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Topographia Westphaliae: Herwerden

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Topographia Germaniae
Herwerden (heute: Herford)
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aus: Matthäus Merian (Herausgeber und Illustrator) und Martin Zeiller (Textautor):
Merian, Frankfurt am Main 1647, S. 31–32.
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Herwerden / Hervorden /

Nahend Bilefeld / in der Graffschafft Ravensperg / davon Abraham Saur / im Theatro Urbium p. 247. et seq. auß deß Hamelmanns Beschreibung Westphalen / vnd dieser auß der Mindischen Chronic / folgendes berichtet: Hervordt / ein lustige Statt in Westphalen / gelegen / sampt einem reichen Nonnen Kloster / so darbey auff dem Berge ligt / hat zuvor an das Reich gehöret / stehet jetzund den Hertzogen von Gülch vnd Cleve zu / vor Zeiten ist es auch ein Herrschafft gewest / aber bald / auch noch zur Zeit Caroli M. abgangen. Dann als daselbst Graff Wolderus keinen Mannlichen Erben ließ / zog er zu Wittikindo, so zum Hertzogen in Sachsen / vnd Christen / newlich gemacht ward / vnd erlangt von ihm / daß er sein Hauß / vnnd Güter / möchte / zur Anrichtung eines Klosters geben / das bewilligte Wittikindus. Da wurde das Kloster auff dem Berge vor Hervord gestifftet. Die Kirch zu vnser lieben Frawen zu Hervordt / hat gestifftet Meinwercus, der Zehende Bischoff zu Paderborn; wie Crantzius sagt / lib. 4. Metrop. cap. 4. vnd dieses auß dem gedachten Saurio. Darbey zu mercken / daß dieses Hervordia, oder / wie die Statt von Theils genannt ist / Herfurtum, Herfort, noch vnter die Reichs-Stätte im Westphälischen Craiß gesetzt wird; dann / ob man sie sonsten wol zur Hauptstatt der Graffschafft Ravenspurg machet; vnnd sie den Hertzog von Gülch ihr zu einem Schirmherrn erwöhlet; so hat sie doch für sich selbsten eine Hansee-Statt / vnnd auch ein Reichs-Statt seyn wollen. Vnd ist ihr Monatlicher Reichs Anschlag / ein zu Rossz / vnd fünffzehen zu Fuß; so sie vor diesem auch erlegt: Hernach aber wolte sie / die Statt / von der Fraw Aebtissen daselbst / nämlich / deß obgedachten reichen Klosters / auff dem Berg (dessen Anschlag absonderlich / sechs zu Fuß Monatlich gewesen / darfür Wehnert, in pract. observat. sechszig flor. setzet) eximiert worden: Daher die Sach Anno 1602. in Camera noch hängig gewesen.

Auff dem Reichstag zu Regenspurg in Anno 1641. ist wegen Herfordt / Doctor Bernhard Fürstenaw / Syndicus, neben dem Secretario Henrich von Raden / erschienen. Vnd wird sie / die Statt / vnter die Reichs-Stätte / deß Rheinischen Bancks / in dem Reichs Abschied / außdrücklich noch gesetzet. Sie ist groß / vnd ziemlich wol gebawet. Es kommen da etliche Wasser zusammen / deren eines in der Landtafel die Aa / von Bilefeld (so nur zwo Meilen von hinnen gelegen) herab fliessend: Das ander aber die Wehra vom Werdenhagio genennet wird; welches Wasser auß der Graffschafft Lippe / vnd von derselben Gräfflichen Hoffstatt Diethmold / hieher / vnnd ferners / mit dem Fluß Aa / vnweit vnter der Statt vermehret / bey dem Dorff Remen / eine Meil vber Minden in die Weser rinnet. Diese beyde Wasser fliessen durch die Statt / vnnd theilen sie in drey Theil / deren eines die Newstatt genennet wird / so ihr eygenes Rahthauß vnd Gericht hat: Das ander wird genannt die Alte Statt: Vnd das dritte Theil die Radewich / welche beyde Theil einen gemeinen Raht / auch ein gemein Rahthauß vnd Gericht / jedoch jeglich ihre eygene Kirche haben. Es gibt zu Herfurt sinnreiche Leut / die an benachbarte / vnnd auch ferne Ort / ihre Wahren bringen. Vnd ist das Land herumb fruchtbar / vnnd gut; wie besagter Werdenhagen / ferners meldet.

