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Ueber elektrische Abbildungen

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Autor: Gustav Karsten
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Titel: Ueber elektrische Abbildungen
Untertitel:
aus: Annalen der Physik und Chemie, Band LX
Herausgeber: Johann Christian Poggendorff
Auflage:
Entstehungsdatum: 1843
Erscheinungsdatum: 1843
Verlag: Johann Ambrosius Barth
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans auf Commons, Google
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[1]
I. Ueber elektrische Abbildungen;
von G. Karsten.


Seit mein letzter Aufsatz über die elektrischen Abbildungen in diesen Blättern erschienen ist, sind von verschiedenen Seiten her Abhandlungen über die Erzeugung von Abbildungen durch verschiedene Methoden bekannt gemacht worden. Prof. Moser hat seine Theorie in einer eigenen Schrift auseinandergesetzt, die Ansichten der HH. Hunt und Knorr sind in diesen Blättern, die der HH. Fizeau, Daguerre, Masson und Morren in den Comptes rendus zu finden. Es sey mir erlaubt, diese verschiedenen Ansichten einer Prüfung zu unterwerfen. Bevor ich jedoch dieß unternehme, will ich noch einige neue Thatsachen, die sich bei den fortgesetzten Versuchen ergeben haben, berichten.

Es schien mir zur Erkenntniß des Processes der Bilder-Erzeugung von großer Wichtigkeit, die Art der Oberflächenveränderung einer genauen Prüfung zu unterwerfen. Mittelst dieser Untersuchung hoffte ich zur Entscheidung der Frage, zu gelangen: welcher Kraft die Bilder-Erzeugung zugeschrieben werden müsse, ob dem Lichte, der Wärme oder der Elektricität. Zuerst betrachtete ich die Platte (meist eine Messing- oder Kupferplatte), auf der durch Elektricität ein Bild erzeugt worden war, unter dem Mikroskop; allein ich konnte durchaus keinen Unterschied zwischen dem Bilde und den übrigen Theilen der Platte auffinden. Behauchte ich die Platte, so schien auf den ersten Anblick das Bild der erhabenen Theile nicht benäßt zu seyn; allein bei scharfer Besichtigung bemerkte ich, daß ein viel feinerer [2] Hauch diese Theile überzogen hatte. Unter dem Mikroskop zeigt sich der Hauch als eine große Menge einzelner Tropfen, die so an der Platte haften, wie etwa ein Quecksilbertropfen an einer Silberplatte.

Der feine Hauch unterscheidet sich von dem gewöhnlichen dadurch, daß die kleinen Tropfen mehr in einander verlaufen, und fast eine zusammenhängende Wasser-Oberfläche bilden. Durch den Proceß der Bildererzeugung ist also die Adhäsion des Dampfes vermehrt worden. Diese Eigenschaft der elektrischen Bilder, die Dämpfe stärker zu condensiren, führte mich auf die Vermuthung, daß hier ein ähnlicher Proceß vor sich ginge, wie bei einer Platinplatte am Sauerstoffpol einer galvanischen Kette, daß also die Platten an den Stellen der Bilder absolut rein würden. Zwar stellte ich mit Platten verschiedener Metalle Versuche an, um zu sehen, ob vielleicht Gasarten von denselben condensirt würden; allein ohne Erfolg. Dennoch glaube ich, daß Versuche mit Platinplatten (deren ich mich nicht bedient habe) gute Resultate geben würden.

Statt der Condensation der Dämpfe suchte ich ein anderes Mittel aufzufinden, um die Bilder sichtbar zu machen, welches besonders dazu dienen sollte, die positiven Bilder von den negativen zu unterscheiden. Condensirte Dämpfe, besonders der Hauch, dessen Gebrauch am bequemsten ist, täuschen nämlich oft über die Art des Bildes, das je nach der verschiedenen Lage der Platte zum auffallenden Lichte bald positiv, bald negativ erscheint. Weil nun aus der verschiedenen Condensation der Dämpfe eine bedeutende Differenz zwischen Platte und Bild ersichtlich ist, so wollte ich untersuchen, wie weit diese Differenz auf einen chemischen Proceß Einfluß ausüben könnte. Ich brachte daher zwei Messingplatten, auf denen elektrische Bilder erzeugt worden waren, in eine schwache Kupfervitriolauflösung, und verband sie mit den Polen eines Calorimotors. In kurzer [3] Zeit kamen beide Bilder durch entgegengesetzte Processe zum Vorschein. Am Sauerstoffpole war das Bild nur schwach, aber es war wenigstens so viel ersichtlich, daß die, den erhabenen Theilen des Objects entsprechenden Stellen des Bildes stärker angegriffen wurden, nahezu so stark wie der dem andern Pole zugekehrte Band der Platte. Am Wasserstoffpole dagegen schlug sich das Kupfer aus der Lösung auf die Zeichnung eben so stark nieder wie auf den Rand der Platte; es entstand also ein rothes Bild auf gelbem Grunde. Aus diesem Verhalten geht wieder hervor (da die Wirkung an den Stellen des Bildes beschleunigt wurde), daß durch den Proceß der Bildererzeugung irgend welche Reinigung der Platte verursacht werde.

