Topographia Westphaliae: Paderborn
Diß ist die Hauptstatt im Westphälischen Bischthumb dieses Namens / so nahend dem Fluß Lippe gelegen / vnnd auch eine auß den Hansee-Stätten / vnd fein erbawet ist. Fr. Irenicus in exeg. Germ. lib. 12. sagt: Daß sie vom Fluß Pada / oder Pader / so vnter dem Chor-Altar daselbst im Thumb entspringe / den Namen: Keyser Otto der Ander / habe ein Creutz sechszig Pfund schwär hieher gegeben / so man auff sechszig tausend Gülden werth geschätzet habe. Johannes Pomarius, in der Magedenburgischen Chronic / sagt: Daß Paderborn den Namen daher haben solle / weiln da die Sächsische Herrn / sampt dem mehrertheil der Sachsen / vnd Westphalen / sich vmbs Jahr 776. vnd 77. haben tauffen lassen. Der Boden herumb ist fruchtbar / vnd geschlacht.
Anno 999. ist diese Statt / im Sommer / mit deß Keyser Carls Kloster / vnnd der Bibliotheck / gantz vnd gar verbronnen; deren Privilegia aber / sampt den Jahrmärckten / ihr / vom Keyser Otten dem Dritten / zu Eingang deß folgenden tausenden Jahrs / ernewert worden seyn. Daher man sie vor diesem für eine Reichs-Statt gehalten hat / die aber heutiges Tags nicht mehr in der Reichs-Matricul begriffen ist / sondern von ihrem Bischoff eximiert wird. H. Petrei schreibet de Monasteriis, p. 8. daß Wedekindus der Grosse / zu Engern eine Kirch erbawet habe / so Keyser Heinrich der Erste hernach / mit seinem deß Wedekindi Sarch / vnnd Cörper / hieher auff Paderborn gebracht habe. Die Braunschweigische Chronic sagt am 54. Blat hievon also: Deßgleichen hat auch Keyser Heinrich den Thumb / welchen König Wedekind zu Engern gebawet hatte / gen Vallersleben gelegt / vnd einen Bischoff dahin gesetzt / der hieß Marcus, ein Gottsfürchtiger Mann / vnd ligt zu Vallersleben begraben. Zu derselbigen Zeit / als der Thumb zu Engern zubrochen / vnd gen Vallersleben gelegt war / da sind die Gebeine König Wedekindes wider auffgegraben / vnnd von Engern gen Padelborn geführet / vnnd daselbst zu der Erden bestattet worden.
Auff die zwo Meilen von der Statt Paderborn / bey dem Stättlein Driborg / hat es zween Sauerbronnen: Item / auff die dreyssig Schritt herabwerts / von denselben noch einen andern heylsamen / vnd guten; von welchen allen Johan. Th. Tabernaemontanus, in seinem Newen Wasserschatz / cap. 59. seq. zulesen. L. Thurneiser schreibet lib. 1. cap. 1. p. 9. von den Wassern: Daß in diesem Stifft ein Brunn seye / der alle vier vnd zwantzig Stund sich zweymal verliere / vnangesehen / daß er so viel Wasser führe / daß er drey Mühlenräder treibe / nicht sonders weit von seinem Vrsprung / aber doch / vnnd so offt / nach Verscheinungs sechs Stunden / mit erschröcklichem Boldern / vnd Getöß herwider komme / den auch die Innwohner derhalben den Bolderborn heissen. Deß D. Joan. Gigantis, Medici, vnd Mathematici, Entwerffung deß Stiffts Paderborn nach / ligt gemelter Brunn / den er den Bullernborn nennet / nahend den besagten Saurbronnen / vnd dem gedachten Stättlein Driborg.