In der Braunschweigischen Chronic stehet / am 33. Blat / daß Hertzog Walbert zu Sachsen (Gelenius nennet ihn einen Graffen dieses Orts) das obgedachte Kloster / vmbs Jahr 832. gestifftet habe / in welches nur Fürsten / Graffen / vnd Freyherrn Töchter angenommen werden: Keyser Ludovicus der Erste / habe diese Fundation bestättiget / vnnd das Stifft in sein / deß Reichs Schutz / genommen / auch mildiglich begütert. Es sagt gleichwol der Author darbey / daß eine alte beschriebene Mindische Chronica, den Fundatorem deß Stiffts Hervod Wolderum nenne. Gemelte Chronic berichtet auch am 415. Blat / daß Hertzog Albrecht zu Sachsen vnnd Lüneburg / sich vnterstanden / dieses freye weltliche Stifft Hervordt in Westphalen / als sein Eygenthumb / anzusprechen. Aber Keyser Carl der Vierdte / sey Anno 1377. gen Hervord kommen / vnd habe beyde Parteyen gehöret / vnnd ein Vrtheil gesprochen / daß Hertzog Allbrecht an genanntem Stifft / keinen Rechtlichen Anspruch / oder Gerechtigkeit / hätte / solte sich deßwegen solches Molestierens enthalten. Hab auch / zu Erhaltung deß Stiffts Gerechtigkeit / vnd Privilegien / den Abt zu Corbey am Weserstrom / zum Inspectorn verordnet / vnnd Frawen Heiligund zur Aebtissin / in seiner Gegenwart / einsetzen / vnd bestättigen lassen. Anno 1447. haben Hertzog Wilhelmens zu Sachsen Böhmen / die dem Ertzbischoff von Cöllen / wider die Statt Söst / zu Hülff gezogen / Herforde gebrandschätzet. Anno 1615. ward diese Statt von den vereinigten Niderländern / Anno 1625. von den Brandeburgischen / vnd hernach von den Ligistischen eingenommen. [32] Anno 1638. im Augstmonat / erlitte sie eine grosse Fewersbrunst. Das folgende Jahr lagen Keyserisch- vnd Schwedische hierumb; vnnd blieb auch sonsten die Statt nicht vnangefochten. Wiewol sie sich damals durgebracht / vnnd sich nachmals mit ihrem eygenen Volck erhalten. Besiehe vnten ein mehrers im Anhang von Engern / vnd deren von daselbst anhero transferierten Canonicasey.


Vom Stifft Hervord.

Das Stifft Hervord / ist ein Keyserlich frey weltlich Stifft / in der Reichs-Statt Hervord gelegen / von hohes Stands Personen / Gräfflichen / auch vnterweilen Fürstlichen Fräwlein / gleichsfals vier Hebdomadarien geringern Standes / vnd andern Beneficiaten bestellet. Von Päpsten vnd Keysern mit sondern Privilegien versehen. Darvon die Abtissinne das Haupt / vnd ein Immediat-Stand deß Reichs ist. Welches Stiffts Angehörige sich vber hundert Jahren zur Augspurgischen Confession mit bekannt.