Da sich dieser Unterschied, im Verhalten innerhalb der Kette gezeigt hatte, konnte ich nun viel einfacher verfahren. Eine Messingplatte mit darauf befindlichem elektrischem Bilde wurde in eine sehr verdünnte Auflösung von salpetersaurem Silberoxyd getaucht. Sogleich wurde das Silber aus der Auflösung gefällt, und zwar auf der Zeichnung stärker, als auf dem Grunde des Bildes. Wischte ich die Platte ab, so wurde das Bild oft erhalten, und zeigte mitunter eine weiße metallische Färbung, die von regulinischem Silber herrührte, und sich auf dem gelben Grunde der Messingplatte sehr hübsch ausnahm. Denselben Erfolg, wie zwischen Messing- oder Kupferplatten und salpetersaurem Silberoxyd, hat man zwischen Zinkplatten und schwefelsaurem Kupferoxyd. Eigentlich negative Bilder, d. h. solche, auf denen die Zeichnung gar nicht angegriffen wurde, habe ich in der Kette nie entstehen sehen. Bei Anwendung von Dämpfen erscheinen die Bilder dagegen fast immer negativ, und nur dann positiv, wenn man verschiedene Arten von Dämpfen anwendet; wenn man z. B. eine Platte erst jodirt und dann quecksilbert, so greifen die Quecksilberdämpfe [4] häufig die Theile an, die von den Joddämpfen freigelassen worden waren.

Die Moser’sehen Bilder zeigen nun sowohl in der Kette als bei der Reducirung des Metalls aus den Auflösungen dieselben Eigenschaften, wie die elektrischen Abbildungen. Wir müssen also folgern, daß die Kräfte, welche die elektrischen Abbildungen und die Moser’schen Bilder erzeugen, eine gleiche Oberflächenveränderung hervorrufen. Dasselbe gilt von den Bildern, deren Erzeugung durch Wärme beschleunigt wird, worunter ich aber weder die von Knorr, noch die von Hunt angegebenen verstehe, die gar nicht hierher gehören, sondern ganz andern Processen zugeschrieben werden müssen, wie sich später ergeben wird. Es wäre interessant zu wissen, ob die Daguerre’schen Bilder dasselbe Verhalten zeigen. Halten wir den eben gefundenen Satz fest, und vergleichen wir weiter die Moser’schen und elektrischen Bilder.

Legt man auf eine Metallplatte ein Glimmerblatt und auf dieses eine Münze, so entsteht kein Moser’sches Bild; ich habe eine solche Platte über sechs Wochen ohne Erfolg liegen lassen. Das Glimmerblatt war ausgezeichnet schön abgebildet, von der Münze aber keine Spur sichtbar. Wenn nun eine Farbe irgend einer Brechbarkeit Ursache der Moser’schen Bilder wäre, so müßte ein Bild entstehen, denn der Glimmer ist für alle Farben durchsichtig, er läßt weißes Licht hindurch, das unsichtbare Licht wird sich also durch mehr als durch seine Brechbarkeit von allen Farben des Lichts unterscheiden. Jedenfalls werden wir aus dem Versuche mit dem Glimmerblatt folgern können, daß die elektrischen Abbildungen nicht von unsichtbarem Licht herrühren, es sey denn, daß die Elektricität das unsichtbare Licht in ungeheurer Intensität enthielte. Bestimmt ist es nicht das elektrische Licht, was die Bilder hervorbringt, denn von der Münze schlagen über das Glimmerblatt fortwährend Funken nach [5] der Platte über. Der Weg dieser Funken müßte also sichtbar seyn, wenn das ’elektrische Licht Ursache der Bilder wäre; allein er ist es nicht, wohl aber die Stelle der Platte, in welche der Funke hineinschlug, wo also die Ausgleichung der elektrischen Spannung vor sich ging. Nun ist ja Glimmer einer der stärksten Isolatoren. Gesetzt also es lägen Gründe vor, die Moser’sehen Bilder einer schwachen elektrischen Erregung zwischen Platte und Object zuzuschreiben, so würde es uns nicht mehr auffallen, durch ein Glimmerblatt hindurch kein Moser’sches Bild entstehen zu sehen; es hieße dieß dann eben so viel verlangen, als ein Bild zu erzeugen, wenn zwischen Platte und Object eine Luftschicht wäre, deren Isolationsvermögen dem des Glimmerblättchens gleich ist. Gerade aber das Isolationsvermögen des Glimmers ist die Ursache, weshalb die elektrischen Bilder auf Metall durch Glimmer hindurch in kurzer Zeit entstehen; denn nur hierdurch ist es möglich, die elektrische Spannung bis zu einem hohen Grade zu erregen. Also das der Elektricität Eigentümliche, die elektrische Spannung, ist die Ursache der elektrischen Bilder, nicht das elektrische Licht, nicht die möglicherweise entstehende Wärme; und behauptet man, unsichtbares Licht sey die Ursache der elektrischen Bilder, so giebt man zu, daß unsichtbares Licht Elektricität sey.

