Unsterblich
Unlängst, als die Größte von den Kleinen,
Meinen Hals umschlingend, vor mir stand,
Fand sie jene Spur an meiner Schläfe,
Wo der Tod hinstrich mit zager Hand.
„Vater - schau! Ein graues Härchen! Schau!“
Und nach einem langen Sinnen sprach sie:
„Warum werden wohl die Menschen grau?“
„Nach der Sonne Glück, des Regens Trauer,
Werden gelb die schönen grünen Blätter,
Und der Menschen Haare werden grau.“
Lange sah sie gradaus mir ins Antlitz.
Plötzlich rief sie: „Väterchen, nicht wahr?
Ach, dann gibst du’s mir, das liebe Haar!
Betteln will ich auch bei Mutter, daß sie
Jedes graue Haar mir geben muß.
Sammeln will ich sie in meinem Kästchen,
Tod, mein guter Freund, ich spotte dein.
Jedes Haar, das du gezeichnet, trägt mir
Schönheit eines jungen Lebens ein.
Hier im Grund des Hauses eingepflanzt;
Seine Fülle wird noch Blüten treiben,
Wenn der Wind mit meinem Staube tanzt.