht [232] Zeit mehr zu thun, als das Gesetz durch eine hinreichende Zahl von Beispielen zu bestätigen.

Zuerst Wasser; dann unter den Oxyden: Kali, Bleioxyd, Antimonglas, Antimonoxydul, Wismuthoxyd; – von Chloriden: das von Kalium, Natrium, Barium, Strontium, Calcium, Magnesium, Mangan, Zink, Blei und Silber, das Chlorür von Kupfer, Zinn und Antimon; – von Jodiden: das von Kalium, Zink, Blei und Quecksilber, nebst Zinnjodür; – Fluorkalium, Cyankalium, Schwefelcyankalium; – unter den Salzen: chlorsaures Kali, salpetersaures Kali, Natron, Baryt, Strontian, Blei-, Kupfer- und Silberoxyd, schwefelsaures Natron und Blei; schwefelsaures Quecksilberoxydul; phosphorsaures Kali, Natron, Blei- und Kupferoxyd; glasige Phosphorsäure oder saurer phosphorsaurer Kalk; kohlensaures Kali und Natron, einzeln und gemischt; Borax, borsaures Bleioxyd, borsaures Zinnoxyd; einfach und doppelt chromsaures Kali, chromsaures Bleioxyd, essigsaures Kali; – unter den Sulphureten: Schwefelantimon, Schwefelkalium, gewöhnliches und durch Wasserstoffgas aus schwefelsaurem Kali reducirtes; – kieselsaures Kali, mineralisches Chamäleon.

403) Höchst interessant ist es bei denjenigen dieser Substanzen, welche erweichen bevor sie fließen, zu beobachten, bei welchem Punkt sie das Leitvermögen erlangen und bis zu welchem Grade dasselbe durch eine vollkommene Liquidität erhöht wird. Erhitzt man z. B. borsaures Bleioxyd über der Lampe auf Glas, so wird es so weich als Syrup, allein es leitet nicht; erst wenn man die Hitze mit dem Löthrohr verstärkt und es zu hellem Glühen bringt, wird es leitend. Wenn es vollkommen flüssig geworden ist, leitet es mit ungemeiner Leichtigkeit.

404) Ich will damit nicht läugnen, daß nicht ein Theil der gesteigerten Leitungsfähigkeit in diesen Fällen des Erweichens wahrscheinlich von der Temperatur-Erhöhung herrühre (432. 445); allein ich zweifle nicht, daß [233] bei weitem der größere Theil von dem Einfluß des zuvor beschriebenen Gesetzes, welches in diesen Fällen allmälig, statt plötzlich, in Wirksamkeit tritt, herzuleiten sey.

405) Folgende Körper erlangen beim Flüssigwerden kein Leitvermögen:

Schwefel, Phosphor, Jodschwefel, Zinnjodid, Operment, Realgar, Eisessig, Gemenge von Margarin- und Oelsäure, künstlicher Kampher, Koffein, Zucker, Fettwachs, Stearin von Cacao-Oel, Wallrath, Kampher, Naphthalin, Harz, Sandarakharz, Schellack.

406) Zinnchlorid, Arsenchlorür, Arsenchlorür-Hydrat, besitzen, wiewohl sie flüssig sind, kein vom Galvanometer angebbares Leitvermögen, werden auch nicht zersetzt.

407) Einige der obigen Substanzen sind als Ausnahmen des allgemeinen Gesetzes recht merkwürdig; dahin gehören Operment, Realgar, Essigsäure, künstlicher Kampher, Zinnjodid, Zinnchlorid und Arsenchlorür. Ich werde Gelegenheit haben in dem Aufsatz über elektro-chemische Zersetzung auf diese Fälle zurückzukommen.

408) Borsäure wurde durch die Flamme eines Knallgebläses (401) der möglich höchsten Temperatur ausgesetzt; allein dennoch wurde sie weder so leitend, daß der Galvanometer sich bewegte, noch erlitt sie eine sichtbare voltasche Zersetzung. Sie schien ein völlig so schlechter Leiter zu seyn als die Luft. Grünes Bouteillenglas, auf gleiche Weise erhitzt, erlangte kein für den Galvanometer merkliches Leitvermögen. Flintglas, sehr erhitzt, leitete ein wenig und zersetzte sich, beides in stärkerem Grade so wie die Menge des Kalis oder Bleioxyds in diesem Glase vergrößert wurde. Diejenigen Gläser, welche einerseits aus Borsäure und andererseits aus Bleioxyd oder Kali bestehen, zeigen beim Flüssigwerden die Leitungsfähigkeit und die damit verknüpfte Zersetzung sehr gut.

