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Verordnung, betreffend das Verfahren vor den Schiedsgerichten für Arbeiterversicherung

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Gesetzestext
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Titel: Verordnung, betreffend das Verfahren vor den Schiedsgerichten für Arbeiterversicherung.
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Fundstelle: Deutsches Reichsgesetzblatt Band 1900, Nr. 55, Seite 1017 - 1030
Fassung vom: 22. November 1900
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Bekanntmachung: 26. November 1900
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[1017]

(Nr. 2735.) Verordnung, betreffend das Verfahren vor den Schiedsgerichten für Arbeiterversicherung. Vom 22. November 1900.

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen etc.

verordnen auf Grund des §. 106 Abs. 6 des Invalidenversicherungsgesetzes (Reichs-Gesetzbl. 1899 S. 468) und im Hinblick auf §. 3 des Gesetzes, betreffend die Abänderung der Unfallversicherungsgesetze, vom 30. Juni 1900 (Reichs-Gesetzbl. S. 335) im Namen des Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesraths, was folgt:

I. Allgemeine Bestimmungen.

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§. 1.

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Beeidigung der Mitglieder des Schiedsgerichts.

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Der Vorsitzende des Schiedsgerichts und dessen Stellvertreter werden von einem Beauftragten der Landes-Zentralbehörde des Bundesstaats, in welchem der Sitz des Schiedsgerichts belegen ist, die Beisitzer dagegen von dem Vorsitzenden des Schiedsgerichts auf die Erfüllung der Obliegenheiten ihres Amtes beeidigt.
Die Beeidigung der Beisitzer erfolgt bei ihrer ersten Dienstleistung in öffentlicher Sitzung; sie gilt für die Dauer der Wahlperiode. Im Falle der Wiederwahl genügt die Verweisung auf die frühere Beeidigung.
Im Uebrigen finden auf die Beeidigung die Vorschriften des §. 51 des Gerichtsverfassungsgesetzes entsprechende Anwendung.

§. 2.

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Befugnisse des Vorsitzenden.

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Die Leitung und Beaufsichtigung des Geschäftsganges bei dem Schiedsgerichte liegt dem Vorsitzenden und im Falle der Behinderung seinem Stellvertreter [1018] ob. Der Vorsitzende öffnet die eingehenden Sendungen, vertheilt die Geschäfte, bestimmt die Sitzungen, zeichnet die Verfügungen, vollzieht die Reinschriften und trifft in Beziehung auf die Führung der Geschäftskontrolen die erforderlichen Anordnungen. Er verpflichtet eidlich die Beamten des Schiedsgerichts, soweit sie nicht bereits als Beamte der Versicherungsanstalt einen Diensteid geleistet haben, und übt über sie die unmittelbare Dienstaufsicht aus. Disziplinarstrafen gegen dieselben verhängt, sofern sie bei dem Schiedsgericht im Hauptamt angestellt sind, der Vorstand der Versicherungsanstalt, im Uebrigen die ihnen im Hauptamte vorgesetzte Dienstbehörde (§. 104 Abs. 5 in Verbindung mit §. 83 Abs. 1, 3 Satz 2 des Invalidenversicherungsgesetzes).
Der Vorsitzende setzt die den Beisitzern statutenmäßig zu gewährenden Bezüge fest und ist befugt, Beisitzer, welche die Wahl ohne zulässigen Grund ablehnen, ohne genügende Entschuldigung zu den Sitzungen nicht rechtzeitig sich einfinden oder ihren Obliegenheiten in anderer Weise sich entziehen, mit Geldstrafen zu belegen (§. 104 Abs. 5 in Verbindung mit §. 83 Abs. 3 Satz 1, §. 90 Abs. 2, §. 94 a. a. O.).
Die Beisitzer haben dem Vorsitzenden Anzeige zu machen, wenn durch Aenderung in ihren persönlichen Verhältnissen die Voraussetzungen ihrer Wählbarkeit nachträglich wegfallen.
Werden dem Vorsitzenden Thatsachen bekannt, welche die Wählbarkeit eines Beisitzers ausschließen oder sich als grobe Verletzungen seiner Amtspflicht darstellen, so hat er diesen Beisitzer zu den Sitzungen einstweilen nicht einzuberufen und ihn, nachdem ihm Gelegenheit zur Aeußerung gegeben worden ist, seines Amtes zu entheben (§. 104 Abs. 5 in Verbindung mit §. 91 a. a. O.). Gegen die diese Enthebung aussprechende Verfügung, welche die derselben zu Grunde liegenden Thatsachen angeben muß, kann von dem Beisitzer innerhalb eines Monats nach der Zustellung bei dem Schiedsgerichtsvorsitzenden oder bei dem Schiedsgerichte Beschwerde eingelegt werden. Der Vorsitzende hat die Beschwerde unter Beifügung der Verhandlungen und einer Aeußerung unverzüglich der höheren Verwaltungsbehörde einzureichen; diese entscheidet endgültig. Die Bestimmung des §. 114 Abs. 3 a. a. O. findet entsprechende Anwendung. Die Fähigkeit eines Beisitzers, als solcher an einer Sitzung Theil zu nehmen, erlischt, sobald der Enthebungsbescheid rechtskräftig geworden ist.

