Ueber Schönheit
Auf! und heb’ empor vom Erdenthale,
Meine Ida, heb’ empor den Blick!
Laß den matten Schein vom Schönheitsstrahle
Hier im Land der Dämmerung zurück.
Hoch Uranien über Sternenglanz? –
Wahrer Schönheit frischer Blüthenkranz,
Ida, welkt dem Hauch der Zeiten nimmer.
War’s nur dieser Glanz der vollen Rosen,
Nur die Brust, auf welcher Götter kosen,
Nur das Haar, das wallend niederfloß;
Nur der Wuchs aus Harmonie gewoben
Und vom Schmuck der Grazien umwallt –
Der mein Herz entgegen sich gehoben?
Nein, o Ida! – Nicht des Busens Wallen
Nicht der Wange Purpur war’s allein!
Monde wechseln, und die Rosen fallen,
Unter Blumen schleicht der Krankheit Schlange,
Blumen sind für keine Ewigkeit!
Unter Küssen selber pflückt die Zeit
Manche Blüthe von der vollen Wange!
Um die schönen Seelen ein Gewand
Rein und herrlich, wie nach ihrem Bilde
Einst die Ersterschaffne vor ihr stand.
Schwesterlich umarmt der Geist die Hülle,
So durchströmend, so durchlodernd fleust
In sie über heil’ger Gottheit Fülle.
In des Auges lebenvollen Blikken
Schwimmt der Seele holder Engelsinn
Bald, ein leichtes Abendwölkchen, hin;
Wallet itzt auf reiner Freude Wellen
Sorglos, wie auf stiller Flut der Schwan;
Oder legt den Thränenschleier an,
Auf der Wange lichten Frühlingsauen
Geht die Seel’ im Morgenroth herauf;
Demuth, holde Schaam und Liebe thauen
Schwesterlich den reinsten Purpur drauf.
Thront der Geist, wie über seiner Welt;
Die Gedanken sind am Himmelszelt
Zahllos, wie die Sterne, aufgezogen.
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Aus des Mundes süßen Melodieen
Auf der Sprache sanften Harmonieen
Steigt sie milder zu des Freundes Ohr:
Spricht im leisen Ach! wie Wehmuthsflöten,
Wenn die Nachtigall am Waldsee klagt:
Sagt der Liebe Tochter, das Erröthen.
Geist und Seele lebt im schönen Bilde,
Wie im Spiegel eine Lichtgestalt,
Wahrer Abdruck iener innern Milde,
Geist und Seele schwebt aus jeder Regung,
Wie auf Grazien die Anmuth schwebt;
Geist und Seele wallt und wirkt und lebt
In der Glieder leisester Bewegung.
Welkt hinweg vom Engelangesicht;
Aber dieses Herzens ewge Güte
Schwindet aus dem schönen Auge nicht.
Anmuth strömt von eines Nestors Munde,
Wenn die Schönheit mit der Jugend weicht,
Keine Zeit und keine Todesstunde.