409) Ich war begierig den Hauptversuch auch anzustellen [234] mit Schwefelsäure von etwa 1,783 specif. Gewicht, welche diejenige Menge Wasser enthält, mittelst der sie bei 40° F. krystallisirt; allein ich fand es unmöglich, sie so zu erhalten, daß ich sicher seyn konnte, das Ganze selbst bei 0° F. zum Erstarren zu bringen. Ein Zehntausendstel Wasser mehr oder weniger als nöthig, würde beim Erkalten des Ganzen Veranlassung seyn, daß eine Portion ungestehbarer Flüssigkeit sich absonderte, in den Zwischenräumen der starren Masse eingeschlossen bliebe und die Theilungsebenen befeuchtete, wodurch dann die richtige Beobachtung der von der Erstarrung und späteren Flüssigwerdung bedingten Erscheinungen verhindert seyn wurde.

410) Diejenigen Substanzen, welche im flüssigen Zustande leitend werden, werden es im Allgemeinen in sehr hohem Grade. Unter ihnen allen ist beim Wasser die so erlangte Leitungsfähigkeit am schwächsten; bei den verschiedenen Oxyden, Chloriden, Salzen u. s. w. ist sie viel stärker; ich habe nicht Muße gehabt, die Leitungsfähigkeit bei letzteren Substanzen zu messen, doch ist sie sichtlich mehre hundert Male größer als beim Wasser. Die erhöhte Leitungsfähigkeit, welche dem Wasser durch Zusatz von Salzen gegeben wird, scheint in beträchtlichem Grade herzurühren von dem hohen Leitvermögen dieser Substanzen im flüssigen Zustande, welchen Zustand sie hier nicht durch Hitze, sondern durch Lösung im Wasser erhalten haben.

411) Ob die Leitungsfähigkeit dieser flüssigen Körper eine Folge ihrer Zersetzbarkeit sey oder nicht (413), ob Leitung und Zersetzung nothwendig zusammen verknüpft seyen oder nicht, ist für die wahrscheinliche Richtigkeit der vorhergehenden Angabe einerlei.

412) Diese allgemeine Annahme von Leitungsfähigkeit, sobald die Körper aus dem starren in den flüssigen Zustand übergehen, bietet einen neuen und außerordentlichen Charakter dar, dessen Daseyn man, so viel [235] ich weiß, früher nicht vermuthet hat; er scheint innig verknüpft zu seyn mit einigen Eigenschaften und Beziehungen der Körpertheilchen, welche ich nun kürzlich andeuten will.

413) Wie schon erwähnt, waren in fast allen Fällen, wo dieses Gesetz regierte, die untersuchten Substanzen nicht bloß zusammengesetzt, sondern aus solchen Elementen zusammengesetzt, die sich bekanntermaßen zu den entgegengesetzten Polen begeben; sie konnten also durch den elektrischen Strom zersetzt werden. Sobald Leitung stattfand, trat auch Zersetzung ein, und wenn die Zersetzung aufhörte, endete auch die Leitung. Wichtig wurde daher die Frage: Ob nicht die Leitung überall, wo das Gesetz Stich hält, eine Folge sey nicht bloß der Zersetzbarkeit, sondern der wirklichen Zersetzung. Und hieran reiht sich die andere Frage: Ob nicht die Erstarrung bloß dadurch die Leitung vernichtet, daß sie die Theilchen, unter dem Einfluß der Aggregation, an ihrem Orte fesselt, und so die endliche Trennung derselben in der für die Zersetzung erforderlichen Weise verhindert.

414) Andererseits giebt es eine Substanz (und es mag deren noch mehre geben), das Quecksilberjodid, welches sich unter gleichen Umständen wie die übrigen (400) im starren Zustand als isolirend und im flüssigen als leitend erweist, ohne, wie es scheint, im letzteren eine Zersetzung zu erleiden.