Die Moser’schen und die elektrischen Bilder zeigen ein genau gleiches Verhalten gegen Dämpfe und gegen Licht. Sie haben genau gleiche Eigenschaften in Bezug auf das Nivelliren (was ein sehr gutes Reagens auch für elektrische Abbildungen auf jodirten Silberplatten ist). Wir müssen hieraus folgern, daß die Veränderungen, welche von den beiden Kräften: dem unsichtbaren Lichte und der Elektricität, hervorgerufen werden, durchaus gleich seyn müssen, da sie von ein und derselben dritten Kraft in gleicher Weise modificirt werden.

Die Moser’schen Bilder können nicht in großer [6] Entfernung entstehen. Hieraus folgt, daß das unsichtbare Licht sich vom gewöhnlichen auch noch dadurch unterscheidet, daß es sich nicht beliebig weit fortzupflanzen vermag, man müßte denn der Luft ein unverhältnißmäßig starkes Absorptionsvermögen für das unsichtbare Licht zuschreiben. Eine Aehnlichkeit mit der Elektricität zeigt aber hierin wieder das unsichtbare Licht, denn der Wirkungskreis der Elektricität ist ja auch nur ein sehr beschränkter.

Die Moser’schen und elektrischen Bilder schwärzen weder Jod, noch salpetersaures Silberoxyd, noch Hornsilber. Folglich hat das unsichtbare Licht wieder andere Eigenschaften wie das gewöhnliche Licht, dieselben wie die Elektricität.

Unsichtbares Licht ist endlich, nach Prof. Moser, in keiner unserer Lichtquellen enthalten, wohl aber in jedem Körper. Elektricität ist auch nicht im Sonnenstrahl, höchstens könnte sie da entstehen, wo der Sonnenstrahl auf einen Körper trifft; aber elektrische Erregbarkeit kommt jedem Körper in Verbindung mit einem andern zu.

Wir haben also folgern können: 1) die Elektricität, und nicht Licht, weder gewöhnliches noch unsichtbares (außer in großer Intensität), ist die Ursache der elektrischen Abbildungen; 2) Elektricität und unsichtbares Licht bringen genau dieselben Veränderungen an Körpern hervor; 3) Elektricität und unsichtbares Licht unterscheiden sich gleicherweise vom gewöhnlichen Lichte durch ihren geringen Wirkungskreis und durch ihr Verhalten gegen lichtscheue Substanzen; 4) unsichtbares Licht kommt nicht da vor, wo Licht ist, in der Sonne, den Sternen u. s. w., wohl aber in allen Körpern; folglich ist es eine allen Körpern zukommende gemeinsame Eigenschaft, wie die elektrische Erregbarkeit.

Diese Gründe zusammengefaßt scheinen mir die Analogie zwischen Elektricität und unsichtbarem Lichte stark [7] genug zu machen, um beide identificiren zu können, und von dieser Ansicht aus will ich versuchen eine Erklärung der Erscheinungen zu geben.

