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Ueber ein Versehen in der Begrüßung

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Textdaten
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Autor: Lukian von Samosata
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Titel: Ueber ein Versehen in der Begrüßung
Untertitel:
aus: Lucian’s Werke, übersetzt von August Friedrich Pauly, Viertes Bändchen, Seite 497–508
Herausgeber:
Auflage:
Entstehungsdatum: 2. Jahrhundert
Erscheinungsdatum: 1828
Verlag: J. B. Metzler
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Erscheinungsort: Stuttgart
Übersetzer: August Friedrich Pauly
Originaltitel: Ὑπὲρ τοῦ ἐν τῇ Προσαγορεύσει Πταίσματος
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scan auf Commons
Kurzbeschreibung:
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[497]
Ueber ein Versehen in der Begrüßung.
Eine Apologie.

1. Es ist schwer für den Sterblichen, zu verhüten, daß ihm nicht irgend ein Dämon einen Streich spiele. Aber wegen eines dummen Streiches, den Einer, von seinem Dämon geneckt, unversehens gemacht, mit guter Art sich zu entschuldigen, ist auch noch viel schwerer. Beides habe ich nun erfahren. Denn als ich neulich, um dir meine Morgenaufwartung zu machen, bei dir eintrat, und dich mit dem gewöhnlichen Gruße: χαῖρε! anreden sollte, entfuhr mir närrischem Kerl in der Zerstreuung die Abschiedsformel: ὑγίαινε! ein [498] Wort, das zwar gleichfalls von guter Vorbedeutung, allein, in jener Morgenstunde, doch so gar nicht am rechten Orte war![1] Kaum war daher das ὑγίαινε über meine Lippen, so brach mir der Angstschweiß aus, ich wurde abwechselnd roth und blaß, kurz, ich wußte mir vor Verlegenheit gar nicht zu helfen. Die Umstehenden mochten gedacht haben, ich wäre nicht recht bei Troste, oder fange aus Altersschwäche zu faseln an, oder gar, der Wein von gestern spreche noch aus mir. Nur du warest so schonend, mir auch nicht durch das leiseste Lächeln merken zu lassen, daß dir diese Uebereilung meiner Zunge aufgefallen sey. Da wußte ich nichts Besseres zu thun, als eine Art von Trostschrift für mich selbst aufzusetzen, um mir das Unerträgliche des Gedankens aus dem Sinne zu schlagen, daß ich alter Mann vor so vielen Zeugen einen so groben Verstoß gegen die gute Sitte begangen haben soll. Einer förmlichen Apologie hingegen bedarf es, glaube ich, in diesem Falle nicht, da es ja nur meine Zunge gewesen, welcher ein Wunsch entschlüpfte, der (zwar [499] nicht am rechten Orte, doch gewiß) von der besten Vorbedeutung war.

2. Bei’m Beginnen dieses Geschäftes glaubte ich zwar, mich an einen sehr schwierigen Gegenstand gemacht zu haben. Allein mit jedem Schritte fand ich mehr, was ich Alles für meine Sache sagen konnte. Bevor ich jedoch Dieses ausführe, will ich über die Ausdrücke: χαῖρειν, εὖ πράττειν und ὑγιαίνειν, das Nöthige vorausschicken.

Das χαῖρε ist schon ein alter Gruß. Man brauchte ihn nicht bloß des Morgens, und wenn sich Bekannte trafen; sondern auch Solche, die sich zum Erstenmale sahen, begrüßten sich so, wie in der bekannten Stelle:[2]

Χαῖρ᾿, ᾦ δυνάστα τῆςδε γῆς Τιρυνθίας.

Eben so, wenn man nach der Mahlzeit bei’m Weine gesellige Gespräche begann; wie dort Ulysses, wo er den Vortrag, wegen dessen er an Achilles abgesendet worden war, mit den Worten anfängt:

Χαῖρ’, Ἀχιλεῦ, δαιτὸς μὲν ἐΐσης οὐκ ἐπιδευεῖς.[3]

Auch sogar Abschiednehmende gebrauchten dieses Wort, wie Empedokles:

Χαίρετ’· ἐγὼ δ᾿ ὔμμιν θεὸς ἄμβροτος, οὐκ ἔτι θνητός[4]

[500] Eine bestimmte Zeit, wie jetzt die Morgenstunden, war also früher diesem Zurufe nicht angewiesen: ja man bediente sich seiner sogar in den verhängnißvollsten, nichts weniger als erwünschten, Augenblicken, wie Polynices bei Euripides, als er sein Ende herannahen[WS 1] fühlte:

Καὶ χαίρετ’· ἤδη γάρ με περιβάλλει σκότος.[5]

Auch diente dieses Wort nicht blos zum Ausdruck wohlwollender Gesinnung, sondern auch der Abneigung, wenn man von Einem auf immer geschieden seyn will. Mit der Redensart μακρὰ χαῖρε drücke ich aus, daß ich mit dem Andern hinfort Nichts zu schaffen haben wolle.

