Topographia Hassiae: Marpurg
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aus Topographia Hassiae, Text von Martin Zeiller, Illustrationen von Matthäus Merian | ||
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Diß ist die Hauptstatt im Lande an der
Löhn / oder in dem Ober-Fürstenthumm
Hessen / so vor Zeiten Mattium geheissen /
vnd der Mattiacorum Hauptfleck gewest
ist / wie etliche meynen. Dann diese
Mattiaci, so Hessen waren / haben nit in
See- oder Nord-Holland / oder an der Isel / wie
theils wollen / sondern in der Wetteraw / vnd
in einem Theil von Hessen / gewohnet.
Vnd haben sie in dem Jahr Christi 49. den Namen der Catten verlohren / vnd seyn darfür Mattiaci genannt worden / wie es Cluverius lib. 3. German. Antiquae ca. 7. beweiset. Theils wollen / daß sie Martisburgum vorhin geheissen habe / als ob sie dem Heydnischen Abgott Marti zu Ehren / erbawet worden were. Andere / als Michaël Eyzinger Austriacus, führen den Nahmen von einem Marcomiro, decimo Rege Francorum, her / nach welchem sie vmb das Jahr 146. Marcomirsburg / oder Marcoburgum, vnd folgends Marpurg / oder / wie andere wollen / Marckburg / weil sie an der Marck vnd Gräntze deß Landes / nach dem Westerwald zu / gelegen / seye genant worden.
Es ist aber Marpurg zu den Zeiten der H. Elisabeth / Landgräffin in Hessen / geborner Königin in Hungern / die allda in der Burg ihren Wittib Sitz gehabt / noch ein offener Fleck gewesen / vnd das Schloß allhie / selbiger Zeit Marckburg genannt / erst Anno 1065. von Marggraf Otten zu Hessen / wie ihn die Franckenbergische Chronic nennet / gebauet worden; welche auch sagt / daß im Jahr 1195. der Fleck Marpurg von den beyden Bischoffen Mäyntz / vnnd Cölln / verbrannt worden; vnnd daß vmbs Jahr 1229. es in dem Dorff Marpurg keine Kirch / dann allein die Capellen S. Chiliani / ein Filial zu der Pastorey zu Obern-Weimar / vnd binnen zweyen Jaren davon separirt war. [101] Aber nach dem die gedachte heilige Elisabeth vmb diese Zeit hieher kam / da nahm der Orth zu / vnnd wurde bald hernach ein gute Statt darauß / sonderlich nach dem der Franckenberger Herrlichkeit / vnnd Handel / sampt dem Ober-Gericht / folgends hieher gelegt worden / auch der heiligen Elisabethen Sohn / Marpurg vorhero vmbmauren / vnd zu einer Hauptstatt machen lassen.
Ist der Zeit fein erbawet / vnd ziemblich groß / an dem Wasser der Löhn / vnd am Gebürg gelegen / an welchem Wasser kunstreiche Mahl- Schlag- Papier- vnd Kupffer-Mühlen / ein schönes Vorwerck zum Schwan / vnnd andere vornehme Gebäw mehr ausser der Statt / neben lustigen Gärten / zu finden.
Vnd seyn insonderheit allhie zu sehen / Erstlich / von Kirchen / die Pfarr-Kirche / die gar schön / auch mit Fürstlichen Begräbnussen gezieret. S. Elisabethen Kirch in dem Teutschen Hauß / so vnten im Thal / an dem Wasser / ligt; die Kirch aber ein prächtig / vnnd schönes hohes Werck / von gehauenen Steinen / vnnd mit zween hohen vnnd schönen Thürnen / zierlichen Vmbgängen auffgeführet / sampt dem dritten Thurn / artig mit Bley gedecket ist. Hat drey Chör / in deren einem S. Elisabethen Grab / in dem andern der hohe Altar / vnnd im dritten die Begräbnussen der mehrertheils Landgrafen / so biß auff das Jahr 1500. regiert haben / zu sehen seyn. Hat auch ein schönes Geleute von newen Glocken. Vnd ist gemeltes Teutsches Hause / beneben dem newen Gottes-Hauß in der Vorstatt zu Weydenhausen / vnd andern zweyen Gotts-Häusern / vor Weydenhausen gelegen / ein Brodt-Cammer der armen Hungerigen / vnd ein Hospital vnvermöglicher alter Leuthe / gebrechlicher Manns- vnnd Weibs-Personen. Der Jesuit Nicolaus Serarius schreibet libr. 5. Rerum Mogunt. pag. 836. daß in der gemelten S. Elisabeths Kirchen kein Gottesdienst verrichtet werde: Welches aber nicht also / sondern es werden wöchentlich 2. Predigten darinn gehalten; Aber wie es mit der heiligen Elisabethen Gebeinen vnd Reliquien beschaffen / darvon folget hernach.
