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Ursprung und Bedeutung der Goldenen Bulle Karls IV.

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Autor: Oscar Hahn
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Titel: Ursprung und Bedeutung der Goldenen Bulle Karls IV.
Untertitel: auf Grund der Untersuchung des Inhalts, der Disposition und der Sprache
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Entstehungsdatum: 1902
Erscheinungsdatum: 1902
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Erscheinungsort: Breslau
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Quelle: Internet Archive, Commons
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[1]
Ursprung und Bedeutung
der Goldenen Bulle Karls IV.
auf Grund der Untersuchung des Inhalts,
der Disposition und der Sprache.



INAUGURALDISSERTATION
ZUR
ERLANGUNG DER PHILOSOPHISCHEN DOKTORWÜRDE
WELCHE MIT GENEHMIGUNG
der Hohen philosophischen Fakultät
DER
UNIVERSITÄT BRESLAU
AM VIII. NOVEMBER MITTAGS XII UHR
ZUGLEICH MIT DEN ANGEHÄNGTEN THESEN ÖFFENTLICH VERTEIDIGEN WIRD
OSCAR HAHN
AUS LIEGNITZ.

OPPONENTEN:
HERR CAND. PHIL. KLEINEIDAM,
HERR STUD. PHIL. WEBER.

BRESLAU.
(DRUCK VON DR. SCHULZE, WOHLAU)
1902.

[3]      Seinem hochverehrten Lehrer und

Förderer dieser Arbeit

Herrn Prof. Dr. Schulte

ehrfurchtvollst zugeeignet.

[5]
Inhaltsangabe.

Seite
1) Einleitung 7—8
I. Einführung.
2) Systematische Einteilung der Kapitel der G. B. 8—11
3) Folgerungen daraus. Vorlagen des Nürnberger Reichstags 11—13
4) Stellungnahme Karls zu den anderen Kurfürsten am Nürnberger R. T. 13—16
II. Hauptteile.
5) Art der Beratung, Aufbau der G. B. 16— 19
6) Sachliche Betrachtung der einzelnen Kapitel
a) Die Wahl und Kur
19—25
b) Privilegien
25—33
c) Ehrenstellungen der Ceremonien
33—35
7) Schlussfolgerungen daraus 35—36
8) Sprachliche Betrachtung der einzelnen Kapitel 36—48
a) Sprachliche Einflüsse der Zeit
36—38
b) Sprachliche Untersuchung
38—45
c) Eventl. Vorlagen
45—48
9) Die Verfasserfrage 48—52
III. Schluss.
10) Beurteilung Karls IV. nach seinen Beziehungen zur G. B. 52—55
11) Schlussbetrachtung 55—56



[7] Seit ihrem Bestehen ist die staatsrechtliche Bedeutung der Goldenen Bulle Karls IV. vom politischen wie vom historischen Standpunkte aus erkannt worden; sie ist demgemäss nicht nur in zahlreichen Handschriften und Drucken verbreitet gewesen, sondern auch oft commentiert worden.

Einer der Letzten, welcher die Goldene Bulle im Zusammenhang betrachtet, ist Otto Harnack[1]; er giebt, indem er seine Untersuchungen über die Entwickelung des Kurfürsten-Kollegiums mit dem Erlass der G. B. durch Karl IV. zum Abschluss bringt, am Ende seines Buches vor allem einen neuen Textabdruck der G. B., auf grund seiner sehr wertvollen und ausführlichen Prüfung der vorhandenen Handschriften, eine Frage, welche durch seine und die darauf folgenden Untersuchungen Theodor Lindners wohl zum Abschluss gebracht sein dürfte.[2] Alsdann aber commentiert und behandelt er auch den Inhalt der G. B.

Die Vorzüglichkeit dieser Harnack’schen Interpretation wird schwerlich dadurch beeinträchtigt werden, dass man in manchen Punkten über sie hinausgehen und die Konsequenzen in vielem schärfer ziehen muss.

Es ist wohl klar, dass der weitere Rahmen des Harnackschen Werkes manche Schlüsse ausser acht liess, die einer Sonderuntersuchung sich fast von selbst ergaben.

[8] Wenn aber vorliegende Arbeit in der That ganz neue oder vorher nicht genügend hervorgehobene Resultate von Wichtigkeit bringt, so dankt sie das vornehmlich der neuen Untersuchungsweise, auf die Herr Professor Schulte mein Augenmerk richtete, nämlich der eingehenderen Betrachtung der Teilstücke des Gesetzeswerkes und nicht zum wenigsten auch seiner Sprache.[3]

Bei dem beträchtlichen Einfluss, den die Goldene Bulle Karls IV. auf die Beurteilung dieses Herrschers hat, wird dieses Werk demnach auch heute, wo man gerade der Geschichte Karls IV., der Kultur seiner Zeit und der Auffassung seiner Stellung als deutscher Kaiser eine recht lebhafte Teilnahme zugewandt hat, volles und erneutes Interesse verdienen.

Wenn nun im folgenden nach einigen Vorbemerkungen zunächst eine kurze Gliederung des Inhalts der G. B. gegeben wird, um dann erst in eine nähere Besprechung des einzelnen einzugehen, so soll dies vor allem der Uebersichtlichkeit zu gute kommen. Denn es ist von vornherein hervorzuheben, dass die G. B. nach keinerlei Grundsätzen systematisch geordnet und aufgebaut ist, sondern dass die Kapitel fast regellos neben einander gestellt sind. Die folgende Disposition soll die Kapitel nach inhaltlichen Gruppen zusammenstellen ohne Berücksichtigung der formellen Verbindungen. Da die G. B. zwei nach der Zeit der Abfassung deutlich gesonderte Teile umfasst, nämlich Teil I, ediert zu Nürnberg 1356, Januar 10. und Teil II, ediert zu Metz 1356, Dezember 25., so ist hervorzuheben, dass I. u. II. unter derselben Einteilung behandelt werden sollen, da II. wesentlich ergänzende formelle Zusätze zu I. enthält.

I. Kapitel, die in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Kurfürstenkollegium und der Königswahl stehen.
A. Festlegung der Königswahl.
Cap. I. in 2 Teilen:

[9]

1) Geleitsangelegenheiten (1—14):
α) Die Kurfürsten gegenseitig,
β) Die anderen Fürsten und Städte den Kurfürsten gegenüber unbedingt geleitspflichtig.
2) (15—20) Einberufung der Kurfürsten und Erscheinen zur Wahl.
[Daran schliesst sich Cap. XVIII an (I15), ein Formular für die Einberufung, ebenso Cap. XIX. Formular für Wahlvollmachten].
Cap. II. Wahl des römischen Königs. Dazu IV2 Reihenfolge der Kurfürsten bei der Wahl.
Als allgemeine Zusatzbestimmung zu II kann noch gelten:
XXIX. Die Wahl des Königs ist in Frankfurt, Krönung in Aachen, der erste kgl. Hoftag in Nürnberg.
B. Festlegung des Kurfürstenkollegiums (durch Erbfolge, Kurfürstentage etc.)
VII, XX, XXV, XII, XXIV, XXXI.
Cap. VII. Die Kurstimme erbt sich fort nach dem Rechte der Erstgeburt.
Cap. XX fügt hinzu, dass Kurstimme und Kurland von einander nicht zu trennen sind.
Cap. XXV zieht die letzte Konsequenz mit dem Zusatz, dass die Kurfürstentümer unteilbar und erblich sind.
Cap. XXIV überträgt die Bestimmungen wegen laesa majestas auf die Kurfürsten.
Cap. XII. Kurfürstentage sind jährlich 4 Wochen nach Ostern zu veranstalten.
Cap. XXXI. Die Kurfürsten sollen deutsch, lateinisch, italienisch und slavisch können und dafür auch bei ihren Erben sorgen.

[10]

II. Sonderstellung der Kurfürsten durch Immunitäten, Privilegien u. a.[4]
A. VIII, IX, X, XI. B. XIII, XIV, XV, XVI, XVII.
A. VIII. Immunität des Böhmenkönigs (Privilegium de non evocando und de non appellando für Böhmen).
XI. Gegenstück zu VIII: Immunität der übrigen Kurfürsten (ausgestellt für die geistlichen).
IX. Finanzielle Territorialrechte des Böhmenkönigs (im Schlusssatz: die übrigen Kurfürsten).
Ebenso in X. Münzrecht und unbeschränktes Landerwerbungsrecht.
B. Allgemeine Bestimmungen über Fehden, Landfrieden und Pfahlbürger.
XIII. Widerrufung von Privilegien, die in früherer Zeit erteilt sind und die Rechte der Kurfürsten einschränken.
XIV. Entziehung von Lehen wegen Fehde des Vasallen gegen den Lehnsherrn.
XV. Verbot aller Bündnisse, ausser der Landfriedensbünde.
XVI. Einschränkung des Pfahlbürgertums.
XVII. Vorschriften über Fehde ansagen.
[XIII—XVII wesentlich gegen die Städte gerichtet].
XXX. Freiheit der Kurfürsten von Gebühren bei Verleihung von Reichslehen.
III. Die Kurfürsten und ihre Erzämter (als Hofbeamte bei Hoffestlichkeiten).
Cap. III, IV, VI, XXI, XXII, XXIII, XXVI, XXVII, XXVIII.

[11]

IIIb. Entscheid über den Rang zwischen den Erzbischöfen von Mainz, Trier und Köln in curia imperiali.
IVa. Entsprechende an III anschliessende Rangordnung der weltlichen Fürsten.
V. Reichsvikariat des Pfalzgrafen und des Herzogs von Sachsen. Des ersten Recht, den Kaiser zur Verantwortung zu ziehen, anerkannt, aber eingeschränkt.
VI. Allgemeine Hervorhebung, dass die Kurfürsten allen anderen Fürsten im Range vorangehen (besonders der Böhmenkönig).
XXIXb. Die rechtlichen Stellvertreter der Kurfürsten haben nicht auch ihre Plätze.
XXI, XXII. Rangordnung der Kurfürsten bei Aufzügen 1) der geistlichen, 2) der weltlichen.
XXIII. Entscheid über die geistlichen Handlungen der 3 geistlichen Kurfürsten in Gegenwart des Kaisers.
XXVI. Ordnung des feierlichen Aufzuges bei Teilnahme der Kaiserin.
XXVII. Funktionen der Kurfürsten an Reichs- und Hoftagen.
XXVIII. Kaiserliche Tafelordnung.

Es ergiebt sich wohl schon aus dieser Zusammenstellung, in welcher Regellosigkeit die Kapitel verschiedensten Inhaltes aneinander gereiht sind.

Zunächst beweist der regellose Wechsel, in welchem Wahlvorgänge, kurfürstliche Rechte, ceremonielle Angelegenheiten und schliesslich auch — persönliche Wünsche und Interessen behandelt werden, dass weder für den mit Cap. 24 anhebenden Metzer, noch den Nürnberger Teil der uns überlieferten G. B. ein einheitlicher Vollentwurf der kaiserlichen Kanzlei vorgelegen haben kann. Zusammengehörige Stücke sind getrennt: so das allgemeine Wahlverfahren von [12] der Reihenfolge und Art der Abstimmung,[5] dann die Erbfolge im Kurland[6] von der Bestimmung der Zusammengehörigkeit von Kurstimme und Kurland. Endlich erst im Metzer Teil angefügt ist die letzte Konsequenz dazu, dass die Kurfürstentümer unteilbar und erblich sind.[7]

Betrachten wir nun rein äusserlich, mit welchen Plänen Karl den Reichstag zu Nürnberg einberief. Nach dem Berichte[8] der Strassburger Boten[9] teilte der Kaiser folgende Gesetzentwürfe im Allgemeinen den zahlreich versammelten Herren und Städteboten des R. T. mit: Er wolle 1) den Streit um die weltlichen Kurwürden zum Austrag bringen, 2) ein dem Lande so notwendiges Münzgesetz erlassen, 3) Verminderung der Zölle auf dem Rhein und auf dem Lande bewirken, 4) Friede und Gnade auf Land und Wasser einrichten und 5) ein Gesetz erlassen, dass der von der Mehrzahl der Kurfürsten Erwählte wahrer König sei.

Dabei haben wir uns zwei Fragen vorzulegen: Was von diesen angesagten Gegenständen kam überhaupt zur Beratung, und was von dem wirklich Beratenen und Beschlossenen fand Aufnahme in die G. B. und kam damit zu öffentlicher Verkündigung? — Zur Beantwortung der letzten Frage ist zunächst zu sagen, dass von allen fünf Punkten, die zur Beratung gestellt waren, nur ein einziger als Beschluss in die G. B. aufgenommen wurde, nämlich die Festlegung der Königswahl nach dem Majoritätsprinzip.

Dieser verhältnismässig kleine Teil[10] der G. B. bildet also den festen Kern in dem ganzen Gesetzeswerk, der von vornherein bei den Beratungen officiell ins Auge zu fassen war.

[13] Von den vier anderen Gegenständen der Beratung sind Beschlüsse auch nur über Punkt 1) gefasst worden, die jedoch nicht zu öffentlicher Verkündigung kamen; vielmehr wurde der Streit um die weltlichen Kurwürden durch persönliche Abmachungen und durch Urkunden der einzelnen Kurfürsten erledigt.

Da unter den sieben Kurfürsten den drei Erzbischöfen von Mainz, Köln und Trier das Wahlrecht nicht zu bestreiten war, handelte es sich um Feststellung der Ansprüche der vier weltlichen Kurfürsten. Als solche galten der Pfalzgraf bei Rhein, der Markgraf von Brandenburg, der Herzog von Sachsen und der König von Böhmen. Das Kurrecht Böhmens war nicht bestritten worden, und da Karl rechtmässiger Besitzer des Landes war, so konnte auch ihm persönlich gemäss den in der G. B. zum Ausdruck gelangenden Grundsätzen das Wahlrecht nicht bestritten werden. Dies gab Karl naturgemäss erhöhten Einfluss bei der Vergebung der Kurstimmen, die zwischen mehreren Linien strittig waren, und verschaffte ihm die Dankbarkeit derer, für die er eintrat und die durch seine Hilfe die Kur gesichert erhielten. Harnack bemerkt mit Recht,[11] dass Karl dabei im Jahre 1356 sich auf dieselben Kräfte stützte und andererseits dieselben Kräfte auch selbst unterstützte, die er im Anfang seiner Regierung als Bundesgenossen bewährt gefunden hatte, wie denn überhaupt die Konsequenz eine der hervorragendsten politischen Eigenschaften Karls war. Das zeigte sich zunächst bei der sächsischen Kurstimme. Die Wittenbergischen Askanier hatten Karl bei der Wahl unterstützt. Dafür stand er in dem zwischen jenen und den Lauenburgern schwebenden Streite um die Kur auf der Seite der Wittenberger. Herzog Rudolf von Sachsen war auch der erste, dem in Nürnberg am 2. Januar 1356 bei den zwischen den Kurfürsten abgesondert schwebenden Verhandlungen die Kurstimme endgiltig[12] zugesprochen wurde.[13][WS 1]

[14] Zwischen Baiern und Rheinpfalz, die beide zur Wittelsbachischen Familie gehörten, war 1329 zu Pisa ein Vertrag geschlossen worden, nach welchem die Kurstimme zwischen beiden Linien wechseln sollte, und zwar sollte Pfalzgraf Rudolf II. zuerst wählen. Dieses Wahlrecht hatte er auch bei der Wahl Günthers von Schwarzburg ausgeübt.