3. In ihrem eigentlichen Sinne scheint der Läufer Philippides die Formel χαῖρε zuerst gebraucht zu haben, als er, wie man erzählt, von Marathon herbeieilend, den versammelten und wegen des Ausgangs der Schlacht bekümmerten Archonten den Sieg mit den Worten ankündigte: χαῖρετε, νικῶμεν! [Freut euch, wir siegen!]; worauf er augenblicklich todt zur Erde fiel, also zugleich mit dem Freudengruße seinen Geist aushauchte. Der Erste aber, der dieses Wort dem Anfange eines Briefes vorsetzte, war der Athenische Demagog Cleon, wie er den Athenern die angenehme Nachricht von dem Sieg bei Sphacteria[6] und der Gefangennehmung der Spartaner gab. Allein nach ihm kehrte Nicias in seinen Berichten aus Sicilien wieder zu der alten Sitte zurück, in Briefen sogleich mit dem Gegenstande selbst anzufangen.

[501] 4. Plato hingegen, der bewunderte Plato, der beste Gesetzgeber in solchen Dingen, verwirft das χαῖρε durchaus, als unedel und niedrig, und bringt dagegen den Wunsch εὖ πράττειν [wohl zu leben] auf, als welcher auf geistiges und leibliches Wohlbefinden sich zugleich beziehe. Er macht es daher in einem Briefe an den Dionysius Diesem zum Vorwurf, daß er dem Apollo, in einem Lobgedicht auf ihn, χαῖρε zugerufen, einen Gruß, der sich nicht einmal gegen würdige Menschen, geschweige gegen eine Gottheit mit Schicklichkeit gebrauchen lasse.

5. Der göttliche Weise, Pythagoras (wiewohl er uns nicht gewürdigt hat, etwas Schriftliches, das ihn selbst zum Verfasser hätte, auf uns kommen zu lassen), bediente sich, so viel sich aus der Sitte seiner vertrauten Schüler, eines Ocellus Lucanus, Archytas und Anderer, abnehmen läßt, am Anfange der Briefe weder des χαίρειν noch des εὖ πράττειν, sondern wollte, daß man mit dem Worte ὑγιαίνειν [gesund seyn] anfangen solle. Wenn daher seine Jünger einander Briefe von einiger Wichtigkeit zu schreiben hatten, so setzten sie stets das ὑγίαινε oben an, anzudeuten, daß der Eine dem Andern das angemessenste Gut für Leib und Seele, ein Gut, das alle übrigen menschlichen Güter in sich fasse, anwünsche. Und ihr dreifaches, verschränktes Dreieck, das Pentagramm,[7] das Erkennungszeichen der Glieder dieses [502] Ordens, nennen sie ὑγεία [die Gesundheit]. Nach ihrer Ansicht ist in dem ὑγιαίνειν das εὖ πράττειν und χαίρειν zugleich enthalten, während jedes der beiden letztern das ὑγιαίνειν noch nicht in sich schließt. Auch gab es Pythagoräer, z. B. Philáus, welche die τετρακτύς [die Vierzahl], ihren höchsten Schwur, die nach ihrer Lehre die vollkommenste Zahl ausmacht,[8] die Grundbedingung der Gesundheit nannten.

6. Doch warum berufe ich mich auf so alte Vorgänger? Schickte ja doch sogar Epikur, ein Mann, der so große Freude an der Freude hatte, und welchem das Vergnügen über Alles galt, den ernsthaftern seiner Briefe (deren freilich nicht viele sind) und solchen, die er an seine vertrautesten Freunde richtete, nicht das χαῖρε, sondern das ὑγίαινε voran.