Wenn zwei Körper, die irgendwie von einander verschieden sind, in Berührung mit einander kommen, so entsteht ein elektrischer Strom. Dieser, wiewohl sehr allgemeine Satz, möchte wohl zugegeben werden können; wir wissen, daß nicht nur durch Berührung zweier Metalle ein elektrischer Strom entsteht, wie es der Volta’sche Fundamentalversuch zeigt, sondern die Untersuchungen sind auch auf viele andere Stoffe ausgedehnt worden. Wenn auch bei den meisten Körpern ein directer Nachweis der entstandenen Elektricität nicht gegeben ist, so haben wir doch kein Recht ihr Vorhandenseyn zu läugnen, da uns die Mittel fehlen, eine sehr schwache elektrische Erregung zu messen. Eine Leidner Flasche, stark geladen, giebt keinen Schlag mehr, wenn sie durch einen langen nassen Faden entladen wird. Wir wissen jedoch, daß starke Elektricität vorhanden war; wie aber, wenn uns die Mittel gefehlt hätten, welche die Spannung der Flasche angezeigt hatten, hätten wir dann Recht gehabt, die Existenz der Elektricität in der Flasche zu läugnen? In diesem Falle ist es die Verzögerung des Stromes, die uns die Spannung zu erkennen verhindert. Kommt nun noch hinzu, daß die Spannung überhaupt nicht kräftig erregt wird, und daß sie schon wieder ausgeglichen wird, ehe sie einige Intensität erlangt hat, so wird es uns nach unseren jetzigen Mitteln unmöglich seyn, den dennoch existirenden elektrischen Strom nachzuweisen. Diese drei Umstände vereinigen sich bei den Moser’schen Bildern, um uns die elektrische Spannung zwischen Object und Platte entgehen zu lassen. Legen wir eine Münze auf eine Metallplatte, so möchten wir im Augenblick der Berührung noch allenfalls den entstehenden elektrischen Strom nachweisen können. Ist aber das Object ein anderer Körper, etwa ein Halbleiter, so ist erstens [8] die erregte Elektricität schwach; zweitens kann die Spannung zu keiner Intensität gelangen, weil eine fortwährende Ausgleichung derselben stattfindet; drittens geschieht diese Ausgleichung ganz allmälig wegen der materiellen Beschaffenheit des Objects. Dieß wären etwa die Ursachen, weshalb die Anwesenheit eines elektrischen Stroms bei dem Processe der Bildererzeugung uns entgehen könnte. Ob dieser elektrische Proceß nun die wahrscheinliche Ursache ist, ist eine neue Frage; viele Umstände weisen darauf hin, daß er es ist:

1) Wir wissen, daß durch Elektricität Abbildungen entstehen.
2) Diese haben viele gleiche Eigenschaften mit den Moser’schen Bildern.
3) Die Moser’schen Bilder entstehen durch einen Proceß, bei dem man die Elektricität als anwesend betrachten kann, während das unsichtbare Licht eine qualitas occulta ist, und die Wärme am wenigsten als die Ursache der Bilder angesehen werden kann, wie schon Prof. Moser nachgewiesen hat, und wie ich nachher noch weiter zu beweisen denke.
4) Werden die Versuche so eingerichtet, daß kein elektrischer Strom entstehen kann, so entstehen auch keine Abbildungen. Wenn man also zwischen Object und Platte einen Isolator einschaltet, entsteht kein Bild. Wenn man möglichst gleichartige Körper von derselben Temperatur aufeinanderlegt, so entsteht kein Bild. Ein Zusammenhäng mit der Elektricität ist also bei der Bildererzeugung wohl ersichtlich, nicht aber mit dem unsichtbaren Lichte, wenn dieses die Haupteigenschaften des Lichtes haben soll.

Bei dieser Gelegenheit will ich einen Versuch anführen (der aber noch wiederholt werden muß), welcher mir nicht unbedeutend für die Entscheidung dieser Frage zu seyn scheint. Eine Silbermünze wurde auf eine [9] Messingplatte gelegt, und außen herum mittelst eines Kupferstreifens mit der Platte verbunden. Eine gleiche Münze wurde auf eine gleiche Platte und zwischen zwei Glasplatten gelegt. Die Münzen und Platten waren lange Zeit in demselben Räume gewesen, und wurden drei Tage lang an demselben Orte aufbewahrt. Nach Verlauf dieser Zeit gab die erste Münze ein ausgezeichnetes, die zweite ein sehr schlechtes Moser’sches Bild; bei der ersten konnte der elektrische Strom sich durch den Kupferstreifen ausgleichen, während bei der zweiten die Ausgleichung der Spannung durch die Münzen selbst vor sich gehen, also die Bildererzeugung hindern mußte.