Später aber, nachdem Karl IV. durch die Ehe mit des Pfalzgrafen Tochter Anna (1350) sein Schwiegersohn geworden war, schloss sich ihm das pfälzische Haus an, während das bairische feindselig blieb. Nach Rudolfs II. Tode im Jahre 1353 musste die Kur laut dem Familienvertrage auf Stephan von Baiern übergehen. Karl aber hatte sowohl wegen der Verwandschaft mit dem einen, als auch der Feindschaft mit dem anderen Hause doppeltes Interesse, das pfälzische Haus in der Kur zu erhalten.

Doch zeigte seine Entscheidung gerade in diesem Falle aufs Treffendste, wie gut er es verstand, zugleich mit seinen persönlichen Interessen die des Reiches zu befriedigen.[14]

Denn indem er dem erstgeborenen Sohn Rudolfs II., Ruprecht I. die Kur zusprach, schlug er nur das Verfahren ein, das er später in der G. B. gesetzlich festlegte.[15] Karl selbst hatte Ruprecht die Zusicherung der Kurwürde schon 1354 am 27. Mai gegeben.[16] Die endgiltige Bestätigung durch Gesamturteil der Kurfürsten erfolgte nunmehr in Nürnberg am 2. Januar 1356 zusammen mit Rudolf von Sachsen und Ludwig dem Römer, eben nach Massgabe von Cap. 17 und 20 der G. B., worüber Karl IV. eine besondere Urkunde ausstellte,[17][WS 2] zu der die anderen Kurfürsten ihre Willebriefe gaben.[18]

Wenn schliesslich zu derselben Zeit auch Brandenburg endgiltig in seiner Kurwürde bestätigt wurde, so war dies für die brandenburgischen Markgrafen, die Söhne Ludwigs [15] des Baiern, die in jahrzehntelangem Kampfe mit Karl IV. die schwerste Schädigung für sich und ihr Land erfahren hatten, ein bedeutungsvoller Anlass zu weitgehendster Dankbarkeit gegen diesen Herrscher.

Die Anerkennung des Markgrafen Ludwig des Römers bildete den Abschluss des Kurstreites zwischen diesem und seinem Bruder Ludwig dem Aelteren, dem in einem Teilungsvertrag von 1351 Oberbaiern zugefallen war. Während er und Stephan von Baiern mit Karl forthaderten,[19] vollzog sich jetzt zwischen Ludwig dem Römer und Karl die Aussöhnung.[20]

Es ist schon vorher erwähnt worden, dass in Nürnberg Karl IV. selbst das Kurrecht nicht bestritten wurde. Dennoch liess sich der Kaiser auch bei dieser Gelegenheit die Kurwürde Böhmens von den Kurfürsten beurkunden,[21][WS 3] in Nürnberg im allgemeinen, zusammen mit anderen Vorrechten Böhmens[22], im besonderen nochmals zu Metz 1356 im Dezember[23][WS 4]; die gleiche Fürsorge für die böhmische Stimme [16] hatte er ja auch sofort nach seinem Regierungsantritt bewiesen,[24] wo er als deutscher König sowohl alle früher an Böhmen erteilten Privilegien bestätigte, als auch dem Erzbischof von Prag das Krönungsrecht für den böhmischen König zuerkannte.

Immerhin merkwürdig und für die Auffassung einiger Stellen[25] der G. B., in denen das Kurrecht des Böhmenkönigs besonders betont wird, wichtig ist es, dass Karl IV. es für heilsam hielt, sich von der bairisch-brandenburgischen Linie der Wittelsbacher Verzichturkunden auf die böhmische Stimme ausstellen zu lassen.[26] Harnack[27] vermutet hier noch eine Erinnerung an die Wahl Rudolfs von Habsburg.

Wie dem auch sei, alles in allem ist festzustellen, dass Karl IV. durch seine günstige Stellungnahme gegenüber den drei weltlichen Kurfürsten vor und an dem Nürnberger R. T., vorzüglich durch das Zustandebringen der Anerkennung ihrer Kur sich um sie verdient gemacht hatte, während er selbst in dieser Frage kaum Widerstand erfuhr, sodass er entsprechende Gegendienste verlangen konnte und nach seiner ganzen Persönlichkeit auch verlangte. Offenbar enthält das Resultat der Reichstage zu Nürnberg und Metz solche Gegendienste der Kurfürsten an Karl.

Ehe wir auf diesen Punkt eingehen, haben wir uns zunächst über verschiedene Momente bei Beschlussfassung der Goldenen Bulle, zunächst die Beteiligung bei Beratung und Abstimmung der Vorlagen klar zu werden. Als unbedingt klar erscheint es, dass die Bestimmungen der G. B., die irgend welche Rechte und Funktionen der Kurfürsten betreffen, auch von ihnen allein beraten und beschlossen wurden. Vielleicht aber darf man sogar annehmen,[28] dass auch die [17] allgemeineren Gesetze wie über die Pfahlbürger,[29] über Fehde ansagen u. a nur von den Kurfürsten beschlossen wurden. Dafür sprechen mehrere Stellen der G. B.

Cap. 3 … habita deliberatione cum omnibus principibus electoribus tam ecclesiasticis quam secularibus et de ipsorum consilio. Besonders aber Cap. 12 hinc est, quod in solemni curia nostra Nurenbergensi cum venerabilibus ecclesiasticis et illustribus secularibus principibus electoribus et multis aliis principibus et proceribus per nostram celsitudinem celebrata, habita cum iisdem principibus electoribus deliberatione et de ipsorum consilio pro bono et salute communi cum dictis principibus electoribus tarn ecclesiasticis quam secularibus duximus ordinandum.

Cap. 16. De imperatorie potestatis plenitudine omnium principum electorum eccl. et saec. sano accedente consilio et certa scientia statuimus.

Cap 23 is inter eos (electores) ordo servetur, prout de ipsorum consilio duximus ordinandum.

Wenn Harnack trotzdem jene Reichsgesetze von der allgemeinen Reichsversammlung beschlossen glaubt, indem er sagt, dass das Kurfürstenkollegium als eine besondere Instanz fungierte und deshalb nur genannt wurde, so spricht wohl eigentlich die angeführte Stelle dagegen. Bei der Beratung[WS 5] der allgemeinen Gesetze der G. B. ist eine Teilnahme auch der anderen Fürsten und Herren, besonders einiger Einflussreichen[30] nicht zu bezweifeln, bei der Beschlussfassung aller Gesetze aber scheinen wohl nur die Kurfürsten mitgewirkt zu haben. Dafür spricht auch der Charakter jener allgemeinen Gesetze.

Gehen wir nun auf den Aufbau des Gesetzeswerkes näher ein: Sehr früh entstanden, hat sich lange die Ansicht erhalten,[WS 6] dass die Nürnberger Beschlüsse in sogenannten Satzungen oder Konstitutionen (d. h. constituta) publiziert wurden.[31]

[18] Man betrachtete als solche Satzungen Gruppen zusammengehöriger Bestimmungen, sich, nicht ohne Willkür, auf gewisse allerdings richtige Beobachtungen stützend, und man erklärte die Kapiteleinteilung für unecht und später. Wir begnügen uns hinsichtlich der sogenannten Satzungen selbst mit Harnack festzustellen, dass sie Fabel sind und dass die Nürnberger Beschlüsse von Anfang an in Kapitel eingeteilt waren und verweisen auf die ausführliche Begründung jenes.[32]

Wichtiger erscheint es, einige durchaus auffällige Beobachtungen an der Struktur der G. B. und ihren Urkundenformen näher zu betrachten und schärfer hervorzukehren: Es ist in der That sonderbar zu nennen, dass man — ein einheitliches Gesetzbuch vorausgesetzt — die G. B. nur in der Form einzelner Urkunden zusammenstellen konnte.[33] Denn nachdem eine scheinbar für das ganze Gesetzeswerk gültige, bei näherer Prüfung sich aber auf Cap. 1 beschränkende Einleitung, der ein Gedicht noch vorangeht, vorausgestellt worden ist, beginnt doch Cap. 3 wiederum mit allen Formeln einer neuen vollgiltigen Urkunde, der erste auffällige Einschnitt, der uns auf Teilbestände in dem ganzen Gesetzeswerk hinweist: In nomine sancte … — ad perpetuam rei memoriam bietet neuen Titel, Invokation und Nebenformeln;[34] und eine neue Arenga schliesst sich mit decor et gloria sacrosancti … imperii daran. Verfolgen wir nun die Capitel der Reihe nach weiter, so bedeutet einen fast ebenso auffälligen Einschnitt wie III. Cap. VII., das uns mit inter sollicitudines illas innumeras etc. eine ganz ausgeprägte Arenga giebt. Gleich der Arenga ist hier auch die Einleitung ohne Bezug auf den folgenden Inhalt. Schon Cap. VIII bringt wiederum eine allgemein gehaltene Motivierung der Urkunde. Eine besondere Stellung hat dann Cap. XII mit einer arengaartigen Einleitung, die derjenigen von VII nahesteht.

Weitere Einleitungen, ohne Bezug auf den folgenden Inhalt, finden wir endlich in den Cap. 16, 20 und 21, freilich [19] in nicht so ausgesprochener Form. Für die abgesonderte Stellung von Cap. 20—23 und einen Einschnitt hinter Cap. 19 spricht noch etwas anderes.

Im ersten Cap. finden wir nämlich den ausdrücklichen Hinweis, dass Cap. 18 und 19, die Formulare[35] für die Einberufung und Wahlvollmachten, den Schluss des Buches bilden sollten: Qualiter autem et sub qua forma tales litere confici debeant … ad finem presentis libri conscriptum invenitur clarius et expressum.

Aus allem, was über den Aufbau der G. B. gesagt wurde, geht hervor, dass wir kein einheitliches Gesetzbuch, sondern eine Reihe von Einzelurkunden von mehr oder weniger grossem Umfange vor uns haben, die dann, kaum überarbeitet, aneinandergehängt, vielleicht auch hie und da ineinander geschachtelt wurden, eine Thatsache, die für die Beurteilung der einzelnen Bestimmungen der G. B. von Wichtigkeit ist.

Auch die Einleitung, die man von vornherein für das ganze Gesetzbuch in Anspruch zu nehmen geneigt ist, bezieht sich eigentlich nur auf die Festlegung der Königswahl, also die Cap. 1) und 2), und erst später wurde sie für würdig gehalten als Einleitung des Ganzen, was man in der G. B. unterbrachte, zu dienen. Es wird darin von den Schäden gesprochen, die die Uneinigkeit unter den Menschen anrichtet; diese Thatsache wird mit mannigfachen Beispielen belegt, und schliesslich klar als Zweck der Gesetzgebung des Nürnberger Tages die Einführung einer einheitlichen, fest geregelten Königswahl[36] aufgestellt. Von den mannigfachen anderen Fragen, die die G. B. umschliesst, ist sonst nicht die Rede. Sonderbar ist es auch, dass diese Einleitung dann mit der Datierung schliesst.

Rückblickend wollen wir uns erinnern, dass von den für Nürnberg angekündigten Beratungsgegenständen, die offenbar, falls der König wirklich eine grosse, wohl vorbereitete Reichsgesetzgebung plante, alle in der G. B. ihre Aufnahme hätten finden müssen, einige, darunter die Errichtung eines Landfriedens, garnicht zur Beratung kamen, andere wie [20] die Feststellung der Kurstimmenführung unter der Hand erledigt, oder die doch sehr wichtige Regelung der Münze ausserhalb[37] der G. B. publiciert wurden. Denken wir ferner daran, wie vollständig regellos die Kapitel der G. B. neben einander gestellt sind und dass viele von ihnen als selbständige Urkunden auftreten, so werden wir uns die Frage vorzulegen haben, wieviel von den Bestimmungen der G. B. reine Reichsgesetzgebung sei und was nur augenblicklichen Interessen und persönlichen Anträgen entsprungen war. Und zwar werden wir diesen zweiten Abschnitt unter folgenden Gesichtspunkten zu betrachten haben: 1) Von den Kurfürsten waren die weltlichen dem Kaiser stark verpflichtet durch die endgiltige Zusicherung der Kurwürde, einige wie Brandenburg und Pfalz noch in anderer Weise. Wenn wir nun mit Recht nach allseitigem Urteil[38] Karl als einen Herrscher ansehen müssen, der im Abwägen der Zwecke und Mittel sorgsam und folgerichtig, vor sich ein enges, klares Ziel hatte, so werden wir es vollkommen verständlich finden, dass Karl, der die Unmöglichkeit der alten imperialistischen Stauferpolitik und die Unmöglichkeit, eine Erbfolge im Reiche zu erzielen, einsah, in den Mittelpunkt seiner zielbewussten — auch Reichs- - Politik sein Stammland Böhmen stellte. Auf die feste Stellung dieses Landes werden sich also die Gegendienste der dem Kaiser verpflichteten Kurfürsten erstrecken, und wir werden 1) böhmische Capitel in der G. B. erwarten müssen. Daraus folgt aber auch 2), dass die geistlichen Kurfürsten, die dem Kaiser nicht verpflichtet waren, gewisse Rechte für sich in Anspruch genommen haben werden, und so werden wir 2) auch besondere geistliche Gerechtsame in der G. B. vertreten finden. Endlich werden wir 3) naturgemäss, da wir die kaiserliche Politik sich so auf die Kurfürsten allein stützen sehen, eine Zurücksetzung und Benachteiligung der Fürsten und Städte beobachten können, eine Thatsache, die übrigens auch gegen eine Beschlussfassung [21] der Gesetze durch die allgemeinen Reichsstände spricht. Diese dritte Reihe der Capitel gegen die Städte deckt sich zum Teil mit den unter 2) vorausgesetzten, da insbesondere die geistlichen Herren im beständigen Kampfe mit den Städten lebten und an ihrer Niederdrückung ein Interesse hatten.

Kehren wir aber bei der Einzelbetrachtung zu den Bestimmungen der G. B. zunächst zurück, die sich uns als reine Reichsgesetzgebung darstellen, so stossen wir sofort auf Gesetze, die von fundamentalster Bedeutung in der Reichsgeschichte waren. Es ist die Neuordnung[39] der Königswahl, mit der sich Karl IV. unbestreitbar ein bedeutendes Verdienst um das Reich und seine Entwickelung erworben hat. Gerade in diesem wichtigen, grossen Punkte ist auch die geistige Urheberschaft Karls in keiner Weise zu bestreiten.

Die Kodifikation der Königswahl und des Kurfürstenrechtes erscheint seinem ordnenden, schematisierenden[40] Geiste durchaus angemessen. Freilich blieb er auch hiermit vollkommen in den Bahnen seiner Politik; denn es ist nicht zu verkennen, dass bei der Schwierigkeit, ja fast Unmöglichkeit eines erblichen deutschen Königtums in jener Zeit die Festlegung des Kurfürstenkollegiums und die einheitliche Königswahl Karl IV. immer noch am geeignetsten erscheinen musste, seinem Hause entweder die Kaiserkrone selbst oder doch wenigstens entscheidenden Einfluss auf die Wahl bei dem einmal bestehenden und nicht zu beseitigenden Wahlkönigtum zu bewahren.

Wir folgen nun den Bestimmungen, die Karl in der G. B. für die Königswahl aufstellt.