Ferner wirst du in der Tragödie, so wie in der alten Comödie sehr häufige Beispiele finden, wo mit ὑγίαινε in der Anrede gegrüßt wird. Auch in der Stelle des Homer

Οὖλέ τε καὶ μέγα χαῖρε[9]

wird ganz deutlich das ὑγίαινε dem χαίρειν vorangestellt. Bei Alexis findet sich:

Ὦ δέσποθ’, ὑγίαινε, ὡς χρόνιος ἐλήλυθας![10]

[503] Bei Achäus:

Ἥκω πεπραγὼς δεινά, σὺ δ’ ὑγίαινέ μοι.[11]

Und bei Philémon:

Ἀιτῦ δ’ ὑγείαν πρῶτον, εἴτ’ εὐπραξίαν,
Τρίτον δὲ χαίρειν, εἴτ’ ὀφείλειν μηδενί
.[12]

Und jener Skolien-Dichter, dessen auch Plato gedenkt, was sagt Der? „Gesundheit ist das Erste, das Zweite schön, das Dritte reich zu seyn.“ Der Freude geschieht dort gar keine Erwähnung. Endlich um noch jene allbekannte Stelle, die in Jedes Munde ist, anzuführen:

O Gesundheit, aller Göttinnen herrlichste,
Wer mit dir verlebte
Der irdischen Tage Rest![13]

Wenn also die Gesundheit (Ὑγεία) die herrlichste aller Göttinnen ist, so muß wohl auch ihre Gabe, das ὑγιαίνειν, allen Gütern vorangestellt werden.

7. Noch könnte ich dir eine ganze Menge solcher Stellen aus Dichtern, Geschichtschreibern, Philosophen, aufweisen, die sämmtlich dem ὑγιαίνειν den Vorzug geben; allein um mich nicht dem Vorwurf auszusetzen, dieser Zuschrift eine geschwätzige und geschmacklose Breite gegeben, und das Uebel [504] ärger gemacht zu haben, so begnüge ich mich, nur einige wenige Beispiele aus der alten Geschichte beizufügen, die mir eben beifallen, und mit diesem Gegenstande in sehr naher Verwandtschaft stehen.

8. Als Alexander der Große eben im Begriffe war, die Schlacht bei Issus zu liefern, so trat (wie Eumenes aus Cardia in seinem Briefe an den Antipater erzählt) Hephästion zu ihm in das Zelt, und – geschah es aus Vergeßlichkeit und in der Zerstreuung, wie bei mir, oder weil ihn irgend eine Gottheit dazu nöthigte, genug, es ging ihm wie mir, und er redete den König mit den Worten an: „Ὑγίαινε, o König, es ist Zeit, auszurücken!“ Alle Umstehenden waren bestürzt über den seltsamen Gruß; Hephästion wäre beinahe vor Scham in die Erde gesunken; da sprach Alexander: „Nun gut, ich nehme es als eine glückliche Vorbedeutung: du versprichst uns, daß wir wohlbehalten aus dem Treffen zurückkommen werden.“

9. Dem Antiochus Soter träumte vor der Schlacht, die er den Galatern zu liefern im Begriff war, Alexander erscheine ihm und befehle ihm, seiner Armee das Wort ὑγιαίνειν als Feldgeschrei zu ertheilen; er that es, und unter diesem Losungsworte erfocht er jenen so glorreichen Sieg.

10. Ptolemäus Lagi bediente sich in seinem Briefe an Seleukus des χαῖρε und ὑγίαινε gerade in umgekehrter Ordnung. Mit dem letztern begrüßte er ihn am Anfange des Briefs, am Schlusse aber setzte er χαῖρε anstatt des gewöhnlichen ἔῤῥωσο (lebe wohl). So[WS 2] berichtet uns wenigstens der Sammler von Ptolemäus Briefen, Dionysodor. –

[505] 11. Endlich verdient wohl auch jene Sitte des Königs Pyrrhus von Epirus angeführt zu werden, eines Mannes, der als Feldherr den nächsten Rang nach Alexander einnimmt, aber mehr als irgend Einer die Unbeständigkeit des Glückes erfahren hat. So unermüdet dieser König war, den Göttern Gebete, Opfer und Weihgeschenke darzubringen, so war das Gut, welches er sich erbat, niemals ein Sieg, oder größere Macht, oder Vermehrung seines Ruhms und seiner Reichthümer, sondern einzig und allein das ὑγιαίνειν; indem er der Meinung war, daß, so lange er nur gesund wäre, die übrigen Güter alle ihm leichtlich zufallen würden. Und ich sollte meinen, Pyrrhus hatte Recht: mangelte ihm dieses Einzige, was konnten ihm alle übrigen Herrlichkeiten nützen?