Die erste Stifftung ist gewesen zu Ehren Francisci / ein Spital für arme elende vnd gebrechliche Leuth / da die Elisabetha auß Christlicher Andacht / sich mit ihrem eygenen Leib zu solchem Hospital der Armen gethan / vnd der armen Leuth / als ein demüthige Dienerin / gewartet hat / wie solches die Legenden / vnnd viel andere Historien / auch Päpstliche Bullen / vberflüssig außweisen. Es hat ihre Histori Jacobus Montanus Spirensis beschrieben / vnd auch Andreas Brunner etliche Blätterlang davon in den 3. Theil seiner Bayrischen Chronic gebracht / so lib. 14. p. 685. seqq. et 698. seq. zu finden. Obgedachte Franckenbergische Chronic gedencket am 24. Blat / deß Dieterichs von Döringen / Prediger Ordens / daß er auch ihr Legenden gemacht; Diese Chronic oder Legenden Buch ist auff Pergament / in der ansehnlichen Bibliothec zu Jena befindlich / vnd stehen fol. 2. a. diese Wort: Ego Theodericus Sacer, Frater Ordinis Praedicatorum minimus et indignus, natione Thuringus, cum plus quam sexaginta aetatis et quadraginta duos in ordine complevissem, praesens opusculum inchoavi, pertractavi autem solus, mente meâ omnia conscribens, emendandoque rescribens plurima saepè calignantibus oculis meâ manu. Distinxi librum in octo libellos propter multam materiam. Im Ende stehet / daß ein Bürger von Marpurg / Peter von S. Naber / diß Buch verehret habe 1468. in S. Elisabeths Ehren.
Es ist vns ein kurtze Beschreibung deß Lebens vnnd Wandels / dieser frommen Fürstin zukommen; Darauß wir allhie etwas wenigs anziehen / nemlich / daß Anno 1207. S. Elisabeth auff dem Schloß Preßburg in Vngarn / vom König Andrea / vnd Gertrauden / einer gebornen Fürstin von Meran / (vnd Andechs) erzeugt worden. Anno 1211. als sie nur 4. Jahr alt gewesen / ward sie Landgraf Hermans in Thüringen vnnd Hessen Sohn / Ludwigen / vertrawet / vnd also balden in Thüringen geführet / vnd daselbst aufferzogen. Anno 1221. ist Sanct Elisabeth / nur vierzehen Jahr alt / ihrem zuvor vertrauten Herren / besagtem Landgraf Ludwigen / ehelichen beygelegt worden. Anno 1227. wolte der Landgraf ins heilige Land ziehen / starb aber entweders zu Ortrant / od zu Brundus. [102] (Obgedachter Dieterich von Thüringen setzet / nach dem er zu Ortrant / welches Hydruntum ist / die Käyserin besucht / seye er zu Schiff gangen / vnd darinn am Fieber gestorben.) Anno 1228. ist sein todter Leichnam wider auß Italia in Thüringen geführt / vnnd daselbst ins Closter Rheinharts-Bronn begraben; aber S. Elisabeth auß dem Schloß / da sie gewohnet / von den Obersten des Lands / die an ihres verstorbenen Herrn / Brudern / Landgraf Heinrichen hiengen / verstossen / vnd aller Güter beraubt / auch ihre Kinder auß dem Schloß getragen worden / vnd dorffte sie kaum jemands beherbergen. Aber durch ihre Befreunden / wurd ihr wider geholffen / vnd kam sie darauff nach Marpurg / allda sie den Armen in dem Spital / so sie erbawet / viel Handreichung / Dienst / vnd Lieb erzeiget; davon dann der Ertz-Bischoff zu Florentz Antoninus part. 3. tit. 19. cap. 11. also redet: Elisabetha hospitale pauperum construxit, et si quid bonum vel delectabile quidquam habuit, ori proprio subtrahens, pauperibus in ejus hospitio manentibus ministrabat, in lectis eorum servabat, eosque tegebat.