Sobald mit dem Ableben[41] des Kaisers oder Königs die Notwendigkeit einer neuen Wahl eintritt, hat der Erzbischof von Mainz sofort nach Bekanntwerden des Todes innerhalb der nächsten vier Wochen den übrigen Kurfürsten offizielle [22] Nachricht[42] zu geben und sie mit Angabe des Wahltages, der, vom Tage der möglichen Uebergabe des Briefes gerechnet, spätestens in drei Monaten sein muss, einzuladen. Falls der Erzbischof von Mainz die Einladung versäumt, müssen die Kurfürsten auch ungerufen zur Wahl sich einfinden; Frankfurt wird dabei zur Wahlstadt erhoben.[43] Damit alle Wahlbeeinflussung vermieden werde,[44] wird die Zahl des Gefolges, mit dem die Kurfürsten zur Wahl erscheinen dürfen, auf höchstens 200 Mann, darunter 50 Bewaffnete, festgesetzt. Durch Anordnung der härtesten Strafen vollends wird gewaltthätige Beeinflussung durch diejenigen abzuschneiden gesucht, durch deren Gebiet die Kurfürsten nach Frankfurt ziehen müssen. Die jedem Kurfürsten Geleitspflichtigen werden einzeln festgestellt, die Nichtgewährung dieses Geleites aber hart bestraft, bei einem Kurfürsten mit Verlust der Stimme und der kurfürstlichen Ehrenrechte, bei jedem anderen Fürsten mit Verlust seiner Lehen, eine Stadt mit Verlust ihrer Privilegien.

Wenn ein Kurfürst zu spät, aber noch während der Wahl ankommt, kann er an der Wahlhandlung teilnehmen; er verliert sein Wahlrecht für das mal, wenn er weder selbst erscheint noch einen bevollmächtigten Gesandten schickt.[45] Eine ausdrückliche Bestimmung versagt den Gesandten den Rang ihrer Herren.[46] Die Bürger Frankfurts sind eidlich verpflichtet, die Kurfürsten und ihre Gesandten gegen jedermann zu schützen; sie dürfen während der Wahl keinen Fremden in ihrer Stadt dulden.

Kommen wir nun zur Wahl selbst,[47] so stellt diese sich der Hauptsache nach als Majoritätswahl dar. Der Kaiser will für künftige Fälle electionem unanimem[48] einführen, indem er bestimmt, dass, ganz im Gegensatz zu den früher hierin herrschenden Grundsätzen, die einfache Majorität, d. h. von [23] 7 Stimmen 4, die Wahl entscheiden und zu einer rechtsgiltigen, unumstösslichen machen sollen.[49] Die Wahl selbst sollte folgenden Verlauf nehmen:

Gleich am Tage nach dem Einberufungstermin des Mainzers hatte sie stattzufinden; sie wurde eingeleitet durch eine feierliche Messe in der Kirche St. Bartholomäi und durch den feierlichen Eid der Kurfürsten nach bestem Wissen und mit freiem Willen den Kurfürsten<- sic! -> zu wählen.

Darauf wird zur Wahl geschritten, bis die Mehrzahl einen König gewählt hat. Kann man sich in den ersten 30 Tagen über die Person des zu Wählenden nicht einigen, so müssen die Kurfürsten bei Wasser und Brot solange in Frankfurt aushalten,[50] bis eine Einigung erzielt wird. Für die strenge Durchführung des Majoritätsprincips ist es bezeichnend, dass ein Kurfürst sich selbst die Stimme geben darf, und es wird ausdrücklich hervorgehoben, dass eine solche Stimme gleiche Kraft und Geltung haben solle wie die anderen.[51] Folgen wir der von uns gegebenen systematischen Einleitung,[52] so finden wir Bestimmungen für die Wahl ausser in Teil II des vierten Capitels nur noch in Cap. 29, das bereits den Metzer Beschlüssen angehört. Es bestimmt, dass die Wahl des Königs in Frankfurt, die Krönung in Aachen und der erste kgl. Hoftag in Nürnberg stattfinden soll. Ein zweiter Teil des Capitels bestimmt, dass den Vertretern der Kurfürsten bei der Wahl nicht auch ihre Plätze zukommen, im Schlusse endlich wird noch eine Vergünstigung für den Hofmeister (magister curie) des Kaisers angefügt.

Wenn zu vermuten ist, dass die Bestimmung zu gunsten der drei Städte wohl auf Wunsch und Antrag einer[53] derselben [24] entstanden ist, so ist das Cap. 29 in seiner Gesamtheit charakteristisch für die Metzer Beschlüsse überhaupt, indem drei verschiedene Dinge in ihm erledigt werden. So bringt der ganze Metzer Teil überhaupt nur Ergänzungen und formelle Zusätze.

In engster Beziehung zu der Königswahl stehen naturgemäss die Bestimmungen, die zur Festlegung des Kurfürstenkollegiums durch geordnete Erbfolge, Kurfürstentage,[54] Unteilbarkeit der Kurfürstenlande u. a. führen sollten.

Denn ein derart festgefügtes, niemals wankendes Kurfürstenkollegium war die Voraussetzung für eine geordnete Königswahl und alle Bestimmungen für diese waren unnütz ohne jenes. Eine sehr wesentliche Bestimmung war hierfür vor allem die, dass die Kurstimme sich nach dem Rechte der Erstgeburt forterben sollte.[55] Stirbt der Kurfürst ohne männliche Erben, so ist sein ältester Bruder Nachfolger. Dieser hat auch die Vormundschaft zu führen, falls der Kurfürst mit Hinterlassung unmündiger Söhne stirbt, bis der älteste Sohn des Verstorbenen achtzehn Jahre alt ist. Ausgeschlossen werden von der Erbfolge die Prinzen, welche in den geistlichen Stand eintreten. Der zweite Abschnitt des Capitels bestimmt[56] zwar Rückfall des Kurfürstentums an das Reich als erledigtes Lehen, verwahrt sich aber gegen die Anwendung dieser Bestimmung auf Böhmen kraft alter Rechte und Privilegien (böhmische Interessenpolitik). Schon 1348 in der sogenannten böhmischen G. B.[57] hatte Karl Böhmen die freie Königswahl bestätigt, sie jedoch auf den Fall beschränkt, dass vom königlichen Stamme weder ein männlicher noch weiblicher legitimer Sprössling vorhanden wäre.

Während er also hier gegenüber den Landständen die Rechte des erblichen Königtums wahrt, tritt er dort für die Unabhängigkeit Böhmens ein, beides zum besten der Selbständigkeit [25] seines Hauses. Ausser Cap. 12, das die Bestimmung inbetreff der Kurfürstentage betrifft, die jährlich vier Wochen nach Ostern in einer jedesmal festzusetzenden Stadt veranstaltet werden sollten, erweisen sich die anderen Bestimmungen über die Kur als Nachträge[58] gemäss ihrer Stellung in der G. B. Cap. 12 selbst scheint, obwohl es eine Einschränkung der Krone enthält, auf Böhmens Antrag zurückzugehen. Das Verbot allgemeiner Einladungen, um den Kurfürstentag nicht zum Gelage ausarten zu lassen,[59] ist von einem Mässigkeitsfreunde erdacht. Die Kurfürsten waren im allgemeinen keine Abstinenzler, wohl aber Karl IV. Noch zu Nürnberg wird hinzugefügt, dass Kurstimme und Kurland von einander nicht zu trennen sind, dass also der nach Cap. 7 rechtmässige Besitzer der Kurstimme auch das Kurland erben muss und umgekehrt; endlich wird in Metz die letzte Folgerung gezogen mit dem Zusatz, dass die Kurfürstentümer unteilbar und erblich sind.

Wenn man auch schon in den bisherigen Capiteln über die Kur die Stellung Böhmens genügend gewahrt findet, besonders in Cap. 7, so ist das 31. Schlusscapitel der G. B. als vollkommen tendenziös in böhmischem Interesse zu bezeichnen, denn dort wird verlangt, dass die Kurfürsten sowohl selbst ausser der deutschen, lateinischen[60] und italienischen auch der slavischen Sprache mächtig sein sollen, als auch für geeigneten Unterricht in diesen Sprachen bei den Kurprinzen zu sorgen haben. Keine Nachricht oder Quelle aus jener Zeit dürfte wohl imstande sein, von der Notwendigkeit der slavischen Sprachkenntnis für einen deutschen Territorialherren zu überzeugen; jedenfalls ist es eine Massregel ausserordentlicher Art, von den Kurfürsten des Reiches Kenntnis des Czechischen zu fordern, die freilich nie durchgeführt worden ist. Immerhin ist die Aufnahme einer solchen Bestimmung [26] in die G. B. bedeutsam für die offenbar schon damals hervorragende Stellung des Ostreichs, das Karl um Böhmen als Mittelpunkt sich gebildet hatte, und nur zu erklären von einem Gesichtspunkte aus, der Böhmen zum Centralpunkte des ganzen Reiches und damit Böhmens Herrscher für immer zu Deutschlands Königen machen wollte.

Ganz anders aber traten uns böhmische Interessen in der zweiten grossen Gruppe[61] der Urkunden entgegen, welche die Sonderstellung der Kurfürsten mit Immunitäten u. a. betreffen. Man könnte eine grosse Gruppe dieser Capitel wohl direkt als „böhmische Urkunden“ bezeichnen. Gleich die erste Urkunde,[62] der wir uns hierbei zuwenden, ist die Gewährung eines Privilegs an Böhmen allein. Es ist das Privilegium de non evocando und de non appellando. Nerger[63] sagt mit Recht, dass diese Urkunde als Bestätigung althergebrachten Rechtes gefasst ist. Aber was bedeutet das mehr, als dass mit dem Hinweis auf das Alter des Rechtes dieses in erhöhter Wichtigkeit bestehen sollte! Dass Karl IV. es für nötig hielt, das Gesetz für Böhmen allein in die G. B. einzufügen und zwar in einer so vollständigen und ausgeprägten Urkundenform, beweisst wohl, dass das Gesetz nicht schon allgemein durchgeführt und anerkannt war, sondern gerade durch die Aufnahme in ein so wichtiges Reichsgesetzbuch wie die G. B. erst rechte Geltung erhalten sollte.[64] Und in der That war es ein stark einschneidendes Privileg, das Karl damit erhalten hatte, und die Sorge, die Karl seiner Durchführung angedeihen liess, beweist seine Wichtigkeit für ihn. Niemand aus Böhmen und den dazu gehörigen Nebenländern darf vor ein fremdes Gericht gezogen werden, noch darf er von den einheimischen Gerichten an ein fremdes appellieren. Karl war der einzige, der auch vor allem das Appellationsverbot [27] schon damals in Böhmen durchführte, während dies den anderen Kurfürsten erst viel später gelang.[65]

Zwar wurde auch ihnen in der G. B. dasselbe Recht zugestanden,[66] in einem besonderen Capitel, das zunächst für die drei geistlichen Kurfürsten die Rechte de non evocando und de non appellando bestimmt und auf ihren Antrag ausgestellt erscheint. Ueberhaupt sind, wie es uns schon hier entgegentritt, die geistlichen Kurfürsten die einzigen, die Gegenforderungen erheben können und erheben und nicht allein ihres höheren Ranges wegen bei Bewilligung von Rechten vorausgestellt sind. Und wenn Harnack[67] mit Recht betont, dass die anderen Kurfürsten weder im Wahlrecht noch den Ehrenrechten irgend welche spezielle Prärogative aufweisen können, so kann man noch hinzufügen, dass sie bei der Erteilung der landesherrlichen Gerechtsame nicht weniger zurückgedrängt sind. Der Böhmenkönig giebt nicht bloss das Mass, nach dem den anderen besonders weltlichen Kurfürsten die Privilegien zugemessen werden,[68] sondern dieselben sind derartig abgefasst und eingefügt, dass sie einen fast rein formellen Eindruck machen. So ist es schon in Cap. 11; nachdem ein langes ausführliches, im Texte sich an das betreffende Privileg für Böhmen anlehnendes Privileg für die geistlichen Kurfürsten aufgestellt ist, wird in einem kurzen Schlusssatz erklärt, dass dieselbe Bestimmung auch für die drei anderen weltlichen Kurfürsten gelten soll.

Ist es schon für ein einheitliches Reichsgesetzbuch verwunderlich, dass dieselben Rechte in einem Capitel dem [28] Böhmenkönig besonders, in einem anderen besonders für die übrigen Kurfürsten aufgestellt werden, so erweitert sich der Abstand noch dadurch, dass zwischen beiden zwei andere Capitel eingeschoben sind; auch sie sind als speziell böhmisch zu bezeichnen. Mit Ausschaltung zweier kleiner Zwischensätze erkennen wir in dem Capitel über das Bergwerksregal[69] eine ursprünglich für Böhmen ausgestellte Urkunde: necnon supradicti principes in principatibus terris, dominiis et pertinentiis suis und ipsique principes electores. Keiner von den anderen Kurfürsten konnte ein so grosses Interesse an dem Bergwerksregal haben wie Karl IV. selbst, in dessen Gebiet der grösste Bergwerksbetrieb und die reichste Ausbeute an Metallen war. Die Reihenfolge, in der Cap. 9 die Metalle nennt, weist vielleicht auch auf Böhmen (ausser Gold, Silber zunächst Zinn und Kupfer). Immerhin war der finanzielle Nutzen Böhmens aus dem Bergregal sehr gross und erreichte seinen Höhepunkt gerade unter Karl IV.[70] Das Erzgebirge lieferte bei Graupen gutes Zinn und Kupfer bei Grasslitz. Neben der älteren Eisenhütte bei Straschitz errichtete Karl eine neue Karlshütte bei Beraun.[71] Noch 1468 — nach den Hussitenkriegen — schätzte man den Ertrag der böhmischen Bergwerke auf mehr als 100 000 Mark Silber im Jahre. Dazu standen die Bergwerkserträge der anderen Kurfürsten, soweit sie überhaupt vorhanden waren, in keinem Verhältnis. Köln besass schon damals Bergwerke im westfälischen.[72] [29] Unter der Zahl der Urkunden aus der G. B., die sich Köln besonders ausstellen liess,[73] finden wir denn auch Cap. 9. Dagegen liegt bei den Kurfürsten von Mainz, Trier, Sachsen und Brandenburg besonderes Interesse am Bergbau für jene Zeit nicht zu Tage, eher bei Pfalz. Vor allem ist aber hervorzuheben, dass das Regal auf unedle Metalle damals nicht durchgeführt wurde trotz der Goldbulle; das auf edle Metalle interessierte aber nur Böhmen.[74]

Auch im folgenden Capitel, das dem Böhmenkönig und den anderen Kurfürsten das Münzrecht und vor allem unbeschränktes Landerwerbungsrecht zumisst, zeigt sich die Urkunde als ursprüngliche Ausfertigung für Böhmen.[75]

Gerade dank der reichen Ausbeute an Edelmetallen in Böhmen gewährte auch dieses Privileg jenem Lande den grössten Vorteil. Bachmann[76] weist nach, dass die böhmischen Münzen in Ost- und Mittel-Deutschland bis Thüringen und Hessen weit verbreitet waren. Vor allem aber war die Bedeutung des unbeschränkten Landerwerbungsrechtes eine hochbedeutsame, das wie kein anderes dem Böhmenkönig die Politik bahnen musste. Niemand aber auch war wie er an diesem Privileg interessiert. Denn während die Expansionsfähigkeit der anderen Kurfürsten, Brandenburg allein vielleicht ausgenommen, eine durchaus beschränkte war, war Böhmens Ausdehnungsfähigkeit im Osten doch viel freier, und wenn man die Pläne Karls, ein grosses Ostreich zu schaffen, Pläne, in die er wohl schon damals Brandenburg einschloss, ins Auge fasst, so lässt sich voll der Wert ermessen, den das Recht unbegrenzter Landerwerbung für Karl haben musste.