415) Wiederum giebt es Substanzen, welche nicht leiten, und doch Elemente enthalten, von denen man glauben sollte, sie würden sich zu den entgegengesetzten Polen begeben, und deshalb zu einer Zersetzung geeignet seyn. Zu diesen gehören Jodschwefel, Zinkjodid, Zinnchlorid, Arsenchlorür, Arsenchlorür-Hydrat, Essigsäure, Operment, Realgar, künstlicher Kampher u. s. w., und von diesen könnte man vielleicht annehmen, daß die Zersetzung vom Leitvermögen abhänge, und nicht dieses von jener. Die wahre Beziehung zwischen Leitung und [236] Zersetzung bei Körpern, die unter dem allgemeinen Gesetz stehen, dessen Feststellung der Gegenstand dieses Aufsatzes ist, kann erst nach einer viel weiter ausgedehnten Reihe von Beobachtungen als ich jetzt zu liefern im Stande bin, genügend ausgemittelt werden.

416) Die Beziehung, welche unter diesem Gesetz zwischen der Elektricitätsleitung und Wärmeleitung besteht, ist sehr merkwürdig und scheint eine natürlich Abhängigkeit zwischen beiden einzuschließen. So wie die starre Substanz flüssig wird verliert sie fast ganz das Vermögen der Wärmeleitung, gewinnt aber im hohen Grade das der Elektricitätsleitung; so wie sie aber in den starren Zustand zurückkehrt, bekommt sie die Fähigkeit der Wärmeleitung wieder und verliert die der Elektricitätsleitung. Wenn also diese Eigenschaften auch nicht unvereinbar sind, stehen sie doch im starken Gegensatz, da die eine abnimmt, während die andere zunimmt. Wir wollen hoffen, daß wir vielleicht späterhin den physischen Grund dieser sehr ungewöhnlichen Beziehung zwischen den beiden Leitungsfähigkeiten einsehen, Fähigkeiten, welche beide direct mit der Corpuscular-Beschaffenheit der betreffenden Substanzen verknüpft zu seyn scheinen.

417) Die Erlangung der Leitungsfähigkeit und Zersetzbarkeit bei dem Flüssigwerden verspricht neue Gelegenheiten zu sehr leichten Zersetzungen mittelst der voltaschen Säule. So können Körper wie Oxyde, Chloride, Cyanide, Sulfocyanide, Fluoride, gewisse glasige Mischungen u. s. w. unter neuen Umständen der voltaschen Batterie ausgesetzt werden; und in der That ist es mir schon gelungen, mittelst einer Säule von 10 Plattenpaaren, Kochsalz, Chlormagnesium, Borax u. s. w. zu zersetzen, und Natrium, Magnesium, Bor u. s. w. im isolirten Zustande zu erhalten.

[237]
X. Vom Leitvermögen überhaupt.

418) Es ist hier nicht meine Absicht, in eine Prüfung aller der mit dem Leitvermögen verknüpften Umstände einzugehen, sondern bloß gewisse Thatsachen und Beobachtungen beizubringen, welche aus neueren Untersuchungen als Zusätze zu dem Stamm unserer Kenntnisse in diesem Zweig der Elektricitätslehre entsprungen sind.

419) Ich war zunächst begierig, mir eine Idee vom Leitungsvermögen des Eises und starrer Salze für eine Elektricität von hoher Spannung (392) zu verschaffen, damit zwischen diesem Vermögen und dem, welches sich bei der Flüssigwerdung einstellt, ein Vergleich gemacht werden könne. Zu dem Ende wurde die große Elektrisirmaschine (290) in Thätigkeit gesetzt, ihr Conductor sowohl mit einem empfindlichen Goldblatt-Elektrometer als auch mit dem in Eis eingeschlossenen Platin verbunden, während der Zinnkasten mit der Ableitung (292) verbunden war. Bei mäßigem Drehen der Maschine öffneten sich sichtlich die Goldblättchen, und, als schnell gedreht wurde, gingen sie fast zwei Zoll aus einander. Der Zinnkasten war hiebei Zoll breit, und da sich nach dem Versuche zeigte, daß das Platin sehr nahe in der Mitte des Eises befindlich war, so betrug die Dicke des letzteren im Mittel Zoll, und die Größe seiner Berührungsfläche mit Zinn und Platin 14 Quadratzoll (384). Dennoch war es unter diesen Umständen nur eben im Stande die geringe Menge Elektricität zu leiten, welche diese Maschine zu liefern vermochte (371), selbst wenn sie eine solche Spannung hatte, daß sie die Goldblättchen um zwei Zoll aus einander trieb; kein Wunder also, daß sie von der Elektricität der Tröge (384) nur ein Unbeträchtliches leiten konnte, da diese, wenn sie auch die der Maschine an Menge unendlich übertraf, doch eine so niedrige Spannung besaß, daß sie am Elektrometer kaum merklich war.

