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Ueber das Vorkommen von Yttererde- und Ceroxydulsilicaten im sächsischen Erzgebirge

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Annalen der Physik und Chemie
Band LXIII, Heft 9, Seite 135–141
Carl Moritz Kersten
Ueber das Vorkommen von Yttererde- und Ceroxydulsilicaten im sächsischen Erzgebirge
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[135]
XIII. Ueber das Vorkommen von Yttererde- und Ceroxydulsilicaten im sächsischen Erzgebirge; von Demselben.

Mit einer vergleichenden Untersuchung verschiedener Feldspathabänderungen des Erzgebirges beschäftigt, unternahm ich auch die Analyse der von Hrn. Prof. Breithaupt bestimmten und Oligoklas genannten Feldspathart von Boden bei Marienberg, namentlich wegen ihrer großen Aehnlichkeit mit dem Natronspondumen aus dem Granite bei Stockholm. Da in einigen Stücken dieser Feldspathabänderung kleine schwärzlichbraune Parthien einer Mineralsubstanz eingesprengt waren, in welchen einige vorläufige Versuche sogleich einen bedeutenden Gehalt an Ceroxydul nachwiesen, und ich deren Natur näher zu ermitteln wünschte, so verstattete mir der Administrator der hiesigen Königl. Mineralienniederlage, Hr. Buchwald, gefälligst den gesammten, ziemlich bedeutenden Vorrath des gedachten Feldspaths näher zu untersuchen, und daraus die erwähnten eingesprengten schwärzlichbraunen Parthien, so weit dieß möglich war, ausschlagen zu lassen.

Diese zerfallen in zwei verschiedene Mineralien, welche indessen wohl auch Abänderungen ein und derselben Species seyn können.

[136] Das eine Mineral besitzt folgende äußere Charaktere:

Farbe: pechschwarz;
Strichpulver: grünlichgrau;
äußere Gestalt: runde, theils längliche Körner von der Größe eines Senfkorns;
Durchsichtigkeit: undurchsichtig;
Glanz: geringer Fettglanz;
Bruch: uneben bis flachmuschlig;
spröde;
Härte: härter als Orthoklas;
specifisches Gewicht: zwischen 3,0 bis 3,5. Dasselbe konnte nur mit sehr wenig Material approximativ bestimmt werden.

Das Mineral scheint leicht der Zerstörung unterworfen zu seyn, denn der es einschließende Oligoklas ist, wie man dieß häufig auch bei dem Orthit bemerkt, von dem Minerale braun und rothbraun gefärbt. Diese Färbung des Oligoklases rührt, wie eine besondere Untersuchung der gefärbten Parthien erwies, von Eisenoxyd und Ceroxyd her.

Verhalten vor dem Löthrohre.

Für sich im Kolben erhitzt, entwickelt das Mineral ein wenig brenzlich riechendes Wasser und nimmt eine erbsengelbe Farbe an. Bei dem Glühen im Platinlöffel zeigten einige Stückchen eine plötzliche Lichtentwicklung, andere dagegen nicht. Diese war übrigens bei weitem schwächer, als bei vergleichenden Versuchen mit dem Gadolinit (Varietät a, nach Berzelius, von Ytterby und Broddbo). Bei der Lichtentwicklung zerspringt das Mineral nicht; bei stärkerem Glühen bekommt es Risse, ohne zu schmelzen. Auf Kohle erhitzt, schwellt es stark an, nimmt eine schmutzig röthlichgelbe Farbe an, und schmilzt endlich unter Aufschäumen zu einem schwarzen blasigen Glase.

Borax löst das Mineral leicht und in reichlicher Menge [137] zu einem in der Wärme braunrothen, nach dem Erkalten gelben Glase auf, welches auch bei starker Sättigung nicht emailweiß geflattert werden kann; und auf Kohle mit Zinn behandelt, vitriolgrün wird.

Von Phosphorsalz wird das Mineral sehr leicht zerlegt, wobei sich ein durchscheinendes Kieselerdeskelett abscheidet. Das warm gelbe, erkaltet farblose Glas zeigt, mit Zinn auf Kohle behandelt, keine Reaction auf Titansäure.

Mit Soda geschmolzen schwellt das Mineral an, und schmilzt damit zu einer schmutzig gelben Schlacke.

Auf Platinblech mit Soda und Salpetersäure geschmolzen, findet eine Reaction auf Mangan statt.

Das andere Mineral besitzt nachstehende Eigenschaften:

Farbe: bräunlichschwarz und röthlichbraun;
Strichpulver: grau;
äußere Gestalt: ¼ Zoll lange, eingewachsene, sehr schwer vom Nebengestein abzulösende gerade Strahlen oder Prismen;
Glanz: Glasglanz, öfters gering;
Bruch: flachmuschlig bis uneben;
spröde;
Härte: härter als Orthoklas;
spec. Gewicht: es konnte wegen Mangels an reinem Materiale nicht bestimmt werden.