Wenn man bedenkt, dass die Bedeutung der Privilegien, die die G. B. Karl IV. vor allem gab, den anderen Kurfürsten auch klar werden musste, so braucht man nur den Gedanken [30] festzuhalten, dass die weltlichen Kurfürsten zwar dem Kaiser verpflichtet waren, die geistlichen aber um so weniger es an entsprechenden Gegenforderungen werden haben fehlen lassen, um die nächste Gruppe der Bestimmungen der G. B. zu verstehen.

Am 3. Dezember 1355 bestätigt[77] Karl den Bürgern von Köln in einem ausführlichen Instrument alle ihre Privilegien, am 8. Dezember 1355 finden wir dieselbe Bestätigung für Trier.[78] Aber schon nach kurzer Zeit zeigt sich ein bedeutsamer Wandel in der Politik Karls, der jedenfalls einzig auf den Nürnberger R. T. zurückzuführen ist. Schon am 5. Januar 1356[79] revociert Karl mit Zustimmung der geistlichen und weltlichen Fürsten zugunsten des Erzbischofs Wilhelm von Köln die den Kölner Bürgern im Dezember 1355 bewilligten Rechte. Wir sehen darin die Notwendigkeit für Karl, gerade damals sich die Ergebenheit Kölns und der übrigen geistlichen Kurfürsten zu sichern.

Ganz in dem Sinne jener Revokation für die geistlichen Kurfürsten, die hauptsächlich von den aufstrebenden Städten, namentlich den handelsmächtigen rheinischen Städten, eine ernsthafte Bedrohung ihrer Macht und ihres Einflusses zu fürchten hatten, sind nun auch eine Reihe von Capiteln[80] der G. B. gehalten. Schon äusserlich erkennt man das daran, dass der Kurfürst von Köln sich alle diese Urkunden besonders ausstellen liess.[81]

Die Widerrufung aller Privilegien,[82] die den Rechten der Kurfürsten zuwider laufen, erklärt sich ihrer Tendenz nach aus den vorher erwähnten Vorgängen zwischen Karl IV. und der Stadt Köln und ist eigentlich nur eine Verallgemeinerung jener zugunsten des Erzbistums Köln erlassenen Verfügung.

[31] Auch die folgenden Verordnungen sind ausnahmslos gegen die Städte, z. T. gegen die freien Herren gerichtet. So bestimmt Cap. 14, dass diejenigen Vasallen, welche gegen ihren Lehnsherrn Fehde führen, so zu bestrafen sind, als wenn sie gegen den obersten Lehnsherrn, den Kaiser selbst, Fehde geführt hätten, nämlich mit Entziehung der Lehen.

Cap. 15[83] untersagt alle Bündnisse mit Ausnahme der Landfriedensbünde, eine Verfügung, die freilich die Entwickelung der Städtebünde nicht beseitigen konnte; zeigt sich dieselbe doch schon unter Karls Nachfolger auf ihrem Höhepunkte.

Cap. 17 endlich enthält Vorschriften über Fehdeansagen, erklärt und bestraft eine Fehde als Raubzug, wenn sie nicht drei Tage vorher ordnungsgemäss angekündigt ist. Diese Verordnung erscheint zwar so allgemein, dass es schwer ist, bei ihr besondere Antragstellung von irgend einer Seite anzusetzen; vielleicht darf man auch bei ihr noch geistliche Wünsche vermuten.

Ebenfalls gegen die Städte gerichtet ist noch das Verbot[84] der Pfahlbürger. Doch erscheint es als eine Verallgemeinerung eines Einzelprivilegs[85] für den Bischof von Strassburg, der sich in jener Zeit nicht unbedeutende Verdienste um Karl erworben zu haben scheint.[86]

Die einzige Urkunde der G. B., die auch weltlichen Kurfürsten ein besonderes Vorrecht zubilligt, ist die Zusicherung [32] des Vikariats[87] während der Erledigung des Kaiserstuhles durch Todesfall an Pfalz und Sachsen mit gesonderten Amtsbezirken, dem einen in den Gebieten des fränkischen Rechtes, dem anderen in den Landen des sächsischen Rechtes. Interessant und jedenfalls auf einen Druck[88] von seiten der Kurfürsten auf den Kaiser zurückzuführen, ist der zweite Teil der Urkunde; er giebt dem Pfalzgrafen das „judicium“ über den Kaiser, d. h. das Recht, ihn bei Anklagen zur Verantwortung zu ziehen. Der Nachsatz freilich, der jenes Recht dem Pfalzgrafen nur in Gegenwart des Kaisers und auf kaiserlichen Hoftagen[89] zugesteht, macht das erste Zugeständnis gefahrlos und giebt eine Probe von dem seltenen diplomatischen Geschick Karls.

Bevor wir nunmehr an die Betrachtung der Capitel mehr formellen Charakters gehen, sei vorher noch eine Bemerkung gestattet, in welchem Sinne die Stände des Reiches die bisher erörterten Bestimmungen der G. B. aufnehmen mussten. Nerger[90] betont mit Recht, mit welchem Missfallen und Widerspruch die Fürsten wie die Städte die Privilegien zugunsten der Kurfürsten betrachteten. Es erhoben sich Stimmen gegen die Privilegien, starke Zweifel, ob auch die Krone Böhmen wirklich so viele Privilegien besitze, und einige „Söhne der Finsternis“[91] sprachen solches offen aus.

[33] In diesem Sinne erklärt sich wohl die Verstärkung des Rechtsschutzes für die Kurfürsten, indem im ersten Capitel[92] des Metzer Teils der G. B. die Bestimmungen wegen laesa maiestas[93] auf sie übertragen wurde.

Wenn es sich auch erübrigen dürfte, alle Verfügungen der dritten grossen, mehr formellen Gruppe der G. B. einzeln zu erörtern, besonders die vielen Einzelbestimmungen des Metzer Teiles, so ist doch die Beurteilung einiger dieser Capitel von Bedeutung für die Art der Züsammenfügung der G. B.

Gleich hinter die allerwichtigsten Wahlbestimmungen gesetzt, in allerfeierlichster Form gehalten und mit allen Bestandteilen einer vollständigen Urkunde versehen, erweist sich die Entscheidung[94] über den Rang zwischen den drei kurfürstlichen Erzbischöfen als ein Sonderprivileg für diese, das den drei Fürsten offenbar von höchster Wichtigkeit war. Denn Karl wusste darin mit grosser Klugheit den Standesansprüchen aller drei gerecht zu werden;[95] und sein politisches Geschick ist dadurch um so grösser, als es ihm gelang, mit der richtigen Entscheidung der Rangstreitigkeiten, die von ihm selbst gar kein Opfer erforderte, die speziell erzkanzlerischen Rechte der geistlichen Kurfürsten ganz in den Hintergrund zu drängen. Die gegenseitige Eifersucht der drei Kurfürsten liess ihnen das Ziel, dass keiner vor dem anderen zurückstehe, begehrenswerter erscheinen als wirkliche politische Rechte von der Bedeutung des Kanzler-Ernennungsrechtes. Von dem weitaus bedeutendsten, dem des Mainzers, den Kanzler in Deutschland zu ernennen, finden wir überhaupt kein Privileg von Karl, und unter [34] seiner Regierung ist das Recht in der That auch niemals ausgeübt worden.[96]

Auch die beiden anderen Erzkanzler für Italien und Arelat übten ihr Privileg nie aus, wenngleich sie sich unter Karls Regierung dasselbe wenigstens hatten bestätigen lassen.[97]

Nachdem die Beziehungen unter den geistlichen Fürsten Anlass geworden waren zur Regelung ihrer gegenseitigen Stellung, wird in einem neuen Capitel[98] auch die Rangfrage unter den anderen Kurfürsten geregelt, wobei dem böhmischen Könige die erste Stelle zugewiesen wird. Im zweiten Abschnitt wird alsdann die Reihenfolge der Kurfürsten bei der Wahl festgesetzt, eine Frage, die moderner Auffassung nach ein wesentlicher Punkt der Wahlvorgänge selbst ist, vom Gesetzgeber aber den formellen Anordnungen zugereiht wurde. Denn noch gleich dahinter werden die Erzdienste der Kurfürsten dem neugewählten König gegenüber festgesetzt, nicht ohne ausdrückliche Hervorhebung, dass der Böhmenkönig nicht verpflichtet sein solle, mit der Krone seinen Ehrendienst zu verrichten. Auch Cap. 5 über das Vikariat gehört hierher als ein Teil der Sitzordnung, da auch hierbei die beiden Kurfürsten von Pfalz und Sachsen Vertreter des Kaisers sind.

Auch im sechsten Capitel, das im allgemeinen den höheren Rang der Kurfürsten vor allen anderen Fürsten feststellt, wird wiederum die böhmische Kurwürde, die mit sich die Königskrone vereint, besonders herausgehoben und ihr Inhaber nicht nur allen anderen Fürsten, sondern auch allen anderen Königen vorangestellt. Von den Schlusscapiteln des Nürnberger Teils ist nur zu bemerken, dass sie rein formell [35] Rangordnung und Ceremonien bei Aufzügen[99] und bei kirchlicher Feier in Gegenwart des Kaisers[100] feststellen. Sie bilden zugleich das Gegenstück zu der Sitzordnung Cap. 3—6, als Prozessionsordnung: „lex de ordine processionis“, so genannt in Cap. 26.

Wenn wir schon bei den bisher erörterten Rangcapiteln z. T. als Anlass sich augenblicklich am Reichstage bemerkbar machende Unsicherheiten annehmen dürfen, so gilt dies in hohem Grade von den ceremoniellen Verordnungen[101] von Metz, wo ein so überaus feierlicher Hoftag mit grösseren Festlichkeiten[102] naturgemäss mit strengster Beobachtung des Ceremoniells abgehalten wurde.

Werfen wir an dieser Stelle einen Rückblick auf die ganze Zahl der Verordnungen, die die G. B. in sich umschliesst, so finden wir die mannigfachsten Bestimmungen neben einander, sodass es schwer fällt, den massgebenden Gedanken festzustellen, der Karl zu der Abfassung der G. B. veranlasste. Wenn wir nach Massgabe der vorausgegangenen Erläuterung die einzelnen Bestimmungen in Reformcapitel und Privilegiencapitel teilen, so erscheint es von vornherein klar, welche Bedeutung[103] für die Gesamtheit des Reiches und die Reichsgeschichte die Reformcapitel betreffend die Kur und Königswahl haben. Ganz ohne Zweifel hat die Ordnung dieser Verhältnisse Karl auch am Herzen gelegen; hierfür aber war er von vornherein der allseitigen Anerkennung der Reichsstände und besonders der Kurfürsten gewiss. Hatten diese doch im Notariatsinstrument von Rense achtzehn Jahre früher durch freiwillige Abmachungen unter sich die wesentlichsten Bestimmungen über Festlegung der Königswahl, ihre Loslösung vom päpstlichen Einspruch, vorweggenommen, die Karl nun zum officiellen Reichsgesetz erhob. Karl hatte also sicherlich nicht nötig, sich für die Reformgesetze [36] die Hilfe der Kurfürsten durch Zugeständnisse zu sichern. Wenn trotzdem aber feststeht, dass der Kaiser vor und an dem Nürnberger R. T. sich die Mitwirkung der Kurfürsten zu gewinnen suchte,[104] so ist es wohl klar, dass seine bedeutsamen Gründe dafür in der Erlangung böhmischer Privilegien zu suchen sind. In der Stärkung böhmischer Interessen und der böhmischen Stellung im Reich haben wir daher den Ausgangspunkt für die Privilegiencapitel festzustellen und den zweiten massgebenden Gedanken Karls, neben und mit der Reform der Königswahl die vollkommen unabhängige, aber dadurch gerade und mit dem festen Besitz der Kur, die durch die „Reformgesetze“ noch erhöhte Bedeutung gewann, um so einflussreichere Stellung Böhmens und seines Hauses im Reiche zu begründen.

Von welchem Werte mussten nicht die für Böhmen erteilten Privilegien sein, wenn sie in einem Gesetzbuche vereint waren mit den hochbedeutsamen Gesetzen über die Königswahl, für die zu erwarten stand, dass sie, solange irgend das Wahlreich bestehen blieb, immer von bestimmender politischer Bedeutung für das Reich sein mussten! Die vom kaiserlichen Machtstandpunkt aus dekretierten Vorrechte erhöhten den landesherrlichen Stand Karls, und wenn auch nicht zu bezweifeln ist, dass manche an Böhmen in der G. B. verliehene Vorrechte ihm schon früher zustanden,[105] so standen sie doch mehr auf dem Pergament; und es ist völlig klar, dass es erst Karl gelungen ist, sie auch wirklich durchzusetzen. Er war damit den anderen Landesfürsten weit voraus, deren Rechte fast nur formellen Wert und Charakter hatten.

Haben wir bisher aus der äusseren politischen Lage und dem Inhalt der Goldenen Bulle gewisse Anschauungen und Auffassungen von dem Wesen jener bedeutsamen Gesetzsammlung gewonnen, so finden wir eine Bestätigung derselben in der textkritischen Untersuchung unseres Werkes. [37] Dabei wird neben der Sprache der G. B. die Sprache der Zeit, etwaige Vorlagen, fremdsprachliche Einflüsse u. a. in den Mittelpunkt des Interesses treten.

Gerade während der Regierung Karls IV. beginnt sich ein bedeutungsvoller Kulturwandel in Deutschland zu vollziehen.[106] Böhmen aber war dazu berufen, die erste Pflanzstätte der neuen Ideen, der Lebensführung und geistigen Kultur zu werden, die man unter den Namen Renaissance und Humanismus zusammenfasst. Von Italien her zum Teil auf dem Wege über Frankreich, kamen diese Einflüsse. Karl, der in dem einen Lande erzogen war, im anderen mit den bedeutendsten Führern der neuen Bildung wie Petrarca und Boccaccio in Beziehungen stand, hat, vorzüglich durch die Gründung der Prager Universität, einen bedeutenden Teil beigetragen zu der folgenreichen Einwirkung der italienisch-französischen Kultur auf das ganze deutsche Geistesleben.

Einen wesentlichen Bestandteil der neuen Kultur bildete die Belebung des Klassicismus, die allmähliche Rückkehr vom mittelalterlichen Latein zu der altklassischen Sprache. Der Humanismus bildete sich einen eigenen Stil und eine eigene Sprache aus in Anlehnung besonders an Cicero. Es ist noch nicht die reine Klassicität der Ciceronianer des XV. Jahrhunderts, und „selbst bei einem Manne wie Petrarca; der sich an Seneca und Cicero geschult hatte, fehlen nicht zahlreiche mittelalterliche Gewohnheiten“.[107] Um soviel weniger rein vom Mittelalter ist naturgemäss die Sprache der böhmischen Kanzleien, die dazu berufen waren, in Stil und Sprache dem Humanismus in Deutschland als Bahnbrecher zu dienen.