12. Allein ich höre mir entgegen halten: „Jeder Formel ist nun einmal ihre bestimmte Zeit angewiesen; du hast diese Zeit verwechselt, und somit hast du, wenn auch nicht etwas Nachtheiliges gesagt, doch wenigstens – bei’m rechten Lichte besehen – nicht minder verkehrt gehandelt, als wenn Einer den Helm um das Bein, und die Beinschienen um den Kopf binden wollte.“ Ganz recht, mein Lieber; wenn du mir aber nur sagen könntest, ob es überhaupt eine Zeit gibt, wo die ὑγεία nicht am rechten Orte ist. Ich dächte, man braucht das Gesundseyn eben so nothwendig des Morgens und Mittags, wie um Mitternacht, zumal ihr vielbeschäftigten Staatsbeamten, deren Kräfte so mannichfach in Anspruch genommen sind. Zudem, Wer den Andern mit χαῖρε grüßt, äußert einen bloßen Wunsch, ein bloßes Wort von guter Vorbedeutung: Wer hingegen mich „gesund seyn“ heißt, legt in diesen Gruß zugleich die heilsame Erinnerung, auf Alles [506] zu achten, was meiner Gesundheit zuträglich ist; er wünscht also nicht bloß, sondern gibt mir auch noch eine gute Lehre.

13. Und wie? Steht nicht in den Befehlen, welche ihr vom Kaiser selbst erhaltet, jederzeit die Ermahnung oben an: Trage Sorge für dein Wohlbefinden?[14] Gewiß ein sehr vernünftiger Gebrauch; denn wenn es an dieser Hauptbedingung fehlte, so wäret ihr ja zu allem Uebrigen unnütze. Und wenn ich nicht ganz unbekannt mit dem Römischen Sprachgebrauch bin, so gebt ihr ja selbst bisweilen einen freundlichen Gruß mit der Erkundigung nach des Andern Wohlseyn zurück.

14. Alles Dieses habe ich nicht deßwegen gesagt, als ob ich das χαῖρε absichtlich verdrängen und an seine Stelle das ὑγίαινε setzen wollte, sondern bloß um ein unvorsetzliches Versehen zu entschuldigen. Denn es wäre doch wohl lächerlich, das Ungewöhnliche zu suchen, und die, jeder Tageszeit eigenthümlichen, Begrüßungen mit Fleiß zu verwechseln.

15. Uebrigens gestehe ich, den Göttern zu Dank verpflichtet zu seyn, daß meiner Zunge, wenn sie nun doch einmal sich verfehlen mußte, ein Wort entschlüpfte, das von noch viel besserer Vorbedeutung als das gewöhnliche ist: und es wird nicht viel fehlen, so waren es Hygéa oder Aesculap selbst, die mir das Wörtchen ὑγίαινε eingaben, und dir somit durch meinen Mund eine lange Gesundheit verkündigten. Wenigstens könnte ich mir, ohne die Einwirkung einer Gottheit [507] anzunehmen, ein solches Begegniß nicht erklären, da ich mich doch sonst nie, in meinem ganzen langen Leben nie, in einer ähnlichen Zerstreuung befunden hätte.

16. Soll ich aber auch eine bloß menschliche Entschuldigung des Geschehenen anführen, so dürfte die Sache weniger befremdend erscheinen, wenn ich dir sage, daß vielleicht gerade das Bestreben, mich dir an jenem Morgen in einem recht vortheilhaften Lichte zu zeigen, eben weil mein Verlangen darnach zu heftig war, mich befangen machte und einen Unschick begehen ließ, der gerade das Gegentheil von dem, was ich wollte, zur Folge haben mußte. Möglich, daß man auch durch die Menge der Soldaten, welche bei solchen Aufwartungen nicht selten die Ordnung stören, und Andere bald vorwärts, bald auf die Seite drängen, verhindert wird, seine Gedanken gehörig beisammen zu behalten.

17. Am Ende weiß ich nur zu gut, daß, während die Uebrigen mein Versehen dem Unverstand, dem Mangel an Erziehung oder gar einem gewissen Aberwitze Schuld gaben, du selbst in der ganzen Sache nichts als ein Zeichen schüchterner Verschämtheit, und eines schlichten, ungekünstelten, aber freilich auch jener Gewandtheit entbehrenden Benehmens erblicktest, welche nur durch ein beständiges Sichumtreiben unter den Menschen gewonnen wird. Dieß lasse ich mir denn gerne gefallen: denn große Zuversichtlichkeit in solchen Dingen gränzt gar zu nahe an unverschämte Keckheit. Möchte ich freilich nie wieder in einen solchen Fall kommen, oder, wenn es ja seyn müßte, so möge es wenigstens immer zur guten Vorbedeutung werden.