420) Bei einem anderen Versuche war der Zinnkasten [238] nur Zoll breit, und das Platin in dem Eise, wie sich späterhin fand, nicht ganz Zoll entfernt von einer Seite des Zinngefäßes. Als dieses in die Bahn der Maschinen-Elektricität (419) eingeschaltet wurde, konnten die Goldblättchen nicht mehr als um einen halben Zoll geöffnet werden. Die Dünnheit des Eises begünstigte also die Elektricitätsleitung, und ließ dieselbe Quantität, obwohl von geringerer Spannung, in derselben Zeit hindurchgehen.

421) Nun wurde geschmolzenes Jodkalium in die Bahn der Maschinen-Elektricität gebracht. Es wurden zwei Zoll dicke und etwa Quadratzoll auf jeder Seite haltende Stücke angewandt, auf Platinplatten gelegt, von denen eine mit der Maschine und dem Elektrometer (419), die andere mit der Ableitung verbunden war, und nun die beiden Stücke durch einen feinen, in zwei Punkten auf ihnen ruhenden Platindraht verbunden. Durch Drehen der Maschine war es möglich die Goldblättchen um Zoll zu öffnen.

422) Da das Salz nur in zwei Punkten von dem Platindraht berührt wurde, so geht daraus hervor, daß es ein besserer Leiter ist als das Eis. Da aber die Goldblättchen doch geöffnet wurden, so ist eben so einleuchtend, welche Schwierigkeit die Leitung selbst der geringen, von der Maschine gelieferten Menge von Elektricität durch diesen Körper im starren Zustande erfährt, im Vergleich zu den ungeheuren Quantitäten von schwacher Spannung, welche er im flüssigen Zustand hindurchläßt.

423) Um diese Resultate mit andern, durch die voltasche Batterie gelieferten zu vergleichen, wurde eine solche von 150 vierquadratzölliger Platten stark geladen. Ihre Wirkung war gut, der Schlag aus ihr stark; die Entladung ging von Kupfer zu Kupfer durch eine Zoll dicke Luftschicht, und das zuvor angewandte Goldblatt-Elektrometer konnte beinah um Zoll geöffnet werden.

424) Das angewandte Eisgefäß (420) war Zoll [239] breit. Die Berührungsfläche des Eises mit dem Zinn und Platin betrug nahe 14 Quadratzoll, und entsprach einer Eisplatte von 7 Quadratzoll vollkommener Berührung auf jeder Seite und nur von Z. Dicke. Das Gefäß wurde während des Versuchs in einer Kältemischung gehalten.

425) Die Anordnung in der Bahn des elektrischen Stroms war folgende. Der positive Pol der Batterie war durch einen Draht verbunden mit der Platinplatte in dem Eise; diese Platte stand in Berührung mit dem Eise, das Eis mit der Zinnhülle, diese Hülle durch einen Draht mit einem Stücke Zinnfolie, auf welchem das eine Ende eines gebogenen Drahts (312) ruhte, dessen anderes oder zersetzendes Ende von einem mit Jodkalium-Lösung befeuchteten Papiere getragen ward (316); das Papier lag flach auf einem Platinspatel, der mit dem negativen Pol der Batterie verbunden war. Alle Theile dieser Vorrichtung zwischen dem Eisgefäß und der zersetzenden Drahtspitze, beide mit eingeschlossen, waren isolirt, damit keine Elektricität durch die letztere gehen möchte, welche nicht auch das erste durchdrungen hätte.

426) Unter diesen Umständen fand sich, daß unter der zersetzenden Platinspitze langsam ein blaß brauner Fleck entstand, zum Beweise, daß das Eis ein wenig von der durch die voltasche Batterie bis zu dem vom Elektrometer angezeigten Grad entwickelten Elektricität fortzuleiten vermochte. Es ist aber ganz einleuchtend, daß die Batterie, ungeachtet der von ihr gelieferten ungeheuren Elektricitätsmenge, unter den gegenwärtigem Umständen der Elektrisirmaschine weit nachstand; denn die letztere sandte so viel Elektricität durch das Eis als dieß leiten konnte, und die Elektricität besaß eine weit größere Intensität, d. h. war im Stande die Goldblättchen um einen halben Zoll und mehr zu öffnen (419. 420).