Dazu waren sie allein schon dadurch geeignet, dass sie durch mehrere Mitglieder unmittelbare persönliche Beziehungen mit Frankreich und Italien hatten;[108] die Notare Andreas Paynellus (de Paynellis) aus Goito am Mincio nordwestlich [38] von Mantua (1354—66), Johann von Arezzo (1354), Angelus von Arezzo (1354—55) stammten aus Italien, Nicolaus, Propst von Cambray aus französischem Sprachgebiet. Gewiss kam durch sie die Technik und Tradition der romanischen Kanzleien nach Böhmen;[109] jedenfalls aber werden sie öfters durch italienischen Wortgebrauch sich bemerkbar machen.

Wenn man zu den sich geltend machenden Einflüssen der Zeit noch hinzufügt, dass nach der Kaiserkrönung Karls IV. eine hinsichtlich der Formulare durchgreifende Reform[110] der königlichen Kanzleien festzustellen ist, so wird man nicht umhin können, der Goldenen Bulle, der wichtigsten politischen Erscheinung unter Karl IV. auch in der Form nach der stilistischen und grammatischen Seite hin Interesse beizumessen.

Ebenso wie in der Majestas Carolina[111] geht den Verordnungen des Nürnberger Teils ein Gedicht voran, das nicht ohne Interesse ist. Entlehnt es zwar den grössten Teil dem Opus Pascale des Coelius Sedulius,[112] (es sind von dort entnommen die Verse Florentum Semper … — horrea fructum und Vers 1) und 2), die sich bei Sedulius an horrea fructum anschliessen) so weisst entschieden das mittlere, offenbar selbständige Stück auf einen Verfasser aus dem humanistischen Kreise am Hofe Karls.[113] Dafür sprechen Ausdrücke der alten Mythologie, wie Erinis, Allecto, Megära, Bildungen wie dictante megera, ductore pio und einzelne Wortformen.

Dasselbe lässt sich für die Einleitung geltend machen, die, wie wir schon sagten,[114] dem Inhalte nach nur zu den [39] Capiteln über die einheitliche Königswahl gehört. Auch sie steht stark unter humanistischem Einflusse. Der ganze Stil mit seinen zahlreichen Apostrophen, die Mischung religiöser[115] und antikheidnischer Wendungen, die Form der gelehrten Anspielung in der Erinnerung an die Kämpfe des Pompejus und Cäsar, u. a. entsprechen durchaus der humanistischen Manier und Schreibart. Dazu mancherlei künstliche Verschränkungen der Wortstellung, lange Perioden und Verschnörkelungen des Stils zeigen jene eigentümliche Mischung von mittelalterlichem Latein und eben einflussreich werdenden Künsteleien der humanistischen Ausdrucksform, die gerade in der Weise, wie wir sie in der Einleitung der G. B. finden, uns eher abstösst als anzieht.

Bei weitem nicht so hervorstechend ist diese Manier im Ausdrucke bei den eigentlichen Urkunden der G. B. In einer freien Einleitung konnte sich die neue Art naturgemäss eher entfalten als in Urkunden, deren Form doch bei allen Wandlungen mehr dem Herkommen angemessen bleiben musste. Trotzdem werden wir auch in ihnen bestimmte Merkmale im Stil, in humanistischen und fremdsprachlichen Ausdrücken und überhaupt in der ganzen sprachlichen Ausdrucksform finden, die uns bestimmte Gruppen in den Urkunden feststellen lassen. Demgemäss werden wir a priori unser Augenmerk zu richten haben 1) auf Urkunden, bei denen die rein deutsch-mittelalterliche Ausdrucksform hervorsticht, 2) auf solche, deren Wortschatz durch Ausdrücke der humanistischen Sprache bereichert ist, 3) aber werden wir auch auf italienische Worte acht zu geben haben, wenn wir bedenken, dass die Kanzlei Karls einmal von Italien im allgemeinen beeinflusst wurde, als auch besonders mehrere Notare italienischer Herkunft unter sich hatte.

Die vorhandenen Protokolle der einzelnen Urkunden entsprechen durchaus der Kanzleireform, wie sie nach der Kaiserkrönung Karls sich vollzog.[116] So findet man divina [40] favente clementia statt des früheren dei gratia, ferner Zusätze, die aus päpstlichen Formeln entnommen sind, wie ad perpetuam rei memoriam[117] und ex oder de certa scientia.[118] So finden wir auch allgemeine Redewendungen mit kleinen Variationen durch fast alle Capitel verstreut, wie decernimus igitur et hoc perpetuis temporibus valituro imperiali sanccimus edicto (in dieser ausgeprägtesten Form in Cap. 25).[119] Derartige Formeln und Redewendungen sind demgemäss für die Beurteilung des Textes in den einzelnen Capiteln belanglos und nur ein Zeichen dafür, dass die G. B. das Ergebnis einer Kanzlei ist und einer gewissen redaktionellen Bearbeitung nicht ganz entbehrt.

Jedoch scheinen durchaus wohl mehrere Mitarbeiter Hand ans Werk gelegt zu haben.

Vergleichen wir nach der allgemeinen Fassung mit besonderer Berücksichtigung etwa auftretender humanistischer Ausdrücke die einzelnen Capitel mit einander, so sehen wir, durchaus von den anderen sich abhebend, der Einleitung, deren humanistischen Charakter wir erkannten, am nächsten stehen die Cap. 7, 12, 25 und 31, zu denen man wohl auch noch 20 hinzurechnen kann.

Jedem, der unbefangen sich mit dem Texte der G. B. beschäftigt, tritt mit Cap. 7 nicht nur etwas an sich neues entgegen, sondern man beobachtet im Stil, in Bildern, im Wortgebrauch und der ganzen Art der Abfassung, besonders endlich noch in dem stärkeren Hervortreten humanistischer Worte und humanistischen Sprachgebrauchs soviel Verschiedenheit von der Fassung der vorangehenden Capitel, dass es nötig scheint, für dasselbe einen besonderen Bearbeiter in Anspruch zu nehmen. In seinen Bildern erinnert es stark an die Einleitung. Es spricht von der heilsamen Einheit, welche stets unter den Kurfürsten blühen solle und ihre Herzen in Liebeseintracht erhalten möge; denn der Kurfürsten Fürsorge werde seiner Zeit dem flutenden Erdkreis um so [41] schneller und sicherer zu statten kommen, je weniger ein Irrtum sich einschleiche und je reiner die Liebe bewacht werde.[120]

Zugleich bemerkt man auch hier ein gewisses religiöses Empfinden hineingemischt. Stärker fallen noch manche Bildungen und Ausdrucksformen ins Gewicht, die dem reinmittelalterlichen Latein fremd sind, so einige unvollständige Ablativi absoluti, wie auctore domino, auctore deo, zu dem gerade in Cap. 2 (in dem Eide der Kurfürsten vor der Wahl)[121] cum dei adiutorio in bemerkenswertem Gegensatze steht; dazu kommen comparativische Vergleiche wie tanto celerius tantoque facilius, quanto … nullus error surrepserit et purior fuerit caritas, eine reinere Durchführung der Konstruktionen des Accusativ cum Inf., Formen wie censeri, desierit statt des mittelalterlich bevorzugten desinerit, tunc und nunc, statt des sonst in der G. B. häufiger verwandten exnunc extunc.[122] Das alles sind Verschiedenheiten der Ausdrucksform, die neben dem Unterschiede im ganzen Stil Cap. 7 eine vollkommen gesonderte Stellung geben.

Wenn jedoch somit Cap. 7, mindestens in Abschnitt 1, zwar auf einem durchaus abweichenden sprachlichen Zustand gegenüber der grösseren Gruppe der anderen Capitel steht, so stimmt seine Ausdrucksform in überraschender Weise mit der oben aufgezählten Gruppe[123] überein. Ganz zur Seite steht ihm die Urkunde inbetreff der Kurfürstentage.[124]

Schon der Anfang gleicht sich: Dort Inter sollicitudines illas innumeras, quibus … cor nostrum cotidie fatigatur, hier Inter illas multíplices rei publice curas, quibus … mens nostra distrahitur.

Wir finden hier wie in der Einleitung den Vergleich [42] der Kurfürsten mit Stützen[125] und Säulen des Reiches und andere Bilder, die Cap. 7 entsprechen; die comparativische Ausdrucksform frequentius solito = häufiger als gewohnt, Vorzug von tunc etc. deinceps vor extunc und anderes, was der Ausdrucksform und der Wortauswahl nur unserer Gruppe entspricht.

Denselben Stil und Charakter tragen im wesentlichen Cap. 25 und 31, sowie auch Cap. 20, letzteres in nicht ganz so hervorstechender Form. Um die Gruppe im allgemeinen zu kennzeichnen, diene das bei Cap. 7 gesagte, wenngleich sich aus den zuletzt genannten Capiteln noch viele einzelne humanistische Ausdrücke, comparativische Steigerungen, Vorzug, wenn auch nicht völliger Sieg der Pronomina quisquam quis und quispiam vor aliquis, quilibet, quivis und anderes vorbringen lassen.[126]

Nach dem Ueberwiegen und Hervortreten humanistischer Ausdrucksform wollen wir sie als humanistische Kapitel bezeichnen.

Ihnen gegenüber zu stellen ist zunächst die ganze Masse der anderen Capitel, die wir nach ihrem Sprachgebrauch vorerst als deutsch-mittelalterliche Capitel zusammenfassen werden. Unter ihnen werden einige einen besonderen Charakter aufweisen, insofern als italienische Worte in ihnen gebraucht werden. Da sie freilich sonst in ihrer ganzen Sprachform mit der grossen Gruppe übereinstimmen, dürften sie wohl nur wegen des italienischen Wortgebrauchs nicht von jener getrennt werden; demnach hätten wir eine zweite grosse [43] deutsch-mittelalterliche Gruppe mit teilweisem Gebrauch italienischer Worte.

Charakteristisch für Stil und Wortauswahl dieser Gruppe sind die ersten Capitel, mehr fast noch Cap. 18 und 19, die durchaus schwerfälliges mittelalterliches Latein aufweisen. Doch sei hier von vornherein hervorgehoben, dass es sich bei Cap. 18 und 19 um Briefformulare handelt, die vielleicht gar aus älteren Formelbüchern entnommen wurden.[127] Ich weise daraus nur auf einige Ausdrücke hin, das wirklich Massgebende liegt freilich im ganzen Stil: Cap. 18 ex rationabilibus causis; … ex officii nostri debito, iuxta formam sacrarum legum super hoc editarum … u. a.; Cap. 19 umfasst überhaupt nur einen Satz in schwülstigster Periode,[128] wie es freilich Regel war in den Briefen des Mittelalters; ich greife ein Stück heraus, das für den Sprachgebrauch des Capitels besonders bezeichnend erscheint, wenngleich das übrige ihm nicht nachsteht: … sed quod per unum inceptum fuerit, per alium finiri valeat et liceat terminari, omni iure, modo et forma, quibus melius et efficacius possumus seu valemus, nostros veros et legitimus procuratores et nuncios speciales facimus constituimus et ordinamus ad tractandum ubilibet una cum aliis comprincipibus et coelectoribus nostris tam ecclesiasticis quam secularibus et cum ipsis concordandum, conveniendum et concludendum de persona quacunque habili ac idonea in regem Romanorum eligenda … wenige Zeilen weiter … nomine nostro interessendum[129] tractandum et deliberandum … — Doch denselben rein mittelalterlichen Sprachgebrauch finden wir auch in den anderen Cap. der deutsch-mittelalterlichen Gruppe, bei denen der traditionelle Briefstil nicht in Frage kommt. Reihen wir hier noch einiges aus den ersten Capiteln an zur Vervollständigung des Bildes, um klar hier eine andere Hand zu erkennen als in [44] der humanistischen Gruppe: der Sprachgebrauch: habuerint proficisci[130] muss absolut als deutsch-mittelalterlich gelten, ihm nahe stehen: conducere teneri, electio celebranda occurerit u. ä. Dazu kommen manche andere Formen in Ausdruck und Wortauswahl wie vendere seu vendi facere ten eantur.[131] Ebendort finden wir eosque dolo, sub pena, electio huius modi, Worthäufungen durchaus mittelalterlicher Art, die sehr zahlreich sind, wie perfide infideliter et perverse, contentio controversia seu dissensio,[132] Ausdrücke wie plena et omnimoda potestas, häufiger Gebrauch bestimmter Wortbildungen; so kommen in Cap. 2 die Adverbia corporaliter, vulgariter, presentialiter, concorditer, inconvulse u. a. vor; cum dei adiutorio[133] fällt auf gegenüber domino (deo) auctore in Cap. 7; von deutsch-mittelalterlichen Konjunktionen sei nur genannt in casu quo = im Falle dass.

So lässt sich noch eine grosse Zahl von derartigen Ausdrücken heranziehen; von massgebender Bedeutung werden sie freilich erst in der zusammenhängenden Betrachtung des ganzen rein-mittelalterlichen Stiles.

Wenn wir zur Charakteristik von Stil und Ausdrucksform der grossen Gruppe mittelalterlichen Lateins die ersten beiden und die dazu gehörigen Capitel 18 und 19 betrachtet haben, so lässt sich von den anderen eben sagen, dass sie mit kleinen Abweichungen dieselben Eigentümlichkeiten der Sprache aufweisen. Die Anwendung des sogenannten Cursus, die im mittelalterlichen Latein recht häufig ist, fehlt auch in der G. B. nicht. Doch ist sie etwas häufiger in der von uns als deutsch-mittelalterlich bezeichneten Gruppe, tritt zurück in den humanistischen Capiteln.[134]

[45] Hervorzuheben haben wir nur noch einen Gesichtspunkt, das Vorkommen italienischer Worte in einigen Capiteln der Gruppe. Von solchen findet sich in Cap. 16 originarie (originario ital.), wo auch der Relativsatz: qui in partibus Alamanie pfalburgerii consueverunt appellari für einen italienischen oder in Italien gebildeten deutschen Notar in Karls Kanzlei als Autor sprechen könnte. Häufiger sind italienische Worte im Metzer Teil der Beschlüsse, so in Cap. 27,3 in statera (stadera ital. die Wage), Cap. 28,2 bassior von bassus (basso niedrig); Cap. 27,1 acervus (ital. acervo), avenae Haufen (dtsch.-mittelalterl. Latein cumulus) ebendort assunt statt adsunt; 27,1 cuppa (ital. coppa Becher). Daselbst wird auch Wasser und Wein nach ital. Art gemischt. In Cap. 26 finden wir beim feierlichen Aufzug an zweiter Stelle Mediolanensis corona erwähnt, vielleicht auch ein Hinweis auf einen italienischen Bearbeiter aus der karolinischen Kanzlei. Das italienische Wort guerra, das wohl auch im Vulgärlatein aufzuweisen ist, findet sich sogar an drei Stellen belegt.[135]

Demnach erweisst sich das Vorkommen italienischer Worte sicher nicht als belanglos für die textkritische Auffassung der betreffenden Capitel. Jedoch fehlen uns die sonstigen unterscheidenden Merkmale in Periodenbau und Stil, um sie zu einer besonderen Gruppe zusammenzuschliessen.

Sollte aber das Vorkommen italienischer Worte nicht genügen, die Vermutung wahrscheinlich zu machen, dass ein italienischer Kanzleibeamter Karls oder einer, der in Italien studiert hat, Verfasser jener Partien der G. B. ist?