Ein Haupteinwand, der gegen diese Erklärung des Processes der Bildererzeugung gemacht werden kann, ist der, daß auch Bilder in einer, wenn auch sehr geringen, Entfernung des Objects von der Platte entstehen. Doch auch hierauf wird sich mancherlei erwiedern lassen. Schon Volta hatte die Ansicht, daß zwischen zwei einander sehr genäherten Platten eine elektrische Spannung entstände. Diese Spannung wird natürlich bedeutend geringer seyn, als die bei der Berührung entstehende, wegen des Gesetzes der Abnahme der Kräfte; aber man vergleiche auch nur solche Bilder, die in einiger Entfernung entstanden sind, mit denen, die durch unmittelbare Berührung erzeugt wurden; wie sich diese zu einander, so mögen sich die erregten Spannungen in beiden Fällen verhalten. Ferner, können wir wirklich sagen, zwei Platten aus der galvanischen Kette berühren einander vollkommen, ohne daß eine, wenn auch noch so dünne Luftschicht sie trennt? Gewiß nicht, es handelt sich also hier nur um einen Quantitäts-, nicht um einen Qualitäts-Unterschied, und wenn man die Elektricitätserregung durch sogenannte Berührung zugiebt, so muß man auch zugestehen, daß in einer kleinen Entfernung solche Erregung denkbar ist.

[10] Ein zweiter bedeutender Einwand ist der, daß durch Galvanismus keine Bilder erzeugt werden. In dem vorigen Aufsatze habe ich erwähnt, daß es mir weder durch einen Calorimotor, noch durch eine Volta’sche Säule gelungen ist unzweideutige Resultate zu erlangen. Dieß schiebe ich jedoch auf die schlecht angestellten Versuche, und ich bin jetzt beschäftigt neue anzustellen, mit denen ich, wie ich hoffe, zum Ziele kommen werde.

Einen dritten Einwand endlich könnte man aus dem Schlusse nehmen, den Prof. Moser gegen die Erzeugung der Bilder durch Wärme gezogen hat, und der auch hier passend erscheint. Er sagt nämlich, daß die Wärme in den Leitern schnell verbreitet würde, und es also unmöglich wäre, scharf begränzte Bilder zu erhalten. Bei der Elektricität findet nun die Leitung noch unendlich viel schneller statt, aber nicht ihr, sondern der Spannung, die an ganz bestimmten Punkten erregt wird, kommt die Bildererzeugung zu.

Was nun den Einfluß der Wärme auf die Bildererzeugung betrifft, so verhält es sich damit so. Wird durch irgend einen Proceß die Verschiedenheit zwischen Platte und Object vergrößert, so wird dadurch notwendig der elektrische Proceß befördert werden. Die Wärme kann also nach der aufgestellten Ansicht dadurch die Bildererzeugung beschleunigen, daß sie eine thermo-elektrische Spannung hervorbringt. Es hat mich sehr überrascht, daß Hr. Knorr, obwohl er der Wärme die Bildererzeugung vindicirt, dennoch bei diesem Processe Aufschlüsse über Thermo-Elektricität erwartet. Umgekehrt kann man sich auch den Fall denken, daß die Wärme hindernd wirkt, wenn z. B. durch Erwärmung des Objects, dieses in der Spannungsreihe der Platte näher gebracht wird.

Dieß ungefähr ist meine Ansicht über die Erzeugung der Bilder. Mag sie nicht die richtige seyn, so scheint sie mir doch jedenfalls wahrscheinlicher als die vom unsichtbaren [11] Lichte, von der Wärme u. A. Ueberhaupt möchte es wohl zu voreilig scheinen, jetzt schon, mit Erklärungen aufzutreten, da die Thatsachen noch so neu sind und täglich durch andere vermehrt werden; allein gerade dadurch, daß von verschiedenen Ansichten aus Versuche angestellt werden, werden unsere Kenntnisse über diesen Gegenstand sich so erweitern, daß die falschen Ansichten bald in den Hintergrund treten müssen.

Die Entdeckung des Prof. Moser scheint mir also keine Verallgemeinerung der Daguerre’schen zu seyn, sondern vielmehr eine solche, die uns ein ganz neues Gebiet eröffnet, indem sie uns Aufschlüsse über die feinsten elektrischen Beziehungen der Körper zu einander giebt.

In den andern Hypothesen, die aufgestellt worden sind, wird die Wärme und eine organische Verunreinigung der Platten als Ursache der Moser’schen Bilder angegeben. Vertreter der ersten Ansicht sind Hr. Hunt und Hr. Knorr; der zweiten die HH. Fizeau, Daguerre, Masson, Morren.

