Topographia Hassiae: Herßfeld
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aus Topographia Hassiae, Text von Martin Zeiller, Illustrationen von Matthäus Merian | ||
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Ins gemein Hirschfeld / vom Dressero,
Christoph. Brouvero, vnd Casp. Ens,
Herolfesfeldia, oder Herolfsfeld / von
einem Herolfo, der diese alte / vornehme / vnd
an einem sehr lustigen Orth / nicht gar eine
Tagreyse von der Statt Fulda / vier
Meylen von Ziegenhain / vnd an der Fulda
gelegene Statt / erbawet haben solle / genant.
Wilhelm Dilich schreibet im ersten Theil
seiner Hessischen Chronic / am 111. vnd 30.
Blat / von diesem Orth also: Es haben da
herumb vor Zeiten die Hessones gewohnet /
vnnd wird das Stifft Herßfeld zu Nieder-Hessen
gerechnet. Es ligt zwar solch Stifft
nicht beysammem das jenig aber / so dieses
Orts in Hessen / hat seine Gräntzen mit der
Buchen / Graffschafft Ziegenhain / vnnd
dem Nieder-Fürstenthumb. Anno Christi
1037. brante das Stifft in der Statt
Herßfeld gantz ab / vnnd ward darauff von den
Aebbten Maginhero, vnnd Ruthardo.
(Freyherrn von Beuren / wie Abraham
Sawer am 201. Blat schreibet) wiederumb
auffgebawet. Ist ein wunderlich / vnd kunstreich
[88] Gebäw / dessen helffte (andere sagen /
das gantze Gebäw) allein auff sechszehen
Säulen / welche auß einem gantzen Stein
(jede) gehawen / ruhet. Es ist die Statt vor
Alters mit grossen Vorstätten vmbgeben
gewesen / welche aber in den vielfältigen
Hessischen Kriegen / so durch innheimische
Spaltungen sich erhaben / mit der Zeit
verheeret / vnd wüste gelassen worden. So hat
auch in An. 1562. die Statt durchs Fewer /
das an etlichen Orten von bösen Leuthen
eingelegt worden / nicht geringen Schaden
erlitten. Nach dem die Hessen das
Christenthumb angenommen / ward bald darauff in
An. 736. die Abbtey / vnd Stifft zu
Herßfeld angefangen / vnd Anno 737. Lullus zu
einem Abbt in die Kirch zu Herßfeld
eingesetzt / der in ermeltem Jahr das Stifft
angefangen zu bawen / welches Pipinus /
König in Franckreich / vnd dessen Sohn
Carolus Magnus dotirt: Auch von Hessen
vnd Thüringen viel darzu geben worden.
Ein anderer / nemblich Christophorus
Brouverus, in seinen Antiquitatibus
Fuldensibus, sagt / daß der erste Abbt zu Fulda /
der Sturmio, auß geheiß deß H. Bonifacii,
erstlich die Herßfeldische Abbtey angefangen /
hernach von dannen auff Fulda sich
begeben habe. Were also er der erste Abbt
allhie gewesen. Käyser Carls deß Grossen
Praeceptor, oder Lehrmeister / der Alcuinus,
oder Albinus Flaccus, hat sich hernach
auch ein Zeitlang allhie auffgehalten / vnnd
ist da begraben worden / wie das Grab noch
in besagter Kirchen zu sehen. Es seyn /
ausser deß besagten Alcuini, viel vornehmer
Leuthe Cörper darinn auffbehalten
worden / vnter welchen deß heiligen Bischoffs
Lulli, deß H. Abbts Wigberti, vnd deß
H. Märtyrers Iustini. Auff dem Spitz oben /
hoch vber dem Tach / ist ein vergülte Hand
zu sehen / so den Zeiger / vnnd Mittelfinger /
wie man zu schwören pflegt / vber sich hält;
welches deß Königs Ludovici vnd Lotharij /
Symbolum seyn solle / die dem Closter / vnd
der Kirchen Schutz versprochen haben.