Wichtig erscheint es uns noch hervorzuheben, dass einige Capitel der G. B. und zwar diejenigen, welche die böhmischen Privilegien enthalten, sich an eine bestimmte Vorlage[136] anlehnen.

Am 5. April 1355,[137] an welchem Tage Karls Kaiserkrönung [46] stattfand, ist eine „goldene Bulle“[138] für Böhmen erlassen. In ihr finden wir einige der Privilegien wieder, die Karl wenige Monate später dem bedeutsamen und feierlichen Reichsgesetzbuche zu Nürnberg einverleibte. Ausser genauen Bestimmungen über die Rechtspflege haben wir dort das Münzrecht, das Bergregal, das Recht de non evocando und de non appellando. Schon Nerger stellt eine sprachliche Uebereinstimmung dieser Gesetze mit den entsprechenden der G. B. von Nürnberg fest, ohne sie näher zu untersuchen.

Während die Einleitung jener böhmischen G. B., von dem übrigen sprachlich abweichend, mehr „den humanistischen“ Kapiteln in Stil und Ausdrucksform gleicht und mit der Einleitung der Nürnberger G. B. auffallende Uebereinstimmung zeigt, ist der eigentliche Text durchaus im Sinne der mittelalterlich-lateinischen Capitel der Nürnberger Gesetze gehalten.

Gehen wir zunächst auf die Einleitung ein, so finden wir: inter alias sollicitudinum operosas vigilias,[139] quibus … benignitas hinc inde distrahitur;[140] tanto sollercius, quanto — landabilius.[141] Der Gedanke der Nürnberger Einleitung, von dem Schaden der Uneinigkeit, tritt uns schon hier entgegen: nam sicut ex divisione regnorum calamitates horrendae consurgunt et odiosae seditionis scandala … quies. confunditur[142] spricht weiter dafür. Sprachlich bezeichnend für den humanistischen Stil scheint mir der Schluss der Einleitung: … et gratis laetatur commodis sub grato regimine principis gratiosi, eine echt humanistische Wortspielerei.

Ganz anders wirkt sprachlich der eigentliche Text der böhmischen Privilegien von Ostern 1355.

Verfolgen wir nur die sehr lange Periode, die die Navratio enthält, von Tum quia regibus Boemiae — rationabiliter [47] inducebant,[143] so haben wir darin in Stil, Satz- und Wortgefüge und in der Wortauswahl durchaus übereinstimmende sprachliche Erscheinungen mit der entsprechenden Gruppe der Nürnberger Gesetze. Dem entspricht durchaus das übrige; im einzelnen finden wir noch ex oder de nostra scientia öfters,[144] welches wir in der G. B. sechsmal[145] in deutsch-mittelalterlichen Capiteln nachwiesen, was freilich wegen des Formelhaften der Wendung wenig als Beweis dienen kann.

Um nun näher auf den Zusammenhang der betreffenden böhmischen Privilegien in den Nürnberger Gesetzen mit der böhmischen Goldbulle näher einzugehen, so haben wir hier zunächst weitläufiger ausgeführt die Gerichtsabhängigkeit auch der ausserhalb Böhmens wohnenden böhmischen Lehnsträger unter die böhmische Krone.[146]

In dem Hoheitsrechte über die Bergwerke, Zölle und Juden finden wir sprachlichen Zusammenhang: auch hier zeigt uns Cap. 9 der G. B. nur einen kleinen Auszug aus den breit ausgeführten Bestimmungen; in der böhmischen Bulle haben wir: atque auri, argenti, stanni plumbi, cupriferri et alterius cuiuscunque metalli mineras,[147] in dem Nürnberger Gesetz dieselben Metalle: universas auri et argenti fodinas atque mineras stanni, cupri ferri plumbi et alterius cuiuscunque generis metalli.

Vergleichen wir noch folgende Sätze der böhmischen Bestimmungen mit der G. B.: omnibus singulis in praedictis terris castris civitatibus munitionibus pertinentiis residentibus seu pertinentibus ad easdem hac edictali lege Caesarea inhibemus, ne quis cuiuscunque conditionis existat, occasione debitorum … pignora praesumat accipere[148] und: decernimus et hoc edicto Caesareo duximus perpetuo statuendum: quod nullus princeps etc. …, cuiuscunque status, gradus [48] seu condicionis exsistant pro quacunque causa civili criminali seu mixta ad alia quaecunque indicia secularia extra dictum districtum judicia seu territorium citare seu evocare praesumant.[149]

Daraus ersieht man 1) sachlich, dass bei Abfassung der böhmischen Cap. der G. B. zwar Anlehnung an die böhmische Bulle stattgefunden hat, nicht aber direkte Entlehnung; die „böhmischen Capitel“ stellen in gewissem Sinne einen Auszug dar aus dem Instrument, das Karl zu Ostern 1355 erliess.

2) aber, sprachlich, zeigt es die nächste Berührung mit den entsprechenden Capiteln der Nürnberger Goldbulle, und wirft daher mit einiges Licht auf die Urheberschaft der Goldenen Bulle, ein Punkt, über den schon viel gestritten worden ist.

Ich stelle die wesentlichsten Meinungen zusammen, die bisher darüber laut wurden.[150]

Wegen des 24. Capitels der G. B., das dem Codex Justinianus entlehnt ist,[151] und wegen seiner persönlichen Bekanntschaft mit Karl hat man den seiner Zeit sehr berühmten italienischen Juristen Bartolus von Saxoferrata für den Verfasser der G. B. halten wollen. So alt wie diese Meinung ist, so früh ist sie widerlegt worden. Dagegen spricht vor allem der wesentlich deutsche Charakter[152] der sonstigen Staatsgesetze, dafür aber lässt sich ausser jenem vorhin angeführten nichts sagen. Seine angebliche Reise im Jahre 1356 nach Deutschland ist nicht zu erweisen.

Für einen hervorragenden Anteil Lupolds von Bebenburg, des litterarischen Publicisten zur Zeit Ludwigs des Baiern, tritt Friedjung besonders warm ein. Da dieser Mann [49] auf dem R. T. zu Nürnberg anwesend war,[153] dürfte ein gewisser geistiger Einfluss von ihm namentlich auf die absolute Selbständigkeit der Königswahl und das Ausschalten jeglichen päpstlichen Einflusses dabei nicht ganz von der Hand zu weisen sein.

Doch musste man wohl seine Beteiligung bei der Abfassung zurückweisen. Nicht wenig spricht dagegen die sprachliche Uebereinstimmung der Reichsbulle mit der böhmischen Bulle, bei deren Abfassung er doch zweifellos nicht beteiligt war.

Jedenfalls werden wir auf der Suche nach den Verfassern der G. B. in die Kanzlei Karls geführt; aus ihr hat man dann auch für manchen die Verfasserschaft in Anspruch genommen. Gleich Lupold von Bebenburg ist unter der Zahl derer[154] nachweisbar, welche in Bologna studiert haben und den Magistertitel erlangten: Der spätere Bischof von Verden, Rudolf Rule von Frideberg,[155] 1356 Notar in der Kanzlei Karls. Man hielt ihn für den Verfasser der G. B., vorzüglich wegen seiner angeblichen Kenntnis im römischen Recht. Seine Bibliothek jedoch, die er in seinem Testamente[156] dem Cistercienserkloster Arnsburg bei Frankfurt vermachte, zeigt uns nur Bücher kanonischen Rechtsinhaltes, wie das Dekretum, die Dekretales, Liber Sextus, Clementinas et Novellas ambas. Sonst aber spricht nichts bestimmtes für seine Verfasserschaft.

Wesentlich anders steht es mit Johann von Neumarkt, dem langjährigen Kanzler Karls, welchem am weitaus häufigsten die Verfasserschaft der G. B. zugeschoben wird.

[50] Es ist auch hier nötig auf die bedeutende Stellung und Persönlichkeit dieses Mannes einzugehen, so oft und so weitläufig auch über ihn schon gehandelt worden ist.[157]

In Neumarkt in Schlesien geboren, wurde er „cum sit in dictaminibus promptus theutonicis et latinis“, als er daselbst Pfarrer war, durch Karl vom Breslauer Bischof losgebeten für die königliche Kanzlei. Am 16. Oktober 1347 ist er zuerst dort nachzuweisen als Johannes Noviforensis. Ueber seinen äusseren Lebenslauf ist noch hinzuzufügen, dass er 1351 Jun. 14. als Domherr von Breslau und Olmütz, Notar und Geheimschreiber in Karls Hofrat ist, seit 1352 Sept. 19. Protonotar. Am 22. Nov. 1353 erhält er den Titel Kanzler; er verwaltet dieses Amt mit Unterbrechung 1364/65 länger als zwei Jahrzehnte (zuletzt mit dem Kanzlertitel in Urkunden am 29. Jun. 1374), erlangt am 12. Juli 1354 das Olmützer Episkopat, 1365 die Würde eines Comes regalis Capellae Boemiae (steht gleich hinter dem Erzbischof). Er stirbt im Dez. 1380 kurz nach seiner Wahl zum Bischof von Breslau. Sein Kanzleramt hat er wohl nicht freiwilllig niedergelegt.[158]

Wichtiger ist sein Wesen und seine Persönlichkeit. Offenbar persönlich liebenswürdiger Natur, begleitete er den Kaiser fast ständig auf allen Reisen und war jedenfalls von ihm wohl gelitten.[159]

Sein Verdienst ist jedenfalls zunächst die Kanzleireform, die sich unter Karl vollzog.

Wenn auch politisch und staatsmännisch nicht sehr bedeutend, ist er doch fast die universellste Persönlichkeit unter den Beamten des Königs. Johann selbst legte den höchsten Wert auf die Ausbildung und Vollkommenheit seines Stiles. Seine nahen Beziehungen zu den italienischen Humanisten wie Petrarca, Cola di Rienzi führten ihn zur Ausbildung eines [51] selbständigen, vom Humanismus durchsetzten Stiles, dem naturgemäss die Verzerrungen und Verkehrtheiten nicht fehlten.[160] Jedenfalls war dieser Stil[161] eigenartig genug, dass er bei dem allgemeinen Einfluss Johanns für die ganze Kanzlei bestimmend wurde, wobei natürlich die Nüancierung in Stil und Ausdruck bei dem einzelnen Diktator nicht verloren ging. Für die so einheitliche Sprache der Kanzlei sprechen ausser zahlreichen einzelnen Urkunden[162] vor allem auch die Formelbücher, unter denen die erste und führende Stellung die cancellaria[163] Johannes von Neumarkt selbst, gesammelt in seinen späteren Lebensjahren, einnehmen.

Es ist eine Sammlung von Briefen und Urkunden als Musterbeispielen. Ebenfalls zu Zwecken des Kanzleigebrauchs war bestimmt die Summa Cancellarie[164] Johanns, eine Zusammenstellung von Privatbriefen bis 1375, ergänzt durch kaiserliche Urkunden, im Nachtrag nochmals Privatbriefe. Diesen Sammlungen folgen in Stil und Sprache die Musterurkunden, die nach Johann ein anderer Beamter der böhmischen Kanzlei, Johann von Geylnhusen[165] sammelte und später dem Herzog Albrecht III. von Oesterreich widmete.

Naturgemäss wird Johanns Stil, wenn er auch der Kanzlei gewisse gemeinsame Momente gab, vor dem allgemeinen Kanzleistil doch, durch stärkeres Ueberwiegen des Humanismus namentlich, sich ausgezeichnet haben.

Ziehen wir aus dem über Johann von Neumarkt Gesagten den Schluss, so ergiebt sich klar folgendes für die G. B.

Einmal ist es ausgeschlossen, Johann für die staatsrechtliche und politische Seite derselben in Anspruch zu [52] nehmen. Wir sagten, dass darin nicht seine Fähigkeiten lagen und man wird wohl am besten thun, in diesem Punkte Karls ureigenste politische Absichten zu erkennen

Wie aber steht es nun mit der rein stilistischen Abfassung des Werkes? Erinnern wir uns hier wiederum der zwei stilistisch und sprachlich verschiedenen Gruppen in der Goldenen Bulle, so bleiben uns an sich mindestens zwei verschiedene Bearbeiter des Werkes, und für den einen Teil davon dürfte es in der That möglich sein, Johann von Neumarkt als den wahrscheinlichsten Verfasser zu bestimmen. Dieser Teil ist nämlich die Einleitung der G. B. mit dem vorausgeschickten Gedicht und die, wie oben gezeigt worden ist, sprachlich damit zusammenhängende kleinere Gruppe, der Kapitel humanistischen Charakters. Denn der selbstständige Teil des Gedichtes mit dem Namen der alten Mythologie, die Einleitung mit ihren Gedanken und ihrer Ausdrucksform, der eigentümlich humanistischen Mischung religiöser und antik-heidnischer Anspielungen, den zahlreichen Apostrophen, den Metaphern und der verschränkten Wortstellung entspricht so ganz und gar der humanistischen Schreibart und Manier, wie sie Johann von seinen italienischen Vorbildern gelernt hatte.

Ueber die oder den Mitarbeiter an der zweiten grossen Gruppe in der G. B. müssen wir uns mit der Wahrscheinlichkeit begnügen, dass auch er aus Karls Kanzlei stammte und der Sicherheit, dass er entweder aus Italien stammte, oder aber dort gebildet war.


Ergebnisse:
Die Goldene Bulle beruht nicht auf einem einheitlichen Antrage bezw. zwei solchen Anträgen des Kaisers, sie ist vielmehr zusammengeschoben aus Einzelanträgen und Einzelgesetzen, die sich z. T. noch deutlich abheben.
Es sind folgende Gruppen zu erkennen:
     humanistisch,     [WS 7] italienisch.

Königswahl a) Cap. 1, 18, 19, 2.

Die voraufgehende Arenga, die wohl nur für dieses Gesetz galt, ist humanistisch.

lex de ordine sessionis b) Cap. 3—6,

darin ist 5,2 vielleicht eine Konzession bezw. ein Antrag von kurfürstl. Seite.

[53] Erbrecht der Kurstimme c) Cap. 7 mit Arenga.

Böhmische Capitel d) Cap. 8—11.

Für 8, 9, 10 Antragsteller Böhmen. Gegenanträge der Kurfürsten: die Einschiebsel in 9 u. 10 und Cap. 11.

Fürstenversammlung e) Cap. 12 mit arengaartiger Einleitung.

Wahl Antrag Böhmens.

Verschiedene Anträge im Interesse der Fürsten f) Cap. 13, 14—17,
<idt2>darunt. ital. 16.

Anträge im Interesse vor allem des Erzbischofs von Köln u. Bischofs von Strassburg.
Nachträge:

Einheit des Kurfürstentum g) Cap. 20. Nachtrag zu C. 7.

lex de ordine processionis h) 21—23.

Metzer Teil:
Sämtlich Nachträge :

Majestätsverbrechen i) 24.

Einheit d. Kurfürstentum k) 25 zu 7 bezw. 20.

Hofordnung l) 26—28.

29.
30.

Sprachenverordnung 31.

So haben wir in der G. B. ein Werk vor uns gesehen, das in jeder Hinsicht von seltener Eigenart und dem höchsten Interesse ist.

Hinsichtlich ihres Inhaltes haben wir gezeigt, dass sie neben und trotz der reichsrechtlichen Regelung der Königswahl doch ebenso sehr Privilegien- als Gesetzbuch ist, entstanden und hervorgegangen aus den Interessen Böhmens. Aber trotzdem und damit gerade ist die G. B. ein interessanter Belag für die eigenartige deutsche und Reichs-Politik Karls, die nicht nur von der seiner Vorgänger sondern auch seiner Nachfolger erheblich abweicht.