§. 3.

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Zuziehung der Beisitzer.

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Die Reihenfolge, in welcher die Beisitzer bei Streitsachen aus der Invalidenversicherung in der Regel zu den Verhandlungen zuzuziehen sind, wird durch das Statut der Versicherungsanstalt bestimmt (§. 106 Abs. 5 in Verbindung mit §. 83 Abs. 2 des Invalidenversicherungsgesetzes).
In Streitsachen aus der Unfallversicherung (§. 7 Abs. 1 des Gesetzes, betreffend die Abänderung der Unfallversicherungsgesetze) bestimmt der Vorsitzende [1019] unter Beachtung des Statuts der Versicherungsanstalt, und zwar regelmäßig für jedes Halbjahr im voraus, getrennt für die einzelnen Berufszweige die Reihenfolge, in der die Beisitzer zuzuziehen sind, soweit es sich um Unfälle
1. in der Land- und Forstwirthschaft,
2. im Bergbaubetriebe,
3. in den sonstigen der Versicherung unterliegenden Betrieben
handelt. Abweichungen von der festgesetzten Reihenfolge sind unter Angabe der Gründe aktenkundig zu machen. Für die Entscheidung bei Unfällen im Bergbaubetriebe kann von der Vorausbestimmung der Reihenfolge der Beisitzer, unbeschadet der Bestimmung im §. 7 Abs. 1 a. a. O., bei denjenigen Schiedsgerichten abgesehen werden, bei welchen ein Bedürfniß für die Vorausbestimmung nicht besteht.
Der Antrag eines Entschädigungsberechtigten, zur Verhandlung und Entscheidung in einem einzelnen Falle abweichend von der festgesetzten Reihenfolge Beisitzer aus den Betrieben derjenigen Berufsgenossenschaft oder Ausführungsbehörde zuzuziehen, welcher der Betrieb, in dem sich der Unfall ereignet hat, angehört (§. 7 Abs. 2 a. a. O.), ist in der Regel bei Einreichung der Berufungsschrift zu stellen. Der gleiche Antrag einer Berufsgenossenschaft oder Ausführungsbehörde ist in der Regel bei Einreichung der Gegenschrift zu stellen. Der Schiedsgerichtsvorsitzende hat jedoch auch später eingehende Anträge solcher Art bis zur Anberaumung des Termins zur mündlichen Verhandlung zuzulassen.
Wird der Antrag abgelehnt, so ist dem Antragsteller ein mit Gründen zu versehender Bescheid in Ausfertigung zuzustellen. In dem Bescheid ist darauf hinzuweisen, daß der Antragsteller vor Beginn der Verhandlung eine Entscheidung des Schiedsgerichts über den Antrag beanspruchen kann.
Wird der Antrag erst nach Anberaumung des Termins zur mündlichen Verhandlung gestellt, so entscheidet, sofern dem Antrage nicht schon von dem Vorsitzenden stattgegeben worden ist, das Schiedsgericht selbst.

§. 4.

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Ablehnung der Mitglieder des Schiedsgerichts.

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Die Bestimmungen in den §§. 41 ff. der Civilprozeßordnung über die Ausschließung und Ablehnung der Richter finden auf die Mitglieder der Schiedsgerichte entsprechende Anwendung. Jedoch beschließt über ein Ablehnungsgesuch in Betreff des Vorsitzenden das Schiedsgericht, in Betreff der Beisitzer der Vorsitzende.
Bei dem Beschluß über ein Ablehnungsgesuch in Betreff des Vorsitzenden hat dieser nicht mitzuwirken. An seiner Stelle führt dabei der dem Lebensalter nach älteste Beisitzer den Vorsitz. Ergiebt sich bei der Abstimmung über das Gesuch Stimmengleichheit, so gilt dasselbe für abgelehnt.
Der Beschluß kann, wenn das Ablehnungsgesuch für unbegründet erklärt wird, nicht für sich allein, sondern nur mit der Entscheidung in der Hauptsache angefochten werden. [1020]

II. Vorschriften über das Verfahren.

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§. 5.

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Erhebung der Berufung.