An. 1231. im Wintermonat ist S. Elisabeth gestorben / vnd hernach An. 1235. vom Papst Gregorio in die Zahl der H. Gottes geschrieben / vnd gerechnet worden. Anno 1233. haben die Herren deß Ritterlichen Teutschen Ordens bey Marpurg zu wohnen angefangen. Welcher Orden sich vnter Friderico II. vmbs Jahr 1190. hat angefangen; von deren Vrsprung / welcher mehrere Wissenschafft begehrt zu haben / kan lesen in Bernhard von Lützenburgs Buch / de Ordinibus militaribus.
An. 1235. den 14. Augusti ist das Fundament der Kirchen S. Francisci / sonsten S. Elisabethen genandt / bey Marpurg geleget; vnnd Anno 1236. S. Elisabethen todter Leichnamb / erhaben / vnnd in beyseyn deß Käysers / vnnd vieler Geist- vnnd Weltlicher Personen / in ein besondere Capell versetzt / (Davon besiehe auch Suffridum in Epit. sub annis 1212. et 1236.) Solche Kirch ist Anno 1290. den 1. Maij / vollendet worden. Vnd dieses wenige ist auß der gemelten Beschreibung gezogen.
In dieser S. Elisabethen Kirchen auff der lincken Seiten deß Chors / in der Geräth-Cammer / stehet Ihr Monument vber der Erden / auff 4. höltzeren Füssen / vnd einem schwartzen Laden von Holtz / auff welche ein Deckel / oder Futteral / so das gantze Werck bedeckt / vnd man auffziehen / oder ablassen kan / gerichtet ist. Wann das Eyserne Gegäter / so sonsten starck verwahret ist / auffgemacht wird / kan man gantz herumb kommen / vnd alles eygendlich besehen. Das Monument / so viel dessen vberm vndersten Kasten stehet / ist gantz von geschlagenem Silber: vnd durchauß vbergüldet / auch allenthalben mit schönen geschnittenen Steinen / Cristallen / vnnd sehr viel kleinen Steinen / darunder auch nicht wenig Dobbleten / gezieret / vnd versetzt. Die grosse Bilder daran herumb seynd zwey Bilder bey dem Creutz / S. Maria / die 4. Evangelisten / vnnd 12. Aposteln / vber welchen deren Namen mit alter Schrifft stehen / wie dessen wir Bericht erlangt. Andere sagen / Als S. Elisabetha in Anno 1231. den 19. Novembr. in ihrem bey Marpurg erbautem Hospital gestorben / ist sie in eine Capellen / bey der Firmaney / darinn sie jederzeit ihren Gottesdienst verrichtet / begraben worden. Davon finden sich in einem alten Buch / in der Bibliothec deß Stiffts zu Hirschfeldt diese Wort: Darnach bawet S. Elisabetha zu Marpurg einen grossen Hospital / Gott zu Lob / darauff verbauet sie fünff tausend Marck / vnd hat fünff tausend Marck durch GOTT geben. Darnach ward ihr heiliger Leib begraben / nach Fürstlichen Ehren / zu Marpurg in Hessen-Land / in dem Spital in einer Capellen / nach Christi Geburt 1231. Jahr.
In die Dotirung deß Spitals haben zwar erstlich vmb gewisser Vrsachen willen nicht einwilligen wollen Landgraf Conrad vnd Landgraf Henrich / sonderlich daß sie solchen Hospital den Brüdern deß Spitals von Jerusalem auffgeben hette auß Einfalt / wie sie reden in einer Supplication an Papst Gregorium IX. gethan. Doch endlich auff anhalten Magistri Conradi von Marpurg / der Zeit Visitators der Clöster in Teutschlanden / vnd S. Elisabethen Beichtvatter dahin eingewilligt / vnd den Spital ferner nach ihrem Vermögen dotirt; innhalt eines darüber verfertigten Brieffs. [103] Die jetzige S. Elisabethen Kirch ist von Landgraf Conraden / so zugleich Teutschmeister gewesen / in Anno 1235. den 1. May / zu bawen angefangen; Nach dessen Todt / in Anno 1283. auff besagten ersten Maij eingeweyhet; der hohe Altar aber An. 1290. verfertigt / vnd consecrirt worden. Als nun S. Elisabetha vom Papst Gregorio dem Neunten canonisirt worden / hat man