Topographia Hassiae: Runckel
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aus Topographia Hassiae, Text von Martin Zeiller, Illustrationen von Matthäus Merian | ||
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Zu Latein Roncalia genandt / darvon die
gantze Herrschafft den Namen hat / vnnd
dem vhralten Geschlecht der Graffen von
Wied zuständig / ist ein altes Schloß / vnd
vmbmawreter grosser Flecken / beyde
gleiches Namens / ligt an dem LohnFluß /
zwischen Villmar vnd Limpurg: Vnd vnferrn
davon auff der andern Seiten in der Höhe
auff einem Felsen das lustige Schloß
Schadeck / welches / (wie auch das starcke
Hauß vnnd Berg-Schloß Schaumberg /
nechst an der Lohn zwischen Limburg
vnnd Nassaw ligend) denen Herren
Graffen von Leiningen-Westerburg / deß
Heyl. Röm. Reichs Semper-Freyen
zuständig ist.
Diese Herrschafft Runckel hat langs an diesem Fluß einen schönen sehr fruchtbaren Acker von allerley gutem Getreyde / beneben feinen Weinbergen / die einen guten / auch zu guten Jahren / trefflichen Wein tragen; beneben dem Silber Bergwerck in der Langheck / weissen Marmelsteinen zu Schuppach / Schiffergruben zu Wolffenhausen / Kalck- vnnd Eysenhütten / welche da im gang gewesen / vnd wider gesetzt werden köndten / wann der liebe Friede blühen solte.
Von diesem Landstrich / als seinem irrdischen Vatterland / schreibet Gulielmo-Christophorus Heimius Roncaliensis also:
Argentum, marmor, ferrumque et fissile saxum,
Vinum, frumentum, suavia poma gerit,
O felix quondam ad Lanum Roncalia terra,
Cum pacem coelum ferret, haberet humus.
Praesul coelesti te BLITERSHAGIUS ornat:
Terrestrique Comes pace WILHELMUS ovans.
Esse et adhuc talis potuisses, si modò tales
Conspiceres solidâ nunc pietate Viros.
Nil praeter votum possum tibi Patria; Reddat
Omnipotens pacem, gaudia, dona, Viros.
Diese Herrschafft Runckel wird von Alters her abgetheilt in den Stein-Runckel / Schuppacher Centen / vnnd Ommenawer Centen / deren jedes theil durch einen Ober- oder Land-Schultheissen regiert werden. So vortrefflich aber die Grentzen vnd Güte dieses Lands seynd / so sehr ist seine Herrlichkeit mit seinen Kleynodien / bey diesem Teutschen durchgehenden Vnwesen in wenig Jahren hero verringert worden / theils durch gewaltsame Abzwackung / als deß Closters Beselich: theils durch innheimische Vneinigkeit der Herrn Graffen von Wied / als Gebrüdern / deren die zween [118] Jüngere / als Graff Hermann zu Dierdorff / vnnd Graff Philips Ludwig zu Gitzenboden / wegen der Theilung deß Lands / in grosse Feindschafft gegen einander gerathen / auch durch offentlichen Krieg einander wegen der Herrschafft Runckel / also in die Haar kommen vmb das Jahr Christi 1626. daß darüber nicht allein die Landleuthe in grosse Vnkosten vnd Gefahr gesetzet / die Beampten in bekläglichen Schaden ihrer zeitlichen Wolfarth gerathen / sondern auch die alte vom Hauß Hanaw-Buschweiler bürtige Matron / deß weyland hochwolgebornen obged. Gottseligen Graffen Wilhelms von Wied nachgelassene Fraw Wittib / sampt einem Fräwlein / auß ihrem WittibsSitz dem Schloß zu Runckel / eine geraume Zeit außgetrieben worden. Aber noch grössere Lasten seynd dieser Herrschafft zugewachsen von Anfang deß jetzigen Teutschen Kriegs de Anno 1620. biß hieher / durch allerley Contributiones vnnd Kriegs-Pressuren / vnauffhörliche Einquartierung / vielfaltige Durchzüge der Kriegs-Völcker vber die Steinerne Brücke zu Runckel. Der allerhärtiste Stoß aber ist dieser Herrschafft vnd Stättlein Runckel gegeben worden Anno 1634. bald nach der Nördlinger Schlacht / da der CardinalInfant durch die Wetteraw vorüber gegen Villmar oberhalb Runckel seinen Weg nacher Cölln / vnnd den Spanischen Niderlanden genommen; Sintemal damahls die Isolanische Croaten / den Ort grawsamblich angefallen / erobert / geplündert / keines Menschen geschonet / sondern auch etliche steinalte Leuthe ohne Barmhertzigkeit erwürget / endlich den Orth in Brandt gesteckt / vnnd alles / Kirch / Schul vnd PfarrHäuser / eingeäschert / auch das Schloß / weil einer so starcken vnversehenen Macht / kein Gegenwehr zu thun war / auff Gnad vnnd Vngnad erobert / darinnen die Käyserisch-Spanische dann gleichfals alles geplündert / einen jungen Graffen von Wiedt gefangen genommen / (welcher hernacher in Oesterich geführet worden) vnd nach allem verübten Muthwillen auch das vhralte schöne Schloß in Brand gestecket / daß nichts / als ein trawriges Ansehen der Mawren im Schloß vnd Stättlein geblieben. Bey welchem Brandt vnder andern auch deß obgedachten Graff Philips Ludwigen todter Cörper / so vor dem Schloß vff dem Rathhauß noch vber Erd stund / verbrunnen vnnd eingeäschert worden.
Obgedachte Graffen von Wied seind in der Reichs-Matricul / auff 4. zu Pferd / vnd 12. zu Fuß / oder 96. Gülden / (darfür Einer 120. Gülden setzet /) Monatlich / vnnd zum Cammergericht Jährlich auff vier vnd zwantzig Gülden / angelegt. Bey nächstem / in den Jahren / 1653. vnnd 54. gehaltenen Reichstag zu Regenspurg / seyn / als Reichsstände / erschienen / Herr Friederich / vnd Herr Johann Ernst / Graffen zu Wiedt / Herrn zu Runckel / vnnd Ysenburg. Es gehören aber diese Herrn Graffen nicht zu dem OberReinischen / sondern dem Westphälischen Craisse / vnd solte daher auch dieses Runckel daselbst eingebracht worden seyn: weilen aber Einer zu meiner nacher Franckfurt geschickten Beschreibung der Hessischen / vnnd benachbarten Oerter; neben andern auch diesen darzu gesetzt; so wird Er daher an jetzo / im Anhang / dabey gelassen. Anno 1645. gieng allhie / zu Runckel / ein Weymarische Parthey vber die Lohn / ins Nassawische / vnd raubte viel Vieh. Es hat aber Ferdinand / Frey-Herr von Palland / auß Limburg / Völcker auff dieselbe / alß Sie wieder allhie / zu Runckel / die Lohn passirt / geschickt / die solche zwischen Nider-Brechen / vnd Kirchburg / in einem Dorff angetroffen / vnnd Ihnen die Beute abgejagt haben; wie in tomo 5. Theatri Europaei, f. 661. b. stehet. Wied belangende / davon sich diese Herren Graffen schreiben / so ist Altenwied / im obgemelten 1634. Jahr / von den Spanischen / zu grund außgeplündert worden. In einer der newlichsten Franckfurtischen Relationen / ist einkommen; das hochwolgedachter Herr Graff Friederich von NewenWied / so zwischen Andernach / vnnd Coblentz / an dem Rhein / 2. Tagraisen ober Cölln / residirt / gesinnet seye / Jedermann in sein Land auffzunehmen / ohne vnderscheid der Religion vnd ohn einigen Pfenning zu zahlen; Er wolle auch Landgütter außtheilen / darauff sich ein redlich Mann / mit seinem Haußwesen / ernehren könne.
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