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Die Berufung auf schiedsgerichtliche Entscheidung muß innerhalb eines Monats nach der Zustellung des Bescheids bei dem zuständigen Schiedsgericht eingegangen sein (§. 114 Abs. 2 des Invalidenversicherungsgesetzes, §. 76 Abs. 2 des Gewerbe-Unfallversicherungsgesetzes, §. 82 Abs. 2 des Unfallversicherungsgesetzes für Land- und Forstwirthschaft, §. 37 Abs. 1 des Bau-Unfallversicherungsgesetzes, §. 80 Abs. 4 des See-Unfallversicherungsgesetzes in Verbindung mit §. 36 dieser Verordnung). Die Frist gilt auch dann als gewahrt, wenn innerhalb derselben die Berufung bei einer anderen inländischen Behörde oder in Streitsachen aus der Unfallversicherung bei einem Genossenschaftsorgan, in Angelegenheiten der See-Unfallversicherung auch bei einem deutschen Seemannsamt im Ausland eingegangen ist. Diese Stellen haben die Berufungsschrift ungesäumt an das zuständige Schiedsgericht abzugeben.
Zuständig ist in Streitsachen aus der Invalidenversicherung dasjenige Schiedsgericht, zu dessen Bezirke die untere Verwaltungsbehörde oder Rentenstelle gehört, die gemäß §. 112 Abs. 1 des Invalidenversicherungsgesetzes mit dem Rentenanspruche befaßt gewesen ist. In Streitsachen aus der Unfallversicherung ist, abgesehen von den gegen die See-Berufsgenossenschaft gerichteten Ansprüchen, dasjenige Schiedsgericht zuständig, in dessen Bezirke der Betrieb, in welchem der Unfall sich ereignet hat, belegen ist (§. 76 Abs. 2 des Gewerbe-Unfallversicherungsgesetzes, §. 82 Abs. 2 des Unfallversicherungsgesetzes für Land- und Forstwirthschaft, §. 37 Abs. 1 des Bau-Unfallversicherungsgesetzes). Für die Entscheidung auf die gegen die See-Berufsgenossenschaft gerichteten Berufungen ist das Schiedsgericht zuständig, in dessen Bezirke der Heimathshafen desjenigen Fahrzeugs belegen ist oder derjenige Betrieb seinen Sitz hat, auf oder in welchem der Unfall sich ereignet hat. Ist der Heimathshafen nicht im Bezirk eines Schiedsgerichts belegen, so ist das für den Sitz der Berufsgenossenschaft zuständige Schiedsgericht zur Entscheidung zuständig (§. 80 Abs. 2 des See-Unfallversicherungsgesetzes).
In der Berufung sollen der Gegenstand des Anspruchs bezeichnet und die für die Entscheidung maßgebenden Thatsachen unter Angabe der Beweismittel angeführt werden; auch ist die Versicherungsanstalt, Berufsgenossenschaft oder Ausführungsbehörde, welche den angefochtenen Bescheid ertheilt hat, zu benennen.
Die Berufung kann schriftlich oder zu Protokoll des Schiedsgerichts, einer anderen inländischen Behörde, in Streitsachen aus der Unfallversicherung auch zu Protokoll eines Genossenschaftsorgans beziehungsweise eines deutschen Seemannsamts im Ausland erhoben werden. Bei schriftlicher Erhebung ist dem Schriftsatz eine Abschrift beizufügen. [1021]

§. 6.

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Streit über die Zuständigkeit.

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Entsteht unter mehreren Schiedsgerichten Streit über ihre Zuständigkeit, so entscheidet das Reichs-Versicherungsamt. In Streitsachen aus der Unfallversicherung tritt an dessen Stelle das Landes-Versicherungsamt, sofern die Entscheidung auf einen Rekurs diesem zusteht.

§. 7.

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Verfahren bei Eingang der Berufung.

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Der Zeitpunkt des Einganges der Berufung ist sofort sowohl auf der Berufungsschrift wie auf der beigefügten Abschrift zu vermerken. Ist der Berufung eine Abschrift nicht beigefügt (§. 5 Abs. 4), so ist seitens des Schiedsgerichts eine solche zu fertigen und auf diese der Vermerk des Einganges zu übertragen; die Kosten dieser Abschrift können von dem Berufenden eingezogen werden.
Richtet sich die Berufung gegen einen auf Grund der Unfallversicherungsgesetze ergangenen Bescheid oder gegen einen Bescheid des Vorstandes der Versicherungsanstalt oder gegen einen den Anspruch auf Rente nur zum Theil anerkennenden Bescheid einer Rentenstelle, so hat der Vorsitzende des Schiedsgerichts dem Vorstande der Berufsgenossenschaft oder berufsgenossenschaftlichen Sektion, der Ausführungsbehörde oder dem Vorstande der Versicherungsanstalt die Abschrift der Berufung mit dem Ersuchen mitzutheilen, die Vorverhandlungen einzusenden.
Legt der Rentenbewerber Berufung gegen den Bescheid einer Rentenstelle ein, durch welchen eine beantragte Rente versagt, die Entziehung einer Invalidenrente oder die Einstellung von Rentenzahlungen ausgesprochen worden ist, so hat der Vorsitzende des Schiedsgerichts die Vorverhandlungen der Rentenstelle einzufordern.
Legt der Vorstand der Versicherungsanstalt in den Fällen des §. 129 Abs. 4 des Invalidenversicherungsgesetzes gegen den Bescheid einer Rentenstelle Berufung ein, so hat er seiner Berufungsschrift die ihm übersandten Verhandlungen der Rentenstelle, versehen mit dem Vermerke des Einganges bei der Versicherungsanstalt, beizufügen.
Die einzusendenden Vorverhandlungen müssen sämmtliche, bei der Berufsgenossenschaft und deren Organen, bei der Ausführungsbehörde, der Versicherungsanstalt und der Rentenstelle vorhandenen Schriftstücke, die sich auf den geltend gemachten Anspruch beziehen, enthalten, einschließlich derjenigen, welche sich in Vorakten befinden.

§. 8.

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Abweisung durch Bescheid.