Nach Erziehung und Persönlichkeit ein moderner[166] Mensch, ein gut Stück Renaissancefürst auf dem deutschen Kaiserthron, sah er die Unmöglichkeit, ein absolutes Erbkönigtum durchzusetzen, ein. Nüchtern, zäh und berechnend, [54] bemüht er sich nicht um Unerreichbares, sondern indem er den Verfall des Reiches[167] und der alten Rechtsordnung, auf der es basierte, einsah, suchte er neue Rechtscentren und einen neuen Untergrund für das deutsche Staatswesen, naturgemäss in den Bahnen der seit Rudolf von Habsburg üblichen Hauspolitik. Wie wäre es auch anders möglich gewesen, nachdem die Kaiser mit Verlust der engen Verbindung von Reichsgut und Hausgut allen Boden unter den Füssen verloren hatten? So sollen denn Böhmen und ein grosses Ostreich Karl IV. Centrum des Reiches werden; das soll der Ausgangspunkt sein, von dem aus Karl und sein Haus sich den ersten Einfluss in Deutschland erobern wollen und Karl wenigstens Deutschland wieder zu einem einigen, machtvollen Ganzen machen will. Da jeder Versuch, das erbliche Königtum einzuführen, unnütz war, so nutzt Karl die zur Zeit gegebene Lage der Dinge so gut aus, als sie nur immer auszunutzen ging, wir können wohl sagen, zu seinem und auch zum allgemeinen Besten. Er bedient sich dazu der augenblicklich mächtigsten Institution des Reiches, des Kurfürstenkollegs, mit dessen Stärkung er vor allem sich selbst als ersten Fürsten desselben stärkt. Je sicherer und fester er die Königswahl machte, um so mehr konnte die hervorragende Stellung der böhmischen Kur dem Wohle der Luxemburger dienen und ihnen auf diesem Wege die deutsche Königskrone erhalten, da diese nun einmal erblich nicht zu machen war.

Welche weiteren Ziele Karl in dieser Hinsicht vor Augen hatte, zeigen ja deutlich seine Pläne mit Brandenburg und die schliessliche Erwerbung dieser Kur. Endlich aber musste Böhmens Kurstimme auch bei Verlust der deutschen Königskrone seinem Hause immer einen entscheidenden Einfluss in Deutschland sichern, während es selbst von Deutschland fast unabhängig war.

Es muss aber hervorgehoben werden, dass Karl IV. der erste zum Könige erwählte Kurfürst war. Die kurfürstliche Position blieb seinen Nachfolgern gesichert, die königliche aber war kein Erbgut.

[55] Nichtsdestoweniger ist Karls IV. Politik doch weit entfernt von kleinlichem Partikularismus. Dazu waren seine Pläne, wenn sie auch naturgemäss von seiner Hausmacht ihren Ausgangspunkt nahmen, bei aller Nüchternheit viel zu weitschauend, und der bekannte Ausspruch Kaiser Maximilians I., Karl sei Böhmens Vater, aber des Reiches Erzstiefvater gewesen, der lange für die Beurteilung Karls massgebend war, ist im Grunde genommen doch nichts weiter als ein geistreiches aber falsches Bonmot.

Für die innere Politik Karls aber wird immer im Vordergrund der Betrachtung die G. B. stehen, in der sich alle Strahlen seiner politischen Pläne wie in einem Brennglase vereinigen.

Stellen wir die Schlussergebnisse unserer Betrachtung der G. B. noch einmal zusammen, so erblicken wir in ihr eine Sammlung von Teilen, bei denen jede sachliche Ausgleichung fehlt. Wir erkannten gewisse Bruchstücke der Verhandlung, einzelne Anträge, sodass wir sagen müssen, der Wert der G. B. als Gesetzbuch sei nicht hoch anzuschlagen.

Aber gerade dieser Zustand der G. B. liess uns die Art der Entstehung weit mehr durchblicken, als es bei einem sorgfältiger verarbeiteten Werke möglich gewesen wäre. Wir erkannten seine Tendenzen; 1) zeigte sich uns Karl als Reichsoberhaupt (Königswahl), 2) als Territorialfürst (Böhmische Privilegien), das übrige waren Concessionen, um Punkt 2 durchzusetzen. Dabei geschädigt wurden Fürsten und Städte, denen man gar nicht notificierte, was auf dem R. T. vorgehen sollte.

Der Kern der politischen Aktion waren offenbar Karls territoriale Absichten, die G. B. für Böhmen erdacht, als eine Quelle des böhmischen Staatsrechtes, soweit wenigstens reichte nur der Wille Karls. Was sonst hinzukam, war entweder mühelos und selbstverständlich wie das Gesetz über die Königswahl oder der Preis für böhmische Vorrechte.

Aber kann Karls Persönlichkeit damit in unseren Augen sinken?

Das Fundament der Beurteilung dieser Frage muss sein, dass das Königtum nicht wieder erblich werden konnte und [56] dass Trennung von Haus- und Reichsgut einmal vorlag. Karl musste innerhalb des Wahlkönigtums die Macht seiner Erben zu steigern suchen. Daher ist es thöricht und verwerflich, einen Kurfürsten in Karls Lage zu tadeln, dass er sich jene Vorrechte erwarb; denn Karl war der erste Kurfürst auf dem Throne, die Stärkung der kurfürstlichen Stellung also natürlich. Er war der erste Herrscher, der als Territorialfürst über ein halbslavisches Gebiet gebot, also über ein doch immer von den anderen Territorien abstechendes. Er war endlich — sieht man von den letzten Staufern ab — der erste, der neben der deutschen Krone und ihren Annexen von Italien und Burgund noch eine andere Königskrone trug; wie jene eine deutsche Kräfte für Sicilien gebraucht haben, so nutzte er die deutsche Königskrone aus, um Böhmen zu erhöhen.

[57]
Lebenslauf.

Ich, Oscar Hahn, evangelischer Konfession, wurde am 20. März 1880 zu Freystadt, Kreis Rosenberg, Westpr., als Sohn des Kgl. Garnisonbauwarts Otto Hahn geboren, besuchte das Kgl. Gymnasium zu Allenstein, Ostpr., und die Kgl. Ritterakademie zu Liegnitz, die ich Ostern 1898 mit dem Reifezeugnis verliess. Darauf studierte ich 8 Semester Philologie und Geschichte zu Breslau.

Die Vorlesungen folgender Professoren und Dozenten hörte ich: der Herren: Bäumker, Caro, Cichorius, Ebbinghaus, Freudenthal, Grünhagen, Hillebrandt, Kaufmann, Koch, Schulte, Semrau, Vogt, Wilcken.

Allen diesen meinen hochverehrten Lehrern bin ich zu besonderem Danke verpflichtet, vorzüglich Herrn Professor Schulte für die Anregung zu vorliegender Arbeit.

[58]
Thesen.




1) Die Macedonier sind ihrer Abstammung nach als Griechen anzusehen.

2) Die Germanen hatten bereits eine eigene Rechtsentwicklung bei ihrem Eintreten in die Geschichte.

3) Der Gang nach Canossa, ein diplomatischer Schachzug Heinrichs IV.

4) Der Schmalkaldische Krieg ist ein Krieg des Territorialfürstentums gegen den Kaiser.