[508] 18. Etwas Aehnliches trug sich, wie man erzählt, unter dem ersten Augustus zu. Dieser hatte, zufolge eines sehr gerechten Ausspruches, einen Mann, der eines schweren Verbrechens fälschlich angeklagt war, für unschuldig erklärt. Der Losgesprochene wollte ihm danken, und rief mit lauter Stimme: „Ich danke dir, Kaiser, daß du so übel und ungerecht gerichtet hast!“ Die Begleitung des Kaisers wollte in der ersten Entrüstung über den Menschen herfallen, und würde ihn zerrissen haben, hätte der Monarch nicht mit den Worten gewehrt: „Gebt euch zufrieden! wir müssen nicht darauf sehen, was er gesagt, sondern wie er es gemeint hat.“ So der Kaiser. Du aber magst auf meine Gesinnung oder auf das Wort sehen, das meine Zunge sprach, jedenfalls wirst du finden, daß jene wohlmeinend, dieses von guter Vorbedeutung war.

19. Doch ich sehe, daß ich geschwätzig genug geworden bin, um mit Recht fürchten zu müssen, ich möchte gar in den Verdacht gerathen, den Fehler absichtlich gemacht zu haben, nur damit ich diese Apologie schreiben könnte. Und gleichwohl wollte ich, mein lieber Aesculap, diese Blätter müßten so sehr gefallen, daß man sie nicht sowohl für eine wirkliche Schutzrede, als für einen Aufsatz halten möchte, den ich über eine gesuchte Veranlassung in der Absicht schrieb, eine Talentprobe abzulegen.



  1. Des Morgens und bei’m Eintritt pflegten die Griechen mit χαῖρε (eigentl. freue dich) zu grüßen, bei’m Abschied aber, und besonders des Abends, sich ὑγίαινε (sey gesund) zuzurufen. Was übrigens unserm Schriftsteller diese, vielleicht an den Präfekten von Aegypten selbst gerichtete, Schutzrede (welche für den deutschen Leser nicht eben großes Interesse haben dürfte) abnöthigte, war wohl der Umstand, daß die Alten, Vornehme wie das Volk, mit ängstlichem Aberglauben auf herkömmliche Formeln hielten, und jede Verletzung derselben ihre Furcht vor bösen Vorbedeutungen rege machte.
  2. Wahrscheinlich aus irgend einem verloren gegangenen Trauerspiel. Wörtlich zu deutsch: „Freude (Heil) dir, o Herrscher dieses Tirynthischen Landes!“
  3. Il. IX, 225: „Freude [Heil dir] Pelid’: an des Mahles gemeinsamer Fülle gebricht’s nicht!“
  4. Empedokles bei Philostratus (Leb. d. Apoll. I, 1.): „Freut euch hinfort! Ein unsterblicher Gott, kein Sterblicher länger Bin ich –“
  5. Eurip. Phöniz. 1462: „O freut euch! mich umhüllt bereits des Todes Nacht!“
  6. Kleine Insel an der Messenischen Küste im Peloponnes.
  7. Die uns unter dem Namen Druidenfuß bekannte Figur:
  8. Nach Seagers Vorschlag in Classical Journ. Vol. XI. p. 201.: ἡ τὸν – ἀποτελεῖ, καὶ ὑγείας etc. Vergl. Versteigerung der philos. Orden. 4.
  9. Odyss. XXIV, 401: „Wohlseyn und Freude sey dir, und beständiger Segen der Götter!“
  10. Aus einem unbekannten Lustspiel Desselben. Wörtlich: „O Herr, sey gesund (für: sey gegrüßt), wie spät kommst du doch!“
  11. „Hier bin ich – das Gräuliche ist vollbracht; nun sey gegrüßt mir Freund! (dafür: sey gesund mir).“ Fragment des Tragikers Achäus.
  12. „Gesundheit vordersamst, dann Glück in meinem Thun, zum dritten Freude, endlich keine Schulden – wünsch ich mir.“ Fragment des Komikers Philemon.
  13. Aus Ariphron’s Hymnus auf die Göttin der Gesundheit bei Athenäus am Schluß des 15. Buchs.
  14. Diese (übrigens in Briefen gewöhnlich am Schlusse gesetzte) Formel hieß: Cura, ut valeas, oder: Valetudinem tuam cura diligenter.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: herrannahen
  2. Vorlage: S o