Prof. Moser erwähnt gleich in seiner ersten Abhandlung[1], daß er zuerst der Meinung gewesen sey: Temperaturdifferenzen möchten die Ursache der Bilder seyn. Er hatte nämlich durch Erwärmung bald der Platte, bald des Objects in kürzerer Zeit Bilder erhalten. Bald aber gab er diese Ansicht auf, indem er fand, daß Körper von gleicher Temperatur sich ebenfalls auf einander abbildeten. Man hätte glauben sollen, daß es nur darauf ankommen würde, die Richtigkeit dieser Versuche entweder zu bestätigen oder zu läugnen, und die Wärme als Ursache der Bilder zu verwerfen oder anzunehmen. Allein gleich darauf erscheinen zwei Abhandlungen, von Hunt und von Knorr, welche beide der Wärme die Bildererzeugung vindiciren, ohne der Versuche des Prof. Moser zu erwähnen. Hr. Hunt sagt zwar nicht genau, [12] durch welche Aeußerung der Wärme die Bilder hervorgebracht werden, ob durch Temperaturdifferenz oder durch die specifische Wärme u. s. f.; aber seine Versuche sind nur dann einigermaßen verständlich, wenn man annimmt, daß er eine hervorgebrachte Temperaturdifferenz als Ursache der Bilder annimmt. Hr. Knorr ist der Meinung, daß eine gewisse Quantität Wärme zwischen Platte und Object in einer gewissen Zeit ausgetauscht werden müsse, um ein Bild zu erzeugen.

Aus den Versuchen des Hrn. Hunt[2] scharfe Folgerungen zu ziehen, ist durchaus unmöglich. In Versuch No. 9 legte er blaue, rothe, orangefarbene Gläser, Kron- und Flint-Glas, Glimmer und Zeichenpapier auf eine Kupferplatte, und ließ diese Gegenstände eine halbe Stunde liegen. Nach Verlauf dieser Zeit gaben rothes Glas, Kron- und Flint-Glas gute Bilder, das orangefarbene Glas ein schwaches, Glimmer und blaues Glas keine, das beste aber das Zeichenpapier. Nun folgere man etwas hieraus! Die schlechten Leiter sind es nicht, welche die besten Bilder geben, denn sonst müßte das blaue und orange Glas und der Glimmer gute und das Zeichenpapier ein schlechtes Bild gegeben haben. In Versuch No. 16 legte er außer den angegebenen Körpern ein berußtes Glas, ein Stück Kohle, ein Stück Kupfer auf die Platte, und alles in die Sonne. Nach einiger Zeit brachten Quecksilberdämpfe die Bilder in folgender Ordnung hervor: das berußte Glas, Krön- und Flint-Glas, das rothe Glas, Glimmer, das orange Glas, Papier, Kohle, Kupfer, das blaue Glas. Der Schluß, den Hr. Hunt aus diesen Versuchen zieht, ist: »Ich habe immer gefunden, daß diejenigen Substanzen, welche die Wärme am meisten absorbirten oder durchließen, die besten Bilder gaben.« Unter dieser Form ist der Schluß sicher falsch, denn Kupfer und Kohle absorbirten ohne Zweifel [13] mehr Wärme als die Gläser, und dennoch gaben sie schlechte Bilder. Der Sinn in diesem Satze ist der, daß die absorbirenden Substanzen gute Bilder geben, wenn sie schlechte Leiter sind, also zwischen ihnen und der Platte eine Temperaturdifferenz hervorgebracht wird, und daß die Substanzen, welche die meiste Wärme hindurchlassen, gute Bilder geben, wenn sie selbst kalt bleiben, während die Platte erwärmt wird. Wie anders aus dem angeführten Versuch gefolgert werden kann, ist mir nicht deutlich.

Nach seinen Beobachtungen giebt Hr. Hunt noch ein Verfahren an, um gute Bilder zu erhalten; ich erwähne hier desselben nicht ausführlich, da es schon in diesen Blättern beschrieben ist[3]. Nur muß ich hinzusetzen, daß Hr. Hunt hier offenbar etwas ganz Fremdartiges in das Spiel bringt. Diese Bilder sind weder Moser’sche noch Wärme-Bilder, sondern eine Art Lithographie von Druckerschwärze auf Quecksilber. Denn die so erzeugten Bilder sind erstens schon ohne Anwendung von Dämpfen sichtbar; zweitens lassen sie sich leicht abwischen, unterscheiden sich also schon dadurch von den tief in die Platte eindringenden Wärmebildern.

Ferner weiß man wie empfindlich eine reine Quecksilberoberfläche gegen Fett ist, und daraus geht hervor, daß gedruckte Schrift oder Holzschnitte stets Spuren auf dem Quecksilber hinterlassen werden. Sodann habe ich mit Wasserfarben niemals solche Bilder erhalten, wohl aber Moser’sche und elektrische Abbildungen. Will nun Hr. Hunt behaupten, daß Wärme die Ursache der Moser’schen Bilder sey, so hat er vorerst genauer anzugeben, worauf sich diese Behauptung stützt, denn seine Versuche beweisen nichts. Dann aber muß er beweisen, daß andere Kräfte nicht Ursache der Bilder seyn können; er muß erklären, warum durch Elektricität Bilder [14] entstehen können, wo von einer Wärmewirkung gar nicht die Rede seyn kann.

