Verordnung, betreffend die Hauptmängel und Gewährfristen beim Viehhandel
Erscheinungsbild
[219]
(Nr. 2564.) Verordnung, betreffend die Hauptmängel und Gewährfristen beim Viehhandel. Vom 27. März 1899.
Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen etc.
verordnen auf Grund des §. 482 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs im Namen des Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesraths, was folgt:
§. 1.
- Für den Verkauf von Nutz- und Zuchtthieren gelten als Hauptmängel:
- I. bei Pferden, Eseln, Mauleseln und Maulthieren:
- 1. Rotz (Wurm) mit einer Gewährfrist von vierzehn Tagen;
- 2. Dummkoller (Koller, Dummsein) mit einer Gewährfrist von vierzehn Tagen; als Dummkoller ist anzusehen die allmählich oder in Folge der akuten Gehirnwassersucht entstandene, unheilbare Krankheit des Gehirns, bei der das Bewußtsein des Pferdes herabgesetzt ist;
- 3. Dämpfigkeit (Dampf, Hartschlägigkeit, Bauchschlägigkeit) mit einer Gewährfrist von vierzehn Tagen; als Dämpfigkeit ist anzusehen die Athembeschwerde, die durch einen chronischen, unheilbaren Krankheitszustand der Lungen oder des Herzens bewirkt wird;
- 4. Kehlkopfpfeifen (Pfeiferdampf, Hartschnaufigkeit, Rohren) mit einer Gewährfrist von vierzehn Tagen; als Kehlkopfpfeifen ist anzusehen die durch einen chronischen und unheilbaren Krankheitszustand des Kehlkopfs oder der Luftröhre verursachte und durch ein hörbares Geräusch gekennzeichnete Athemstörung;
- 5. periodische Augenentzündung (innere Augenentzündung, Mondblindheit) mit einer Gewährfrist von vierzehn Tagen; als periodische Augenentzündung ist anzusehen die auf inneren Einwirkungen beruhende, entzündliche Veränderung an den inneren Organen des Auges;
- 6. Koppen (Krippensetzen, Aufsetzen, Freikoppen, Luftschnappen, Windschnappen) mit einer Gewährfrist von vierzehn Tagen; [220]
- II. bei Rindvieh:
- 1. tuberkulöse Erkrankung, sofern in Folge dieser Erkrankung eine allgemeine Beeinträchtigung des Nährzustandes des Thieres herbeigeführt ist, mit einer Gewährfrist von vierzehn Tagen;
- 2. Lungenseuche mit einer Gewährfrist von achtundzwanzig Tagen;
- III. bei Schafen:
- Räude mit einer Gewährfrist von vierzehn Tagen;
- IV. bei Schweinen:
- 1. Rothlauf mit einer Gewährfrist von drei Tagen;
- 2. Schweineseuche (einschließlich Schweinepest) mit einer Gewährfrist von zehn Tagen.
- I. bei Pferden, Eseln, Mauleseln und Maulthieren:
§. 2.
- Für den Verkauf solcher Thiere, die alsbald geschlachtet werden sollen und bestimmt sind, als Nahrungsmittel für Menschen zu dienen (Schlachtthiere), gelten als Hauptmängel:
- I. bei Pferden, Eseln, Mauleseln und Maulthieren:
- Rotz (Wurm) mit einer Gewährfrist von vierzehn Tagen;
- II. bei Rindvieh:
- tuberkulöse Erkrankung, sofern in Folge dieser Erkrankung mehr als die Hälfte des Schlachtgewichts nicht oder nur unter Beschränkungen als Nahrungsmittel für Menschen geeignet ist, mit einer Gewährfrist von vierzehn Tagen;
- III. bei Schafen:
- allgemeine Wassersucht mit einer Gewährfrist von vierzehn Tagen; als allgemeine Wassersucht ist anzusehen der durch eine innere Erkrankung oder durch ungenügende Ernährung herbeigeführte wassersüchtige Zustand des Fleisches;
- IV. bei Schweinen:
- 1. tuberkulöse Erkrankung unter der in der Nr. II bezeichneten Voraussetzung mit einer Gewährfrist von vierzehn Tagen;
- 2. Trichinen mit einer Gewährfrist von vierzehn Tagen;
- 3. Finnen mit einer Gewährfrist von vierzehn Tagen.
- I. bei Pferden, Eseln, Mauleseln und Maulthieren:
- Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Kaiserlichen Insiegel.
- Gegeben Berlin im Schloß, den 27. März 1899.