In gemelter Kirch thut auch der berümte Philosophus Fridericus Risnerus ruhen / welcher von hier bürtig / deß Petri Rami Gehülff / vnd weyland Mathematum Professor zu Pariß / gewesen ist. Das Gymnasium, oder Lateinische Schul allhie / hat Abbt Michael / im Jahr 1569. gestifftet / vnnd 40. tausend Thaler darzu geben.
Am Rathhauß hängt ein eysern Hut / welcher zum Gedächtnuß ist der Verrätherey / so wider diese Statt / Anno 1378. an S. Vitalis Abend vorgehabt Berlet von Volckershausen / Abbt daselbst / wie dieses Eteostichon weiset:
- Vespera Uvitalis crux sacra plena malis.
Davon zu lesen die Thüringisch Chronic Johann Becherers pag. 365. vnd Johann Bangen pag. 145. seq. der auch am 159. Blat sagt / daß Hirschfeld im Jahr 1439. an S. Stephani Tag den mehrerntheil außgebronnen sey. Dieses Stifft Hirschfeld ist ein kleines / aber sehr lustiges / vnd fruchtbares Ländlein / vnnd hat / zu einer Fürstlichen Residentz alle erwünschte Gelegenheiten / als / nottürfftig Wildpret / Schnabelweide / Fischereyen / Frucht / vnnd Wiesenwachs / Viehezucht / etc. Gräntzet meistlich mit dem Stifft Fulda / der Graffschaft Ziegenhain / vnd Nider-Fürstenthum Hessen. Der Fuldastrom laufft mitten dardurch / neben der Statt Hirschfeld her / dagleich gegen vber der Haunfluß / so auch im Stifft Fulda / bey Hünefeld entspringt / sich in die Fulda verleitet / an welchem Haunfluß / oberhalb Hirschfeld / noch ein gantz Hessisch Aemptlein ligt / das Ampt Hauneck genannt. Ist sehr gering / von einzehlen Dörffern / vnnd ligt fast rund vmb auff Fuldischem Boden. In diesem Ampt ligt auff einem sehr hohen runden Berge / dz Schloß Hauneck / der Stoppelsberg sonst genannt. An demselben Berge hat es einen köstlichen Steinbruch / deßgleichen man nicht viel finden wird / da solche grosse gantze stuck Stein sein solten; also daß davon nicht allein die 16. steinerne Pfeile zu Hirschfeld / in der Stifftkirchen / deren jede 18. Schuch hoch / vnd vber zwo Klafftern dicke / sondern auch gantze steinerne Kumpfe / vnnd lange Tafeln / auß gantzen stucken daselbst außgehawen werden. Gegen diesem Hause vber / beym Fuldischen Hause Fürsteneck / ligt der sehr hohe spitzige Soeßberg / auff dessen Spitzen sich drey Fürstenthumb theilen oder zusammen gräntzen / als das Stifft Fulda / Stifft Hirschfeld / vnd das Fürstenthumb Hessen. Gedachte Statt [89] Hirschfeld ist vorhin eine feine ansehenliche wolerbawte Statt gewesen / jetzo aber / durchs Kriegswesen sehr verwüstet / an dem Fluß Geyse / welcher durch die Statt rinnt / vnnd darinnen etliche Mühlen treibt / hernach sich vorm Petersthor in der Fulda bey der Brucken endiget. In dieser Statt ligt zuforderst das Stifft / oder Fürstliche Residentz / welches ein sehr grosses weitläufftiges Gebäw ist / in 2. theil getheilet / so das hinder / vnd forder Stifft genennet werden. Das hinder Stifft ligt nahe an der Stattmawren / ist mehrentheils von Steinen auff die alte manier gebawet. Dz vorder Stifft ligt an der Statt / auff einem sehr lustigen Platz / da man schier in alle Strassen sehen kan / vnnd ist von Holtz erbawet / hat doch zimbliche feine Gemächer / vnd einen grossen sehr schönen Lustgarten. Vmb das Stifft vmbher ligen allerhand