427) Der zersetzende Draht und die Jodkalium-Lösung wurden nun fortgenommen und durch einen sehr empfindlichen Galvanometer (205) ersetzt; dieser war so [240] astatisch, daß er in etwa 63 Uhrschlägen, von denen 150 eine Minute ausmachten, erst einmal hin und her schwang. Es zeigte sich dieselbe Schwäche des Stroms wie zuvor; die Galvanometernadel ward abgelenkt, allein der Contact mußte drei oder vier Mal unterbrochen und wieder hergestellt werden (297) ehe die Wirkung entscheidend hervortrat.

428) Nun entfernte ich den Galvanometer, verband die beiden Platinplatten mit den Enden der Drähte, und brachte die Zunge zwischen dieselben, so daß die ganze Ladung der Batterie, so weit das Eis sie durchließ, durch die Zunge gehen mußte. So lange ich auf dem steinernen Fußboden stand fühlte ich einen Schlag u. s. w., als ich mich aber isolirte hatte ich keine Empfindung mehr. Ein Frosch würde, glaube ich, schwerlich, vielleicht gar nicht ergriffen worden seyn.

429) Jetzt wurde das Eis entfernt, und der Versuch mit andern starren Körpern angestellt, die zu dem Ende, statt der Jodkalium-Lösung, unter das Ende des zersetzenden Drahts gebracht wurden. Z. B. wurde auf den mit dem negativen Pol der Batterie verbundenen Platinspatel ein Stück trocknen Jodkaliums gelegt und auf dasselbe die Spitze des zersetzenden Drahts gesetzt. Der mit dem positiven Pol der Batterie in Verbindung stand. Sehr langsam entstand ein brauner Jodfleck, zum Beweise, daß etwas Elektricität überging, übereinstimmend in dieser Hinsicht mit den bei Anwendung der Elektrisirmaschine (421) erhaltenen Resultaten. Als gleichzeitig mit dem Jodid das Galvanometer eingeschaltet wurde, konnte die Wirkung des Stroms nur schwierig an ihm sichtbar gemacht werden.

430) Ein Stück geschmolzen gewesenen Kochsalzes, in den Kreis gebracht, war hinlänglich die Wirkung des Galvanometers fast gänzlich zu zerstören. Geschmolzen gewesenes Chlorblei that dasselbe. Die Leitungsfähigkeit beider Körper im flüssigen Zustande ist sehr groß (395. 402).

[241] 431) Alle diese mit der Elektrisirmaschine, wie mit der voltaschen Batterie erhaltenen Wirkungen stimmen unter sich und mit dem in diesem Aufsatz niedergelegten Gesetz überein, so wie auch mit der, im dritten Theile dieser Untersuchungen aufgestellten Ansicht, daß die Elektricitäten verschiedener Abkunft einerlei seyen.

432) Die Steigerung der Leitungsfähigkeit mancher Substanzen, besonders für Elektricität von hoher Spannung, durch die Wärme ist wohl bekannt. Kürzlich ist mir ein außerordentlicher Fall dieser Art für Elektricität von schwacher Spannung oder die der voltaschen Säule vorgekommen, welcher im directen Widerspruch steht mit dem Einfluß der Wärme auf metallische Körper, wie er von Humphry Davy beschrieben worden ist[3].

433) Die Substanz, welche diese Erscheinung zeigt, ist das Schwefelsilber. Es war bereitet durch Zusammenschmelzen eines Gemenges von gefälltem Silber und sublimirtem Schwefel, Abfeilen des Silbers von der Außenseite der erstarrten Masse, durch Pülvern, Zumischen von mehr Schwefel, und abermaliges Schmelzen in einer grünen Glasröhre, unter Abhaltung der äußeren Luft. Nachdem von dem Schwefelsilber wiederum das Aeußere abgefeilt worden, wurde es als frei von ungebundenem Silber betrachtet.

