Zum Inhalt springen

Topographia Hassiae: Herßfeld

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
  ← Hermanstein Herßfeld Hertzberg →  
aus Topographia Hassiae, Text von Martin Zeiller, Illustrationen von Matthäus Merian
        Bad Hersfeld in der Wikipedia      
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Für eine seitenweise Ansicht und den Vergleich mit den zugrundegelegten Scans, klicke bitte auf die entsprechende Seitenzahl (in eckigen Klammern).


[T28]
[87]
Herßfeld /


Ins gemein Hirschfeld / vom Dressero, Christoph. Brouvero, vnd Casp. Ens, Herolfesfeldia, oder Herolfsfeld / von einem Herolfo, der diese alte / vornehme / vnd an einem sehr lustigen Orth / nicht gar eine Tagreyse von der Statt Fulda / vier Meylen von Ziegenhain / vnd an der Fulda gelegene Statt / erbawet haben solle / genant. Wilhelm Dilich schreibet im ersten Theil seiner Hessischen Chronic / am 111. vnd 30. Blat / von diesem Orth also: Es haben da herumb vor Zeiten die Hessones gewohnet / vnnd wird das Stifft Herßfeld zu Nieder-Hessen gerechnet. Es ligt zwar solch Stifft nicht beysammem das jenig aber / so dieses Orts in Hessen / hat seine Gräntzen mit der Buchen / Graffschafft Ziegenhain / vnnd dem Nieder-Fürstenthumb. Anno Christi 1037. brante das Stifft in der Statt Herßfeld gantz ab / vnnd ward darauff von den Aebbten Maginhero, vnnd Ruthardo. (Freyherrn von Beuren / wie Abraham Sawer am 201. Blat schreibet) wiederumb auffgebawet. Ist ein wunderlich / vnd kunstreich [88] Gebäw / dessen helffte (andere sagen / das gantze Gebäw) allein auff sechszehen Säulen / welche auß einem gantzen Stein (jede) gehawen / ruhet. Es ist die Statt vor Alters mit grossen Vorstätten vmbgeben gewesen / welche aber in den vielfältigen Hessischen Kriegen / so durch innheimische Spaltungen sich erhaben / mit der Zeit verheeret / vnd wüste gelassen worden. So hat auch in An. 1562. die Statt durchs Fewer / das an etlichen Orten von bösen Leuthen eingelegt worden / nicht geringen Schaden erlitten. Nach dem die Hessen das Christenthumb angenommen / ward bald darauff in An. 736. die Abbtey / vnd Stifft zu Herßfeld angefangen / vnd Anno 737. Lullus zu einem Abbt in die Kirch zu Herßfeld eingesetzt / der in ermeltem Jahr das Stifft angefangen zu bawen / welches Pipinus / König in Franckreich / vnd dessen Sohn Carolus Magnus dotirt: Auch von Hessen vnd Thüringen viel darzu geben worden. Ein anderer / nemblich Christophorus Brouverus, in seinen Antiquitatibus Fuldensibus, sagt / daß der erste Abbt zu Fulda / der Sturmio, auß geheiß deß H. Bonifacii, erstlich die Herßfeldische Abbtey angefangen / hernach von dannen auff Fulda sich begeben habe. Were also er der erste Abbt allhie gewesen. Käyser Carls deß Grossen Praeceptor, oder Lehrmeister / der Alcuinus, oder Albinus Flaccus, hat sich hernach auch ein Zeitlang allhie auffgehalten / vnnd ist da begraben worden / wie das Grab noch in besagter Kirchen zu sehen. Es seyn / ausser deß besagten Alcuini, viel vornehmer Leuthe Cörper darinn auffbehalten worden / vnter welchen deß heiligen Bischoffs Lulli, deß H. Abbts Wigberti, vnd deß H. Märtyrers Iustini. Auff dem Spitz oben / hoch vber dem Tach / ist ein vergülte Hand zu sehen / so den Zeiger / vnnd Mittelfinger / wie man zu schwören pflegt / vber sich hält; welches deß Königs Ludovici vnd Lotharij / Symbolum seyn solle / die dem Closter / vnd der Kirchen Schutz versprochen haben.