zur Fürstlichen Hoffhaltung nothwendige vnd gehörige Gebäw. Zwischen den beyden Stifftsgebäwen nun / ligt die sehr grosse / hohe / vnd ins Creutz gebawte Stiffts-Kirche / darinnen vorermelte / Steinerne Seulen / wol zu sehen. Diese Kirch / wie hoch Sie auch ist / vnnd die Fenster gar zu Oberst hat / ist Sie doch so helle / daß man nicht bald eine dergleichen finden wird. Vnd siehet man darinn viel schöne Epitaphien / oder Grabschrifften / in Marmor / vnnd Alabaster gehawen / vnd hoch an den Säulen erhaben / davor die Aebbte begraben ligen. Hinden beym Thurn / gegen dem Chor vber / hat es ein schöne hoch erhabene Orgel / von der man ins hohe Chor / vnd gantze Kirchen / sehen kan. Auff der Kirchen stehet eine grosse vergülte Hand / zween Finger / als schwörend / auffrichtende / andeutend die verschworne Trew / vnd Bündnuß / der Aebbte zu Hirschfeld / mit dem Hauß Hessen. Vor dem Stifft hat es ein hohes Steinernes zweyfaches Creutz / so eine Freyheit ist vor die / so vnversehens etwa einen Todschlag begangen haben / vnd verfolget werden / daß Sie hierzu lauffen mögen / vnd wann Sie es ergreiffen / darff der Stattrichter Sie eher nicht angreifen / biß Sie zuforderst genugsamb gehört / vnnd der Abbt in der Sachen erkant hat. Die Statt ist beyder Fürsten / Hessen / vnnd Hirschfeld / vnnd die Beampten / wie auch die Burger / in beyder Herren Pflichten. An dem Einkommen hat Hessen seinen theil auch. Es hat in dieser Statt einen schönen viereckten raumlichen Marcktplatz / mit ziemblichen Gebäwen umbsetzt. Nahe hieran ligt die Pfarrkirche / dabey ein gantz von Quaderstucken auffgebaweter / vnd hernach im Tach spitz außgeführter sehr hoher Thurm; gleich dabey ein steinernes sehr wol / vnnd zierlich erbawtes Rathhauß. Es hat an diesem Orth auch ein stattliches Gymnasium vor die Jugend; dabey auch ein absonderliche Kirche / wie auch bey dem Hospital. Die Statt hat vier Thor / vnnd vberall sehr hohe Mawren / vnnd Thürne: an theils Orthen sein die Mawren doppelt / darzwischen ein stuck Walls / oder Wassergraben ligt. Vor dem Petersthor / gehet ein schöne hohe steinerne Brucke vber die Fulda / deßgleichen kaum einen halben Büchsenschuß fürters / eine gleichmässige Brucke vber die Haune / da denn bald hernach beyde Wasser zusammen fliessen. Vmb die Statt her ligen etzliche alte Clöster / vnnd Probsteyen / neben andern lustigen Gebäwen; als erstlich das Closter Petersberg / vor dem Sulingswald / auff einem ziemblichen Hügel / in einem schönen Feld / jenseit der Haune. Hernach der Johannis Berg / zwischen dem Fuldastrohmb / vnnd der Haune / ziemblich hoch / vor einem Gehöltze / darunder disseit der Fulda / an der Landstrassen / das schöne Schloß Eichen / welches mit schönen Fürstlichen Gemächern gezieret / vnnd mit einem doppelten Wassergraben wol versehen ist / dabey es auch stattliche Teiche / vnd Fischereyen hat. Zwischen beyden Wasseren / auch vor dem Johannisberge / ligt der lustige wolerbawte Hoff Bingartten / vnd nächst an der Statt das alte zerfallene Closter Frawenberg / dabey noch viel alte Grabschrifften zu sehen / zumahln dabevor deß Orts sonderliche Heiligthumb gezeigt / vnnd dahin sonderbahre Walfarten gehalten worden.