deren Leib / auß obbesagter Capellen erhoben / vnd in dieses Silber vergüldete Monument gelegt / darinn sie so lang gelegen / biß weyland Herr Landgraf Philips / bey Säuberung der Kirchen / nach dem viel Abgötterey bey solchem Monumento verübet worden / solches auff Sontag Exaudi, Anno 1539. auffmachen / die befundene Gebein herauß nehmen / in ein sauberes Kästlein verschliessen / vnd in derselben Kirchen / an einem ehrlichen Orth / vnder den Boden setzen / auch einen gemeinen gemarckten Stein darüber legen / vorbesagtes Monument aber an seinem Ort / wie es gewesen / leer stehen lassen. Daß etliche Historici, vnd auß denselben Laurentius P. berichten / ob solte die S. Elisabetha ein Monument mit dieser Vberschrifft: Hîc jacet Elisabeth, si bene fecit, habet, zu Marpurg im Hospital / oder Compthur-Hauß / gehabt haben; so ist dieser Verß weder am Epitaphio / oder in der Capellen / noch sonst an einem Ort / wo dieser S. Elisabethen Leichnamb gewesen / anzutreffen. Mag derhalben wol seyn / daß der allegirte Autor solchen auff einer alten Beginen Grab gelesen / vnnd ohne Grund zu dieser S. Elisabethen Grab gesetzt hat. Vnd dann so haben wir auch folgenden geschriebenen Bericht empfangen: An. Christi 1539. auff den Sontag Exaudi, ist das Teutsche Hauß zu Marpurg (12. Jahr vorher die Pfarrkirche) reformirt / vnd die Messe abgeschafft worden / darbey 2008. Personen gewesen / Ihre Fürstl. Gnad. Herr Landgraf Philips / die Ritterschafft / Doctores / vnd andere von der Academia / Rath / vnd Gemeinde der Statt. Nach gehaltener Predigt / hat der Landgraf dem Land-Commenthur die Sacristey auffzuschliessen befohlen / darauff alsbald hinein gangen / vnnd den Sarck S. Elisabethen heissen auffschliessen: Als aber niemand den Schlüssel hat gestehen wollen / hat man den Goldschmieden befohlen / den Sarck auffzubrechen / welche Liednägel abgezwengt: Darinn seynd S. Elisabethen Gebeine in roth Damast gewickelt befunden worden / aber nicht das Haupt. Hat derowegen der Fürst den Land-Commenthur gefragt wo / das Haupt sey? Darauff er geantwortet / in dem Schranck; den Schlüssel aber darzu hat er nicht wissen wollen. Weil nun der Landgraf gewust vnd gesagt / daß es vor wenig Wochen sey auffgeschlossen gewesen / hat er befohlen / den Schranck auffzubrechen / da dann der Land Commenthur den Schlüssel alsbald langen lassen; darauff ist das Haupt herauß gelangt; auff welchem ist gewesen ein güldene Crone vber 450. Goldgülden werth / welche S. Elisabethen vom Friderico II. dem Römischen Käyser verehret worden. Solches alles hat der Fürst mit sich auff das Schloß genommen; aber bald hernach allen Geschmuck / sampt der Cronen / widerumb herab geschickt / vnnd dem Land-Commenthur zustellen lassen; die Gebein aber heimlichen / das niemand / ausserhalb zweyen Personen gewust / zu Verhütung fernerer Superstition, begraben lassen. Vnd so viel haben diese Bericht / welche wir desto mehrers hieher setzen wollen / weiln obgedachter Serarius meldet / daß vnderschiedliche Meynungen / ob der H. Elisabeth (von welcher alle jetzige Herren Landgrafen in Hessen herkommen) Reliquien noch allhie seyen. Darzu noch zuthun / daß auch obgedachter Brunnerus p. 699. schreibet / daß zu ihrer Erheb- vnnd Versetzung im Jahr 1236. auff die zwölff mal hundert tausend Menschen nach Marpurg sich versamblet haben: darunder dann auch der Käyser selbsten gewesen / der / als S. Elisabeth auß dem Grab gethan worden / ihr ein güldene Cron (wird eben die obgedachte gewest seyn) auffgesetzt habe.