In gemelter Kirch thut auch der berümte Philosophus Fridericus Risnerus ruhen / welcher von hier bürtig / deß Petri Rami Gehülff / vnd weyland Mathematum Professor zu Pariß / gewesen ist. Das Gymnasium, oder Lateinische Schul allhie / hat Abbt Michael / im Jahr 1569. gestifftet / vnnd 40. tausend Thaler darzu geben.

Am Rathhauß hängt ein eysern Hut / welcher zum Gedächtnuß ist der Verrätherey / so wider diese Statt / Anno 1378. an S. Vitalis Abend vorgehabt Berlet von Volckershausen / Abbt daselbst / wie dieses Eteostichon weiset:

Vespera Uvitalis crux sacra plena malis.

Davon zu lesen die Thüringisch Chronic Johann Becherers pag. 365. vnd Johann Bangen pag. 145. seq. der auch am 159. Blat sagt / daß Hirschfeld im Jahr 1439. an S. Stephani Tag den mehrerntheil außgebronnen sey. Dieses Stifft Hirschfeld ist ein kleines / aber sehr lustiges / vnd fruchtbares Ländlein / vnnd hat / zu einer Fürstlichen Residentz alle erwünschte Gelegenheiten / als / nottürfftig Wildpret / Schnabelweide / Fischereyen / Frucht / vnnd Wiesenwachs / Viehezucht / etc. Gräntzet meistlich mit dem Stifft Fulda / der Graffschaft Ziegenhain / vnd Nider-Fürstenthum Hessen. Der Fuldastrom laufft mitten dardurch / neben der Statt Hirschfeld her / dagleich gegen vber der Haunfluß / so auch im Stifft Fulda / bey Hünefeld entspringt / sich in die Fulda verleitet / an welchem Haunfluß / oberhalb Hirschfeld / noch ein gantz Hessisch Aemptlein ligt / das Ampt Hauneck genannt. Ist sehr gering / von einzehlen Dörffern / vnnd ligt fast rund vmb auff Fuldischem Boden. In diesem Ampt ligt auff einem sehr hohen runden Berge / dz Schloß Hauneck / der Stoppelsberg sonst genannt. An demselben Berge hat es einen köstlichen Steinbruch / deßgleichen man nicht viel finden wird / da solche grosse gantze stuck Stein sein solten; also daß davon nicht allein die 16. steinerne Pfeile zu Hirschfeld / in der Stifftkirchen / deren jede 18. Schuch hoch / vnd vber zwo Klafftern dicke / sondern auch gantze steinerne Kumpfe / vnnd lange Tafeln / auß gantzen stucken daselbst außgehawen werden. Gegen diesem Hause vber / beym Fuldischen Hause Fürsteneck / ligt der sehr hohe spitzige Soeßberg / auff dessen Spitzen sich drey Fürstenthumb theilen oder zusammen gräntzen / als das Stifft Fulda / Stifft Hirschfeld / vnd das Fürstenthumb Hessen. Gedachte Statt [89] Hirschfeld ist vorhin eine feine ansehenliche wolerbawte Statt gewesen / jetzo aber / durchs Kriegswesen sehr verwüstet / an dem Fluß Geyse / welcher durch die Statt rinnt / vnnd darinnen etliche Mühlen treibt / hernach sich vorm Petersthor in der Fulda bey der Brucken endiget. In dieser Statt ligt zuforderst das Stifft / oder Fürstliche Residentz / welches ein sehr grosses weitläufftiges Gebäw ist / in 2. theil getheilet / so das hinder / vnd forder Stifft genennet werden. Das hinder Stifft ligt nahe an der Stattmawren / ist mehrentheils von Steinen auff die alte manier gebawet. Dz vorder Stifft ligt an der Statt / auff einem sehr lustigen Platz / da man schier in alle Strassen sehen kan / vnnd ist von Holtz erbawet / hat doch zimbliche feine Gemächer / vnd einen grossen sehr schönen Lustgarten. Vmb das Stifft vmbher ligen allerhand