Auch dieses Mineral färbt den dasselbe umschließenden Oligoklas, wahrscheinlich in Folge von Zersetzung, röthlichbraun, und zwar verbreitet sich diese Färbung noch in größerer Entfernung von ihm, als bei der vorher beschriebenen Mineralsubstanz.

Verhalten vor dem Löthrohre.

Dieses Mineral giebt ebenfalls brenzlich riechendes Wasser beim Erhitzen im Kolben aus, zeigt aber beim Glühen niemals eine Feuererscheinung, wird röthlichgelb, [138] kann zu einer schwarzen Schlacke geschmolzen werden, und verhält sich im Uebrigen, so wie gegen die Flüsse, wie das zuerst beschriebene Mineral. Diese beiden Mineralsubstanzen zeigen daher einige Verschiedenheit unter einander, hinsichtlich der äußeren Gestalt, der Farbe, der Durchsichtigkeit, so wie rücksichtlich ihres Verhaltens beim Glühen. Das zuerst beschriebene Mineral dürfte sich, so scheint mir, am mehrsten dem Allanit von Jotun-Fjeld, das zweite dem Orthit von Ytterby nähern. Da aber Allanit und Orthit, nach den Untersuchungen von Scheerer, einander ganz nahe stehen, indem nur sehr geringe Verschiedenheiten unter ihnen stattfinden, so dürften vielleicht auch die oben beschriebenen Mineralien nur Varietäten einer Species seyn, worüber erst die quantitative Analyse, die mir bis jetzt wegen Mangels an reinem Minerale unmöglich war, entscheiden kann. Die qualitative chemische Zusammensetzung beider Mineralien ist die nämliche, und wurde durch folgende Versuche ermittelt.

Beide Mineralien lösen sich leicht in Chlorwasserstoffsäure, wobei sich die Kieselerde als Gallerte abscheidet. Nach dem Glühen sind sie in gedachter Säure nur in sehr geringem Grade löslich, werden aber beim Digeriren mit etwas verdünnter Schwefelsäure vollständig, unter Zurücklassung hydratischer Kieselerde, zerlegt. Nachdem die Kieselerde aus der chlorwasserstoffsauren Auflösung der Mineralien durch Eindampfen u. s. w. abgeschieden worden war, wurde sie mit Soda zusammengeschmolzen, worin sie sich vollständig auflöste. Die gelbe chlorwasserstoffsaure Auflösung der Mineralien wurde durch Schwefelwasserstoffgas nicht gefällt, hierauf mit Salpetersäure versetzt und etwas eingedampft. Man präcipitirte sie sodann mit einem Ueberschuß von Ammoniak, und digerirte den erhaltenen gelben hydratischen Niederschlag in der Kälte mit einer concentrirten Auflösung von Kalihydrat. Nach der Filtration des darin [139] unlöslich braunen Rückstandes wurde die alkalische Flüssigkeit mit Wasser verdünnt und bis zum Sieden erhitzt. Hierbei entstand zwar eine Trübung, welche die Gegenwart von Beryllerde anzudeuten schien. Da indessen der sehr geringe Niederschlag nicht weiter geprüft werden konnte, so ist es bis jetzt noch zweifelhaft, ob die untersuchten Mineralien Beryllerde enthalten oder nicht. Die besprochene alkalische Flüssigkeit wurde nun nach dem Filtriren mit Chlorwasserstoffsäure neutralisirt, und die Flüssigkeit dann mit kohlensaurem Ammoniak gefällt. Der hierdurch bewirkte weiße, hydratische Niederschlag bildete mit Schwefelsäure und Kali Alaunkrystalle, wurde beim Glühen nach dem Befeuchten mit Kobaldsolution blau, und bestand daher in Thonerde. Der in ätzender Kalilauge unlösliche Rückstand wurde in wenig Chlorwasserstoffsäure gelöst, wobei einige Flocken Kieselerde zurückblieben, und in die verdünnte blaßgelbe Lösung, nach dem Filtriren, eine Kruste krystallisirtes schwefelsaures Kali hineingestellt. Nach zwölf Stunden hatte sich ein weißer, pulvriger Niederschlag am Boden des Gefäßes abgelagert, welcher abfiltrirt und mit einer gesättigten Lösung von schwefelsaurem Kali gewaschen wurde. Er löste sich in heißem Wasser, welchem einige Tropfen Chlorwasserstoffsäure zugefügt worden waren, vollständig auf. In dieser Lösung gaben Kalihydrat, kohlensaures Kali, und kaustisches und kohlensaures Ammoniak weiße, permanente Niederschläge, welche nach dem Glühen eine zimmtbraune Farbe annehmen. Um die Mineralien auf einen möglichen Gehalt an Thorerde zu prüfen, wurde der durch Ammoniak gefällte weiße, hydratische Niederschlag in wenig Schwefelsäure gelöst und die Auflösung erhitzt. Es schlug sich aber hierbei das für die Thorerde charakteristische weiße, wollige Sulphat nicht nieder, sondern es entstand vielmehr ein gelber durchscheinender Absatz von schwefelsaurem Ceroxyd. Das eben erwähnte geglühte zimmtbraune Oxyd [140] wurde mit höchst diluirter Salpetersäure digerirt. Es löste sich hierbei Etwas auf, und die einen Stich in’s Rosenrothe zeigende Auflösung verhielt sich bei Gegenversuchen genau wie eine Lanthanauflösung. Der in verdünnter Salpetersäure unlösliche Rückstand lieferte, mit Schwefelsäure erwärmt, gelbes schwefelsaures Ceroxyd, welches beim Glühen roth, nach dem Erkalten aber wieder gelb wurde.