Was ferner diese Heil. Elisabeth / so allhie begraben worden / anbelangt / so hat / auß deß Dominicaner Münchs / Theodorici Thuringi (dessen in besagtem Text gedacht wird) acht Büchern / die er von ihr geschrieben / vnnd die auch beym Henrico Canisio, vol. 5. Antiq. lect. zu finden / P. Matthaeus Raderus fast so viel Blätter gemacht / die in dem 1. Theil / von den Heyligen in Bayern / zu lesen. Siehe [104] auch Lipsium, in libro de D. virgine Hallens. Von ihren Reliquien berichtet Aegidius Gelenius, libr. 4. de magnitud. Colon. Agrip. pag. 739. folgendes: B. Elisabeth, viduae Hassae, supellex, clenodia, reliquiae, et eleemosynae, passim spectantur, in Coloniensibus Ecclesiis, wie hievon in Beschreibung der Statt Cölln / ein mehrers zu lesen. So sagt Aubertus Miraeus, in Fastis Belgicis, et Burgundicis, pag. 689. also: S. Elisabetha, Marburgi, apud Hastos, in aedicula Xenodochii à se conditi sepulta, unde non exigua Ossium sacrorum portio Bruxellas est translata, et in augusto Carmelitanarum virginum coenobio, ab Alberto Pio, et Isabella Clara Eugenia, Belgarum Principibus, exstructo, honorificè collocata, etc. Penes eandem serenissimam Isabellam, in secreto Oratorio est caput S. Elisabethae, quod Grejo, Burgundiae oppido, allatum, Philippus Guilielmus Princeps Arausionensis, Anno 1617. ipsi dono dedit. Wie aber solche Sachen / von Marpurg / hinweg kommen seyen / wird nicht gemeldet.
Wir kommen wider auff der Statt Marpurg Beschreibung / da dann / nach den Kirchen / von der Vniversität / oder Hohen-Schul allhie / zu melden / welche hochgedachter Landgraf Philips im Jahr 1527. wie drunden weiter gedacht soll werden / gestifftet / vnd Käyser Carl der Fünffte Anno 1531. befreyhet hat. In dem Prediger Closter ist jetzt das Paedagogium, oder die Vndere Schul; vnd das Auditorium der Juristen Facultät / bey der Hohen-Schul / darinn die Contrafacturen etlicher Herren Landgrafen in ansehnlicher Form stehen. Im Barfüsser Closter ist jetzt das Collegium Philosophicum; wie auch Medicum. In dem Colleg. Philos. seynd Herr Landgraff Philipsen / vnd Herrn Landgraf Johanns zu Hessen Contrafaiten, wie auch die Bildnuß bey den Fenstern etlicher Professoren / als Eob. Hessi. H. Buschij, Rod. Goclenij: In dem Prediger Closter bey dem Creutzgang ist ein gewölbtes Gemach auff der lincken Seyten gegen Norden / so anfangs der Vniversität Gazophylacium gewesen / vnd ist im Jahr 1645. zu dem Globo vnd Instrumentis Mathematicis, so H. Landgraf Philips der Mathemathischen Künsten hocherfahrner Printz / der Vniversität verehrt / deputirt. Der Globus gleichet dem Messingen Tychonischen / so in Coppenhagen zu sehen / so wol an Grösse / als Perfection / ist aber schöner. Oben nit weit vom Polo ist das Systema Mundi gezeichnet. In corde Leonis ist deß Fürsten Conterfait, in Spicâ Virginis aber seiner Gemahlin Bildnuß gemahlet. Die Inscription, so bey Anfang deß Zodiaci stehet / lautet also:
Saeviente Bellona in universo Roman. Imp. et turbato rerum statu miserrimè Illustriss. Celsiss. Princeps ac Dominus, Dn. Philippus, Landgravius Hassiae, Comes Cattimeliboci, Deziae, Zigenhainae et Niddae, hunc coelesti machinae conformem globum, in quo affixa octavae Sphaerae sidera majori ex parte propria industria organisque commodis caelitus deprehensa, et Anno S. H. M.DC.XL. accommodata, suis quaeque locis ad amussim repraesentantur, modo mechanico construere curavit, errantiumque stellarum, et novarum caeli phaenomenon per haec apparentias D. V. pervestigare decrevit. Totum opus caelo terrigenis, posteris, qui rationem eam capient, perfectum et absolutum relinquens Mense Majo Anno incarnationis 1632. Die Messinge Octanten, Sextanten, Quadranten vnd andere Instrumenta, sind etlich tausend Gülden werth / vnnd ohnerhörter Grösse vnnd Perfection, daß Keplerus selbsten sich darüber verwundert.