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Ist die Berufung nicht rechtzeitig eingelegt, oder ist das Schiedsgericht gesetzlich zur Entscheidung über die der Berufung zu Grunde liegenden Beschwerdepunkte nicht zuständig, so kann der Vorsitzende die Berufung durch einen mit [1022] Gründen zu versehenden Bescheid zurückweisen. Die Anfertigung einer Abschrift der Berufung seitens des Schiedsgerichts (§. 7 Abs. 1) kann in diesen Fällen einstweilen unterbleiben.
Der Berufende ist befugt, innerhalb zwei Wochen vom Tage der Zustellung des Bescheids ab bei dem Schiedsgerichte die Anberaumung eines Termins zur mündlichen Verhandlung zu beantragen.
Die vorstehende Befugniß ist dem Berufenden in dem Bescheide zu eröffnen.
Die Ablehnung von Anträgen auf mündliche Verhandlung kann nur durch Entscheidung des Schiedsgerichts erfolgen.

§. 9.

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Beantwortung der Berufung.

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Dem Vorstande der Berufsgenossenschaft oder berufsgenossenschaftlichen Sektion, der Ausführungsbehörde oder dem Vorstande der Versicherungsanstalt ist im Falle des §. 7 Abs. 2 bei Uebersendung der Abschrift der Berufung anheimzustellen, eine Gegenschrift einzureichen. In den Fällen des §. 7 Abs. 3, 4 hat der Vorsitzende, sofern die Voraussetzungen des §. 8 Abs. 1 nicht vorliegen, die Abschrift der Berufung dem Gegner mit der Anheimgabe mitzutheilen, eine Gegenschrift einzureichen.
Die Frist zur Einreichung der Gegenschrift ist in der Regel auf nicht länger als zwei Wochen zu bemessen. Zugleich ist darauf hinzuweisen, daß, wenn die Gegenschrift innerhalb der Frist nicht eingeht, die Entscheidung nach Lage der Akten erfolgen werde. Die Frist kann auf Antrag aus wichtigen Gründen verlängert werden.
Der Gegenschrift und etwaigen weiteren Schriftsätzen sind zur Zustellung an den Gegner Abschriften beizufügen. Die Bestimmungen des §. 7 Abs. 1 Satz 2 finden Anwendung.
In einfachen Fällen sowie dann, wenn das thatsächliche Verhältniß aus vorliegenden Akten und Urkunden sich sofort feststellen laßt, kann ohne vorgängigen Schriftwechsel Termin zur mündlichen Verhandlung anberaumt werden. Den Betheiligten ist in den Fällen des §. 7 Abs. 3, 4 gleichzeitig mit der Benachrichtigung vom Termine die Abschrift der Berufung mitzutheilen.

§. 10.

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Unterzeichnung der Schriftsätze und Vertretung der Parteien.

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Berufungen und Gegenschriften müssen entweder von den Betheiligten selbst oder von ihren gesetzlichen Vertretern oder von ihren Bevollmächtigten unterzeichnet sein. Die Vollmacht muß schriftlich ertheilt werden. Ehegatten, Verwandte der aufsteigenden Linie und großjährige Verwandte der absteigenden Linie können auch ohne schriftliche Vollmacht zur Vertretung zugelassen werden.
Das Schiedsgericht kann Bevollmächtigte und Beistände, welche das mündliche Verhandeln vor Gericht geschäftsmäßig betreiben, zurückweisen. Diese Vorschrift [1023] findet keine Anwendung auf Rechtsanwälte und auf Personen, denen das mündliche Verhandeln vor Gericht durch eine seitens der Justizverwaltung getroffene Anordnung gestattet ist.
Die Prozeßfähigkeit einer Partei sowie die Legitimation eines Vertreters sind von Amtswegen zu prüfen.
Nichtprozeßfähigen Parteien, welche ohne gesetzlichen Vertreter sind, kann bis zum Eintritte des gesetzlichen Vertreters von dem Vorsitzenden ein besonderer Vertreter bestellt werden. Derselbe ist befugt, alle Parteirechte zum Zwecke der Durchführung des Feststellungsverfahrens wahrzunehmen. Eine Befugniß zur Empfangnahme von Zahlungen steht demselben nicht zu. Das Gleiche gilt, wenn der Aufenthaltsort des gesetzlichen Vertreters unbekannt oder vom Sitze des Schiedsgerichts weit entfernt ist. Die nichtprozeßfähige Partei ist auf ihr Verlangen selbst zu hören. Die Kosten des besonderen Vertreters gelten als außergerichtliche Kosten.

§. 11.

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Mündliche Verhandlung.

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Die Entscheidung erfolgt auf Grund mündlicher Verhandlung vor dem Schiedsgerichte. Der Termin hierzu wird von dem Vorsitzenden anberaumt.
Die Betheiligten werden von dem Termin, in der Regel mittelst eingeschriebenen Briefes, mit dem Bemerken in Kenntniß gefetzt, daß im Falle ihres Ausbleibens nach Lage der Akten werde entschieden werden. Ein Ausweis hierüber muß zu den Akten gebracht werden.
Hält das Schiedsgericht das persönliche Erscheinen eines Betheiligten für angemessen, so hat es demselben zu eröffnen, daß aus seinem Nichterscheinen ungünstige Schlüsse für seinen Anspruch gezogen werden können.

§. 12.

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Ort der Verhandlung.