Dieses Stifft hat sonst vnderschiedliche Aembter / als Aula / Geissa / Berck / vnnd Landeck / wiewol diese beyde zweyherrisch / vnnd das erste halb Sächsisch / vnnd das ander halb Hessisch ist. Auch hat es noch 2. vornehme Probsteyen / als eine in Thüringen bey Franckenhausen / Gellingen genant; die ander in Hessen / zwischen Hirschfeld /
[T29][90] vnd Rotenberg / im Ampt daselbst gelegen / vnnd Blanckenhain genant / welche beyde Probsteyen / wie auch Peters: vnnd Johannis Berg / noch ihre absonderliche Capitulares besitzen / vnd dardurch in esse erhalten werden. Diß Stifft ist auch ziemlich Bergicht / doch nicht von vbermässiger höhe / als gegen der Dörnbergischen / vnd Wallensteinischen Edelleuthen Gebieten / so auß der Graffschafft Ziegenhain an diß Stifft gräntzen. Innerhalb wohnen sonst die Adeliche Geschlechter der Baumbacher / Hanstein / Speden / vnnd Buchenawer. Bey der Statt Hirschfeld nahe an der Fulda / beym Johannis Thor / hat sich auch vor wenig Jahren ein stattlicher Heylbronnen erzeigt / davon sehr viel wunderbarliche Kranckheiten geheylet / vnd grosser Zulauff auß gantz Teutschlandt gewesen. Vnd so viel vom Stifft Hirschfeld. Daran ligt jenseit der Fulda vorermeltes Ampt Landeck / stöst auff einer seyten an den Soeßberg / vnnd Stifft Fulda / auff der andern an Hessen / vnnd ist / wie schon ermeldt / halb Hirschfeld: vnnd Hessisch: In diesem Ampt / gegen dem grossen Flecken Schencklengsfeld / ligt am Walde / ein alt Schloß Landeck genant / davon das Ampt / wie auch der Wald / den Nahmen hat / vnd der Landecker Berg genennet wird. Diß Ampt ist eins nicht von den grösten / sonderen vngefehr 14. oder mehr / vnnd weniger Dorffschafften / aber / an Einkommen / vnd andern Nutzbarkeiten / ein ziemlich gutes Ampt / sonderlich aber mit einem stattlichen Fischwasser / die Sultz genannt / (so sich vnter halb Hirschfeld / in die Fulda ergeust) wie auch sonst mit zimblichen Wildbanen / versehen.
Der letzte Abbt vnd Herr dieses Orths / vnd Gebiets / hiesse Joachimus, so Anno 1606. gestorben. Hernach ist diese Fürstliche Abbtey durch Hessen Casselischer Lini / administrirt worden. Dann die Herren LandGraffen solches Stifftes Schirm-Herren seyn; daher auch An. 1525. als die auffrührische Bawren / vnnd mit denselben vermengte Burger / diese Statt eingenommen hatten / Landgraff Philips auß Hessen gleich da gewesen / vnd die Auffruhr gestillet hat; daß kein sonderer Schad allhie damals geschehen ist. Vnnd deßwegen so haben auch Ihre Hochfürstl. Durchl. Ertz-Hertzog Leopold Wilhelm von Oesterreich / etc. jetziger Herr Administrator, als sie dieses Fürstliche Stifft in Posses angenommen / dem Herrn Landgraffen sein Jus daran vorbehalten / auch die Religion / wie sie vorhin gewesen / freygelassen / wie in tom. 1. Theatri Europaei stehet. Bey den nächsten GeneralFriedens-Tractaten / im Röm. Reich / ist versehen / vnnd geschlossen worden / daß Frawen Aemiliae Elisabethae, verwittibten LandGräffin zu Hessen / Cassel / vnnd dero Herrn Sohn / Herrn Landgraff Wilhelmen / dem Sechsten / die Abbtey Hirschfeld / vnd die Probstey Gellingen / (jedoch dem Hauß Sachsen seine Recht vorbehalten) verbleiben solle. Daß also nunmehr diese Statt / vnnd Stifft Hirschfeld / oder Herßfeld / Hessen-Cassel eygenthumlich / als ein weltlich Fürstenthumb / besitzet / vnnd / auch bey nächstem Reichstag / zu Regenspurg / Stimm / vnnd Sitz / im Fürsten-Rath / gehabt; in massen solches allbereit A. 1627. den 12. Novemb. New. Cal. wie Kemnitz berichtet / hochged. Herrn Landgraffen Herr Vatter / ruhig besessen hat. Es soll dieses Fürstenthumbs Reichs Anschlag Monatlich 4. zu Roß 15. zu Fuß / vnnd zu Vnderhaltung deß CammerGerichts zu Speyer / nach dem erhöchten Anschlag / jährlich 50. fl. seyn.
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