Wir wollen wider zurück nach dem Teutschen-Hauß gehen / allda nahe bey S. Michaels Kirch / so Anno 1587. renovirt worden / auff dem Kirchhoff deß vornehmen Jurisconsulti Hermanni Vulteij Vatters / Justi, Rectoris Paedagogij et Professoris Ebraeae linguae Epitaphium zu sehen ist. In der Kirch der Kogel-Herren / im Closter zur Löwenburg / vbet sich die Theologische Facultät / mit stätigem lesen vnd predigen. Die erste Pfarr-Kirch zu S. Kilian ist verfallen / vnd An. 1581. den 3 Julij zur Teutschen Schulen gemacht worden. Es haben bey der Hohen-Schul [105] allhie vnder andern / gelehrt Franciscus Lambertus, Hermannus Buschius, Ericius Cordus, Johannes Lonicerus, Elius Eobanus Hessus, Gerardus Noviomagus, Reinh. Lorichius Hadamarius, Aegidius Momerius, Balthas. Clammerus, Johannes Cornarius, Johan. Dryander, Johannes Ferrarius, Erhardus Snepfius, VVilhelmus Cratarolus, Johan. Glandorpius, Andreas Hyperius, Burchardus Mithobius. Joan. Oldendorpius, M. Benedictus Aretius, so sich hernach in die Schweitz begeben / Justus Vultejus, Petrus Paganus, Nicolaus Rodingus, Petrus Nigidius, Victorinus Schönfeldt / Hieronymus Turlerus, Valentinus Forsterus, Regnerus Sixtinus, Nicolaus Vigelius, Aegidius Hunnius, Adamus Lonicerus, Johan. Beutherus, Daniel Arcularius, Otho Gualperius, Johan. VVinckelmannus, Herman. Vultejus, Philip. Matthaeus, Hieronym. Treutlerus, Joan. Goeddeus, Rodolphus Goclenius, Joan. Magirus Joa. Hartmanni, Herman. Kirchnerus, Balthasar Menzerus, Anton. Gothofredus, Antonius Matthaeus, Antonius Nesenus, Helfricus Ulricus Hunnius, Conradus Bachmannus Poeta, vnd viel andere vornehme Leuthe seithero mehr / gestalt dann noch auff den heutigen Tag auf der Vniversität Marpurg bey der Theologischen Facultet sich befinden / Justus Fewerborn / Meno Hannekenius, vnnd Johann Henrich Tonsor, alle der Heil. Schrifft Doctores, bey der Juristen Facultet / Justus Synold genannt Schütz / Johann Breidenbach / Johann Walter / Johann Kornman / Gregorius Tulßner / alle der Rechten Doctores, bey der Medica Facultate, D. Johann Daniel Horst / D. Johannes Tileman / bey der Philosophischen / Caspar Ebel / Johann Conrad Dieterich / Jacob le Bleu, David Christiani. Weiter ist allhier insonderheit zu sehen / die Fürstliche Residentz / das Schl. welches im Jahr 1489. von Landgraf Wilhelm dem jüngern / mit einem newen Saal / vnnd im Jahr 1591. von Landgraf Ludwigen / dem ältern / auffs allerbeste mit Back- vnd Braw-Häusern / darneben auch mit einem feinen Zeughauß / sampt einer Fürstlichen Cantzley darunder / ansehnlich ernewert vnd gebessert worden. Die Capell sampt dem alten Saal hat erbawet Anno 1281. Landgraf Ludwig / Bischoff zu Münster. Das Vhrwerck ist von lauter Holtz / deßgleichen nicht in Hessen zu sehen / im Lustgarten ist die Wasserkunst im Gießhauß / dardurch das Wasser auß der Löhn künstlich hinauff getrieben wird.
In der Statt ist auff dem Marckt fürnemblich das Rathhauß zu sehen / welches in Anno 1512. im Anfang deß Lentzens zu bawen angefangen / vnd ist das Vhrwerck darinnen Anno 1581. verbessert vnnd ergrössert worden. Das schöne Vorwerck zum Schwanen hat obgedachter Landgraf Ludwig angeordnet; Es haben sich allhie viel sonderbare Sachen zugetragen / wie dann auch oben allbereit davon etwas gemeldet worden. Wir wollen allein noch zum Beschluß folgender gedencken / als / daß Anno 1261. vnd 1311. Marpurg gantz außgebrant worden. Im Jahr 1527. den 23. Januarij hat Landgraf Philips mit den gelehrtisten der Ordens-Personen eine Vnderredung von der Religion halten lassen / welches auch im vorigen Jahr zu Homberg in Hessen mit Bruder Niclas von Herborn / der Zeit Guardian zu Marpurg / vnd andern Geistlichen beschehen / deren der hochlöbliche Fürst beygewohnet / sie selbst Persöhnlich angeredt / vnd eines bessern berichten lassen / durch ihren Theol. Franc. Lambertum, welcher solchen Synodum beschrieben.