434) Als ein Zoll dickes Stück dieses Schwefelsilbers zwischen die mit den Polen einer voltaschen Batterie von 20 Paaren vierzölliger Platten verbundenen Platinspatel gebracht, und ein Galvanometer mit in den Kreis eingeschaltet wurde, wich die Nadel ein wenig ab, als Anzeige einer schwachen Leitung. Als ich die Platinpole und das Schwefelsilber zusammenpreßte, steigerte sich die Leitungsfähigkeit so wie das Ganze warm wurde. Als [242] ich unter das zwischen den Polen befindliche Schwefelsilber eine Lampe stellte, nahm die Leitung rasch mit der Hitze zu, und zuletzt sprang die Nadel in eine feste Stellung über, indem das Schwefelsilber wie ein Metall leitete. Als nach Entfernung der Lampe die Wärme abnahm, kehrten sich die Erscheinungen um; die Nadel fing erst ein wenig zu vibriren an, verließ dann allmälig ihre Querrichtung, und nahm zuletzt sehr nahe die Stellung ein, welchen sie ohne den Durchgang eines Stroms durch den Galvanometerdraht, eingenommen haben würde.

435) Zuweilen, wenn der Contact des Schwefelsilbers mit den Platinpolen gut, die Batterie frisch geladen, und die Temperatur anfangs nicht zu niedrig war, reichte der elektrische Strom der Batterie für sich hin, das Schwefelsilber in seiner Temperatur zu erhöhen, und dann nahm dieß, ohne Anwendung äußerer Wärme, gleichzeitig auch an Leitungsfähigkeit zu, bis der erkältende Einfluß der Luft die Wirkungen beschränkte. In solchen Fällen war es meistens nöthig, das Ganze eigends abzukühlen, um die umgekehrte Reihe von Erscheinungen zu erhalten.

436) Zuweilen nahmen auch die Wirkungen von selbst ab, und waren nicht eher zu erneuen, als bis das Schwefelsilber mit einer frischen Fläche auf den positiven Pol gelegt worden war. Dieß war die Folge besonderer Resultate einer Zersetzung, auf welche ich in der Abtheilung über elektro-chemische Zersetzung zurückkommen werde, und welche dadurch vermieden wurde, daß ich die Enden zweier Platindrähte in die entgegengesetzten Enden einer in einem Glasrohre geschmolzenen Portion Schwefelsilber steckte und dann diese Vorrichtung zwischen die Pole der Batterie brachte.

437) Das heiße Schwefelsilber leitete stark genug, um, wie ein Metall, helle Funken mit Kohle u. s. w. zu geben.

438) Das natürliche Schwefelsilber und das Rothgültigerz zeigen dieselben Erscheinungen. Das natürliche [243] geschmeidige Schwefelsilber bietet genau dieselben Erscheinungen dar wie das künstliche.

439) Es giebt meines Wissens außer Schwefelsilber keinen andern Körper, welcher, so lange er heiß ist, hinsichtlich seiner Leitungsfähigkeit für Elektricität von niederer Spannung mit den Metallen verglichen werden kann, und, ganz unähnlich ihnen, diese Fähigkeit beim Erkalten verliert, während sie bei den Metallen im Gegentheil zunimmt. Wahrscheinlich würde man jedoch noch mehre dergleichen finden, wenn man darnach suchte.

440) Magnetkies, Schwefelkies, Arsenikkies, Kupferkies, graues künstliches Schwefelkupfer, künstliches Schwefelwismuth, künstliches Schwefelzinn leiten sämmtlich in der Kälte mehr oder weniger den voltaschen Strom; einige geben, gleich den Metallen, Funken, andere eigenen sich nicht zu dieser starken Wirkung. Sie scheinen in der Wärme nicht besser zu leiten als zuvor; allein ich hatte nicht Zeit genug diesen Punkt näher zu erforschen. Fast alle erhitzten sich bei der Durchleitung des Stroms, und einige zeigten in dieser Hinsicht sehr interessante Erscheinungen. Das Schwefelantimon ist weder heiß noch kalt merklich leitend, gehört aber zu den Substanzen, die geschmolzen leitend werden (402); das Schwefelsilber, und vielleicht noch mancher anderer Körper, wird im starren Zustande zersetzt; allein die Erscheinungen dieser Zersetzung werde ich für die nächste Reihe dieser Untersuchung versparen.