Anmerkungen

  1. Otto Harnack: Das Kurfurstenkollegium bis zur Mitte des XIV. Jahrhdts. (1883).
  2. Th. Lindner: M. I. Ö. G. Bd. 5. S. 96—120. Ferner: Harnack: Forsch. z. d. G. Bd. 24, S. 445—452. Lindner: ebenda Bd. 25. S. 184 ff. und endlich Harnack ebd. 25. S. 583.
  3. Diese Beziehungen sind garnicht berücksichtigt bei E. Reimann: Untersuchung über die Vorlagen und die Abfassung der Goldenen Bulle Halle 1898, der vielfach zu entgegengesetzten Resultaten kommt.
  4. Hier 2 Gruppen:
    a) Sonderstellung des Böhmenkönigs.
    b) Gegenzugeständnisse dieses an die anderen Kurfürsten.
  5. G. B. Cap. 2 und Cap. 4. S. auch Harnack a. a. O. S. 141.
  6. S. o. I. B. S. 9.
  7. S. o. I. B. G. B. Cap. 25.
  8. Nach Nerger: Die G. B. nach ihrem Ursprung und reichsrechtlichen Inhalt p. 12.
  9. Strassburger Urkundenbuch Bd. 5. No. 361.
  10. S. o. I. A. der Einteilung, vom Nürnberger Teil des Gesetzbuches die Cap. I, II und XVIII, XIX.
  11. Harnack a. a. O. p. 137.
  12. Ueber die Vorverhandlungen mit Karl und vorausgehende Zusicherungen Karls s. Böhmer-Huber: Regesta Karoli IV. No. 2264, 2561, 6860.
  13. Urk. Gerlachs von Mainz vom 2. Januar (Biener: Jur. public. Sax. Spec. II16).
  14. S. Harnack a. a. O. 138.
  15. G. B. Cap. VII u. XX.
  16. Tolner: Hist. palat. Cod. diplom. S. 89. Böhmer-Huber No. 1860.
  17. S. Böhmer - Huber a. a. O. No. 2386.
  18. S. ibd. 1356 vom 7. Januar.
  19. Vergl. Heinrich d. Tauben A. D. 1356 de Mense ianuarii idem imperat, convocat curiam in Nuremberg, in qua … conveniunt … — Sed filii Ludewici duo, Ludewicus marchio Brandenburgensis et dux Stephanus ad hanc curiam non conveniunt timentes potentiam imperatoris …; Ludewicus vero dictus Romanus … bene interfuit et de marchionatu Brandenburgensi per imperatorem est inveslitus ibidem [nach Böhmer Fontes IV, 542].
  20. S. Riedel: Cod. dipl. Brandenb. II2 375, 377—80, 380—84. Böhmer-Huber: Nr. 2307, 2309.
  21. Willebriefe Gerlachs von Mainz und der anderen Kurfürsten vom 7. Jan. (Goldast: de regno Boh. App. doc. 78 u. Jirecek Cod. Jur. Bohemici II1, 414), Böhmer: Reichssachen No. 259.
  22. Urkunde Ludwig des Römers s. Bömer-Huber; a. a. O. No. 275 R., bestätigt, dass Böhmen seit unvordenklichen Zeiten Stimmrecht bei der Königswahl nebst dem Erzschenkenamte und das Recht habe, vor dem röm. Könige bei feierlichen Hoftagen eine Königskrone zu tragen. — Vom nämlichen Tage und Orte gleiche Urkk. Gerlachs und Ruprechts von der Pfalz, nach Pelzel: Karl IV. sind solche Urkk. von allen Kurfürsten vorhanden. S. Jirecek a. a. O. II1, 417—422. Constitutiones Bullae Aureae regem Boemiae ut Imperii archipincernam ac electorem necnon jura regni Boemiae tangentes.
  23. S. Jirecek: Cod. jur. Bohemici II1, 431 f. 1356 Dez. 11. principes electores Imperii testantur dignitatem archipincernatus et votum electorale competere regibus.
  24. S. Boczek Cod. Mor. VII 555 ff. Boemiae.
  25. S. G. B. Einleitung … inter electores, de quorum numero ut rex Boemie esse dinoscimur; ähnlich Cap. IV2 u. Cap. VI.
  26. Urkk. Ludwigs d. Ä. vom 1. Aug. 1354 (Boczek: a. a. O. VIII 218), Stephans vom 9. März 1355 (Riedel: Cod. Brandenb. II2, 354) Ludwigs des Römers und Ottos 3. Dez. 1355 (Mon. Wittelsb. II 416).
  27. Harnack a. a. O. S. 139.
  28. Mit Nerger a. a. O. S. 14.
  29. G. B. Cap. 16.
  30. Diese verstanden es alsdann auch, sich entsprechende Privilegien zu verschaffen z. B. der Bischof von Würzburg.
  31. Nerger nennt als solche Satzungen I. Cap. 1, 2., II. Cap. 3 —6., III. Cap. 7—11., IV. Cap. 12—19., V. Cap. 20—23.
  32. Harnack a. a. O. S. 174, 175.
  33. S. H. Friedjung: Karl IV. und sein Anteil am geistigen Leben seiner Zeit p. 85 f.
  34. z. B. die Devotionsformel divina favente clementia (statt dei gratia).
  35. Cap. I15.
  36. ad … electionem unanimem inducendam.
  37. Das Gesetz hierüber wurde am 20. Jan. 1356 publiciert. Böhmer-Huber No. 2422.
  38. S. Friedjung: a. a. O. 81. Er nennt Karl im Abwägen von Zweck und Mittel einen modernen Herrscher. Eingehender ist die Charakteristik Karls bei Burdach.
  39. cf. S. 9 I. A., G. B. Cap. I, II.
  40. So nennt ihn Friedjung a. a. O. 87.
  41. G. B. Cap. I. Quotiluscunque et quandocunque necessitas sive casus electionis … existat.
  42. Berufungsformular in Cap. 18.
  43. G. B. Cap. 291.
  44. Vergl. fürs Folgende Nerger: a. a. O. 39 ff.
  45. Wahlvollmacht in Cap. 19 d. G. B.
  46. Cap. 29, 2.
  47. Cap. 2 der G. B.
  48. S. G. B. Einleitung.
  49. Cap. II4. Postquam autem in eodem loco ipsi vel pars eorum maior numero elegerit talis electio perinde haberi et reputari debebit, ac si foret ab ipsis omnibus nemine discrepante concorditer celebrata.
  50. Diese Bestimmungen sind der Conclaveordnung Gregors X. entlehnt.
  51. Cap. 25.
  52. S. 9. I, A.
  53. Vielleicht auf Antrag Frankfurts; als Wahlstadt genannt finden wir es auch schon in Cap. I 18, 19 und II1, doch liegt es bei Nürnberg auch nahe, an böhmischen Antrag zu denken, weil keine Reichsstadt ausser Regensburg Böhmen so bequem lag.
  54. Diese Bestimmung wurde freilich später nicht durchgeführt.
  55. G. B. C. 7.
  56. G. B. C. 72.
  57. Lünig R. A. 6623, s. auch Jirecek II1, 283.
  58. Unter den Nürnberger Beschlüssen Cap. 20, im Metzer Teil 25 und 31.
  59. Vergl. C. 12 … ne tractatus communis salutis … per excessivam frequentationem convivii retardetur, … duximus ordinandum ut … generales omnium principum celebrare alicui liceat invitatas … —
  60. Bei der Stelle in grammatica Italica a Slavica lingwis ist wohl grammatica mit lateinisch wiederzugeben. Nerger lässt „lateinisch“ fort.
  61. S. die Einteilung S. 10, II.
  62. Cap. 8 der G. B.
  63. S. Nerger: a. a. O. S. 45.
  64. Ueber die Entwicklung des böhmischen Rechtes und die böhmischen Privilegien von früheren Kaisern, vergl. Bachmann: Lehrbuch der österreichischen Reichsgeschichte (Prag 1895) 148—202 und Luschin von Ebengreuth: Reichsgeschichte Oestreichs 1896.
  65. Vergl. die Zusammenstellung der von den Kurfürsten und Fürsten im 16., 17. Jahrhundert erlangten Privilegia bei Joh. Jac. Moser: Deutsche Justizverf. Bd. I 188 ff. Schon Ohlenschlager zieht daraus den Schluss, wie ungewohnt ihnen ein solches Vorrecht gewesen sein müsse, dessen sie sich auch lange nachher zu bedienen beschwerlich fanden (vergl. dazu Franklin, Reichshofgericht II 16.) [a. a. O. S. 238], siehe auch Töpfer: U. B. zur Geschichte der Vögte von Hunoltstein 1 No. 282 das Hofgerichtsurteil Karls IV.
  66. G. B. Cap. 11.
  67. Harnack a. a. O. 150.
  68. Nerger a. a. O. 43 u. Harnack, ihm folgend a. a. O. S. 149.
  69. G. B Cap. 9.
  70. S. Zycha: Das böhmische Bergrecht des Mittelalters 1900. Bd. I. S. 173 ff. die Erträge bei demselben nachgewiesen. S. 146 sagt er von der Bedeutung des Cap. 9 für Böhmen: Seit Karls IV. goldener Bulle von 1356 war das Regal der böhmischen Könige infolge spezieller Beleihung wie auch ihrer kurfürstlichen Stellung wegen jeder Anfechtung seitens des Reichs entzogen.
  71. Nach Bachmann (Heeren-Uckert): Geschichte Böhmens 1899. S. 824.
  72. Vergl. Seibertz: Landes- und Rechtsgesch. des Herzogtums Westfalen 1864 I3, 270. (Metallfabrikation u. Bergbau schon im 12. Jahrhdt. für Westfalen verbürgt. Schon damals lieferte Hoppecke bei Brilon jährlich 50 Ctr. Blei an Corvei. Die Gold-, Silber-, Kupfer-, Blei-Ausbeute von Horhusen durch eine Urk. für Wibald, Abt von Stift Eresburg von Konrad III. verbürgt.)
  73. Winckelmann: Acta imperii 2, 512.
  74. Vergl. v. Inama-Sternegg: Deutsche Wirtschaftsgeschichte 3, 2, 139 ff. — 145.
  75. presentem nihilominus constitutionem … ad universos principes electores … extendi volumus.
  76. Bachmann; a. a. O. S. 825.
  77. Böhmer-Huber No. 2321.
  78. ibd. No. 2322.
  79. ibd. No. 2373.
  80. Cap. 13, 14, 15, 16 (auch 17 lässt sich Köln persönlich ausstellen).
  81. S. Acta imperii (Winckelmann) 2512.
  82. In Cap. 13 der G. B.
  83. Vergl. hierzu E. Reimann: Untersuchungen über die Vorlagen und die Abfassung der G. B. S. 25 R. weist als Vorlage für Cap. 15 eine Urkunde zugunsten des Kölner Erzbischofs vom 18. Dezember 1353 (Huber, Reg. Karol. IV. No. 1688) nach.
  84. Cap. 16.
  85. Schon am 2. Juli 1354 findet sich eine derartige Urkunde s. Böhmer-Huber No. 1886 (vergl. die Urkd. im Strassburger U. B. V. No. 305, darin Johann als Neffe des Kaisers bezeichnet. Regg. Karoli IV, ebendort 1356 ian. 8. u. Jan. 12.
  86. Vergl. Böhmer-Huber No. 2390 über Verpflichtungen Karls an Johann von Strassburg. Huber No. 2593 (Strassburger U. B. V. No. 408). Vergl. auch Strassburger Urkundenbuch No. 321, 369 ff. 406. In No. 368 heisst Johann consangwineus und consiliarius des Königs.
  87. Cap. 5.
  88. So meint auch Harnack a. a. O.
  89. So urteilt auch J. Weizsäcker: der Pfalzgraf als Richter über den König (Abhdl. der Ges. d. Wissensch, z. Gött. Bd. 33, 1886), dessen Annahme eines Kompromisses wohl nur hinsichtlich der Ausschliessung des Contumacialverfahrens richtig ist. R. Löning: Zts. f. d. ges. Strafr. Wiss. 7, 674 versteht unter imperialis curia nicht den R. T., sondern das Reichshofgericht. Ob die Reichsverfassung vor der G. B. ein wirkliches Rechtsverfahren gegen den König kannte, ist bestritten. (Vergl. Weizsäcker a. a. O. und Harnack F. D. G. 26, 146 ff., dagegen Löning a. a. O. u. Z. R. G. 22,59). Cap. 52 der G. B. giebt jedenfalls einer Theorie des Sachsenspiegels die gesetzliche Anerkennung.
  90. S. näheres darüber bei Nerger a. a. O. S. 23 ff.
  91. Aus der Urkunde vom 11. Dez. 1356 (bei Jirecek: Cod. Juris Bohemici 2,1 S. 431 f.): … tamen quia nonnulli filii tenebrarum oculis coecutientibus a divina luce remoti in meridiana claritate palpitant etc. (Vgl. auch o. S. 15 Ann. 5.)
  92. Cap. 24.
  93. Das Capitel ist fast wörtlich dem Codex Justinian. IX, 8 entnommen. Wir haben darin eine der wichtigsten staatsrechtlichen Entlehnungen des M. A. aus dem Corpus juris. —
  94. G. B. Cap. 3.
  95. In Deutschland erhält der Mainzer den Platz zur rechten des Kaisers, ausser in der kölnischen Provinz, der Kölner zur Linken; in Italien und der kölnischen Provinz umgekehrt. Der Trierer erhält den Platz vor dem Kaiser.
  96. S. Bresslau: Urkundenlehre S. 391, 92. Er konstatiert als einzige Spur von aktiver Beteiligung der Erzkanzler an den Geschäften, dass Erzbischof Ludwig von Mainz 1375 und 76 einige wenige Urkunden eigenhändig rekognosciert hat.
  97. Trier sogar in Nürnberg selbst. S. Würdtwein Nov. Subs. XIII. 49 vom 9. Jan. 1356. Böhmer-Huber: No. 2392. Die Bestätigung für Köln ist schon vom 26. Nov. 1346. S. Lacomblet; U. B. III. 353. Böhmer-Huber No. 268.
  98. Cap. 4.
  99. Cap. 21, 22.
  100. Cap. 23 der G. B.
  101. Cap. 26, 27, 28, 30.
  102. Es waren da der Dauphin Karl von Frankreich mit seinem Bruder Philipp, englische und päpstliche Gesandte.
  103. Vergl. die Würdigung dieses Teils d. G. B. auf S. 21 o.
  104. Das ist von allen bis zu Harnack hin richtig erkannt worden.
  105. cf. Harnack S. 154 Anm. 5 sagt: Die Formeln: sicut ex consuetudine introductum u. ä. sind oft grundlos gebraucht, um dem Beschlüsse grösseres Ansehen zu geben.
  106. Das folgende nach R. Burdach: Vom Mittelalter zur Reformation Halle 1893. S. 21 ff., dessen vorzügliche Schilderung Karls und seines Hofes kaum zu übertreffen ist.
  107. S. Burdach a. a. O. 72.
  108. Nach Burdach a, a. O. S. 73. S. auch die Liste der Notare bei Böhmer-Huber.
  109. S. Burdach S. 74.
  110. Vergl. Theo Lindner: Das Urkundenwesen Karls IV. S. 126 ff.
  111. Dem Landgesetzbuch Karls für Böhmen, dessen Einführung am Widerstand der Grossen scheiterte.
  112. Spätlat. Dichter um 460 (Migne: Patrol. lat. 19. S. 19 f.). S. jetzt Huemer: Corp. scriptorum eccl. latinarum 10, 19 f. Vergl. über Sedulius Adolf Ebert: Geschichte der christlich-lateinischen Litteratur I, 358 ff.
  113. cf. Reimann a. a. O. S. 12, der gegen Burdach völlig irrt.
  114. S. oben p. 18.
  115. Harnack: a. a. O. s. 141. Anm. führt folgende Citate und Anklänge aus der Bibel an: Matth. 12, 25, 15, 14. Joh. 11, 10. I. Corinth 13, 13. Offenbar. Joh. 1, 12; 2, 5; 4, 5.
  116. S. näheres bei Lindner: Das Urkundenwesen Karls IV. S. 126 ff.
  117. G. B. Einleitung, Cap. 3.
  118. G. B. Cap. 1, 8, 9, 13, 15, 16.
  119. Sonst G. B. Cap. 1, 3, 7, 8, 9, 10, 13, 14, 16, 17, 20, 21, 24.
  120. Cap. 7. ad hoc precipue meditatio nostra dirigitur, qualiter desiderata … unio inter … electores vigeat et eorum corda in sincere caritatis concordia conserventur, quorum providentia orbi fluetuanti tanto celerius tantoque facilius subvenitur, quanto inter eos nullus error surrepserit.
  121. Cap. 22 … iuro … quod … cumdei adiutorio eligere volo.
  122. S. des öfteren Cap. 1 und II.
  123. S. oben S. 40.
  124. G. B. Cap. 12.
  125. Das Wort dafür basis nur hier und C. 25.
  126. In Cap. 25 insbesondere: ubimaius incumbit periculum, maius debet remedium adhiberi; nisi forsitan; hominibus principari; dimembrari statt dismembrari. 31. Theutonicum idioma sibi inditum, censetur; ut plures intelligant et a pluribus. Comperat.: plus ardua. —

    Vergl. ferner in Cap. 12: opem dare.
    Cap. 25 : basis, fatuus, principari.
    Cap. 31: idiomate inditum, opcioni parentum, pedagogos.
    Cap. 20: actus, auditusquis merit, jus fox officium et dignitas.
    Dazu Cap. 7: jus vox et potestas.

  127. E. Reimann a. a. O. S. 38 ff zeigt, dass diese Formulare, wenn auch mit einigen Veränderungen in Form und Ausdruck, an die bereits übliche Art und Weise derartiger Schriftstücke sich angeschlossen haben.
  128. Die übermässige Länge der Perioden tritt überhaupt mehr in der als mittelalterlich bezeichnenden Gruppe hervor wie in der humanistischen.
  129. interessendum muss als besonders stark mittelalterlich gelten.
  130. Cap. 14, dasselbe C. 5,2 habeat resspondere, dto. 4,2 habebit inquirere.
  131. G. B. Cap. 1,3.
  132. Cap. 1,4.
  133. Cap. 2,1, bei dieser Wendung freilich könnte man wohl auch geltend machen, dass sie vielleicht in altem Formular stand. —
  134. Vergl. G. B. Cap. 1 electio fuerit celebranda, super hoc fuerit requisitus talem debeant prestare conductum. Cap. II. imperialibus fuerit infulis coronatus graciose tenebitur promovere u. ä. Aber auch in Cap. VII und XII purior fuerit caritas custodita, cum moderamine siut permisse.
  135. Cap. I,5, XIV, XVII.
  136. Den Ertrag einer Vergleichung der G. B. mit der Majestas Carolina bezeichnet Reimann mit Recht als sehr gering, cf. Reimann a. a. O. S. 30. Anm. 2.
  137. S. Nerger a. a. O. S. 9.
  138. Abgedruckt bei Olenschlager a. a. O. Urkundenbuch No. 27. S. 74—82 und Jirecek a. a. O. II, 1, S. 393—401.
  139. Vergl. den Anfang von 7 u. 12 der G. B.
  140. Vergl. G. B. C. 12 quibus assidue mens nostra distrahitur.
  141. compar. Vergleich wie Cap. 7 der G. B.
  142. Vergl. die Einleitung der G. B.
  143. S. Olenschlager Urkundenbuch S. 75.
  144. Dreimal: Olenschlager a. a. O. S. 75 und 81.
  145. G. B. Cap. 1, 8, 9, 13, 15, 16.
  146. Vergl. Cap. 8 d. G. B.
  147. S. Olenschlager a. a. O. S. 77.
  148. [S. Olenschlager a. a. O.] S. 78.
  149. S. Olenschlager a. a. O. S. 79.
  150. Nach Friedjung: a. a. O. S. 78, 88 und Nerger S. 35.
  151. Noch einige andere röm. Rechtssätze finden sich (Cap. XIV u. XIX) vergl. Jacoby: Ztschrft. f. d. ges. Staatsw. XIII. 152. Ueber die sachliche Benutzung des Wahldekrets Gregors X., das Verhältnis der G. B. zu Schwabenspiegel und Sachsenspiegel beabsichtigte ich nicht neu zu handeln. Zuletzt besprochen von Reimann a. a. O. 14, 33 ff.
  152. S. Nerger: a. a. O. S. 36.
  153. Huber: Regg. Car. IV. No. 2297, 2321.
  154. S. Knod: Acta nationis germanicae in Bologna No. 970 (S. 137).
  155. Bei Knod folgende Notiz über ihn: de Fridberg: Könnte wohl identisch sein mit dem bekannten Kanzler Karls IV., dem späteren (1366) Bischof von Verden. In der Verkaufsurk., die von ihm erworbenen Güter bei Melpach betreffend, wird er immer genannt: her Rudolf Joh. Rulen son von Frideberg probiste zu Wetzlare (1361, 62) 1351 Jan. 19. Meister Rudolf von Friedberg Kanoniker ze Condencz (Cod. Bald. f. 197). 1365 beurkundet er selbst als pps. Wetflariensis.
  156. S. Gudenus; Cod. Diplomat. Tom. III. p. 483 a 1751.
  157. Ich verweise für alle Einzelheiten auf die Einleitung bei Huber und die Nachrichten bei Nerger, Friedjung und besonders in dem vorzüglichen Werke von Burdach.
  158. Vergl. dazu Huber: Einleitung.
  159. Von Karl (Huber No. 1385) als notarius, secretarius, et familiaris noster dilectus bezeichnet a. 1351.
  160. S. Die bei Friedjung angeführte Stelle als charakteristisch dafür p. 111.
  161. Vergl. darüber Burdach a. a. O. 104.
  162. Beim Vergleich solcher Urkunden aus Karls Kanzlei ist ein gemeinsamer Grundzug nicht zu verkennen.
  163. ed. von Tadra im Arch. f. Oe. Gesch. Bd. 68.
  164. Ediert von Tadra mit czechischem Vorwort.
  165. Collectarius perpetuarum formarum ed. Hans Kaiser. Innsbruck 1900.
  166. Ich folge z. grossen Teil der hervorragenden Schilderung, die Burdach a. a. O. von Karls IV. Persönlichkeit giebt.
  167. Vergl. das Bild der Verfassung des deutschen Reiches um 1346 Werunsky: Geschichte Kaiser Karls IV. II1 S. 1—59.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Diese Urkunde bei Wikisource: Urkunde Gerlachs von Mainz über ein Kurfürstenweistum, betreffend die sächsische Kur
  2. Diese Urkunde bei Wikisource: Urkunde Karls IV. über ein Kurfürstenweistum, betreffend die pfälzische Kur
  3. Die Urkunde Gerlachs bei Wikisource: Urkunde Gerlachs von Mainz über die Rechte des Königs von Böhmen
  4. Eine dieser Urkunden: Urkunde Rudolfs des Jüngern über das Kurrecht des Königs von Böhmen
  5. Vorlage: Befatung
  6. Vorlage: .
  7. In der Vorlage steht hier eine Wellenlinie, mit der bestimmte Textstellen auf der nächsten Seiten kenntlich gemacht wurden. Aus technischen Gründen verwendet diese Edition einen Überstrich.