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Trübsinn (II)

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
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Autor: Charles Baudelaire
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Titel: Trübsinn
Untertitel:
aus: Die Blumen des Bösen. S. 97–98
Herausgeber:
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1901
Verlag: Bondi
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Berlin
Übersetzer: Stefan George
Originaltitel: Spleen
Originalsubtitel:
Originalherkunft: Les Fleurs du Mal
Quelle: Google-USA* und Commons
Kurzbeschreibung:
Aus dem Zyklus: Trübsinn und Vergeisterung
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
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Bearbeitungsstand
fertig
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[97]
LXXVIII
TRÜBSINN


Mir deucht ich hätte vor mir tausend jahr.

Kein schreibtisch überfüllt mit einer schaar
Von versen liedern liebesbriefen akten
Und haaren schwer in rechnungen gepackten

5
Mehr heimlichkeiten als mein hirn bewacht.

Ein riesenbau ists wo in tiefem schacht
Mehr tote als im massengrabe rollen.

Ich bin ein kirchhof dem die sterne grollen
Wo – innre qualen – lange würmer ziehn ·

10
Sie raffen meine liebsten toten hin.

[98] Ich bin ein alt gemach wo rosen schmachten –
Mit einem wirrwarr von verjährten trachten.
An offnen fläschchens dufte laben sich
Ein kläglich bildnis ein verblasster stich ..

15
Nichts dehnt sich wie der lahmen tage stocken

Wenn unter schneeiger jahre schweren flocken
Der missmut der aus dumpfer müde rinnt
Die grösse der unsterblichkeit gewinnt.

Nun bist du weiter nichts – o staub mit leben –

20
Als ein granit mit schreckenshauch umgeben

In tiefer wüsten nebeldunst versenkt.
Vergessner alter sfinx dess niemand denkt ·
Nirgends vermerkt und dessen wilde laune
Beim sonnenuntergang sein lied nur raune.