zur Fürstlichen Hoffhaltung nothwendige vnd gehörige Gebäw. Zwischen den beyden Stifftsgebäwen nun / ligt die sehr grosse / hohe / vnd ins Creutz gebawte Stiffts-Kirche / darinnen vorermelte / Steinerne Seulen / wol zu sehen. Diese Kirch / wie hoch Sie auch ist / vnnd die Fenster gar zu Oberst hat / ist Sie doch so helle / daß man nicht bald eine dergleichen finden wird. Vnd siehet man darinn viel schöne Epitaphien / oder Grabschrifften / in Marmor / vnnd Alabaster gehawen / vnd hoch an den Säulen erhaben / davor die Aebbte begraben ligen. Hinden beym Thurn / gegen dem Chor vber / hat es ein schöne hoch erhabene Orgel / von der man ins hohe Chor / vnd gantze Kirchen / sehen kan. Auff der Kirchen stehet eine grosse vergülte Hand / zween Finger / als schwörend / auffrichtende / andeutend die verschworne Trew / vnd Bündnuß / der Aebbte zu Hirschfeld / mit dem Hauß Hessen. Vor dem Stifft hat es ein hohes Steinernes zweyfaches Creutz / so eine Freyheit ist vor die / so vnversehens etwa einen Todschlag begangen haben / vnd verfolget werden / daß Sie hierzu lauffen mögen / vnd wann Sie es ergreiffen / darff der Stattrichter Sie eher nicht angreifen / biß Sie zuforderst genugsamb gehört / vnnd der Abbt in der Sachen erkant hat. Die Statt ist beyder Fürsten / Hessen / vnnd Hirschfeld / vnnd die Beampten / wie auch die Burger / in beyder Herren Pflichten. An dem Einkommen hat Hessen seinen theil auch. Es hat in dieser Statt einen schönen viereckten raumlichen Marcktplatz / mit ziemblichen Gebäwen umbsetzt. Nahe hieran ligt die Pfarrkirche / dabey ein gantz von Quaderstucken auffgebaweter / vnd hernach im Tach spitz außgeführter sehr hoher Thurm; gleich dabey ein steinernes sehr wol / vnnd zierlich erbawtes Rathhauß. Es hat an diesem Orth auch ein stattliches Gymnasium vor die Jugend; dabey auch ein absonderliche Kirche / wie auch bey dem Hospital. Die Statt hat vier Thor / vnnd vberall sehr hohe Mawren / vnnd Thürne: an theils Orthen sein die Mawren doppelt / darzwischen ein stuck Walls / oder Wassergraben ligt. Vor dem Petersthor / gehet ein schöne hohe steinerne Brucke vber die Fulda / deßgleichen kaum einen halben Büchsenschuß fürters / eine gleichmässige Brucke vber die Haune / da denn bald hernach beyde Wasser zusammen fliessen. Vmb die Statt her ligen etzliche alte Clöster / vnnd Probsteyen / neben andern lustigen Gebäwen; als erstlich das Closter Petersberg / vor dem Sulingswald / auff einem ziemblichen Hügel / in einem schönen Feld / jenseit der Haune. Hernach der Johannis Berg / zwischen dem Fuldastrohmb / vnnd der Haune / ziemblich hoch / vor einem Gehöltze / darunder disseit der Fulda / an der Landstrassen / das schöne Schloß Eichen / welches mit schönen Fürstlichen Gemächern gezieret / vnnd mit einem doppelten Wassergraben wol versehen ist / dabey es auch stattliche Teiche / vnd Fischereyen hat. Zwischen beyden Wasseren / auch vor dem Johannisberge / ligt der lustige wolerbawte Hoff Bingartten / vnd nächst an der Statt das alte zerfallene Closter Frawenberg / dabey noch viel alte Grabschrifften zu sehen / zumahln dabevor deß Orts sonderliche Heiligthumb gezeigt / vnnd dahin sonderbahre Walfarten gehalten worden.