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Die mündliche Verhandlung findet in der Regel am Sitze des Schiedsgerichts statt. Der Vorsitzende ist jedoch befugt, das Schiedsgericht zu einer Sitzung an einen anderen Ort seines Bezirkes zu berufen, wenn dies zur Ersparung an Kosten oder Reisen, zur Aufklärung des Sachverhalts oder zur Erleichterung der Beweisaufnahme zweckmäßig erscheint.

§. 13.

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Öffentlichkeit des Verfahrens.

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Die mündliche Verhandlung erfolgt in öffentlicher Sitzung. Die Oeffentlichkeit kann durch einen öffentlich zu verkündenden Beschluß ausgeschlossen werden, wenn das Schiedsgericht dies aus Gründen des öffentlichen Wohles oder der Sittlichkeit für angemessen erachtet.
Die Vorschriften der §§. 176 bis 182, 184 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Aufrechterhaltung der Ordnung finden entsprechende Anwendung. Ueber [1024] die Beschwerde gegen Ordnungsstrafen entscheidet endgültig die höhere Verwaltungsbehörde, in deren Bezirke sich der Sitz des Schiedsgerichts befindet. Die Beschwerde ist binnen zwei Wochen nach der Zustellung der Strafverfügung bei der zur Entscheidung zuständigen Stelle einzulegen.
Die vom Schiedsgerichte festgesetzten Strafen werden in derselben Weise beigetrieben wie Gemeindeabgaben und fließen bei Streitsachen aus der Invalidenversicherung in die Kasse der Versicherungsanstalt, bei Streitsachen aus der Unfallversicherung in die Kasse der Berufsgenossenschaft oder der Ausführungsbehörde.

§. 14.

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Die mündliche Verhandlung beginnt mit der Darstellung des Sachverhalts durch den Vorsitzenden oder durch einen von diesem ernannten Berichterstatter. Demnächst sind die erschienenen Betheiligten zu hören. Der Vorsitzende hat jedem Beisitzer auf Verlangen zu gestatten, Fragen zu stellen.

§. 15.

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Erledigung der Berufung durch Vergleich.

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Eine Berufung kann durch Vergleich erledigt werden, wenn dieser sich auf den streitigen Anspruch selbst und auf die etwaigen außergerichtlichen Kosten erstreckt.

§. 16.

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Sitzungsprotokoll.

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Die mündliche Verhandlung erfolgt unter Zuziehung eines vereidigten Protokollführers. Von demselben ist ein Protokoll aufzunehmen, welches die Namen des Vorsitzenden und der mitwirkenden Beisitzer, deren Eigenschaft als Vorsitzender, Arbeitgeber oder Arbeitnehmer sowie die Bezeichnung des Berufs der Beisitzer enthält und den Gang der Verhandlung im Allgemeinen angiebt.
Außerdem sind durch Aufnahme in das Protokoll festzustellen:
1. Erklärungen der Parteien, welche die Zurücknahme einer Berufung bezwecken, ferner Anerkenntnisse, Verzichtleistungen, Vergleiche;
2. solche Anträge und Erklärungen der Parteien, welche von den Schriftsätzen abweichen;
3. die Aussagen der Zeugen und Sachverständigen, soweit dieselben früher nicht abgehört waren oder von ihrer früheren Aussage abweichen;
4. die Ergebnisse eines Augenscheins;
5. Beschlüsse des Schiedsgerichts und die Urtheilsformel.
Das Protokoll ist, soweit in demselben Vergleiche, Anerkenntnisse oder Verzichtleistungen festgestellt worden sind, den Betheiligten vorzulesen. In dem Protokoll ist zu bemerken, daß die Vorlesung stattgefunden hat und daß die Genehmigung erfolgt ist, oder welche Einwendungen erhoben worden sind.
Das Protokoll ist von dem Vorsitzenden und dem Protokollführer zu unterzeichnen. [1025]

§. 17.

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Beweisaufnahme.

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Das Gericht hat den zur Klarstellung des Sachverhalts erforderlichen Beweis in vollem Umfange zu erheben, ohne Rücksicht darauf, ob dieser Beweis von den Parteien angetreten worden ist oder nicht.
Der Vorsitzende ist befugt, zur mündlichen Verhandlung auch ohne vorausgehenden Beschluß des Schiedsgerichts Zeugen und Sachverständige vorzuladen sowie das persönliche Erscheinen eines Betheiligten anzuordnen (§. 11 Abs. 3 dieser Verordnung, §. 9 Abs. 5 des Gesetzes, betreffend die Abänderung der Unfallversicherungsgesetze).
Die Beweiserhebung erfolgt in der Regel in der mündlichen Verhandlung. Das Schiedsgericht ist jedoch befugt, den Beweis durch ein Mitglied oder gemäß §. 172 des Invalidenversicherungsgesetzes, §. 144 des Gewerbe-Unfallversicherungsgesetzes, §. 154 des Unfallversicherungsgesetze für Land- und Forstwirthschaft, §. 45 Abs. 2 des Bau-Unfallversicherungsgesetzes, §. 141 des See-Unfallversicherungsgesetzes durch eine öffentliche Behörde erheben zu lassen. Geeignetenfalls steht die Befugniß der Beweiserhebung auch dem Vorsitzenden schon vor Anberaumung des Termins zur mündlichen Verhandlung zu.
Die Beweisverhandlungen sind unter Zuziehung eines vereidigten oder durch Handschlag zu verpflichtenden Protokollführers aufzunehmen; die Betheiligten sind zu benachrichtigen.