Was das Bischthumb zu Paderborn anbelanget / so ist solches vmbs Jahr 794. vom Keyser Carolo Magno gestifftet worden; davon / vnnd den Bischöffen allhie / neben andern / auch Ga. Bruschius cap. 12. de. Episcop. German. kan gelesen werden. Welcher den Namen dieser Statt / auch vom Fluß Pada (vnnd dem Wörtlein / Born / oder Brunn) herführet / vnnd daß das obangedeute Creutz / von dem besten Vngarischen Gold gewesen seye / saget. Er wil auch / daß Paderborn / zu deß gedachten Keysers Zeiten / ein groß Dorff / vnnd das Bischthumb anfangs in dem vesten Heeristell / fünff Meilen von hier an der Weser gelegen / angerichtet worden: Er / der Keyser / habe zu Paderborn eine Kirch angefangen / so die Sachsen wider zerstöret / daher der erste Bischoff Harimarus (oder S. Hadumarius) allhie zu Paderborn die Kirch wider gebawet / vnnd solche Anno 799. Papst Leo III. den 6. Decemberis / selber geweyhet habe. Vnd seye dieser Erste Bischoff Anno 804 gestorben. Vnter dem neundten Bischoff Rethario, seye Anno 1000. (andere haben 999.) obbesagte vom Carolo Magno angefangene Kirch / sampt den Büchern / Privilegien / vnnd allen andern Zierden / vnnd dem grösten Theil der Statt (andere sagen gantz) verbronnen. Dieses Bischoffs Nachfolger Meynwercus, habe Paderborn mit einer Mawer vmbgeben. Vnter dem fünffzehenden Bischoff Bernhardo, so Anno 1159. gestorben / sey der Thumb / vnd ein grosser Theil der Statt / wider abgebronnen: Wie es dann vor / vnd hernach / vnderschiedliche grosse Brünsten allhie geben hat. Vnd dieses schreibet Bruschius.
Es hat dieses Bischthumb mit der Zeit an Reichthumb gewaltig zugenommen; also / daß es in seinem Vmbkreyß vier vnd zwantzig Stättlein / vnnd Marcktflecken / zwantzig Schlösser / vnnd Aempter / sechszehen Klöster / vnnd vier vnd fünfftzig Pfarren / begriffen: Daher auch solches Stifft / Hertzogen / Graffen / vnd andere mächtige Leute / zu Bischoffen / gehabt hat. Vnd gehöret in dasselbe / vnnd zugleich auch in die Graffschafft Lippe / das Hauß Schwalenburg / welche Graffschafft / so mit Graff Günthern erbloß worden / zwischen diesem Stifft / vnnd besagter Graffschafft gelegen ist. In dem newen Anno 1644. wider außgangenem Atlante stehet: [57] Daß dieses Bischthumb berühre gegen Auffgang die Braunschweigische vnnd Hessische / gegen Mittag / der Graffschafft Waldeck / gegen Abend / deß Hertzogthumbs Westphalen / vnnd der Landschafft Reckenberg / gegen Mitternacht / der Graffschafft Lippe Gräntzen. Es seyen in diesem Stifft etliche Brunnen / sehr wunderlicher Art / als der Bulderborn / nicht weit von dem Dorff Aldenbeken / der ab- vnd zu fliesse / wie das Meer: Auch noch vnderschiedliche Flüsse / als einer vmb Lechtenaw / welche von der Erden verschlungen werden / vnnd helt man darfür / daß sie zu Paderborn / oder an andern Plätzen / widerumb herfür kommen. Außerhalb der Hauptstatt Paderborn / seyn noch vber die zwantzig Stätte / vnter welchen die fürnembsten disseit deß Gebürges seyen / Soltkotten / von wegen deß Saltzes / Lipspring / von wegen deß Vrsprungs der Lippe / vnnd Büren / von wegen deß vhralten Geschlechts berühmbt. Jenseit deß Gebürgs / halte man Warburg für die Trefflichste / welche