Primus ejus fundator putatur fuisse Waltgerus. Habitavitis, prout Latina verba sonant, in monte Dorenberg / ex Patre Dedda, et matre Ecwi Christianis natus, possessionibus et facultatibus ditissimus. Habuit avum Adolphum, gentilem, et aviam paganam. Adolphus ille fuit Secretarius Wetekindi Regis Saxonum, qui cum ad Carolum Magnum piscationis et venationis dona misisset, ab eo fuit accersitus, et sacris sermonibus ita imbutus et conversus, ut lavacro salutis fuerit ablutus, et baptisatus, eo tempore, quo Winfridus, qui et Bonifacius natione Brito, in Gallia, Suevia, Francia, Hassia, et Thuringia verbum Domini praedicavit. Waldgerus claruit tempore Ludovici Pii, Caroli Magni filii, qui Patri in Imperio successit. Is postquam à Parentibus solicitè educatus est, virtutum operibus et pietate in pueritia florere caepit, et hujus mundi voluptates vilipendere: indeque constituit patre et matre mortuis, omne suum patrimonium in honorem Dei conferre. Ideoque Anno 832. erexit aedem Ecclesiae, Hervordiae eo loco, quo Capella Waltgeri conspicitur, ubi in superficie reperiuntur haec verba: Princeps hujus terrae Waltgerus, primus fundator Ecclesiae Hervordensis. In ingressu sive vestibulo ejusdem Capellae haec leguntur. Nobilis Litehardis de Bickenen Abba: hanc basilicam Anno Domini 1356. reparavit.


Vom Stifft auff dem Berge / vor Hervord.

Das Stifft auff dem Berge / ist ein Adelich Stifft / von Adelichen Jungfrawen / so von Adelichen Geschlechten vollnkommen gebohren / bestellet. Vnter welchen etliche mit Aemptern belegt / als Decaninne / Probstinne / Custerinne / etc. Ob nun wol solches in der Statt Hervord Bottmässigkeit gelegen / so hat gleichwol die Abtissinne deß Stiffts Hervord / darüber / so viel die geistliche Güter / vnnd Personen / oder Beneficiaten betrifft / die Collation vnnd Coexcition. In der Kirchen / darinn nicht allein genante Stiffts-Jungfrawen / gehören / sondern auch etliche Vnterthanen auß dem Stifft Minden / Herrschafft Vlothe / vnd der Statt Hervord Gebieth / ist nach Abschaffung deß Papstthumbs von vielen Jahren hero / die Lehr der Augspurgischen Confession geprediget vnnd getrieben / auch werden darinn die Ceremonien nach der Statt Hervord Kirchenordnung angestellet vnd gehalten. Von der Fundation werden in derselben Kirchen / vber das Gemähld / da abgemahlet / wie eine Taube erschienen einem Hirten / vnd demselben befohlen / der Abtissinnen anzusagen: Daß alldar solte eine Kirch vnd Stifft gebawet werden / diese Lateinische Wörter befunden:

Hanc visionem gloriosa virgo Maria, per quendam pauperculum devotissimae memoriae pastorem, Abbatissae Hervordiensi revelare, et manifesto visu ostendere dignata est, sub Anno 1111. (vel potius 1011. nam eo tempore praeclarus ille Episcopus Meinwercus vixit) die Sanctorum Martyrum Gervasii et Protasii, tempore Sancti Meinwerti Episcopi Paderbornensis, qui et hanc visionem per varias probationes examinavit, et approbavit, et hunc locum ad honorem ejusdem sanctae Dei genitricis Mariae consecravit, accedente ad hoc approbatione et confirmatione sanctissimi in Christo patris, et Domini, Domini Gregorii Papae Quinti.

Es wird auch alldar in der Kirchen an dem Altar / im Heiligthumbhause gezeiget / mit der eisern gegitterten Thür beschlossen / ein Stück vom Stamm deß Baums / darauff die Taube soll gesessen seyn / welche dem Hirten offenbaret / die Erbawung der Kirchen / vnd deß Stiffts. Auff Gervasii Tag / den 19. Junij vnd Vortag / wird alldar Jährlich auff / vnd vmb den Berg / ein berühmbter Jahrmarckt / der Visions-Marckt genant / gehalten.