Die von dem schwefelsauren Ceroxydul-Kali abfiltrirte Flüssigkeit, welche mit schwefelsaurem Kali gesättigt war, wurde so weit wie möglich, ohne daß jedoch ein Niederschlag entstand, mit Ammoniak neutralisirt, und hierauf mit Oxalsäure und oxalsaurem Ammoniak versetzt. Nach einigen Stunden hatte sich aus der Flüssigkeit ein weißes Pulver abgeschieden, welches nach dem Filtriren und Glühen eine weiße, in’s Gelbe sich ziehende Erde zurückließ. Diese löste sich leicht in Chlorwasserstoffsäure, und bildete mit kaustischem Kali und Ammoniak weiße, voluminöse, durchscheinende Niederschläge, welche im Uebermaaße der Fällungsmittel unlöslich waren. Einfach-, so wie zweifach-kohlensaures Kali und kohlensaures Ammoniak gaben ähnliche Niederschläge, die sich aber im Ueberschuß dieser Fällungsmittel wieder auflösten, besonders leicht in dem letzteren. Bei dem Kochen der Auflösung der Erde in kohlensaurem Ammoniak wurde diese anfangs wieder daraus pulverförmig gefällt, bei längerem Kochen größtentheils aber wieder aufgelöst. Kaliumeisencyanür bildete in der chlorwasserstoffsauren Auflösung einen copiösen, etwas bläulichen Niederschlag. Der durch Oxalsäure niedergeschlagene Körper besaß demnach die Eigenschaften desjenigen Gemenges von Oxyden, welches man bisher Yttererde nannte, und das, nach Mosander, bekanntlich aus Yttererde, Erbin- und Terbinerde besteht.

In der von der oxalsauren Yttererde abfiltrirten Flüssigkeit zeigten die Reagenzien Eisenoxyd an.

[141] Aus der Hauptflüssigkeit, aus welcher Thonerde, Eisenoxyd, Ceroxyd, Lanthanoxyd und Yttererde gefällt worden waren, schlug oxalsaures Ammoniak eine ziemliche Menge Kalkerde nieder. Nach Abscheidung der oxalsauren Kalkerde wurde die Flüssigkeit mit einer reichlichen Quantität trocknen kohlensauren Natrons versetzt und zur Trockniß abgedampft. Bei dem Aufweichen der Salzmasse mit Wasser blieb ein bräunlicher Rückstand, welcher aus manganoxydhaltiger Talkerde bestand.

Da die beschriebenen Versuche meinen Vorrath von diesen Mineralien erschöft hatten, so war ich außer Stand gesetzt, sie auf einen Alkali- und Flußsäure-Gehalt prüfen zu können.

Aus vorstehender ausführlicher Relation der mit den in Rede stehenden Mineralien angestellten Versuchen resultirt, daß sie Ceroxydul, Lanthanoxyd, dem bisher Yttererde genannten Gemenge mehrerer Erden, Thonerde, Kalkerde, Eisenoxyd, Talkerde, Manganoxyd, Wasser und Kieselerde enthalten, und vielleicht auch noch Beryllerde, was für jetzt noch unentschieden ist.

Man hatte bis jetzt die Natur in Verdacht, als habe sie den Norden Europa’s ein Monopol oder ausschließliches Privilegium auf die seltensten Elemente der Chemie verliehen; denn es war gewissermaßen eine Anomalie, wenn sich unter südlicheren Breitegraden eins derselben hie und da unter die Gesellschaft unserer gemeinen Erden und Oxyde mischte. Durch die Auffindung oben angeführter Körper, so wie des Vanadins[1] in sächsischen Eisenerzen und in der Mansfelder Kupferschieferformation, glaube ich einen kleinen Beitrag zur Entfernung dieses Verdachts geliefert zu haben.

  1. Es ist vor Kurzem bekannt gemacht worden, der Serpentin von Zöblitz in Sachsen enthalte Vanadin, statt des zuerst von Valentin Rose darin aufgefundenen Chroms. Dieses Anführen beruht indessen auf einer Täuschung, wie ich in einer Arbeit über die Zusammensetzung der in meiner Vaterstadt vorkommenden Mineralien nachweisen werde.
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