Im Jahr 1529. ward allhie ein Colloquium vnnd Vnderredung vom heiligen Abendmahl gehalten. Im Jahr 1527. ist die Hohe Schul angerichtet worden der erste Rector war renunciirt Johann Ferrarius, bürtig von der Omelburg / daher er sich Montanum genennt / vnd geschahe solches in beyseyn deß Hessischen Cantzlers Johann Freyens / vnd der newen Professorum, nemblich / Franc. Lamberti von Avinion auß Franckreich / M. Adami Cratonis Superintendentis, Ericii Cordi, Medici, Herm. Buschij, Poatae, Sebastiani Nuzeni Hebraei, vnd Johannis Loniceri, Graeci, welcher solches gedencket in der Oratione Funebri Ferrarij zu Marpurg 1558. getruckt / vnnd ist von diesem vnnd andern ihren Nachkommen / [106] die Augspurgische Confession fortgepflantzet worden / biß daß bey Landgraf Moritzens Regierung / im Jahr 1605. die Religions-Enderung sich erhoben / vnnd seynd die der vngeänderten Augspurgischen Confession zugethane Herrn Professores folgends gen Giessen gezogen. Als aber Anno 1623. den 1. Aprilis nach achtzehen Järiger litis pendentz der Außspruch vnd die Endvrtheil wegen der Marpurgischen Succession zu Regenspurg erfolgt / vnnd An. 24. zur Execution gelangt: So ist darauff im Jahr 1625. den 3.Junij / die Hohe Schul allhie / von Herrn Landgraf Ludwigen dem jüngern zu Hessen / Darmstattischer Lini / regierendem Lands-Fürsten / bestelt / vnd seyn die Herrn Professores von Giessen wider hieher gebracht / vnd D. Balthasar Mentzerus zum Rectore Magnifico, vnd wegen dessen Leibs Vnpäßlichkeit D. Helfricus Ulricus Hunnius zum Pro-Rectore angeordnet worden / vnnd die Vniversität wider in Auffnehmen kommen / vnd haben folgends An. 1627. die zween regierende Fürsten / in dem Fürstlichen Sampthauß Hessen / benantlich Herr L. Wilhelm zu Cassel / vnd Herr L. Georg zu Hessen Darmstatt / sich gäntzlich vnd allerdings verglichen / vnnd zwar auff Käyserliche Confirmation, welche hernach mit Rath vnnd assens deß Churfürstlichen Collegij / auch aller deß heiligen Reichs Creyß Außschreibender / so dann die Würde Reichs deputierter Stände habender Fürsten / sonderlich auch der Erbverbrüderten vnd Erbvereinigten Chur- vnd Fürstlichen Häusser / Sachsen vnnd Brandenburg / vnd anderer mehr Fürsten / in vim sanctionis pragmaticae erfolgt. Welcher gestalt aber solcher Vertrag hernacher im Jahr 1628. den 27. Martij / in dem güldenen Schloß Saal zu Cassel / von beyden Fürstlichen Theilen / bethewert vnd beschworen worden / darüber hat ein Notarius zu Cassel / Namens Daniel Avemann / ein offenes Instrument auffgerichtet / welches zu Marpurg durch den Truck publiciret worden: Krafft welchen Vergleichs die Fürstliche Hessen-Darmstattische Lini / vnder anderm die Statt Marpurg / Item die Vniversität / deren Jura, Privilegia, Auffsicht / Verwaltung / Vniversitäts Gebäw / etc. vnd zwar Erblich bekommen / darneben sich verbunden / bey Ihrer Käyserl. May. entweder newe Privilegia zu einer Vniversität / oder Hohen-Schul / im Nider-Fürstenthumb Hessen / oder die Translation der Giessischen / für die Casselische Lini / ohne derselben Vnkosten / zu wegen zubringen / oder / wo es nicht zu erhalten / darfür zehen tausend fl. zu bezahlen. Was aber die Vniversitäts Güter / vnnd Gefälle / so in 2. gleiche Theil zu theilen: Item die Bestellung deß Hoffgerichts allhie zu Marpurg / vnd anders mehr / beyde Linien Casselisch- vnd Darmstattische anbetreffend / belangen thäte / so seynd davon absonderliche Puncten auffgesetzet worden; wie hievon / vnd was sich ferners darauff begeben / in dem tom. 1. Theatri Europaei Meriani fol. 1135. et seqq. von andern hieobstehenden Sachen aber als die Beschreibung deß Flusses Löhn / oder Lani, in den Institut. Orator. D. Conradi Dieterici pag. 61. die Epitaphia zu Marpurg in den delicijs Itinerum Nathanis Chytraei p. 830. et seqq. vnd die Beschreibung der Statt selbsten / ausser den bevor angezogenen Authorn / beym C. Ens in delic. apodem. pag. 205. P. Bertio lib. 3. Commentat. Rerum Germ. vnd insonderheit beym R. Lorichio Hadamario, in schol. ad progymnas. Aphthonij, p. 131. b. seqq. ed. Lugdun. welcher gestalt aber / die von Giessen hieher transferirte Vniversität / vom Herrn Landgraf Georgen / An. 1650 wider nacher Giessen versetzt worden / oben bey Giessen; zu lesen.