Dieses Stifft hat sonst vnderschiedliche Aembter / als Aula / Geissa / Berck / vnnd Landeck / wiewol diese beyde zweyherrisch / vnnd das erste halb Sächsisch / vnnd das ander halb Hessisch ist. Auch hat es noch 2. vornehme Probsteyen / als eine in Thüringen bey Franckenhausen / Gellingen genant; die ander in Hessen / zwischen Hirschfeld /

[T29]

[90] vnd Rotenberg / im Ampt daselbst gelegen / vnnd Blanckenhain genant / welche beyde Probsteyen / wie auch Peters: vnnd Johannis Berg / noch ihre absonderliche Capitulares besitzen / vnd dardurch in esse erhalten werden. Diß Stifft ist auch ziemlich Bergicht / doch nicht von vbermässiger höhe / als gegen der Dörnbergischen / vnd Wallensteinischen Edelleuthen Gebieten / so auß der Graffschafft Ziegenhain an diß Stifft gräntzen. Innerhalb wohnen sonst die Adeliche Geschlechter der Baumbacher / Hanstein / Speden / vnnd Buchenawer. Bey der Statt Hirschfeld nahe an der Fulda / beym Johannis Thor / hat sich auch vor wenig Jahren ein stattlicher Heylbronnen erzeigt / davon sehr viel wunderbarliche Kranckheiten geheylet / vnd grosser Zulauff auß gantz Teutschlandt gewesen. Vnd so viel vom Stifft Hirschfeld. Daran ligt jenseit der Fulda vorermeltes Ampt Landeck / stöst auff einer seyten an den Soeßberg / vnnd Stifft Fulda / auff der andern an Hessen / vnnd ist / wie schon ermeldt / halb Hirschfeld: vnnd Hessisch: In diesem Ampt / gegen dem grossen Flecken Schencklengsfeld / ligt am Walde / ein alt Schloß Landeck genant / davon das Ampt / wie auch der Wald / den Nahmen hat / vnd der Landecker Berg genennet wird. Diß Ampt ist eins nicht von den grösten / sonderen vngefehr 14. oder mehr / vnnd weniger Dorffschafften / aber / an Einkommen / vnd andern Nutzbarkeiten / ein ziemlich gutes Ampt / sonderlich aber mit einem stattlichen Fischwasser / die Sultz genannt / (so sich vnter halb Hirschfeld / in die Fulda ergeust) wie auch sonst mit zimblichen Wildbanen / versehen.

Der letzte Abbt vnd Herr dieses Orths / vnd Gebiets / hiesse Joachimus, so Anno 1606. gestorben. Hernach ist diese Fürstliche Abbtey durch Hessen Casselischer Lini / administrirt worden. Dann die Herren LandGraffen solches Stifftes Schirm-Herren seyn; daher auch An. 1525. als die auffrührische Bawren / vnnd mit denselben vermengte Burger / diese Statt eingenommen hatten / Landgraff Philips auß Hessen gleich da gewesen / vnd die Auffruhr gestillet hat; daß kein sonderer Schad allhie damals geschehen ist. Vnnd deßwegen so haben auch Ihre Hochfürstl. Durchl. Ertz-Hertzog Leopold Wilhelm von Oesterreich / etc. jetziger Herr Administrator, als sie dieses Fürstliche Stifft in Posses angenommen / dem Herrn Landgraffen sein Jus daran vorbehalten / auch die Religion / wie sie vorhin gewesen / freygelassen / wie in tom. 1. Theatri Europaei stehet. Bey den nächsten GeneralFriedens-Tractaten / im Röm. Reich / ist versehen / vnnd geschlossen worden / daß Frawen Aemiliae Elisabethae, verwittibten LandGräffin zu Hessen / Cassel / vnnd dero Herrn Sohn / Herrn Landgraff Wilhelmen / dem Sechsten / die Abbtey Hirschfeld / vnd die Probstey Gellingen / (jedoch dem Hauß Sachsen seine Recht vorbehalten) verbleiben solle. Daß also nunmehr diese Statt / vnnd Stifft Hirschfeld / oder Herßfeld / Hessen-Cassel eygenthumlich / als ein weltlich Fürstenthumb / besitzet / vnnd / auch bey nächstem Reichstag / zu Regenspurg / Stimm / vnnd Sitz / im Fürsten-Rath / gehabt; in massen solches allbereit A. 1627. den 12. Novemb. New. Cal. wie Kemnitz berichtet / hochged. Herrn Landgraffen Herr Vatter / ruhig besessen hat. Es soll dieses Fürstenthumbs Reichs Anschlag Monatlich 4. zu Roß 15. zu Fuß / vnnd zu Vnderhaltung deß CammerGerichts zu Speyer / nach dem erhöchten Anschlag / jährlich 50. fl. seyn.

  ← Hermanstein Herßfeld Hertzberg →