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Trifels (Scheffel)

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
Autor: Joseph Victor von Scheffel
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Titel: Trifels
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aus: Gaudeamus. Lieder aus dem Engeren und Weiteren
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Entstehungsdatum: Das Gedicht trägt im Inhaltsverzeichnis der Sämtlichen Werke das Datum 1867
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Quelle: Digitalisat der UB Freiburg von: Sämtliche Werke 4, 1916, S. 87-89, Anfang
Kurzbeschreibung:
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[87]                          Trifels.


                                        Ouch solt ihr vil wol wizzen daz:
                                        Dazwischent Strasburc als ich las
                                        Un Spire lit drilic berc
                                        als uns seit der wahrheit werc:
                                        davon er Drivels ist genant
                                        in allen landen wol bekant.
                                             Rudolf von Ems Weltchronik.


Noch schwellt kein Grün der Buchen Kronen,
Doch singt die Drossel schon vom Ast,
Und mit dem Weiß der Anemonen
Mischt sich der Primel gelber Glast;

5
Annweilers Berge seh’ ich wieder

Und ihre Burgdreifaltigkeit,
In Ehren alt, vernarbt und bieder,
Kriegszeugen deutscher Kaiserzeit.

Dort Scharfenburg, die schlanke, feine,

10
Vor ihr der Felsklotz Anebos,

Und hier als dritter im Vereine
Der Reichspfalz Trifels Steinkoloß.
Ihr Turm mit der Kapelle Erker,
Der einst die Reichskleinodien barg,

15
Des Löwenherzen Richard Kerker

Wächst mächtig aus des Felsens Mark.

Tanzplatz ist noch der Kamm geheißen,
Wo einst in zierem Pfauentritt
Bei Harfenschall und Minneweisen

20
Des Kaiserhofes Reigen schritt.

Ahi! wie sah man Tücher winken,
Als hier am zwölften Maientag*)
Bei vieler tausend Helme Blinken
Der sechste Heinrich Abschieds pflag!

25
Im ernsten Auge sprüht’ ein Feuer,

Als klirre schon der Speere Krach:
Konstanze, Weib dem Herzen teuer,
Bald rächen wir Salernos Schmach;
[88] Eh sich die Wälder herbstlich färben,

30
Die heute diese Fahnen sehn,

Soll siegreich uns und unsern Erben
Das Reichspanier am Ätna wehn!“

Als ihres Kaisers Heergeleite
Ritt eine stolze Fürstenschaft

35
Und seinem Bruder treu zur Seite

Philipp von Schwabens junge Kraft.
Noch zog des Rotbarts blondem Kinde
Kein Frühlingsahnen durch den Sinn,
Daß er die Braut Irene finde

40
Als dieser Maifahrt Beut’gewinn.


Gleich einer ehernen Schlange wanden
Die Helme sich den Wald hindurch,
Und alle Heerdrommeter sandten
Als Abschiedsgruß das Lied zur Burg:

45
„Ihr frische Rosen, sanfte Lilien,

Lebt wohl und blüht in Gottes Hut;
Des Adlers Flug geht nach Sizilien,
Ihn dürstet nach Normannenblut!“

Wer weiß noch von den Rittern allen

50
Aus Schwaben, Franken und vom Rhein,

Die damals fest als Reichsvasallen
Schwert trugen in der Streiter Reihn:
Vom Truchseß Markward von Annweiler,
Trushard vom Kestenberger Schloß,

55
Vom treuen Heinz von Meistersele,

Vom Eberhard von Anebos? ...

... Ob ferner Wasgauhügelreihe
Sprüht goldner Sonnenuntergang,
Und still schwebt Frühlingsabendweihe

60
Des Reichs verlaßnen Berg entlang.

Dann, mit des letzten Golds Verglimmen
Füllt rings die Täler feuchtes Grau,
Und auch der Seele Saiten stimmen
Sich äolsharfenweich und lau.

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[89] O Jugendkraft, wie wirst du älter!

Bald tritt auch mir die Stunde nah,
Da ich nicht mehr durch deutsche Wälder
Auszieh’ ins Land Italia.
Bald bleicht des Wandrers müd Gebeine

70
Vergessen in der Erde Schoß,

Und wie des Trifels mürbe Steine,
So deckt auch seinen Grabstein Moos.


*) [87] Des Jahres 1194.