§. 18.

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Hinsichtlich der Verpflichtung, sich als Zeuge oder Sachverständiger vernehmen zu lassen und die Aussagen eidlich zu erhärten, finden die Bestimmungen der Civilprozeßordnung entsprechende Anwendung. Insbesondere ist das Schiedsgericht befugt, gegen Zeugen und Sachverständige, welche sich nicht oder nicht rechtzeitig zu den Sitzungen einfinden, oder ihre Aussage oder die Eidesleistung ohne Angabe eines Grundes oder, nachdem der vorgeschützte Grund rechtskräftig für unerheblich erklärt ist, verweigern, eine Geldstrafe bis zu dreihundert Mark festzusetzen. Kommt die Verhängung oder Vollstreckung von Zwangsmaßregeln in Frage, so ist um diese das Amtsgericht zu ersuchen, in dessen Bezirke die Zeugen oder Sachverständigen ihren Wohnsitz oder in Ermangelung eines solchen ihren Aufenthalt haben. Auf Militärpersonen, welche dem aktiven Heere oder der aktiven Marine angehören, finden die Vorschriften des §. 380 Abs. 4, §. 390 Abs. 4, §. 409 Abs. 3 der Civilprozeßordnung Anwendung.
Gegen die Beschlüsse des Schiedsgerichts findet binnen einer Frist von zwei Wochen nach deren Zustellung die Beschwerde an das Reichs-Versicherungsamt statt, in Streitsachen aus der Unfallversicherung tritt an dessen Stelle das Landes-Versicherungsamt, sofern die Entscheidung auf einen Rekurs diesem zusteht; die Beschwerde ist schriftlich beim Schiedsgericht einzulegen.
Erfolgt nachträglich eine genügende Entschuldigung für das Verhalten des Zeugen oder Sachverständigen, so sind die getroffenen Anordnungen wieder aufzuheben. [1026]
Die Bestimmung des §. 13 Abs. 3 findet Anwendung. Die Zeugen und Sachverständigen erhalten Gebühren nach Maßgabe der Gebührenordnung für Zeugen und Sachverständige (Reichs-Gesetzbl. 1898 S. 689).

§. 19.

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Entscheidung.

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Das Schiedsgericht entscheidet innerhalb der erhobenen Ansprüche nach freiem Ermessen. Bilden sich in Beziehung auf Summen, über welche zu entscheiden ist, mehr als zwei Meinungen, deren keine die Mehrheit für sich hat, so werden die für die größte Summe abgegebenen Stimmen den für die zunächst geringere abgegebenen solange hinzugerechnet, bis sich eine Mehrheit ergiebt.
Die Berathung und Beschlußfassung erfolgt in nichtöffentlicher Sitzung; hierbei dürfen nur Mitglieder mitwirken, vor welchen die mündliche Verhandlung stattgefunden hat.

§. 20.

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Gerichtliche Kosten.

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Die Festsetzung der gerichtlichen Kosten des Verfahrens, die nach §. 107 Abs. 1 des Invalidenversicherungsgesetzes vorbehaltlich der Bestimmung des §. 10 Abs. 2 des Gesetzes, betreffend die Abänderung der Unfallversicherungsgesetze, die Versicherungsanstalt zu tragen hat, erfolgt durch den Vorsitzenden des Schiedsgerichts. Wird seine Festsetzung angefochten, so ist die Entscheidung des Schiedsgerichts herbeizuführen.
Gegen diese Entscheidung findet Beschwerde an das Reichs-Versicherungsamt statt. Die Beschwerde ist binnen einem Monate nach der Zustellung des Festsetzungsbescheids schriftlich beim Schiedsgericht einzureichen, das, wenn es die Beschwerde für begründet erachtet, ihr stattgeben kann. Anderenfalls ist die Beschwerde mit einer gutachtlichen Aeußerung unter Beifügung der Verhandlungen dem Reichs-Versicherungsamt einzureichen.
Der Vorsitzende des Schiedsgerichts, in Streitsachen aus der Unfallversicherung aber das Schiedsgericht, kann den Betheiligten solche Kosten des Verfahrens zur Last legen, welche durch Muthwillen oder durch ein auf Verschleppung oder Irreführung berechnetes Verhalten veranlaßt worden sind (§. 104 Abs. 5 in Verbindung mit §. 64 Abs. 5 des Invalidenversicherungsgesetzes; §. 10 Abs. 4 des Gesetzes, betreffend die Abänderung der Unfallversicherungsgesetze).

§. 21.

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Außergerichtliche Kosten.