Hr. Knorr behauptet[4], daß gewisse Stadien der Wärmebilder unterschieden werden müßten. Wenn nämlich eine gewisse Quantität Wärme zwischen Platte und Object in einer Zeit ausgetauscht ein Moser’sches Bild hervorbrächte, so gäbe es noch ein weiteres Stadium, wenn die Zeit verkürzt würde, wo das Bild ohne Anwendung von Dämpfen erschiene. Dieses zweite Stadium ist nun die neue Entdeckung von Hrn. Knorr, denn überhaupt zuerst die Wärme zur Erzeugung von Bildern angewendet zu haben, kann er nicht behaupten, da dieß schon vom Prof. Moser geschehen ist, dessen Versuche er aber ganz zu ignoriren scheint. Die Entdeckung des zweiten Stadiums gebührt also Hrn. Knorr, nur ist es Schade, daß die im zweiten Stadium entstehenden Bilder gar nichts mit den Moser’schen zu thun haben, sondern eine ganz fremdartige Erscheinung sind. In No. 5 meines vorigen Aufsatzes erwähnte ich schon, daß mittelst Wärme erzeugte Bilder oft ohne Anwendung von Dämpfen zum Vorschein kamen; damals wußte ich von Hrn. Knorr’s Versuchen noch Nichts. Als diese mir bekannt wurden, wiederholte ich dieselben, und fand, daß es eben jene Bilder waren, die ich früher beobachtet hatte. Jetzt bin ich zu dem Resultate gekommen, daß diese Bilder einer Oxydation der Platte zugeschrieben werden müssen.

Es ist auffallend, daß Hr. Knorr keine Platten von edlen Metallen angewendet hat, da doch der Gedanke an eine Oxydation bei so starker Erhitzung sehr nahe liegen mußte. Auf Platin- und Gold-Platten habe ich niemals Knorr’sche Thermographien erhalten wohl aber waren dann nach der Erhitzung immer Moser’sche Bilder vorhanden. Hr. Knorr benutzte zwar Daguerreotyp-Platten, allein diese können nicht entscheidend seyn, da ihnen ganz [15] eigentümliche, noch unerklärte Eigenschaften zuzukommen scheinen. Schon Daguerre hat dieß behauptet, indem er sagte, daß reine Silberplatten nicht so gut zu Daguerreotypen zu gebrauchen wären. Ich kann ein solches eigenthümliches Verhalten der Daguerre’schen Platten anführen. Im Bd. LVIII S. 117 erwähnte ich, daß auf Daguerreotyp-Platten elektrische Abbildungen der Münze schon ohne Dämpfe sichtbar würden, wenn man eine große Menge Elektricität anwendet. Dieß Verhalten ist allen Legirungen eigentümlich; ich habe auf verschiedenen Messingplatten ganz ähnliche, nur anders gefärbte Bilder erhalten. Matteucci macht eine Notiz in den Comptes rendus bekannt[5], worin er schwarze Flecken beschreibt, die sich auf den Daguerreotyp-Platten bilden, wenn man Funken aus dem Conductor hineinschlagen läßt. Diese schwarzen Flecke haben denselben Ursprung wie jene Abbildungen, die also von den kleinen Fünkchen zwischen der Platte und dem Glimmerblättchen herrühren. Auf reinem Silber entstehen ebenfalls solche Bilder, nur schwächer. Ferner, wenn man Daguerreotyp-Platten, oder auch reine Silberplatten erhitzt, so überziehen sie sich mit einer weißlichen Haut, ein Beweis, daß auf ihnen durch Hitze allerdings Veränderungen hervorgebracht werden, die zur Entstehung der Knorr’schen Bilder Anlaß, geben können. Die Anwendung von Daguerreotyp-Platten (selbst die von reinen Silberplatten) war also nicht hinreichend, um darzuthun, daß die Thermographien keine Oxydationen seyen. Da nun auf edlen Metallen keine Bilder des zweiten Stadiums entstehen, und folglich diese Bilder gar keinen Zusammenhang mit den Moser’schen haben, so fällt die Hypothese des Hrn. Knorr von selbst zusammen.