für Zeiten eine Graffschafft gewesen. Deren folgen / Borrentryck / Pekelsheim / Borcholt / Beverungen / Brakel / vnd Steinheim. Lugd / nicht die geringste / sey gelegen in einem sehr lustigen Thal / zwischen den Wiesen / vnd Weyden / am Vfer der Emmer; von welcher nicht weit ein berühmbter Saurbrunnen / zu vielen Kranckheiten nützlich / gefunden werde. Swalenborg / vnd Oldenborg / seyen für alten Zeiten sonderliche Graffschafften gewesen / nunmehr seyen sie dem Bischoff von Paderborn / vnd dem Graffen von der Lipp zusammen vnterworffen. David Chytraeus lib. 3. Saxon. p. 83. sagt: Daß dem Bischoff zu Paderborn vor Zeiten Gehorsam geleystet haben / vier vnd zwantzig Stätt / zwantzig Schlösser vnd Vogtteyen / sechszehen Klöster / vier vnd fünfftzig Pfarren. Vnd heissen die Stätte / vnnd Stättlein / Padeborn / Lipspring / Soltkatten / Bueren / Wunnenborg / Sualenburg / Hense / Klenenberg / Warburg / Kalenberg / Pokelsen / Borcholte / Borgenthrica / Beveringen / Dringenborch / Wilbaessen / Gerden / Brakel / Driborch / Nihem / Bremeren / Voerden / Liechtenou / Line / vnnd Stenheim / etc. so 25. machen; daher / sonders zweiffels / er die Hauptstatt Padeborn vnter der Zahl vier vnnd zwantzig nicht verstanden haben wird. Der auch weiter sagt / daß die meisten Schlösser dem Adel / vnnd andern / vor Zeiten versetzt gewesen / vnnd daher dem Bischoff / oder dem Stifft / nicht viel Nutzen getragen haben.
Anno 1411. war in diesem Stifft grosse Vnruhe. Dann das Thumb-Capitel / vnd etliche Stätte / Paderborn / Warberg / Brakel / vnd Borchentrycke / legten sich wider Bischoff Wilhelm / gebornen Hertzogen von Berg. Zu diesen schlug sich Graff Bernhard zur Lippe. Diese Mißhelligkeit hat Hertzog Bernhard zu Braunschweig in der Statt Luide (oder Lude / zwischen obgedachtem Swalenberg / vnd Pyrmont / gelegen) auffgehoben / vnd die Parten vntereinander vertragen. Als aber Bischoff Wilhelm / von etlichen Thumbherrn zu Cölln / zu einem Ertzbischoff deß Orts postuliert ward / vnnd deßwegen sich naher Cölln begab / hat er das Stifft Paderborn / Hertzog Bernharden zu Braunschweig zu regieren anbefohlen / der zum Dringenberge Hoff gehalten: Den andern Theil deß Stiffts / hatte innen / Bernhard von Hörde / Knape / dessen Hofflager war zum Newen-Hause. Es ist aber diese Vneinigkeit endlich zum Friedestand gediegen; stehet in der Braunschweigischen Chronic am 269. Blat. Anno 1530. war allhie Bischoff / Hertzog Erich von Braunschweig / zu welcher Zeit die Bürger den Geistlichen anfiengen auffsetzig zuwerden / vnd thäten ihnen Schmach an. Daher der Bischoff die Statt vmb zwey tausend Gülden gestrafft / derselben etliche Freyheiten entzogen / vnnd sie dahin gebracht / daß sie versprochen / nimmermehr der Lutherischen Religion in der Statt Platz zugeben. Als sie aber gleichwol etliche Prediger zu sich beruffen / so ist / nach Absterben deß gedachten sieben vnd dreyssigsten Bischoffs allhie / deß Erici, in Anno 1532. der Ertzbischoff zu Cölln / Hermann / Graff von Weda / zum Bischoff erwöhlet worden / welcher alsobalden die gedachte Prediger / deren drey gewesen seyn sollen / gefangen nehmen / vnd nach Arnsperg hat führen lassen: Die aber / als der Fuhrmann bey neblichtem Wetter irr gefahren / vnnd in ein Dorff / der Statt Soest gehörig / kommen / von den Bürgern zu Soest erkannt / vnd in ihr Statt gebracht / vnd also erlediget worden seyn. Daher der Bischoff sechszehen Bürger zu Paderborn / die er dem Evangelio geneigt zuseyn gewust / hinzurichten befohlen; welches auch geschehen wäre / wann nicht der Scharffrichter sich dieses zuthun / vnnd seine Hand an Vnschuldige zulegen / verweigert hätte. Vnd dieweil auch das Heulen der Weiber darzu kommen / so hat der Bischoff besagte Sechszehen / in die Gefängnüß wider führen / vnnd folgends sie / in ihren eygenen Häusern / vber das Jahr / eingesperret behalten lassen; wie hievon Chytraeus lib. 12. Sax. p. 337. seq. vnd / auß ihme Sethus Calvisius in Chronolog. vnd Werdenhagen de Reb. Hans. part. 4. cap. 7. p. 40. zulesen. Ihme Hermanno, hat succedirt Rembertus von Kersenbruch / so Anno 1558. gestorben. Diesem Graff Johann von Hoya. Diesem Graff Salentin von Isenburg. Diesem Hertzog Heinrich von Sachsen-Lawenburg. Vnd diesem Dieterich / oder Theodoricus von Fürstenberg; bey dessen Regierung es zu Paderborn in Anno 1604. wunderlich hergangen ist; wie beym Meterano im 25. Buch seiner Niderländischen Historien zusehen. Vnd hat er / der Bischoff / im folgenden 1605. Jahr / die Statt eingenommen / vnnd den Burgermeister Liborium Vichardum, lebendig zu viertheilen befohlen. Calvisius d. l. Anno 1616. seyn allhie fünfftzig Häuser abgebronnen / sampt dem Capuciner Kloster / so durch das Wetter geschehen. Anno 1617. hat der Bischoff / bey Straaff der Verweisung auß dem Lande / die Römisch Catholische Religion anzunehmen / seinen Vnterthanen aufferlegt: Daher der Adel / vnnd andere / ihre Zuflucht zu den Holländern [58] genommen / vnnd sie vmb Vorbitt / vnd Hülff / ersucht. Anno 1622. hat Hertzog Christian von Braunschweig / Bischoff zu Halberstatt / sich fast deß gantzen Bischthumbs / etlich wenig Ort außgenommen / bemächtiget; vnd sonderlich in der Statt Paderborn / reiche Beuten gemacht: Fürnemlich aber / deß heiligen Liborii Bildnuß / von purem lauterem Gold / auff achtzig Pfund schwär / bekommen; von welchem Gelenius lib. 4. also schreibet. Anno 1622. Christianus Brunswigius S. Liborii Episcopi Cenomannensis corpus Paderbornae diripuit, non impunè. Es hat gleichwol der damalige / vnd noch lebende jetzige Bischoff allhie / Herr Ferdinand / Ertzbischoff / vnnd Churfürst zu Cölln / Hertzog in Bayern / etc. durch den Graffen von Anholt / ihme Christiano, sich widersetzt; ihme etliche Ort wider abgenommen / vnnd fernern Fortgang seiner Waffen / sonderlich im Stifft Münster / verhindert. Anno 1633. im Frühling / ist die Statt Paderborn von Landgraff Wilhelmen auß Hessen; vnd Anno 36. im Augusto / von den Keyserischen / vnd zwar jedesmal mit Accord: Nachgehends aber den 5. May 1646. von den Schwedischen / vnter Herrn General Carl Gustaff Wrangeln / auff Discretion / erobert worden. Relation selben Jahrs / pag. 38. Nicht weit von Paderborn / ligt das Kloster zum Nien Herse / oder Novae Herisiae, allda die heilige Helentrudis, eine Nonn / verehret wird.
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