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Das Schiedsgericht hat, ohne daß es eines Antrags bedarf, zugleich mit der Entscheidung über die Hauptsache zu prüfen, ob und in welchem Betrage die unterliegende Partei dem Gegner die ihm in dem Verfahren vor dem Schiedsgericht erwachsenen Kosten zu erstatten hat. Die Festsetzung des Betrags erfolgt nach freiem Ermessen. Dasselbe gilt, solange nicht durch die[1027] im §. 20 des Gesetzes, betreffend die Abänderung der Unfallversicherungsgesetze, vorgesehene Verordnung etwas Anderes bestimmt wird, unter Berücksichtigung der zweckentsprechend aufgewendeten Zeit und Mühewaltung auch für Rechtsanwälte sowie sonstige Vertreter und Beistände der Parteien.
Die von einer Partei zu erstattenden außergerichtlichen Kosten werden auf Antrag durch Vermittelung des Schiedsgerichts in derselben Weise beigetrieben wie Gemeindeabgaben.

§. 22.

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Abstimmung.

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Bei der Abstimmung stimmt der etwa bestellte Berichterstatter (§. 14) zuerst. Im Uebrigen richtet sich bei der Abstimmung der Beisitzer die Reihenfolge nach dem Lebensalter dergestalt, daß der Jüngste zuerst stimmt. Der Vorsitzende stimmt in allen Fällen zuletzt.

§. 23.

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Verkündung.

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Der Vorsitzende verkündet den Beschluß oder die Entscheidung in öffentlicher Sitzung. Die Verkündung kann auf eine sofort anzuberaumende spätere Sitzung vertagt werden, welche in der Regel binnen einer Woche stattfinden soll.
Wird die Verkündung der Gründe für angemessen gehalten, so erfolgt sie durch mündliche Mittheilung des wesentlichen Inhalts.

§. 24.

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Form und Ausfertigung der Entscheidung.

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Die Entscheidungen enthalten eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf Grund der gesammten Verhandlungen unter Hervorhebung der in der Sache gestellten Anträge (Thatbestand), ferner die Entscheidungsgründe und die von der Darstellung des Thatbestandes und der Entscheidungsgründe äußerlich zu sondernde Urtheilsformel. Die Entscheidungen sind in der Urschrift von dem Vorsitzenden zu unterschreiben; im Falle seiner Behinderung unterschreibt der dem Lebensalter nach älteste mitwirkende Beisitzer.

§. 25.

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Bei den Ausfertigungen der Entscheidungen sind im Eingange die Mitglieder des Schiedsgerichts, welche an der Entscheidung Theil genommen haben, nach Maßgabe des §. 16 namentlich aufzuführen und der Sitzungstag, an welchem die Entscheidung erfolgt ist, zu bezeichnen.
Die Ausfertigungen enthalten neben dem Siegel des Schiedsgerichts (§. 26) die Schlußformel:
„Urkundlich unter Siegel und Unterschrift.“
„Das Schiedsgericht für Arbeiterversicherung . . . . . . . .“.
Die Vollziehung erfolgt durch den Vorsitzenden oder im Falle seiner Behinderung in Vertretung durch dessen Stellvertreter. [1028]
Die Entscheidungen sollen spätestens innerhalb drei Wochen nach ihrer Verkündung den Parteien zugestellt werden.

§. 26.

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Das Schiedsgericht führt ein Siegel, welches durch die für den Sitz des Schiedsgerichts zuständige Landes-Zentralbehörde bestimmt wird.

III. Besondere Vorschriften über das Verfahren bei Anträgen auf anderweite Feststellung der Unfallentschädigungen.

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§. 27.

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Der im §. 88 Abs. 3 des Gewerbe-Unfallversicherungsgesetzes, §. 94 Abs. 3 des Unfallversicherungsgesetzes für Land- und Forstwirthschaft, §. 92 Abs. 3 des See-Unfallversicherungsgesetzes vorgesehene Antrag auf anderweite Feststellung einer Entschädigung ist seitens der Berufsgenossenschaft oder der Ausführungsbehörde beim Schiedsgerichte schriftlich zu stellen.
Der Verletzte kann den Antrag schriftlich oder zu Protokoll des Schiedsgerichts oder einer anderen inländischen Behörde oder eines Genossenschaftsorgans beziehungsweise eines deutschen Seemannsamts im Auslande stellen. Diese Stellen haben den Antrag ungesäumt an das zuständige Schiedsgericht abzugeben.
Zuständig ist dasjenige Schiedsgericht, das gemäß §. 5 dieser Verordnung zuständig sein würde, falls es sich um die Einlegung der Berufung handelte.
Dem Antrage der Berufsgenossenschaft oder Ausführungsbehörde sind die Vorverhandlungen beizufügen. Die Unterlagen, auf Grund deren die Herabsetzung oder Aufhebung erfolgen soll, sind besonders hervorzuheben.
Der Verletzte hat in seinem Antrage die Unterlagen, auf Grund deren die Erhöhung oder Wiedergewährung der Rente begehrt wird, glaubhaft zu machen.
Bei schriftlicher Stellung sind dem Antrag und seinen Unterlagen Abschriften beizufügen.

§. 28.

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Entsteht unter mehreren Schiedsgerichten Streit über ihre Zuständigkeit, so entscheidet das Reichs- oder Landes-Versicherungsamt (§. 6).

§. 29.

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Der Zeitpunkt des Einganges ist sofort auf dem Antrag und auf dessen Abschrift zu bemerken. Ist dem Antrag eine Abschrift nicht beigefügt, so ist eine solche zu fertigen und auf diese der Vermerk des Einganges zu übertragen. Die Bestimmungen des §. 7 Abs. 1 Satz 2 finden Anwendung.