Was nun die Hypothese des Hrn. Fizeau betrifft, so behauptet dieser[6] daß eine flüchtige organische Substanz [16] die an allen Körpern haftet, Ursache der Moser’schen Bilder sey. Diese Behauptung wird Unterstützt von einem Versuche, in welchem auf einer, nach Daguerre’s neustem Verfahren vollkommen polirten Platte kein Moser’sches Bild entstand. Dieser Versuch, der der Wiederholung zu bedürfen scheint, würde doch noch den Beweis von der Existenz der organischen Unreinigkeit zu führen übrig lassen. Jod auf einer Silberplatte condensirt, wird wohl diese organische Schmutzdecke nicht sogleich erhalten, dennoch erhält man mit sorgfältig polirten Gegenständen ein gutes Bild. Eine Platinplatte, die am Sauerstoffpol einer Kette gewesen war, nahm ein sehr gutes elektrisches Bild an; eine solche Platte ist aber absolut rein, und könnte nur beim Abtrocknen wieder von der organischen Unreinigkeit etwas aufnehmen. Auf Glas, einem so harten und leicht zu reinigenden Körper, erhält man, je sorgfältiger es polirt wird, um so schönere Bilder. Eine Glasplatte wurde in destiliirtem Wasser erhitzt und dann das Wasser von ihr verdampft. Eben so wurde das abzubildende Object behandelt, und auf diese Weise beide sicher von der organischen Unreinigkeit befreit; nichts desto weniger erhielt ich ein vortreffliches elektrisches Bild.

Die Erklärung des Hrn. Fizeau weist uns allerdings darauf hin, mehr Acht auf die Adhäsions-Erscheinungen an den Platten zu haben, als dieß bisher geschehen ist. Eine Messingplatte, die eben, und eine solche, die eine Stunde vorher polirt ist, unterscheiden sich schon der Farbe nach bedeutend, die erstere ist vielleicht heller. Wäre indessen eine organische Verunreinigung Ursache der Bilder, so müßte auf der zweiten viel eher ein Bild entstehen, wie auf der ersten, während gerade das Umgekehrte der Fall ist. Allein ein Bild auf einer frisch polirten Platte tritt weniger deutlich durch die Dämpfe hervor, weil diese von der ganzen Platte schon in sehr fein zertheiltem Zustande condensirt werden, indessen [17] ist das Bild viel schärfer begränzt. In sofern stimme ich mit Hrn. Fizeau überein, daß auch ich behaupte, durch den (elektrischen) Proceß der Bildererzeugung werde irgendwie eine Reinigung oder Glättung oder dergl. m., kurz ein Zustand der Platte bewirkt, in welchem sie eine größere Adhäsion zu Dämpfen und überhaupt eine größere Reinheit in allen Wirkungen zeigt.

Dasselbe wäre bei den folgenden Versuchen der HH. Masson[7] und Morren[8] hinzuzufügen, welche ungefähr von derselben Idee ausgegangen zu seyn scheinen wie Hr. Fizeau. Hr. Masson legt eine Münze auf einen Harzkuchen, elektrisirt sie, und pulvert nach ihrer Entfernung mit Mennige und Schwefel, wodurch das Bild der Münze hervortritt. Hr. Morren bestreut eine Münze mit Tripel, und wischt diesen so weit fort, daß er nur in den Vertiefungen der Münze zurückbleibt. Diese Münze legt er auf eine isolirende Substanz und elektrisirt sie, alsdann erscheint auf dem Isolator das Bild der Münze, indem der Staub abgestoßen wird. Dasselbe Experiment gelingt, wenn statt des Pulvers feiner Wasserdampf in den Vertiefungen der Münze haftet. Diese Versuche sind bekannt genug, ich habe solche Bilder oft gesehen, wenn ich Lichtenberg’sche Figuren auf dem Harzkuchen machte. Sie könnten aber zur Erklärung der Moser’schen Bilder nur dann beitragen, wenn man bei diesen einen elektrischen Proceß zugeben wollte. Dann aber läßt sich gegen diese Versuche dasselbe sagen wie gegen die Ansicht des Hrn. Fizeau, daß nämlich die Existenz dieser freien Materie auf den Platten und Objecten erstens unerwiesen, zweitens zur Erzeugung der Bilder durchaus unnöthig ist. — Juli 1843.


  1. Poggendorff’s Annalen, Bd. LVI S. 206 bis 208
  2. Phil. Magaz. Dec. 1842, p. 467. — Poggendorff’s Annalen, LVIII S. 326.
  3. Bd. LVIII S.332.
  4. Poggendorff’s Annalen, Bd. LVIII S. 321 und 563.
  5. Comptes rendus, T. XVI, No. 16, p. 850.
  6. Poggendorff’s Anal. Bd. LVIII S. 592. — Comptes rendus.
  7. Comptes rendus, No. 15, T. XVI p. 762.
  8. Ibid. T. XVI, No. 19, p. 1098.