441) Ungeachtet der außerordentlichen Unähnlichkeit des Schwefelsilbers mit den Gasen und Dämpfen kann ich nicht umhin, die Wirkung der Wärme als gleich auf beide zu betrachten, da sie alle dadurch in die Klasse der Elektricitätsleiter versetzt werden, jedoch mit den großen Unterschieden in der Stärke, welche unter den gewöhnlichen Umständen stattfinden. Wenn Gase erhitzt werden, so gewinnen sie an Leitungsfähigkeit sowohl für gemeine als für voltasche Elektricität (271), [244] und wahrscheinlich würde ihr Leitvermögen noch mehr erhöht werden, wenn man sie zu gleicher Zeit zusammendrückte und verdichtete. Cagniard de la Tour hat gezeigt, daß eine Substanz, nämlich Wasser, im flüssigen Zustande so durch Hitze ausgedehnt, oder im dampfförmigen Zustand so verdichtet werden kann, daß die beiden Zustände an einem Punkt zusammenfallen und der Uebergang von dem einen zu dem andern so allmälig geschieht, daß sich keine Gränzlinie feststellen läßt[4], daß in der That die beiden Zustände in einen einzigen zusammenfließen, welcher Zustand sich uns mit graduellen Unterschieden, in Bezug auf gewisse Eigenschaften und Beziehungen, zu verschiedenen Zeiten darbietet, und welche Unterschiede unter den gewöhnlichen Umständen so groß sind, daß sie zwei verschiedenen Zuständen gleichkommen.

442) Für jetzt kann ich nur vermuthen, daß an dem Punkt, wo der flüssige und gasige Zustand zusammenfallen, die Leitungsfähigkeiten in beiden gleich sind, daß sie aber schwächer werden, so wie, durch Entfernung des nöthigen Drucks, die Ausdehnung der Materie in eine lockere Form eintritt; doch wird sich die geringe Leitungsfähigkeit, welche dann noch zurückgeblieben ist, durch Erhitzung wahrscheinlich verstärken lassen.

443) Ich wage es, über die Umstände der Elektricitätsleitung in Körpern folgende Sätze aufzustellen, doch nicht ohne Besorgniß, einige wichtige Punkte überschlagen zu haben.

444) Alle Körper, von den Metallen ab bis zu dem Lack und den Gasen, leiten Elektricität in gleicher Weise, allein in verschiedenen Graden.

445) Die Leitungsfähigkeit wird durch Hitze in einigen Körpern erhöht, in andern geschwächt, ohne daß jedoch dabei ein wesentlicher elektrischer Unterschied [245] in den Körpern oder in den von der geleiteten Elektricität veranlaßten Veränderungen wahrzunehmen ist.

446) Elektricität von schwacher Spannung wird von einer zahlreichen Klasse von Körpern im starren Zustand isolirt, im flüssigen geleitet, und dann werden diese Körper dadurch zersetzt.

447) Es giebt aber auch viele flüssige Körper, welche eine Elektricität von dieser niederen Spannung nicht leiten; einige leiten sie und werden nicht zersetzt; auch ist das Flüssigseyn nicht wesentlich nöthig zur Zersetzung[5].

448) Bis jetzt ist nur Ein Körper[6] entdeckt, welcher, starr, den voltaschen Strom isolirt, flüssig, denselben aber leitet, und dabei nicht zersetzt wird (414).

449) Zwischen den als einfach angesehenen und den als zusammengesetzt bekannten Körpern läßt sich bis jetzt hinsichtlich der Elektricitätsleitung kein scharfer Unterschied feststellen.


  1. Diese Beobachtung machte schon Erman i. J. 1802 (Gilb. Ann., Bd. XI S. 166), ohne sie indeß so zu verallgemeinern, wie es der geehrte Hr. Verfasser des vorliegenden Aufsatzes gethan. – Interessant wäre es zu wissen, ob (wie es wahrscheinlich ist) [226] Wasser, welches künstlich unter dem Gefrierpunkt flüssig erhalten worden, noch Elektricität leite.
    P.
  2. Schon 1801 wußte H. Davy, daß »trockner Salpeter, trocknes Aetzkali und Aetznatron zu Leitern des Galvanismus werden, wenn man sie durch starke Hitze flüssig mache« (Journal of the Royal Institution 1802, p. 53), nahm indeß nicht das allgemeine Gesetz gewahr, mit dessen Entwicklung ich beschäftigt gewesen bin. Merkwürdig ist, daß er elf Jahre später sagen sollte: Es giebt, außer den Wasser enthaltenden, keine Flüssigkeiten, welche fähig sind das Verbindungsmittel zwischen dem Metall oder den Metallen des voltaschen Apparats abzugeben. Elements of chemical philosophy, p. 169.
  3. Phil. Transact. f. 1821, p. 431.
  4. Annal. de chim. XXI p. 127. 178.
  5. Siehe die nächste Reihe dieser Experimental-Untersuchungen.
  6. Möglich ist, daß dieser Fall bei feineren Versuchen künftig verschwindet.