§. 30.

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Nach Eingang des Antrags hat der Vorsitzende die Vorverhandlungen, auch diejenigen des Reichs- oder Landes-Versicherungsamts, falls bei demselben früher ein Verfahren anhängig gewesen ist, einzufordern. [1029]

§. 31.

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Ist das Schiedsgericht gesetzlich zur Entscheidung über den Antrag nicht zuständig, so kann der Vorsitzende den Antrag durch einen mit Gründen zu versehenden Bescheid zurückweisen. Die Anfertigung einer Abschrift des Antrags seitens des Schiedsgerichts (§. 29) kann in diesem Falle einstweilen unterbleiben.
Die Bestimmungen des §. 8 Abs. 2, 3, 4 finden entsprechende Anwendung.

§. 32.

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Sofern die Voraussetzungen des §. 31 nicht vorliegen, hat der Vorsitzende die Abschrift des Antrags und seiner Unterlagen dem Gegner mit der Anheimgabe mitzutheilen, eine Gegenschrift einzureichen.
Im weiteren Verfahren finden die Bestimmungen des §. 9 Abs. 2, 3 sowie der §§. 19 bis 26 entsprechende Anwendung.

§. 33.

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Geschäftsbetrieb.

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Die Schiedsgerichte unterliegen der Beaufsichtigung durch die für ihre Sitze zuständigen Laudes-Zentralbehörden oder die von denselben zu bestimmenden anderen Behörden.
Ueber Beschwerden der Parteien, die die Prozeßführung betreffen, entscheidet in Streitsachen aus der Invalidenversicherung das Reichs-Versicherungsamt, in Streitsachen aus der Unfallversicherung das Reichs-Versicherungsamt oder das Landes-Versicherungsamt, letzteres, sofern ihm die Entscheidung auf einen Rekurs zusteht,
Auf die Beseitigung von Verzögerungen oder sonstigen Unregelmäßigkeiten in der Prozeßführung hat das Reichs- oder Landes-Versicherungsamt, auch ohne daß Beschwerden der Partei vorliegen, hinzuwirken. Bleiben die aus diesem Anlaß ergangenen Weisungen ohne Erfolg, so sind die Aufsichtsbehörden um Abhülfe zu ersuchen.

§. 34.

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Geschäftssprache.

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In Betreff der Geschäftssprache vor dem Schiedsgerichte finden die Bestimmungen in den §§. 186 ff. des Gerichtsverfassungsgesetzes entsprechende Anwendung. Eingaben, welche nicht in deutscher Sprache abgefaßt sind, werden nicht berücksichtigt.

§. 35.

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Geschäftsbericht.

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Am Schlusse eines jeden Jahres hat der Vorsitzende des Schiedsgerichts dem Reichs-Versicherungsamte zu dem von diesem zu bestimmenden Zeitpunkt und nach dem von demselben vorzuschreibenden Muster einen Geschäftsbericht einzureichen. [1030]

§. 36.

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Besondere Bestimmungen über Fristen.

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Bei Streitsachen aus der Invalidenversicherung gelten für Seeleute, welche sich außerhalb Europas aufhalten, hinsichtlich der in dieser Verordnung bestimmten Fristen die Vorschriften des §. 167 Abs. 3 des Invalidenversicherungsgesetzes. Bei Streitsachen aus der See-Unfallversicherung gelten für Personen, welche sich außerhalb Europas aufhalten, die gemäß §. 80 Abs. 4 des See-Unfallversicherungsgesetzes festgesetzten Fristen.

§. 37.

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Schlußbestimmungen.

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Diese Verordnung tritt mit dem Tage in Kraft, von welchem ab die im §. 3 des Gesetzes, betreffend die Abänderung der Unfallversicherungsgesetze, vom 30. Juni 1900 bezeichneten Schiedsgerichte für Arbeiterversicherung in Thätigkeit treten (§. 25 a. a. O.). Mit demselben Tage treten die Bestimmungen der Verordnung über das Verfahren vor den auf Grund des Unfallversicherungsgesetzes errichteten Schiedsgerichten vom 2. November 1885 (Reichs-Gesetzbl. S. 279), die Bestimmung im Artikel III der Verordnung, betreffend die Formen des Verfahrens und den Geschäftsgang des Reichs-Versicherungsamts sowie das Verfahren vor den auf Grund der Gesetze vom 5. Mai 1886 und vom 13. Juli 1887 errichteten Schiedsgerichten, vom 13. November 1887 (Reichs-Gesetzbl. S. 523) sowie die Bestimmungen der Verordnung, betreffend das Verfahren vor den auf Grund des Invalidenversicherungsgesetzes errichteten Schiedsgerichten, vom 6. Dezember 1899 (Reichs-Gesetzbl. S. 677) außer Wirksamkeit.
Auf die zur Zeit des Inkrafttretens dieser Verordnung bei den Schiedsgerichten schwebenden Berufungen finden die Vorschriften dieser Verordnung Anwendung.
Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Kaiserlichen Insiegel.
Gegeben Homburg v. d. Höhe, den 22. November 1900.
(L. S.)  Wilhelm.

  Graf von Posadowsky.