Anno 1640. haben sich die Frantzosen / vnd von Hertzog Bernharden zu Sachsen also genannte Weymarischen Kriegsvölcker allhie: Item im Hüttenberg / vnd der Orten anfangs gar feindselig / hernach aber etwas gelinder erzeiget. In der Franckfurtischen Herbst-Relation deß 1644. Jahrs / stehet zu ende / oder am 96. Blat / daß Herr Landgraf Georg Anordnung gethan / daß die Adeliche Exercitia, als in Mathesi, frembden Spraachen / Reiten / Fechten / Tantzen / vnnd dergleichen / vmb gar leydenliche honoraria, zu Marpurg angerichtet worden / vnd im Schwang gehen. Da auch benebenst etlichen jungen Fürstlichen Personen sich neun Grafen befunden.
Im Jahr 1646. hat Herrn Landgraff [107] Wilhelms hinderlassene Fraw Wittib / Amalia Elisabeth / geborne Gräffin zu Hanaw Müntzenberg / sich deß Ober-Fürstenthumbs vnd Lands meistentheils bemächtiget / diese darin gelegene Hauptstatt Marpurg erstlich / vnnd folgends den 16. Januarij besagten 46. Jahrs / dz Schloß mit hefftigem Canoniren vnd Fewerwerffen / jedoch durch Accord / occupirt / darauff im Monat Junio besagten Jahrs die Haupt-Armeen beyder in Teutschland kriegender Partheyen / deren die Käys. vnd Chur-Bayerischen Reichs Armada vber die 30000. Mann / die Schwedische vnd Nider-Hessische auch auff die 20000. sich in Hessenland bey Kirchhain gezogen. Mit was Verderbnuß deß Lands / ist ohnschwer zu erachten. Wegen obgemelter Vbergab besagten Schlosses ist der Oberhessisch / oder Darmstättische Commendant / auff demselben / Obrister Lieutenant Christian Willich / ein Mann von 70. Jahren / hernach zu Giessen enthauptet worden. Es haben zwar die Käyserischen Anno 1647. im Christmonat / die Statt belagert / vnd eingenommen / auch dieselbe / biß auff die Kirch / geplündert / deßgleichen etliche Bürger mit hinweg genommen / alle Wercke vmb die Statt eingerissen / vnd die 4. Thürne / an den 4. Thoren / gesprengt; aber / vor dem Schloß / musten Sie / den 23. Decembris / alten Cal. vnverrichter Sachen / wieder abziehen; nach dem Sie zuvor / in der Belägerung / den General Wachtmeister Reichen / einen / in Befestigungen der Plätze / trefflich erfahrnen Mann / verlohren hatten. Hierauff nun ist / der oben im Eingang vermeldte Vergleich / zwischen beyden Fürstlichen Linien / Cassel / vnnd Darmstatt / im Aprilen / deß Jahrs 1648. erfolgt / dardurch Marpurg der Casselischen Lini verblieben; ausser / daß die Vniversität beeder Linien hette seyn sollen: wiewol / wie oben gemelt / nichts desto weniger / so viel namlich Darmstatt anbelangt / dieselbe / von dannen / nacher Giessen / im Jahr 1650. transferirt; hergegen allhie zu Marpurg / Anno 1653. durch Herrn Landgraf Wilhelmen / den Sechsten / zu Hessen / Cassel / die Vniversität / mit grosser Solennität / wider auffgerichtet / vnd gleich anfangs mit 12. Professoribus versehen worden ist. etc.
Ein Meyl wegs von dieser Statt ist ein alt verfallen Schloß zu sehen / so Frawenberg wird genannt / von dessen Vrsprung / vnd wie es zerstöret worden / nichts bewust ist. So soll in dem Burgwald / so etlich Meyl wegs lang ist / Carolus Magnus ein Schloß vnd Vestung wider die Sachsen gebaut haben / wie Speculum Historiarum meldet / auff einem Berg / so von dem Abgott soll Castorisberg seyn genannt worden / den man hernach den Christenberg genannt / welchen Namen er annoch hat.
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